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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1972 §22 Abs1 Z1 lita;Betreff
NN gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 31. Juli 1989, GZ. 6/1 - 1025/87, betreffend Umsatzsteuer 1981 bis 1984, Einkommensteuer 1982 bis 1984, Gewerbesteuer 1981, 1983 und 1984, Umsatzsteuervorauszahlung 1985, 1986, Einkommensteuervorauszahlung 1985 bis 1987, Gewerbesteuervorauszahlung 1985 bis 1987, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Beim Beschwerdeführer, welcher sich in der Beschwerde selbst als Unternehmensberater bezeichnet, wurde hinsichtlich der Jahre 1981 bis 1984 eine Betriebsprüfung durchgeführt. Im Rahmen derselben vertrat der Prüfer die Auffassung, daß der überwiegende Teil der Einnahmen des Beschwerdeführers aus dessen Betriebsberatertätigkeit stamme und diese den Einkünften aus Gewerbebetrieb zuzurechnen seien. Da eine Trennung der genannten Tätigkeit von einer daneben allenfalls auch ausgeübten wissenschaftlichen (freiberuflichen) nicht möglich erscheine, seien die gesamten Einkünfte des Beschwerdeführers als solche aus Gewerbebetrieb zu behandeln. Das bedeute, daß die Einnahmen des Beschwerdeführers in umsatzsteuerlicher Sicht dem Normalsteuersatz zu unterwerfen seien.
Gegen die auf der Basis dieser Feststellungen der Betriebsprüfung erlassenen Abgabenbescheide erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Berufung. In dieser wird ausgeführt, es sei das Hauptziel der Tätigkeit des Beschwerdeführers im Rahmen seines Institutes eine überbetriebliche Forschungs- und Entwicklungstätigkeit auf dem Sektor des Fremdenverkehrs durchzuführen. Betriebszweck seines Institutes sei nicht die "gewerbsmäßige Gewinnmaximierung" durch Betriebsberatungen, sondern die "volkswirtschaftliche Rentabilisierung der österreichischen Fremdenverkehrswirtschaft" durch überbetriebliche konzeptive Entwicklungsarbeiten für österreichische Fremdenverkehrsorte, Fremdenverkehrsregionen und den Tourismus in Österreich. Die Abgänge, die durch diese Arbeiten entstünden, müßten zum Teil durch die Hereinnahme von kommerziellen Aufträgen wettgemacht werden.
Im Zuge eines Vorhaltsverfahrens ersuchte die belangte Behörde, ihr jene Honorarnoten, für die der Beschwerdeführer "in den Umsatzsteuererklärungen 1981 bis 1984 den ermäßigten Steuersatz in Anspruch genommen" habe sowie die diesen Rechnungen zugrundeliegenden Arbeiten vorzulegen.
Die hierauf vom Beschwerdeführer in Fotokopie vorgelegten Rechnungen umfaßten jedoch jeweils nur einen Teil jener Umsätze, welche der Beschwerdeführer laut den von ihm beigebrachten Umsatzsteuererklärungen der Streitjahre dem begünstigten Steuersatz unterworfen hatte.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung - soweit er im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bekämpft wird - ab und wies in der Begründung sinngemäß darauf hin, strittig sei, ob und inwieweit der Beschwerdeführer in den Streitjahren Einnahmen aus einer wissenschaftlichen - und damit freiberuflichen - Tätigkeit erzielt habe.
Mit Vorhalt vom 8. Oktober 1987 sei der Beschwerdeführer aufgefordert worden, jene Arbeiten samt Honorarnoten vorzulegen, für die er den ermäßigten Umsatzsteuersatz in Anspruch genommen habe. Die in Beantwortung dieses Vorhaltes vorgelegten Unterlagen bezögen sich jedoch "im Durchschnitt nur auf etwa 50 % des zum ermäßigten Steuersatz versteuerten Umsatzes". Da nun der Beschwerdeführer seiner Verpflichtung (§ 138 BAO) auf Verlangen der Abgabenbehörde bestimmte Nachweise zu erbringen, nicht nachgekommen sei, seien von der Behörde keine weiteren Erhebungen zu pflegen; sie habe vielmehr auf Grund des vorliegenden Beweismaterials in freier Beweiswürdigung ihre Entscheidung zu treffen.
Wenn nun davon auszugehen sei, daß erst dann eine wissenschaftliche Tätigkeit vorliege, wenn sie ausschließlich oder nahezu ausschließlich der Forschung, d.h. dem Erbringen neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse oder/und der Lehre zum Zwecke der Erweiterung des Wissensstandes diene, könne das Vorliegen dieser Voraussetzungen den vom Beschwerdeführer übermittelten Unterlagen nicht entnommen werden. Zwar solle nicht in Abrede gestellt werden, daß Teile der Arbeiten des Beschwerdeführers auch der Erweiterung des Wissensstandes auf dem Gebiete des Fremdenverkehrs dienten, jedoch sei bei Vorliegen einer einheitlichen Gesamtbetätigung, bei der freiberufliche und gewerbliche Elemente zusammenträfen, nach dem Überwiegen der jeweiligen Merkmale zu urteilen. Da der "freiberufliche Anteil" vorliegendenfalls als untergeordnet bezeichnet werden müsse, "kann vom Vorliegen selbständiger Einkünfte nicht gesprochen werden".
Charakteristisch sei für die Wissenschaft auch, daß sie sich die Vermehrung des menschlichen Wissens im Interesse der Allgemeinheit zum Ziel setze. Diene eine Tätigkeit, wie im vorliegenden Fall, nur einem ganz bestimmten Kreis, stelle sie sich nicht als wissenschaftlich dar. Die bloße Möglichkeit, daß eine Beratertätigkeit im Einzelfall auch zu neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen führen könne, "macht die Einkünfte aus dieser Tätigkeit noch nicht zu Einkünften aus wissenschaftlicher Tätigkeit".
Da der Beschwerdeführer seine Beratungstätigkeit nur jeweils gegenüber einem Leistungsempfänger und somit in dessen ausschließlichem Interesse erbracht habe, könne seine Tätigkeit auch aus diesem Grunde nicht als wissenschaftlich gewertet werden.
Was die Umsatzsteuer betreffe, sei in diesem Zusammenhang vom Grundsatz der Unteilbarkeit der Leistung auszugehen. Es sei daher jener Steuersatz anzuwenden, der "für den Haupttatbestand der einheitlichen Leistung vorgesehen ist".
Im Streitfall, in welchem die gewerbliche Tätigkeit des Beschwerdeführers jedenfalls überwiege, sei daher der Normalsteuersatz anzuwenden.
Da vorliegendenfalls nach der Regelung des Einkommensteuergesetzes 1972 ein Gewerbebetrieb vorliege, sei auch die Gewerbesteuervorschreibung zu Recht erfolgt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 22 Abs. 1 Z. 1 lit. a und b EStG 1972 sind Einkünfte aus selbständiger Arbeit Einkünfte aus einer wissenschaftlichen, künstlerischen, schriftstellerischen, unterrichtenden oder erzieherischen Tätigkeit sowie Einkünfte aus der Berufstätigkeit der Ärzte, Tierärzte, Dentisten, Rechtsanwälte, Patentanwälte und Notare, der staatlich befugten und beeideten Ziviltechniker, der Architekten, der Wirtschaftstreuhänder, der Bildberichterstatter, Journalisten, Dolmetscher, Übersetzer und aus einer ähnlichen freiberuflichen Tätigkeit.
Im Beschwerdefall stellt die belangte Behörde die wissenschaftliche Qualifikation des Beschwerdeführers grundsätzlich nicht in Frage. In Streit steht dagegen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Beschwerdeführer eine wissenschaftliche Tätigkeit entfaltet. Bei Lösung dieser Frage kann es aber - worauf die belangte Behörde sinngemäß zu Recht verweist - nur um die Beurteilung solcher Tätigkeiten gehen, die in den Streitjahren in Form von Einkünften ihren Niederschlag fanden, weil bei der Abgabenfestsetzung für die in Rede stehenden Jahre (1981 bis 1984) nur hinsichtlich der in diesen Jahren erzielten Einkünfte zu entscheiden ist, ob sie im Sinne des § 22 Abs. 1 Z. 1 lit. a EStG 1972 auf einer wissenschaftlichen Tätigkeit beruhen oder nicht (vgl. hg. Erkenntnis vom 29. Oktober 1985, Zl. 83/14/0241). Die Hinweise des Beschwerdeführers, die Finanzverwaltung habe in den Vorjahren seine Tätigkeit als wissenschaftlich und seine Einkünfte daher als solche aus selbständiger Arbeit qualifiziert, gehen daher ins Leere.
Im Verwaltungsverfahren ersuchte die belangte Behörde den Beschwerdeführer ihr jene Honorarnoten vorzulegen, für die er "in den Umsatzsteuererklärungen 1981 bis 1984 den ermäßigten Steuersatz in Anspruch genommen" habe, von welchen er demnach selbst die Auffassung vertrete, daß sie für Arbeiten erstellt worden seien, die er als Wissenschaftler erbracht habe. Der Beschwerdeführer brachte hierauf Honorarrechnungen bei, die lediglich einen Bruchteil jener Umsätze abdeckten, die er selbst in den Umsatzsteuererklärungen für die einzelnen Streitjahre als mit dem ermäßigten Steuersatz zu besteuern ausgewiesen hatte.
Aus diesen vorgelegten Rechnungen ergab sich aber auch in Übereinstimmung mit den Feststellungen des Betriebsprüfers, daß der Beschwerdeführer die ihm honorierten Leistungen bestimmten, einzelnen Kunden (vielfach Fremdenverkehrsgemeinden) erbrachte. Die Tätigkeit des Beschwerdeführers bestand, wie sich aus den vorgelegten Unterlagen ergibt, im wesentlichen darin, auf der Basis von Umfrageergebnissen
Fremdenverkehrsentwicklungskonzepte für bestimmte Orte oder Regionen zu erstellen. Daß sich der Beschwerdeführer im Rahmen dieser Tätigkeit wissenschaftlicher Erkenntnisse bediente, wird von der belangten Behörde nicht in Abrede gestellt. Eine derartige Verwertung wissenschaftlicher Erkenntnisse schließt zwar Einkünfte aus wissenschaftlicher Tätigkeit nicht grundsätzlich aus; dies jedoch nur dann nicht, wenn sich diese Verwertung selbst noch als wissenschaftliche Tätigkeit darstellt. Für die Wissenschaft ist es aber charakteristisch, daß sie die Vermehrung des menschlichen Wissens im Interesse der Allgemeinheit zum Ziele hat. Die Tätigkeit des Beschwerdeführers, soweit sie sich aus den von ihm selbst vorgelegten Unterlagen darstellt, dient und nützt aber - worauf die belangte Behörde richtig hinwies - nur einem von vornherein ganz bestimmten Kreis, nämlich seinen jeweiligen Auftraggebern. Damit ist sie aber als schwerpunktmäßig beratende Tätigkeit nicht als wissenschaftlich zu bezeichnen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. März 1989, Zl. 88/14/0067, und die dort angeführte hg. Judikatur). Der Schluß der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe im Streitzeitraum - wenn überhaupt - nur in untergeordnetem Ausmaß eine wissenschaftliche (freiberufliche) Tätigkeit ausgeübt und habe daher, weil unbestrittenermaßen eine Trennung seiner Tätigkeiten nach gewerblichen und selbständigen nicht möglich sei, nur Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt, erscheint bei dem gegebenen Sachverhalt zulässig (vgl. hg. Erkenntnis vom 25. November 1980, Zl. 2737, 2960, 2961/79, 3000/80).
Der belangten Behörde ist aber auch beizustimmen, wenn sie hinsichtlich der mit der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Rechnung des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit seiner Teilnahme an einem Seminar in Z in der Gegenschrift die Auffassung vertritt, daß sich weder aus dieser Rechnung noch aus der gleichfalls vorgelegten Referentenliste oder dem Thema des Seminars eine diesbezüglich erbrachte wissenschaftliche Tätigkeit des Beschwerdeführers ableiten läßt.
Wenn der Beschwerdeführer erstmals in der Beschwerde vorbringt, seine Tätigkeit sei - wenn schon nicht wissenschaftlich (§ 22 Abs. 1 Z. 1 lit. a EStG 1972) - wenigstens der eines Rechtsanwaltes, Wirtschaftstreuhänders oder Ziviltechnikers ähnlich (§ 22 Abs. 1 Z. 1 lit. b EStG 1972), so vermag er - wie die belangte Behörde in der Gegenschrift richtig erkannte - auch mit diesem Vorbringen für seinen Standpunkt nichts zu gewinnen; denn zu Recht verweist sie darauf, daß nach übereinstimmender Ansicht von Lehre und Rechtsprechung (vgl. Hofstätter-Reichel, Kommentar zu § 22 EStG 1972, Tz 48 und die dort zitierte hg. Judikatur) die Tätigkeit eines Unternehmens (Betriebs-)Beraters, als welcher sich der Beschwerdeführer selbst bezeichnet, nicht als ähnliche Tätigkeit im Sinne des § 22 Abs. 1 Z. 1 lit. b EStG 1972 gewertet wird. Daß im zeitlichen Geltungsbereich des EStG 1988, der aber unbestrittenermaßen den Streitzeitraum nicht umfaßt, Unternehmensberater aus ihrer Tätigkeit Einkünfte aus selbständiger Arbeit beziehen, ist für den Beschwerdefall irrelevant.
Nach dem Dargelegten kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie zu dem Schluß gelangt, daß der Beschwerdeführer in den Streitjahren in einkommensteuerlicher Sicht nur Einkünfte aus Gewerbebetrieb und nicht solche aus selbständiger Arbeit bezog, seine Umsätze mit dem Normalsteuersatz zu versteuern waren und er der Gewerbesteuerpflicht unterlag.
Da demnach der angefochtene Bescheid nicht mit der behaupteten Rechtswidrigkeit belastet erschien, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989130213.X00Im RIS seit
14.11.1990