TE Vwgh Erkenntnis 1990/11/21 90/01/0152

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Veröffentlicht am 21.11.1990
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §63 Abs5;
ZustG §17 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Hoffmann, Dr. Herberth, Dr. Kremla und Dr. Steiner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hadaier, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 11. Juli 1990, Zl. Ia 335-1/90, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die vom Beschwerdeführer geschiedene Ehefrau stellte am 8. Mai 1989 den Antrag, den Familiennamen ihres aus der geschiedenen Ehe entstammenden Sohnes R. in ihren nunmehrigen Familiennamen M. zu ändern. Nach einem von der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch durchgeführten Ermittlungsverfahren wurden dem Beschwerdeführer die Ermittlungsergebnisse mit Schreiben vom 3. August und 4. September 1989 bekanntgegeben und ihm Gelegenheit gegeben, hiezu binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen; diese Frist endete mit 19. September 1989.

Mit Bescheid vom 8. Februar 1990 gab die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch dem zuvor genannten Antrag statt; dieser Bescheid wurde am gleichen Tage von der Behörde der Post übergeben und am 9. Februar 1990 der Antragstellerin, dem Beschwerdeführer nach zwei vergeblichen Zustellversuchen am

12. und 13. Februar 1990 durch Hinterlegung am 13. Februar 1990 zugestellt. Das Schriftstück wurde vom Beschwerdeführer am 16. Februar 1990 behoben.

Eine mit 8. Februar 1990 datierte Stellungnahme, die der Beschwerdeführer durch seinen nun erstmals eingeschalteten Rechtsvertreter abgab, langte bei der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch am 12. Februar 1990 ein. Am 2. März 1990 erhob der Beschwerdeführer gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 8. Februar 1990 Berufung.

Die belangte Behörde ließ den Beschwerdeführer durch die Bundespolizeidirektion Wien zur Frage vernehmen, ob er zwischen dem 13. Februar und 16. Februar 1990 in Wien an seiner Wohnadresse anwesend gewesen sei. Der Beschwerdeführer gab bei dieser Einvernahme am 13. Juni 1990 an, er sei zwar anwesend, doch in dieser Zeitspanne mit einem Projekt derart beschäftigt gewesen, daß er das Schriftstück erst am 16. Februar 1990 habe beheben können.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 als verspätet eingebracht zurück. Zur Begründung führte sie nach Wiedergabe des § 63 Abs. 5 AVG 1950 aus, über der Zustellung von Schriftstücken bestimme § 17 des Zustellgesetzes (BGBl. Nr. 200/1982), daß ein Schriftstück beim zuständigen Postamt zu hinterlegen sei, wenn die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden könne und der Zusteller Grund zur Annahme habe, daß sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhalte. Derartig hinterlegte Sendungen gelten mit dem Tag der Hinterlegung als zugestellt. Da sich der Beschwerdeführer laut eigener Aussage im Zeitpunkt der Hinterlegung des Schriftstückes regelmäßig an der Abgabestelle aufgehalten habe, sei davon auszugehen, daß ihm der angefochtene Bescheid am 13. Februar 1990 wirksam zugestellt worden sei. Die Frist zur Einbringung der Berufung habe daher am 27. Februar 1990 geendet. Die Berufung vom 2. März 1990 sei somit erst nach Ablauf der Berufungsfrist erfolgt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, und zwar weil Verfahrensvorschriften außer acht gelassen worden seien, welche in bezug auf die Zustellung von Behördenstücken zwingend vorgeschrieben seien. Gemäß § 9 Abs. 1 des Zustellgesetzes habe die Behörde, sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes bestimmt sei, den "Bevollmächtigten" als Empfänger zu bezeichnen. Demnach könne eine rechtswirksame Zustellung nur an diesen erfolgen und nicht etwa an die vertretene Partei unmittelbar. Eine irrtümliche Zustellung an die Partei selbst löse keine Rechtswirkungen aus; komme jedoch das Schriftstück tatsächlich dem Zustellungsbevollmächtigten zu, dann gelte die Zustellung in diesem Zeitpunkt als vollzogen. Im vorliegenden Fall sei weder der bekämpfte Bescheid noch die Ladung zur Verhandlung vom 13. Juni 1990 beim Bezirkspolizeikommissariat Wien-Neubau an den Rechtsfreund des Beschwerdeführers zugestellt worden. Der Rechtsfreund des Beschwerdeführers habe den Bescheid der Behörde erster Instanz frühestens am 16. Februar 1990 erhalten können, sodaß die Rechtsmittelfrist zur Einbringung der Berufung am 2. März 1990 noch gewahrt gewesen sei. Eine Kenntnisnahme des Rechtsfreundes des Beschwerdeführers von der Verhandlung am 13. Juni 1990 sei erst mit dem nun angefochtenen Bescheid selbst erfolgt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer ist im Verwaltungsverfahren vor der Behörde erster Instanz nicht rechtsfreundlich vertreten gewesen und hat weder innerhalb der ihm gewährten Frist zur Abgabe einer Stellungnahme noch bis zur Erlassung des Bescheides der Behörde erster Instanz vom 8. Februar 1990 an die Antragstellerin eine solche Vertretung bekanntgegeben. Die Zustellung des Bescheides unmittelbar an den Beschwerdeführer erfolgte daher entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht zu Recht.

Gemäß § 63 Abs. 5 zweiter Satz AVG 1950 beginnt die Frist für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Falle bloß mündlicher Verkündigung mit dieser.

Gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz ist die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Demnach war dem Beschwerdeführer der Bescheid der Behörde erster Instanz im Wege der Hinterlegung am 13. Februar 1990 rechtsgültig zugestellt worden. Der mit der Hinterlegung begonnene Lauf der Berufungsfrist endete sohin am 27. Februar 1990, sodaß die erst am 2. März 1990 eingebrachte Berufung verspätet ist.

Bei dieser Rechtslage war es unerheblich, daß die Ladung zur Einvernahme des Beschwerdeführers am 13. Juni 1990 nicht seinem Rechtsfreund zugestellt worden ist, abgesehen davon, daß Gegenstand der Einvernahme auch nicht eine Frage des dem Verwaltungsverfahren zu Grunde liegenden Sachantrages war.

Da die Beschwerde sich sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990010152.X00

Im RIS seit

21.11.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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