TE Vwgh Beschluss 1990/11/16 AW 90/04/0095

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Veröffentlicht am 16.11.1990
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §87 Abs1 Z1;
VwGG §30 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des

N der gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 23. August 1990, Zl. 312.545/5-III/4/90, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 23. August 1990 wurde dem Beschwerdeführer die Berechtigung zur Ausübung des Gewerbes "Instandsetzen von Schuhen" im Standort K, X-Gasse 27, gemäß § 87 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 13 Abs. 3 und 4 GewO 1973 entzogen. Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt, im ergänzenden Ermittlungsverfahren habe die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft mit Schreiben vom 18. April 1990 einen Beitragsrückstand in Höhe von S 86.895,03 (per

22. November 1989 habe der Beitragsrückstand S 77.375,23 betragen) mitgeteilt. Aus den Exekutionsakten des Exekutionsgerichtes Wien sei festgestellt worden, daß seit dem Jahre 1988 fünf Exekutionsverfahren in das Vermögen des Beschwerdeführers geführt worden seien, wobei die ziffernmäßige Gesamtsumme der betriebenen Forderungen S 148.652,-- s. A. betragen habe. Nach der Aktenlage seien sämtliche Verfahren ergebnislos verlaufen, d. h. es sei weder zu einer Einstellung der Exekution zufolge

gänzlicher Berichtigung der betriebenen Forderung s. A. noch zu einer pfandweisen Beschreibung von Fahrnissen gekommen. Mit Schreiben vom 2. Mai 1990 sei dem Beschwerdeführer das Ermittlungsergebnis vorgehalten und er unter einem aufgefordert worden, eine Stellungnahme hiezu abzugeben. Am 6. Juni 1990 habe der Beschwerdeführer persönlich bei der nunmehr erkennenden Behörde vorgesprochen und habe um Fristerstreckung ersucht, um einerseits eine Ratenzahlungsvereinbarung mit der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft sowie andererseits sonstige Unterlagen vorlegen zu können. Weder innerhalb der Frist noch bis dato seien Unterlagen beigebracht oder auch nur eine Stellungnahme abgegeben worden. Somit habe der Beschwerdeführer weder die Gewerbeentziehung hindernde Umstände im Sinne des § 13 Abs. 3 letzter Halbsatz GewO 1973 (qualifiziertes Mitverschulden) dargetan, noch habe ein dieser Maßnahme entgegenstehendes Gläubigerinteresse erweislich gemacht werden können. Vielmehr sei nach der Aktenlage davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer nach wie vor Forderungen von insgesamt über S 200.000,-- gegen sich gelten lassen müsse, welche auch auf exekutivem Wege nicht einbringlich gewesen seien, sodaß auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage des Beschwerdeführers nicht erwartet werden könne, daß er (auch) den mit der Ausübung des Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen werde. Es sei daher auf Grund der Sach- und Rechtslage nicht möglich, von der Entziehung der Gewerbeberechtigung Abstand zu nehmen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, zu hg. Zl. 90/04/0289 protokollierte Beschwerde, mit der der Antrag verbunden ist, ihr die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Zur Begründung wird ausgeführt, da sämtliche zur Deckung der Bedürfnisse des täglichen Lebens erforderlichen Geldmittel des Beschwerdeführers ausschließlich aus den Einnahmen aus der Ausübung des in Rede stehenden Gewerbes stammten und für ihn keinerlei Möglichkeit bestehe, aus einer anderen Tätigkeit Einkünfte zu erzielen, würde die sofortige Entziehung der Gewerbeberechtigung bedeuten, daß er über keinerlei finanzielle Mittel mehr verfügen würde und auf öffentliche Unterstützung angewiesen wäre. Damit wäre gleichzeitig aber auch die Gefahr verbunden, daß er seine Wohnung verliere, wobei die damit verbundenen weiteren Auswirkungen kaum absehbar seien. Mit der sofortigen Entziehung der Gewerbeberechtigung sei daher für ihn ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden, während gleichzeitig zwingende öffentliche Interessen einer Aufschiebung der Entziehung nicht entgegenstünden, ja - wie sich aus den obigen Ausführungen ergebe - die öffentlichen Interessen sogar für eine Aufschiebung sprächen.

Die belangte Behörde führte in ihrer Stellungnahme vom 9. November 1990 zum Aufschiebungsantrag aus, in der Beschwerde würden die im Bescheid festgestellten Verbindlichkeiten weder dem Grunde noch der Höhe nach bestritten und es werde nicht einmal behauptet, daß eine (Teil-)Zahlung stattgefunden habe. Es sei zu bedenken, daß der Gesetzgeber bei der Schaffung der Bestimmung über die Entziehung der Gewerbeberechtigung im Zusammenhang mit dem Konkurs offensichtlich die Möglichkeit im Auge gehabt habe, der Gewerbebehörde die Möglichkeit zu geben, eine sich zum Schaden anderer Personen und damit der Volkswirtschaft auswirkende Gewerbeausübung zu unterbinden. Deshalb stünden nach Ansicht der belangten Behörde öffentliche Interessen der Gewährung der aufschiebenden Wirkung entgegen, da auf Grund jenes Sachverhaltes, welcher der Entscheidung habe zugrunde gelegt werden müssen, keine Verminderung des gesamten Schuldenstandes angenommen habe werden können, sondern daß vielmehr nach der Sachlage ein weiteres Anwachsen der Verbindlichkeiten durch die Ausübung des verfahrensgegenständlichen Gewerbes befürchtet werden müsse.

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluß zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem, die aufschiebende Wirkung der Beschwerde betreffenden Verfahren die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu prüfen. Auch vermag er die im angefochtenen Bescheid enthaltenen, bei der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde angestellten Erwägungen in diesem Provisorialverfahren nicht etwa von vornherein als unschlüssig zu erkennen. Damit hat aber der Verwaltungsgerichtshof zunächst entsprechend der sachverhaltsbezogenen Annahme der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid davon auszugehen, daß die Tatbestandsmerkmale des bezogenen Entziehungsgrundes in Ansehung der Gewerbeberechtigung des Beschwerdeführers gegeben sind. Bei dieser Sach- und Rechtslage hatte daher der Verwaltungsgerichtshof unter weiterer Berücksichtigung der auch nach dem Vorbringen im Aufschiebungsantrag nicht auszuschließenden Gefahr, daß weiterhin finanzielle Verbindlichkeiten nicht rechtzeitig erfüllt werden können, vom Zutreffen des gemäß § 30 Abs. 2 VwGG rechtserheblichen Tatbestandes zwingender öffentlicher Interessen auszugehen, die der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegenstehen (vgl. hiezu u.a. den hg. Beschluß vom 27. Februar 1989, Zl. AW 89/04/0007, und die dort weiter zitierte

hg. Rechtsprechung). Im Hinblick darauf war daher nicht zu prüfen, ob mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden ist.

Aus den dargelegten Gründen war dem Antrag nicht stattzugeben.

Schlagworte

Interessenabwägung Unverhältnismäßiger Nachteil Zwingende öffentliche Interessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:AW1990040095.A00

Im RIS seit

16.11.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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