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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1972 §1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 89/14/0157Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerden des N gegen die Bescheide (Berufungsentscheidungen) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom 12. Juni 1989, 1. Zl. 14/9/2-Bk/S-1989, betreffend Gewerbesteuer 1982, 2. Zl. 14/10/2-Bk/S-1989, betreffend Einkommensteuer 1982, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je S 2.760,--, zusammen S 5.520,--, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer trat die Gesamtrechtsnachfolge seines am 14. Juli 1982 verstorbenen Vaters an. In der Verlassenschaft befand sich auch ein protokolliertes Geflügelmast-Einzelunternehmen. Im Testament setzte der Verstorbene für drei Personen folgende Legate aus: Wohn- und Wirtschaftsgebäude in St., Wohn- und Wirtschaftsgebäude in B. sowie einen (nicht streitgegenständlichen) Pkw.
Diese Wirtschaftsgüter befanden sich zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers im Betriebsvermögen. Der Beschwerdeführer führte den Betrieb zu Buchwerten weiter und kam seiner Verpflichtung zur Herausgabe der genannten Legate nach.
Im Zuge einer Betriebsprüfung einigten sich die vom Beschwerdeführer und von der Finanzverwaltung beauftragten Sachverständigen auf Verkehrswerte der beiden Grundstückslegate. Der Betriebsprüfer wertete die Herausgabe der Legate als Entnahme von Wirtschaftsgütern durch den Beschwerdeführer. Das Finanzamt legte diese Ansicht den Einkommen- und Gewerbesteuerbescheiden für 1982 zu Grunde.
In seinen dagegen erhobenen Berufungen brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, Entnahme bzw. Betriebsaufgabe seien beim Erblasser anzunehmen; es handle sich bei den Legaten um selbständige Teilbetriebe, weshalb die für eine Teilbetriebsveräußerung vorgesehenen Begünstigungen zustünden.
Die belangte Behörde wies die Berufungen mit den angefochtenen Bescheiden ab. Im Hinblick auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei hinsichtlich der Legate eine Gewinnrealisierung beim Beschwerdeführer als Erben und nicht beim Erblasser vorzunehmen. Für einen Geflügelmastbetrieb seien Einrichtungen wie Schlachtanlagen, Rupfanlagen usw. notwendig, die im Hauptbetrieb vorhanden seien und dort auch den Zweigbetrieben zur Verfügung gestanden, den Erwerbern der Zweigbetriebe aber nicht mehr zur Verfügung stünden, sodaß ihnen eine Fortsetzung der gleichen Erwerbstätigkeit nicht ohne weiteres möglich sei. Da somit keine Teilbetriebe im Sinne der Rechtsprechung vorlägen, könne die Begünstigung gemäß § 37 EStG nicht gewährt werden und sei der Gewinn aus der Entnahme als Gewerbeertrag anzusehen.
Gegen den die Gewerbesteuer 1982 betreffenden Bescheid richtet sich die zur Zl. 89/14/0156, gegen den die Einkommensteuer 1982 betreffenden Bescheid die zur Zl. 89/14/0157 protokollierte Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diese Bescheide in seinen Rechten "auf richtige Anwendung der Bestimmungen nach § 6 Abs. 1 GewStG bzw. § 24 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 37 Abs. 2 Z. 2 EStG, auf Zuerkennung einer Teilbetriebsveräußerung sowie auf ein gesetzmäßiges Verwaltungsverfahren" verletzt. Er beantragt, die angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde beantragt in ihren Gegenschriften die Abweisung der Beschwerden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:
Der Beschwerdeführer räumt ein, daß der Erbe hinsichtlich des Nachlaßvermögens und der daraus erzielten Einkünfte schon mit dem Todestag in die Rechtsstellung des Erblassers eintritt und daß, wenn im Nachlaß Betriebsvermögen enthalten ist, der Erbe die Buchwerte des Erblassers zu übernehmen und fortzuführen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Juni 1985, Zl. 85/14/0015). Er erkennt auch, daß im Falle der Aussetzung von Legaten dem Vermächtnisnehmer - der anders als der Erbe die Person des Erblassers nicht unmittelbar fortsetzt, sondern nur einen obligatorischen Anspruch gegen den Erben auf Herausgabe des Vermächtnisses erwirbt - das vermachte Gut und seine Erträgnisse einkommensteuerlich erst mit der Übertragung durch den Erben zugerechnet werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Juni 1978, Zl. 2913/76).
Strittig ist im Beschwerdefall aber, ob es sich bei den beiden in Rede stehenden Legaten um Teilbetriebe oder um (einzelne) Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens handelte.
Dies ist hier insoferne von Bedeutung, als der Erbe von Betriebsvermögen, der einem Vermächtnisnehmer in Erfüllung der ihm testamentarisch auferlegten Pflichten Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens überträgt, eine Entnahme tätigt; er führt diese Wirtschaftsgüter in Erfüllung des Testamentes (wie im Falle einer Schenkung) betriebsfremden Zwecken zu (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom 6. Juni 1978, Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch2 § 4 Tz 46 und 47, sowie auch Hofstätter-Reichel, Kommentar zur Einkommensteuer § 4 Abs. 1 EStG 1972 Tz 55, Seite 38 f). Gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1972 erhöht der gemäß § 6 Abs. 1 Z. 4 EStG mit dem Teilwert anzusetzende Wert der Entnahme den Gewinn. Eine Anwendung des begünstigten Steuersatzes gemäß § 37 Abs. 1 und 2 Z. 2 EStG bzw. ein gewerbesteuerlicher Nichtansatz (vgl. Philipp, Kommentar zum Gewerbesteuergesetz, Tz 6-11 ff) käme nicht in Frage, da im Sinne des § 24 EStG kein Betrieb veräußert oder aufgegeben würde.
Waren Gegenstand der Legate hingegen Teilbetriebe, so würde ebenfalls keine Veräußerung, die Entgeltlichkeit des Übertragungsvorganges voraussetzt, vorliegen, sondern ein unentgeltlicher Vorgang (vgl. Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg a.a.O. § 24 Tz 11). Die unentgeltliche Übertragung eines Betriebes oder Teilbetriebes stellt aber keine Entnahme dar, die mit dem Teilwert anzusetzen wäre. In diesem Fall wäre der Erwerber des Betriebes (hier: die Vermächtnisnehmer) gemäß § 6 Z. 9 EStG verpflichtet, die Buchwerte seines Vorgängers (hier: des Erben) weiterzuführen. Dieser würde also den Teilbetrieb zum Buchwert übertragen und müßte den Unterschiedsbetrag zwischen dem Buchwert und dem Teilwert nicht versteuern (vgl. Hofstätter-Reichel a.a.O. Seite 43 f, sowie auch das hg. Erkenntnis vom 3. Mai 1983, Zlen. 82/14/0243, 0258). Mangels Betriebsveräußerung bzw. -aufgabe, damit mangels möglichen Veräußerungsgewinnes (§ 24 EStG) bedürfte es auch keiner Begünstigung (§ 37 EStG).
Bei einem Teilbetrieb handelt es sich nach herrschender Ansicht um einen organisch in sich geschlossenen, mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteten Teil eines Gewerbebetriebes, der es vermöge seiner Geschlossenheit ermöglicht, die gleiche Erwerbstätigkeit ohne weiteres fortzusetzen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 1988, Zl. 87/13/0066, Hofstätter-Reichel a.a.O. § 24 EStG 1972 Tz 19, Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg a.a.O § 24 Tz 17 f). Um von einem Teilbetrieb sprechen zu können, müssen all diese Voraussetzungen erfüllt sein. Es muß daher insbesondere schon vor einer Übertragung tatsächlich ein Teilbetrieb selbständig geführt worden sein, wobei diese Frage aus der Sicht des Übertragenden zu beantworten ist. Eine nur betriebsinterne Selbstständigkeit genügt nicht; die Selbständigkeit muß vielmehr auch nach außen in Erscheinung treten (vgl. zur Veräußerung eines Teilbetriebes die hg. Erkenntnisse vom 18. Jänner 1983, Zl. 82/14/0330, und vom 3. Dezember 1986, Zl. 86/13/0079).
Im Beschwerdefall kann nun nach der Aktenlage keine Rede davon sein, daß die erwähnten Voraussetzungen gegeben wären. Nach den unbekämpften Feststellungen der belangten Behörde bestanden die Legate in Wohn- und Wirtschaftsgebäuden, somit lediglich in Betriebsliegenschaften. Hinweise auf die Hinterlassung von Teilbetrieben ergeben sich daraus nicht. Die Behörde hat auch erhoben, daß in diesen Gebäuden eine Reihe von für einen Geflügelmastbetrieb notwendigen Einrichtungen nicht vorhanden war, sodaß den Legataren die gleiche Erwerbstätigkeit nach Abtrennung vom durch den Beschwerdeführer weiter geführten Betrieb nicht ohne weiteres möglich gewesen wäre. Irgendwelche Hinweise auf eine nach außen hin in Erscheinung tretende selbständige Führung von Betriebsteilen vor Hingabe der Legate liegen nicht vor.
Der Beschwerdeführer macht in diesem Zusammenhang als Verfahrensmangel geltend, die Erhebungen der belangten Behörde wären nicht ausreichend gewesen.
Verfahrensmängel können aber nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen, wenn sie wesentlich sind, wobei die Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels von der Beschwerde darzutun ist (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3 Seite 591). Der Beschwerdeführer hat nun weder im Verwaltungsverfahren noch in seiner Beschwerde, in der er insoweit überwiegend lediglich Fragen aufwirft, konkret erläutern können, worin - abgesehen von der unstrittigen räumlichen Trennung der Gebäude - die Selbständigkeit der angeblichen Teilbetriebe liegen soll. Er behauptet auch jetzt nicht, daß die von ihm als festzustellend genannten Merkmale, wie getrennte Wirtschaftsführung, getrennter Wirtschaftsplan, aber auch gesonderte Betriebsrechnung (vgl. das vom Beschwerdeführer zitierte, einen fortwirtschaftlichen Teilbetrieb betreffende hg. Erkenntnis vom 16. Juni 1987, Zl. 85/14/0110) vorlägen. Soweit sich der Beschwerdeführer auf das hg. Erkenntnis vom 22. April 1986, Zl. 85/14/0165, beruft, ist ihm entgegenzuhalten, daß sich die Behörde durch ihre Anfrage bei der Landwirtschaftskammer, zu deren Ergebnis der Beschwerdeführer Stellung nehmen konnte, ohnehin um eine betriebstypische Betrachtungsweise bemüht hat. Dem Beschwerdeführer ist es somit nicht gelungen, das Vorliegen eines wesentlichen Verfahrensmangels aufzuzeigen.
Daß im Sinne des bereits zitierten Erkenntnisses vom 6. Juni 1978 auf Grund einer in die Wirklichkeit umgesetzten Vereinbarung zwischen Erben und Vermächtnisnehmer eine Bewirtschaftung der Verlassenschaft auf gemeinsame Rechnung vorgenommen worden wäre, hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht behauptet. Sollte er mit seinen nunmehrigen Ausführungen dies geltend machen wollen, würde es sich um eine unzulässige Neuerung handeln, auf die der Gerichtshof nicht eingehen kann.
Zusammenfassend ergibt sich, daß die vom Beschwerdeführer erfüllten Legate keine Teilbetriebe, sondern (einzelne) Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens zum Gegenstand hatten. Es lagen daher ertragsteuerlich (unbegünstigt) zu erfassende Entnahmen vor.
Die vorliegenden Beschwerden waren demnach gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989140156.X00Im RIS seit
03.04.2001Zuletzt aktualisiert am
01.10.2008