TE Vwgh Erkenntnis 1990/11/14 90/03/0238

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.11.1990
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §46;
StVO 1960 §5 Abs2;
VStG §24;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Weiss und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hollinger, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 28. September 1990, Zl. IIb2-V-8312/5-90, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer wegen der Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 bestraft, weil er sich am 26. Dezember 1989 um 23 Uhr in Innsbruck an einem näher bezeichneten Ort geweigert habe, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl vermutet habe werden können, daß er zuvor einen dem Kennzeichen nach bestimmten PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe. In der Begründung legte die belangte Behörde ihrer Beweiswürdigung die in einem gegen den Beschwerdeführer geführten gerichtlichen Strafverfahren erhobenen Beweise zugrunde und folgte den als schlüssig und in sich widerspruchsfrei angesehenen Aussagen der in diesem Verfahren als Zeugen vernommenen Meldungsleger. Danach sei beim Beschwerdeführer vor der an ihn ergangenen Aufforderung zum Alkotest Alkoholgeruch aus dem Mund wahrnehmbar gewesen. Den Aussagen der im Strafverfahren vernommenen Zeugen K. und A., die angegeben hätten, daß ihnen beim Beschwerdeführer keine Alkoholisierungssymptome aufgefallen seien und daß sie von einer ausdrücklichen Aufforderung zum Alkotest nichts gehört hätten, maß die belangte Behörde demgegenüber geringeren Beweiswert zu. Der eine Zeuge habe anläßlich der Aufnahme einer Niederschrift vor der erstinstanzlichen Behörde insofern eine andere Sachverhaltsdarstellung abgegeben, als er behauptet habe, daß der Lenker (gemeint: der Beschwerdeführer) sichtlich unter Alkoholeinfluß gestanden sei. Der andere Zeuge, der dem Beschwerdeführer persönlich bekannt sei, sei im Gegensatz zu den Polizeibeamten keineswegs geschult, Alkoholisierungssymptome festzustellen. Der Umstand, daß er von einer Aufforderung zum Alkotest nichts gehört habe, besage noch nicht, daß eine solche Aufforderung nicht ergangen sei. Ferner wird in der Begründung des angefochtenen Bescheides noch darauf hingewiesen, daß in einem medizinischen Sachverständigengutachten eindeutig festgestellt worden sei, "daß anläßlich der polizeilichen Aufnahme des Unfalles Alkoholgeruch beim Berufungswerber (dem Beschwerdeführer) warnehmbar gewesen sein muß".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht der belangten Behörde unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften zum Vorwurf, daß die von ihm zum Beweis dafür, daß er nicht zum Alkotest aufgefordert worden sei, beantragten Zeugen K. und A. nicht vernommen worden seien; es gehe nicht an, "sich einfach auf die Erkenntnisse in einem gerichtlichen Strafverfahren zu verlassen", er habe das Recht, daß auch im Verwaltungsstrafverfahren die von ihm angebotenen Zeugen gehört würden und sich die Behörde einen persönlichen Eindruck von der Glaubwürdigkeit der einzelnen Zeugen mache. Damit verkennt der Beschwerdeführer allerdings, daß dem Verwaltungsverfahren der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme fremd ist (vgl. neben vielen anderen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Juni 1972, Slg. Nr. 8249/A). Zufolge des in § 46 AVG 1950 verankerten Grundsatzes der Unbeschränktheit der Beweismittel durfte die belangte Behörde die im gerichtlichen Strafverfahren abgelegten Aussagen der genannten Zeugen zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes heranziehen. Da der Beschwerdeführer nicht dargetan hat und auch den Umständen nach nicht erkennbar ist, daß eine neuerliche Vernehmung der Zeugen im Verwaltungsstrafverfahren andere, über deren Aussagen im gerichtlichen Strafverfahren hinausgehende, für die Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes wesentliche Beweisergebnisse erbracht hätte, fehlt für die Annahme, daß die belangte Behörde bei Vermeidung des geltend gemachten Verfahrensmangels zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, jegliche Grundlage.

Soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde wendet, ist daran zu erinnern, daß die Würdigung der Beweise, aufgrund deren der Sachverhalt angenommen wurde, nur insofern der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle zugänglich ist, als es sich um die Prüfung handelt, ob der Denkvorgang der Beweiswürdigung schlüssig ist, d.h. mit den Denkgesetzen im Einklang steht, und ob der Sachverhalt, der im Denkvorgang gewürdigt worden ist, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden ist. Der im § 45 Abs. 2 AVG 1950, der gemäß § 24 VStG 1950 auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist, normierte Grundsatz der freien Beweiswürdigung schließt demnach eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle nicht in der Richtung aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind. Hiebei sind gemäß § 25 Abs. 2 VStG 1950 die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die belastenden. Ob die Beweiswürdigung aber nun richtig in dem Sinn ist, daß die Version des Meldungslegers und nicht die Version des Beschwerdeführers und der von ihm geführten Zeugen den Tatsachen entspricht, kann der Verwaltungsgerichtshof in einem Verfahren über eine Bescheidbeschwerde nicht überprüfen (vgl. dazu unter anderem das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053).

Mängel der Beweiswürdigung, die auf dem Boden dieser Rechtslage vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmen wären, hat der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht. Geschulten Sicherheitswacheorganen kann im übrigen zugebilligt werden, Alkoholisierungsmerkmale wie Alkoholgeruch der Atemluft richtig festzustellen. Allein der beim Beschwerdeführer durch die Sicherheitswacheorgane wahrgenommene Alkoholgeruch aus dem Mund rechtfertigte aber bereits die Vermutung einer Alkoholbeeinträchtigung und damit die Aufforderung zur Atemluftprobe im Sinne des § 5 Abs. 2 StVO 1960 (vgl. neben vielen anderen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 1990, 89/03/0316). Darauf ist der Beschwerdeführer auch zu verweisen, wenn er aus dem im gerichtlichen Strafverfahren eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten ableiten will, "daß der Rückschluß erheblicher Symptome einer Alkoholbeeinträchtigung nicht zulässig war und nicht anzunehmen ist, daß" der Beschwerdeführer "im Sinne einer Alkoholbeeinträchtigung Veranlassung zum Einschreiten gegeben hätte", zumal es bei der Vermutung im Sinne des § 5 Abs. 2 StVO 1960 nicht auf das tatsächliche Vorliegen einer Alkoholbeeinträchtigung und deren Ausmaß ankommt.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Alkotest VoraussetzungBeweismittel Zeugenbeweis Zeugenaussagen von AmtspersonenBeweiseBeschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH AllgemeinAlkotest Verweigerungfreie BeweiswürdigungAlkotest StraßenaufsichtsorganParteiengehör Unmittelbarkeit Teilnahme an Beweisaufnahmen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990030238.X00

Im RIS seit

12.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

18.07.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten