TE Vwgh Erkenntnis 1990/11/20 90/18/0147

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Veröffentlicht am 20.11.1990
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §50;
VStG §24;
VStG §42 Abs1 litb;
VStG §43 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Präsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Pichler und Dr. Domittner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hollinger, über die Beschwerde des Friedrich N gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 5. Juni 1990, Zl. MA 70-9/131/90/Str, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ergangenen Berufungsbescheid der Wiener Landesregierung vom 5. Juni 1990 wurde der Beschwerdeführer im Instanzenzug für schuldig erkannt, er habe am 12. Juli 1989 von 8.45 Uhr bis 8.57 Uhr in Wien 20, Nordwestbahnstraße 89, ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug geparkt, obwohl an dieser Stelle ein durch Verbotszeichen kundgemachtes Halte- und Parkverbot mit dem Zusatz "Mo - Fr (werkt.) von 7.00 Uhr bis 13.00 Uhr, ausgenommen Ladetätigkeit mit Lastfahrzeugen" bestanden und der Beschwerdeführer keine Ladetätigkeit durchgeführt habe. Er habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 24 Abs. 1 lit. a der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) begangen. Es wurde eine Geld- und Ersatzarreststrafe verhängt. Nach der Begründung des Berufungsbescheides hätten zwei Sicherheitswachebeamte während der oben genannten zwölf Minuten das abgestellte Fahrzeug beobachtet, ohne daß hiebei eine Ladetätigkeit durchgeführt worden sei. Der Beschwerdeführer habe seine Behauptung, daß trotzdem eine Ladetätigkeit anzunehmen sei, in keiner Weise untermauert.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen "wesentlicher Mangelhaftigkeit" des Verfahrens erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zunächst kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das denselben Beschwerdeführer, denselben Tatort und denselben Deliktstypus betreffende hg. Erkenntnis vom 5. Oktober 1990, Zl. 90/18/0125 - in der Folge kurz als "Vorerkenntnis" bezeichnet - hingewiesen werden. Nach § 62 Abs. 1 StVO ist Ladetätigkeit das Beladen oder Entladen von Fahrzeugen sowie das Abschlauchen von Flüssigkeiten aus Fahrzeugen oder in Fahrzeuge. Nach Abs. 3 dieses Paragraphen muß dann, wenn ein Fahrzeug auf der Straße für eine Ladetätigkeit aufgestellt wird, diese unverzüglich begonnen und durchgeführt werden.

Hinsichtlich der Auslegung dieser Bestimmung in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird auf das Vorerkenntnis verwiesen.

Den Beschwerdegründen ist im einzelnen zu erwidern:

Die Berufungsbehörde hat im angefochtenen Bescheid eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß sie keinerlei Ladetätigkeit zur Tatzeit am Tatort als erwiesen angenommen hat. Da der Beschwerdeführer unter Vernachlässigung seiner auch im Verwaltungsstrafverfahren bestehenden Mitwirkungspflicht (Erkenntnis vom 17. September 1968, Slg. N.F. Nr. 7400/A, u.a.) verschwieg, welche Tätigkeit zur Tatzeit am Tatort er denn als Ladetätigkeit ausgeübt haben will, war die belangte Behörde nicht gehalten, rechtliche Eröterungen dahin anzustellen, was nun als Ladetätigkeit zu werten ist und was nicht. Die belangte Behörde konnte infolge des diesbezüglichen Untätigbleibens des Beschwerdeführers nur von den zur Feststellung erhobenen Wahrnehmungen der beiden Sicherheitswachebeamten ausgehen, daß während der Tatzeit am Tatort keinerlei Ladetätigkeit stattgefunden hat.

Das Vorbringen in der Beschwerde, es seien auf dem Betriebsgelände der A Gesellschaft m.b.H.

Vorbereitungshandlungen zur Ladetätigkeit durchgeführt worden, ist eine im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren unzulässige Tatsachenneuerung; selbst wenn solche Vorbereitungshandlungen außerhalb des Tatortes im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens festgestellt worden wären, würden diese allein - siehe das Vorerkenntnis - keine Ladetätigkeit darstellen.

Der von der Beschwerde gerügte Verstoß gegen § 44a VStG 1950 liegt nicht vor: Das erstinstanzliche Straferkenntnis nennt zutreffend als für die verhängte Strafe herangezogene Gesetzesbestimmung § 99 Abs. 3 lit. a StVO; der angefochtene Bescheid hat als verletzte Verwaltungsvorschrift zutreffend allein § 24 Abs. 1 lit. a StVO genannt.

Da weder von der belangten Behörde noch von der Beschwerde konkret angeführt wurde, welche Verfahrensmängel mit dem angefochtenen Berufungsbescheid nun saniert oder nicht saniert wurden und da der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid nicht mit wesentlichen Verfahrensmängeln im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG behaftet ansieht, können Erörterungen über solche - vom Beschwerdeführer nicht konkretisierte - Verfahrensmängel unterbleiben.

Die Richtigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde unterliegt - im Gegensatz zur Schlüssigkeit - nicht der Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053). Daher war die allgemeine Rüge, die belangte Behörde hätte sich nicht auf die Zeugenaussagen der beiden Sicherheitswachebeamten stützen dürfen, unbeachtlich.

Es ist unrichtig, daß die belangte Behörde den Beschwerdeführer ausdrücklich hätte auffordern müssen, die Art der ausgeübten Ladetätigkeit anzugeben. Das Vorbringen von Tatsachenbehauptungen war - da nach dem am Tatort zu beobachtenden Sachverhalt dort keinerlei Ladetätigkeit ausgeübt wurde - allein Sache des Beschwerdeführers in Ausführung seiner Mitwirkungspflicht.

Die Zeugenaussagen der beiden Sicherheitswachebeamten wurden dem Rechtsanwalt des Beschwerdeführers - entgegen den Behauptungen in der Beschwerde - am 28. November 1989 von der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Brigittenau, mit den übrigen bisherigen Ermittlungsergebnissen vorgehalten.

Es besteht kein abstraktes Recht des Beschwerdeführers oder seines Rechtsanwaltes, bei der Vernehmung von Zeugen im Verwaltungsstrafverfahren anwesend zu sein (siehe Vorerkenntnis). Welche konkreten Verfahrensergebnisse zu erwarten gewesen wären, hätte man dem Rechtsanwalt des Beschwerdeführers gegenüber den beiden Zeugen ein Fragerecht eingeräumt, wurde im Verwaltungsverfahren nicht vorgebracht, so daß auch nicht zu erkennen ist, daß die Unterlassung der Begründung der Abweisung des diesbezüglichen Antrages Einfluß auf den Bescheidinhalt hätte haben können. Eine Vorschrift, daß Beweisanträge ausdrücklich durch die Behörde abzuweisen sind, besteht im Verwaltungsstrafverfahren nicht.

Der gesamte Tatvorwurf einschließlich des Umstandes, daß zur Tatzeit am Tatort keine Ladetätigkeit durch den Beschwerdeführer ausgeübt wurde, ist bereits in der Anzeige enthalten. Diese wurde dem Rechtsanwalt des Beschwerdeführers am 10. Oktober 1989 von der oben genannten erstinstanzlichen Behörde mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vorgehalten. Darin liegt eine rechtzeitige Verfolgungshandlung (siehe Vorerkenntnis).

Da es der Beschwerde somit nicht gelungen ist, die von ihr behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlichen Dienst vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

Schlagworte

Beweismittel Beschuldigtenverantwortung Beweismittel Zeugenbeweis Beweiswürdigung Wertung der Beweismittel Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel Gegenüberstellung Fragerecht Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Erheblichkeit des Beweisantrages

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990180147.X00

Im RIS seit

20.11.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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