TE Vwgh Erkenntnis 1990/11/20 90/11/0186

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Veröffentlicht am 20.11.1990
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Index

90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §73 Abs2;
KFG 1967 §74 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 12. September 1990, Zl. I/7-St-G-90136, betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 12. September 1990 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen B, C, E, F und G entzogen und gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ausgesprochen, daß dem Beschwerdeführer für die Dauer von zwei Jahren (bis zum 19. Juli 1992) keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden darf.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides liegt der Entziehungsmaßnahme zugrunde, daß der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes St. Pölten vom 2. Mai 1990 wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs. 1 StGB rechtskräftig verurteilt worden ist, weil er in der Zeit vom Spätherbst 1988 bis Jänner 1990 in wiederholten Angriffen den am 3. Juni 1978 geborenen Gerald Sch. auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbraucht hat. Nach den Entscheidungsgründen des Gerichtes habe der Beschwerdeführer den Genannten in den von ihm benützten Kraftfahrzeugen mitgenommen und ihn jeweils im Kraftfahrzeug sexuell mißbraucht.

Der Beschwerdeführer wendet sich mit Recht nicht gegen die Auffassung der belangten Behörde, die gegenständlichen Tathandlungen bildeten eine seine Verkehrsunzuverlässigkeit im Sinne des § 66 Abs. 1 lit. b KFG 1967 indizierende bestimmte Tatsache gemäß § 66 Abs. 2 lit. b leg. cit. Er meint aber, es hätte zur Erreichung des Verwaltungszweckes auch eine Androhung der Entziehung der Lenkerberechtigung oder eine vorübergehende Entziehung in der Höchstdauer von sechs Monaten genügt. Die belangte Behörde habe bei der Festsetzung der Dauer des Entzuges das ihr zustehende Ermessen rechtswidrig ausgeübt.

Der Beschwerdeführer ist zunächst damit nicht im Recht, daß im vorliegenden Fall eine Androhung der Entziehung der Lenkerberechtigung gemäß § 74 Abs. 3 KFG 1967 genügt hätte. Diese Maßnahme kommt nämlich nur unter der Voraussetzung in Betracht, daß schon durch sie der Verwaltungszweck als gesichert angesehen, d.h. angenommen werden kann, bereits die Androhung der Entziehung der Lenkerberechtigung werde die verlorengegangene Verkehrszuverlässigkeit wieder herbeiführen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 1989, Zl. 88/11/0086). Davon kann aber im vorliegenden Fall, wie sich aus dem Nachstehenden ergibt, keine Rede sein.

Nicht berechtigt ist weiters das Vorbringen, mit dem der Beschwerdeführer die Bemessung der Zeit im Sinne des § 73 Abs. 2 KFG 1967 bekämpft. Diese Entscheidung liegt entgegen der Meinung des Beschwerdeführers nicht im Ermessen der Kraftfahrbehörde (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Juni 1990, Zl. 90/11/0045, mit weiteren Judikaturhinweisen). So wie bei der Prüfung der Verkehrszuverlässigkeit einer Person bedarf es auch bei der Prognose, wann frühestens mit der Wiedererlangung der verlorengegangenen Verkehrszuverlässigkeit gerechnet werden kann, einer Wertung der als bestimmte Tatsache herangezogenen strafbaren Handlungen anhand der Kriterien des § 66 Abs. 3 leg. cit. Dabei hat nun die belangte Behörde mit Recht in dem Umstand, daß es sich hier nicht etwa um eine einmalige Entgleisung gehandelt hat, sondern der Beschwerdeführer sein minderjähriges Opfer durch lange Zeit hindurch (mehr als ein Jahr) immer wieder sexuell mißbraucht hat, die besondere Verwerflichkeit seines schwerwiegenden Fehlverhaltens erblickt. An dieser Verwerflichkeit vermag das nach der Aktenlage anzunehmende Fehlen gefährlicher Verhältnisse bei Begehung der einzelnen Tathandlungen ebensowenig etwas zu ändern, wie die vom Beschwerdeführer eingewendeten Umstände, daß er "bis zum gegenständlichen Vorfall völlig unbescholten war" und daß bei dem von ihm begangenen Delikt "keinerlei Gewalt im Spiele war". Den Wertungskriterien der "seither verstrichenen Zeit" und des "Verhaltens während dieser Zeit" hat die belangte Behörde in Anbetracht des anhängigen Entziehungsverfahrens und im Hinblick auf die Kürze der seit der letzten Tathandlung bis zum Beginn der Entziehungsmaßnahme bzw. bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides verstrichenen Zeit mit Recht keine für den Beschwerdeführer ins Gewicht fallende Bedeutung beigemessen. Nicht geteilt werden kann schließlich die Meinung des Beschwerdeführers, es könne im Hinblick auf sein Lebensalter von 75 Jahren und die Tatsache, daß er 40 Jahre lang im Besitz der Lenkerberechtigung gewesen sei, "nicht angenommen werden, daß ich meine Verkehrszuverlässigkeit nicht schon wieder erlangt habe". Denn diese Umstände haben den Beschwerdeführer keineswegs davon abgehalten, das Verbrechen der Unzucht mit Unmündigen zu begehen und sich hiebei die erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, zunutze zu machen. Angesichts der langen Dauer des schwerwiegenden Fehlverhaltens des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde zu Recht angenommen, es bedürfe zur Wiederherstellung seiner Verkehrszuverlässigkeit jedenfalls der von ihr festgesetzten Zeit (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Dezember 1980, Zl. 2386/80, und vom 24. April 1985, Zl. 84/11/0149).

Aus diesen Gründen erweist sich die Beschwerde als nicht berechtigt. Da dies bereits ihr Inhalt erkennen läßt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990110186.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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