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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Individualantrag auf Aufhebung des zweiten Satzes in §37 Abs5 NÖ JagdG 1974; der Anspruch des Grundeigentümers gegen die Jagdgenossenschaft auf Ausfolgung des Anteilbetrages am Pachtschilling ist zivilrechtlicher Natur; Zumutbarkeit des gerichtlichen Rechtsweges; Mangel der AntragslegitimationSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. §18 des NÖ Jagdgesetzes 1974 (NÖ JG), LGBl. 6500-5, zufolge bilden die Eigentümer jener Grundstücke, die zu einem Genossenschaftsjagdgebiet gehören, die Jagdgenossenschaft, welcher Rechtspersönlichkeit zukommt; deren Organe sind der Jagdausschuß sowie dessen Obmann. §37 dieses Gesetzes betrifft die "Aufteilung des Jagdpachtschillings" und bestimmt folgendes:
"(1) Der Jagdpachtschilling, einschließlich eines im Sinne des §15 Abs3 etwa entrichteten Entgeltes, ist abzüglich der die Jagdgenossenschaft belastenden Kosten auf alle Eigentümer der das Genossenschaftsjagdgebiet bildenden Grundstücke unter Zugrundelegung des Flächenausmaßes der Grundstücke aufzuteilen. Dabei haben jedoch jene Grundstücke außer Betracht zu bleiben, auf denen die Jagd ruht (§17 Abs1 und 2).
(2) Der auf einen Jagdeinschluß (§14 Abs3) entfallende Pachtschilling ist nur unter die Eigentümer jener Grundstücke, die den Jagdeinschluß bilden, zu verteilen.
(3) Innerhalb von vier Wochen nach dem jeweiligen Erlag des jährlichen Pachtschillings hat der Jagdausschuß ein Verzeichnis der auf die einzelnen Grundbesitzer nach dem zugrundegelegten Maßstab (Abs1) entfallenden Anteile durch zwei Wochen im Gemeindeamt zur öffentlichen Einsicht aufzulegen. Die Auflegung ist mit dem Beifügen kundzumachen, daß Beschwerden gegen die Feststellung der Anteile innerhalb zweier Wochen, von dem Anschlage der Kundmachung an gerechnet, schriftlich beim Obmann des Jagdausschusses einzubringen sind. Eingebrachte Beschwerden sind von dem Obmann des Jagdausschusses ohne Verzug der Bezirksverwaltungsbehörde zur Entscheidung vorzulegen. Die Gemeinde hat dem Jagdausschuß in die zur Berechnung der Pachtschillingsanteile erforderlichen Unterlagen Einsicht zu gewähren.
(4) Gegen diese Entscheidung ist eine Berufung nicht zulässig.
(5) Nach rechtskräftiger Bestimmung der Anteile hat der Obmann des Jagdausschusses diese dem Grundeigentümer auszufolgen. Anteilbeträge, die binnen einer kalendermäßig festzusetzenden und kundzumachenden Frist von vier Wochen nicht behoben werden, verfallen zugunsten der Gemeindekassa."
2. Die Antragsteller sind (je zur Hälfte) Eigentümer von Grundstücken, welche zu einem Genossenschaftsjagdgebiet in der Gemeinde Muggendorf (Bezirk Wr. Neustadt) gehören. Mit dem an den Zweitantragsteller gerichteten Schreiben vom 26. März 1987 teilte der Bürgermeister der Gemeinde Muggendorf mit, daß die Frist für die Abholung des anteiligen Jagdpachtschillings am 18. März 1987 abgelaufen und der nichtbehobene Anteil (- der nach den Angaben der Einschreiter 7.900 S beträgt -) daher zugunsten der Gemeinde verfallen sei. Im Hinblick auf diesen Vorgang begehren die Einschreiter unter Berufung auf Art140 Abs1 letzter Satz B-VG mit näherer Begründung, den zweiten Satz im §37 Abs5 NÖ JG als verfassungswidrig aufzuheben.
II. Der Antrag ist nicht zulässig.
1. Der VfGH hat seit dem Beschluß VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt eingenommen, die Antragslegitimation nach Art140 Abs1 B-VG setze voraus, daß durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und daß der durch Art140 Abs1 B-VG dem Einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg. 10481/1985).
Im Hinblick auf die geschilderte Lage der Einschreiter nimmt der VfGH zwar an, daß sie durch die angefochtene Gesetzesstelle in ihren Interessen aktuell beeinträchtigt werden; er hält jedoch einen anderen Weg, die angestrebte Rechtskontrolle zu provozieren, für zumutbar.
Es ist nicht zweifelhaft, daß es sich beim Anspruch des Grundeigentümers gegen die Jagdgenossenschaft auf Ausfolgung des Anteilbetrags am Pachtschilling um einen zivilrechtlichen handelt; Streitigkeiten aus diesem Rechtsverhältnis fallen als bürgerliche Rechtssachen in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte (vgl. VfSlg. 9121/1981, S. 426, wonach die Mitglieder der Jagdgenossenschaft ihre privaten Interessen an einem möglichst hohen Pachtschilling gegen einen diese Interessen mißachtenden Jagdausschuß durch zivilrechtliche Schritte durchsetzen können (Hervorhebung nicht im Original)). Der Umstand, daß die Feststellung der Anteile am Pachtschilling im Streitfall der Bezirksverwaltungsbehörde obliegt (§37 Abs3), ändert in Ansehung des bloß feststellenden Charakters der verwaltungsbehördlichen Entscheidung nichts an dieser Beurteilung der Zuständigkeitsfrage.
Den Antragstellern stünde es sohin frei, durch Erhebung einer zivilrechtlichen Klage ihren Anspruch gegen die Jagdgenossenschaft geltend zu machen sowie im Fall der zu gewärtigenden Abweisung ihres Klagebegehrens bereits in der Berufung ihre verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die angefochtene Gesetzesstelle darzulegen und die Stellung eines Gesetzesprüfungsantrags durch das Gericht der zweiten Rechtsstufe anzuregen. Es bestehen keine Anhaltspunkte für die Annahme, daß ihnen dieser Schritt zur Rechtsverfolgung - etwa wegen des Prozeßrisikos und der damit verbundenen Kostenfolgen - unzumutbar wäre.
2. Außer der Aufhebung des zweiten Satzes im §37 Abs5 NÖ JG begehren die Antragsteller - und zwar nicht etwa unter Berufung auf Art137 B-VG, sondern im Rahmen ihres Antrags auf Gesetzesprüfung
"der VfGH wolle zu Recht erkennen, daß unser Eigentumsanspruch auf Auszahlung der Jagdpacht für das Jahr 1986 gegenüber der Gemeinde Muggendorf, 2763, Bezirk Wiener Neustadt aufrecht ist und die Gemeinde Muggendorf schuldig ist, uns die anteilige Jagdpacht für 1986 in der Höhe von mindestens S 7.900,-- zu bezahlen."
Zu einem derartigen Ausspruch aus Anlaß eines Individualantrages auf Gesetzesprüfung nach Art140 Abs1 B-VG ist der VfGH jedoch nicht berufen.
III. Der vorliegende Antrag war aus den dargelegten Gründen wegen fehlender Legitimation der Einschreiter bzw. wegen der hier offenbaren - Nichtzuständigkeit des VfGH zurückzuweisen.
was gemäß §19 Abs3 Z2 litc bzw. a VerfGG ohne weiteres Verfahren beschlossen werden konnte.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Jagdrecht, ZivilrechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1988:G120.1987Dokumentnummer
JFT_10119686_87G00120_00