Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §71 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Mag. Meinl, Dr. Fürnsinn, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, über die Beschwerde der Firma Z-GmbH gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 21. Dezember 1988, Zl. 530.168/2-10/1988, betreffend Fristversäumnis bezüglich des Antrages auf Rückerstattung ausbezahlter Schlechtwetterentschädigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei betreibt in Wien ein Bauunternehmen und unterliegt damit dem Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz 1957, BGBl. Nr. 129, mehrfach geändert (im folgenden kurz: BSchEG 1957).
Mit ihren mit 17. Februar 1988 datierten Anträgen begehrte die beschwerdeführende Partei gemäß § 8 Abs. 1 BSchEG 1957 vom Arbeitsamt Bau - Holz in Wien die Rückerstattung ausbezahlter Schlechtwetterentschädigung für den Lohnabrechnungszeitraum Mai 1987 für verschiedene Baustellen in Wien. In dem von den Verwaltungsbehörden als Nachsichtsbegehren gewerteten Begleitschreiben vom 17. Februar 1988 wies die beschwerdeführende Partei darauf hin, erst nach Überprüfung der im Betrieb in Niederösterreich (A) geführten Buchhaltung sei festgestellt worden, daß für Mai 1987 keine Refundierung eingelangt sei. Die vom Arbeitsamt Bau - Holz erteilte Auskunft, es seien für Mai 1987 keine Anträge eingelangt, sei unklar, weil bei der beschwerdeführenden Partei Fotokopien der Anträge vorhanden seien.
Das Arbeitsamt Bau - Holz führte ein umfangreiches Ermittlungsverfahren durch, in dem unter anderem P (Lohnverrechnerin im maßgeblichen Zeitraum: 1. April 1987 bis 30. September 1987), Pr (Betriebsratsvorsitzender), N (Lohnverrechnerin vom 1. Dezember 1983 bis 6. Dezember 1986) sowie F (Juniorchef; Prokurist der beschwerdeführenden Partei) als Zeugen bzw. Partei einvernommen wurden.
Mit Bescheid vom 1. August 1988 gab das Landesarbeitsamt Wien dem Ersuchen der beschwerdeführenden Partei vom 17. Februar 1988 um Nachsicht von den Rechtsfolgen der Fristversäumnis gemäß § 10 BSchEG 1957 hinsichtlich der verspätet eingebrachten Anträge vom 17. Februar 1988 auf Rückerstattung ausbezahlter Schlechtwetterentschädigung für den Abrechnungszeitraum Mai 1987 betreffend diverse Kleinbaustellen in Wien in der Gesamthöhe von S 90.134,21 keine Folge.
Die Behörde erster Instanz begründete dies im wesentlichen damit, die im § 10 Abs. 1 BSchEG 1957 vorgesehene Nachsicht "aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen" zwinge die Behörde zu einer strengen Auslegung. Als besonders berücksichtigungswürdig könnten sohin nur Härtefälle gelten, die durch unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignisse entstanden seien bzw. in welchen darüber hinaus die rechtzeitige Vorkehrung von Maßnahmen zur Vermeidung des Fristversäumnisses nicht möglich gewesen sei. Für den Abrechnungszeitraum Mai 1987 hätten die Anträge auf Rückerstattung spätestens (nach § 10 Abs. 1 BSchEG 1957 in Verbindung mit den §§ 32 f AVG 1950) am 30. Juni 1987 an das Arbeitsamt Bau - Holz abgesandt bzw. bei diesem abgegeben werden müssen. Auf Grund der niederschriftlichen Einvernahme der im fraglichen Zeitraum zuständigen Lohnverrechnerin Frau P. gehe die Behörde davon aus, daß die Anträge auf Rückerstattung von Schlechtwetterentschädigung nach der Erstellung von P. kopiert, das Original zur Unterschrift dem Juniorchef vorgelegt und in weiterer Folge dem Betriebsrat (an seinem Arbeitsplatz in Niederösterreich) zugeleitet worden seien. Der Lohnverrechnerin P. sei nicht bekanntgewesen, wo und wann die Mitfertigung durch den Betriebsrat erfolge. Die Kopien der erstellten, jedoch noch nicht unterfertigten Anträge seien bei P. verblieben und seien von ihr in einem dafür angelegten Ordner abgelegt worden. Diese Vorgangsweise habe lediglich zur Bestätigung der fristgerechten Erstellung der Anträge (Terminhaltung) und keinesfalls als Nachweis zur fristgerechten Einbringung beim Arbeitsamt gedient. Eine Vertretung für den Fall der Abwesenheit durch Krankheit oder Urlaub sei nicht vorgesehen gewesen. Der niederschriftlich einvernommene Betriebrat Herr Pr. habe bestätigt, daß die Anträge für den Abrechnungszeitraum Mai 1987 von ihm an seinem ständigen Arbeitsplatz in Niederösterreich (B) unterfertigt worden seien. Zu welchem Zeitpunkt dies erfolgt sei, sowie ob und wann diese Anträge auch tatsächlich zur Post gegeben worden seien bzw. ob eine Weiterleitung an das zuständige Arbeitsamt Bau - Holz in Wien stattgefunden habe, könne er nicht angeben. In der in Form einer schriftlichen Einvernahme von Herrn F. erfolgten Stellungnahme der beschwerdeführenden Partei seien die Aussagen der Lohnverrechnerin P. und des Betriebsrates Pr. bestätigt worden. Zur Fristversäumnis sei es durch wiederholten Personalwechsel in der Lohnverrechnung und damit verbundener Einschulung bzw. Arbeitsausfällen gekommen. Dies habe letztlich dazu geführt, daß die für den Abrechnungszeitraum Mai 1987 bereits erstellten und unterfertigten Anträge vom 11. Juni 1987 höchstwahrscheinlich nicht dem Arbeitsamt zugeleitet worden seien. Über den Verbleib dieser Originalanträge könnten keine Angaben gemacht werden; ebenso könnten auch keine Belege (Aufgabescheine, Protokollierungen usw.) vorgewiesen werden.
Nach § 10 Abs. 1 BSchEG 1957 habe der Dienstgeber für die fristgerechte Einbringung der Anträge Sorge zu tragen. Für die entsprechenden Dispositionen im Betrieb trage der Dienstgeber daher auch das unternehmerische Risiko, falls die getroffenen Vorkehrungen nicht zielführend seien. Im angeführten Sachverhalt könnte kein besonders berücksichtigungswürdiger Grund, dessen Ursache unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignisse gewesen seien, aber auch kein darüber hinaus gehender Nachsichtsgrund erblickt werden.
In ihrer binnen offener Frist erhobenen Berufung bracht die beschwerdeführende Partei im wesentlichen vor, der Bescheid der Behörde erster Instanz sei nicht hinreichend begründet worden. Die Anträge seien fristgerecht erstellt worden; das Unterbleiben der fristgerechten Übersendung sei vom Juniorchef F. einerseits mit dem Personalwechsel in der Lohnverrechnung, anderseits mit einem zum damaligen Zeitpunkt erhöhten Arbeitsaufwand begründet worden. Der Personalwechsel und der erhöhte Arbeitsaufwand sei weder vorhersehbar noch abwendbar gewesen. Es sei der beschwerdeführende Partei daher nicht möglich gewesen, Vorkehrungen welcher Art auch immer zu treffen. Diese Umstände seien im bekämpften erstinstanzlichen Bescheid nicht bzw. nicht hinreichend gewürdigt worden. Da die Anträge in den letzten 24 Jahren stets fristgerecht eingebracht worden seien, handle es sich um eine besonders berücksichtigungswürdige Ausnahmesituation.
Über Aufforderung gab die beschwerdeführende Partei mit ihrer Stellungnahme vom 5. Oktober 1988 im wesentlichen bekannt, drei Komponenten hätten bei der Fristversäumnis eine Rolle gespielt:
1.
Der wiederholte Wechsel in der Lohnverrechnung
Frau P., die zwei Monate vor der Fristversäumung zu arbeiten begonnen habe, sei durch den neuen Arbeitsbereich sowie die Rückstände und die Fehler der Vorgängerin belastet gewesen, sodaß auch zwei Monate nach ihrem Arbeitsbeginn eine außerordentliche Situation bestanden habe.
2. Schulungsprogramm (zusätzliche Belastung der Lohnverrechnung und der Geschäftsführung wegen Durchführung eines Schulungsprogrammes im Rahmen der Aktion 8000)
3. Übersiedlung der Geschäftsführung und Buchhaltung (mit Ausnahme einer Sekretärin und der Lohnverrechnung) von Wien in das neue Betriebsobjekt A (Niederösterreich) ab Mai 1987.
Die Überwachungsfunktion sei durch den Prokuristen F. ausgeübt worden, der jedoch sowohl durch die Einschulung von Frau P., des Schulungsprogrammes im Rahmen der Aktion 8000 als auch durch den Wechsel der Verwaltung über das ohnehin schon gravierende Ausmaß hinaus belastet gewesen sei. Wegen des jahrelangen Funktionierens der Abwicklung der Schlechtwetterentschädigungsanträge sei eine verstärkte Kontrolle entbehrlich erschienen.
Der nochmals einvernommene Prokurist F. bestätigte in seiner Aussage vom 24. November 1988 im wesentlichen diese Angaben. Eine verstärkte Kontrolle oder Aufsicht sei im Hinblick auf das klaglose Funktionieren der Vorgänge und die Rückerstattung trotz Personalwechsels nicht erforderlich erschienen, zumal der Verlauf der Antragstellung auf Rückerstattung beginnend mit der Erstellung der Anträge bis zur Einbringung im Arbeitsamt vorgegeben gewesen sei und auch jahrelang reibungslos geklappt habe. Wer letztlich die Absendung der unterfertigten Anträge für den Abrechnungszeitraum Mai 1987 versäumt habe, könne nicht mehr nachvollzogen werden. Postaufgabescheine lägen im Betrieb nicht auf. Der ab Mitte Mai 1987 nur mehr fallweise am Lagerplatz in B als Platzmeister eingesetzte Arbeitnehmer der beschwerdeführenden Partei, der regelmäßig als Postbote für die Rückerstattunganträge fungiert habe, habe F. gegenüber erklärt, daß er sich nicht mehr daran erinnern könne, ob er zur fraglichen Zeit Briefsendungen zur Post gebracht habe.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 21. Dezember 1988 gab die belangte Behörde der Berufung der beschwerdeführenden Partei keine Folge. Nach Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens führte sie in der Begründung aus, folgender Sachverhalt könne außer Streit gestellt werden:
Die Anträge auf Rückerstattung von Schlechtwetterentschädigung würden - nach Weisung des Dienstgebers - von der mit diesen Agenden betrauten Sachbearbeiterin im Lohnbüro (Wien) jeweils um die Mitte des auf den Abrechnungszeitraum folgenden Kalendermonates erstellt und im Original dem Juniorchef F. zur Unterfertigung vorgelegt. Eine Ablichtung der Anträge werde im Lohnbüro in einem Ordner aufbewahrt. Dann würden die bereits postfertig behandelten Originalanträge (samt Adresskuvert und zugehörigen Einschreibzetteln) durch den Firmenboten zur Mitfertigung an den Betriebsrat (nach B) weitergeleitet. Die postalische Versendung der Anträge werde unmittelbar danach regelmäßig durch den Platzmeister (oder den Betriebsrat Pr. persönlich) besorgt. Die zugehörigen Aufgabescheine würden wiederum an Ort und Stelle (in B) abgelegt. Der Ablauf der konkreten Antragstellung für den Abrechnungszeitraum Mai 1987 sei gemäß den Anordnungen der Geschäftsleitung erfolgt. Unklarheit herrsche darüber, ob und von wem die fristgerecht erstellten Anträge tatsächlich zur Post gegeben worden seien. Die beschwerdeführende Partei (Prokurist F.) habe hiezu erklärt, es könne nicht eruiert werden, wodurch die Absendung versäumt worden sei. Die beschwerdeführende Partei habe kumulativ folgende Ursachen als Gründe für das Unterbleiben der fristgerechten Übersendung im maßgebenden Zeitraum angegeben:
Den wiederholten Personalwechsel in der Lohnverrechung, einen erheblich erhöhten Arbeitsaufwand bei der Geschäftsleitung, die Einschulung der Lohnverrechnerin P., die Durchführung eines Schulungsprogrammes im Rahmen der Aktion 8000, die Übersiedlung der Geschäftsführung und Buchhaltung (mit Ausnahme der Lohnverrechnung und einer Sekretärin) nach Niederösterreich. Gleichzeitig habe die beschwerdeführende Partei auf das jahrelange Funktionieren der Antragsabwicklung verwiesen, weshalb eine zusätzliche verstärkte Kontrolle entbehrlich erschienen sei.
Nach Darstellung der Rechtslage führte die belangte Behörde weiters aus, der Begriff "besonders berücksichtigungswürdige Gründe" im § 10 Abs. 1 BSchEG 1957 reiche über den Umfang der lediglich "unvorhersehbaren und unabwendbaren Ereignisse" hinaus. Es sei von den spezifischen Verhältnissen des Einzelfalles auszugehen, wobei auf außergesetzliche Bewertungsmaßstäbe - wie die generelle Möglichkeit einer angemessenen Überwachung der vorgesehenen internen Organisationsabläufe im betreffenden Wirtschaftsbetrieb (Bauunternehmen) - Bedacht zu nehmen sei.
Vor dem Hintergrund der von der beschwerdeführenden Partei vorgebrachten Vorgänge, die ihrer Meinung nach die besondere Berücksichtigungswürdigkeit ausreichend darlegten, habe sich die belangte Behörde "im Rahmen einer gewichtenden Prüfung aller in Betracht kommenden objektiven und subjektiven Kriterien", insbesondere mit folgenden Fragen auseinanderzusetzen gehabt:
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Welche Vorkehrungen (Instruktionen, Anordnungen oder Weisungen im Einzelfall) habe die beschwerdeführende Partei für die Abwicklung der gegenständlichen Geschäftsfälle
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unter gewöhnlichen Verhältnissen - getroffen?
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Welche Änderungen seien angesichts der von ihr ins Treffen geführten besonderen Umstände und Verhältnisse, die nach ihrer Darstellung als Ursache für die Fristversäumung anzusehen seien, veranlaßt worden?
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Weshalb hätten die "vorgelegten" Kontrollmaßnahmen denoch keinen Erfolg gebracht?
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Sei der beschwerdeführenden Partei nach den besonderen Verhältnissen und persönlichen Fähigkeiten das Erkennen der Situation möglich gewesen? Habe ihr insbesondere die Ergreifung (Anordnung) verstärkter oder zusätzlicher Kontrollmaßnahmen - bei Anwendung entsprechender
Aufmerksamkeit zugemutet werden können?
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In welchem Kontext seien die von der beschwerdeführenden Partei angeführten Ereignisse - einzeln und in ihrer Gesamtheit - nach einem gesicherten Erfahrungsstand, im Zusammenhang mit der Fristversäumnis, als ursächlich zu beurteilen?
Bereits im April 1987 (Einschulung der Lohnverrechnerin P.) sei dem Dienstgeber der relativ umständliche von ihm vorgegebene Modus der Ablauforganisation bei Rückerstattungsanträgen wiederum zur Kenntnis gelangt. Der Mangel einer wirksamen Kontrolle hätte dem Dienstgeber im Rahmen dieser Einschulungsphase geradezu auffallen müssen (die Ablage der Antragskopien in einem Ordner (Zentrale in Wien), die davon getrennte Verwahrung des Postaufgabescheines (Einschreibezettels) auf dem Firmengelände in B). Nach Lage des Falles müsse die generelle Möglichkeit - ohne aufwendiges analytisches Vorgehen - durch eine fernmündliche Gegenkontrolle (Lohnverrechnung - Betriebsstätte in B) Gewißheit zu erlangen als gegeben und durchaus üblich angesehen werden. Zusätzlich sei als wirksame Aufsichtsmaßnahme die Gelegenheit zur vorsorglichen telefonischen Auskunftseinholung beim zuständigen Arbeitsamt offengestanden. Eine solche Vorgangsweise sei im vorliegenden Fall nicht vorgegeben gewesen und sei auch angesichts der "behaupteten Situation" im Einzelfall nicht angeordnet worden. Der Einwand der beschwerdeführenden Partei, sie (ihre Geschäftsführung) sei auf Grund der oben aufgezählten Ereignisse "in einem die ohnehin schon bestehende gravierende Belastung übersteigenden Ausmaß" beansprucht und in ihrer Überwachungsfunktion gehindert worden, gehe daher ins Leere.
Bei den befaßten Organisationseinheiten seien weder die Einschreibezettel, die den Nachweis tatsächlich erfolgter Postaufgabe vermitteln könnten, noch die (Original)Anträge auffindbar. Die Anträge für den Abrechungszeitraum Mai 1987 seien am 11. Juni 1987 erstellt worden; auch sei der seitens der Unternehmensleitung vorgegebene Verfahrensweg grundsätzlich eingehalten worden.
Trotz der von der beschwerdeführenden Partei angeführten, das erheblich Maß an Belastung noch erhöhenden Umstände, habe sie angesichts dieser Ausnahmesituation - im Hinblick auf das bisherige klaglose Funktionieren - dennoch die Anordnung einer verstärkten Kontrolle oder besonderen Aufsicht nicht für notwendig erachtet. Diese Argumentation könne nicht überzeugen, die beschwerdeführende Partei habe sich im Rahmen der sie treffenden Sorgfaltspflicht verhalten.
Vielmehr falle ihr nicht bloß ein unschädlicher minderer Grad des Versehens (§ 1332 ABGB), sondern vermöge der besonderen Verhältnisse und der persönlichen Fähigkeiten auffallende Sorglosigkeit zur Last. Auffällig sei, daß trotz der vorgebrachten Ausnahmesituation der Lohnverrechnung der Antrag für den Abrechnungszeitraum Mai 1987 fristgerecht dem Dienstgeber (Prokurist F.) am 11. Juni 1987 zur Unterfertigung vorgelegt worden sei.
Wegen des spezifischen Kenntnisstandes könne der beschwerdeführenden Partei zum Zeitpunkt der Fertigung des Antrages durch F. ein qualifiziertes Bewußtsein um die Fristgebundenheit und notwendige weiterführende Informationseinholung über die Weiterleitung des Antrages unterstellt werden. Da es zur Realisierung dieses Informationserfordernisses keiner besonders verfeinernden Organisationsstrukturen oder aufwendiger Kontrollmechanismen bedurft habe, habe die beschwerdeführende Partei die von ihr auch in kaufmännischen Belangen zu erwartende Diligenzpflicht grob vernachlässigt.
Bezeichnend für den Zustand der bestehenden internen Strukturen in bezug auf die tatsächlich geübte Aufsicht (Revision) sei, daß das Fehlverhalten erst nach einem relativ langen Zeitraum (mehr als sieben Monate) - offenbar zufällig - entdeckt worden sei.
Unbestritten sei, daß einzelne Organisationseinheiten nach Niederösterreich (A) verlegt worden seien. Die Lohnverrechnung sei jedoch in der Wiener Zentrale verblieben und von der Umstellung nicht betroffen gewesen.
Die von der Organisationsspitze und den betroffenen Einheiten wahrzunehmenden Aufgaben im Rahmen des Schulungsprogrammes (Aktion 8000) hätten nach den Erfahrungen der belangten Behörde das übliche Ausmaß keinesfalls überschritten, zumal mit dem vorliegenden Fehlverhalten kein unmittelbar adäquater Zusammenhang bestehe.
Der Einwand des Sachbearbeiterwechsels könne im Hinblick auf die zweifache Fertigung des Antrages (Dienstgeber, Betriebsrat) als nicht stichhältig angesehen werden.
Die regelmäßig bei der Organisationsspitze in rechtlicher und kaufmännischer Hinsicht liegende Verantwortlichkeit könne nach Auffassung der belangten Behörde nicht wirksam auf die mangelnde Aufmerksamkeit bei den untergeordneten Organisationsstufen (Buchhalterin, Platzverwalter, Bote, usw.) reduziert werden. Die Beauftragung eines Dritten (Dienstnehmers) könne den Arbeitgeber nicht von seiner primären Sorgfaltspflicht exkulpieren.
Durch die Wortfolge "besonders berücksichtigungswürdige Gründe" habe der Gesetzgeber die Nachsichtswürdigkeit unter Bedachtnahme auf Billigkeitserwägungen und unter Einbeziehung auch außergesetzlicher Umstände über das Maß alltäglicher Schlamperei oder auffälliger Nachlässigkeit, die bei Aufwendung durchschnittlicher Sorgfalt leicht vermeidbar erscheine, hinausgehoben. Bei Anwendung des Nachsichtstatbestandes sei ein strenger Maßstab anzuwenden: Regelmäßig könnten nur ganz besondere Ereignisse, die nicht einer auffallenden Sorglosigkeit zuzurechnen seien, die Erteilung einer Nachsicht rechtfertigen.
Auch die apodiktische Behauptung der beschwerdeführenden Partei, wonach 24 Jahre diese Vorgangsweise klaglos funktioniert habe, sei kein entscheidendes Argument, daß besonders berücksichtigungswürdige Gründe aus Billigkeitserwägungen anzunehmen seien. Die beschwerdeführende Partei sei nicht durch außergewöhnliche Umstände und ohne grobes Verschulden gehindert gewesen, den Antrag fristgerecht einzubringen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes macht die beschwerdeführende Partei geltend, die belangte Behörde gehe davon aus, daß "besonders berücksichtigungswürdige Gründe" im Sinn des § 10 Abs. 1 BSchEG 1957 über den Umfang der lediglich "unvorhersehbaren und unabwendbaren Ereignisse" hinausgehend zu beurteilen seien. Nach Auffassung der beschwerdeführenden Partei seien "besonders berücksichtigungswürdige Gründe" extensiver zu interpretieren als die unvorhersehbaren und unabwendbaren Ereignisse.
§ 10 Abs. 1 BSchEG 1957, BGBl. Nr. 129, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 219/1975 (Art. I Z. 8 ) und BGBl. Nr. 639/1982 (Art. I Z. 3) lautet:
"Der Antrag auf Rückerstattung der Beträge gemäß § 8 Abs. 1 (Erstattungsantrag) ist vom Dienstgeber bei dem nach der Lage der Arbeitsstelle zuständigen Arbeitsamt, in Wien beim zuständigen Facharbeitsamt, einzubringen. Er muß bis zum Ablauf des auf den Abrechnungszeitraum, für den die Rückerstattung beantragt wird, folgenden Kalendermonates gestellt werden. Für die Berechnung dieser Frist gelten die §§ 32 und 33 AVG 1950, BGBl. Nr. 172, sinngemäß. WURDE DIE EINBRINGUNGSFRIST AUS
BESONDERS BERÜCKSICHTIGUNGSWÜRDIGEN GRÜNDEN VERSÄUMT, SO KANN
DAS ZUSTÄNDIGE LANDESARBEITSAMT AUF SCHRIFTLICHEN ANTRAG
NACHSICHT VON DEN RECHTSFRAGEN DER FRISTVERSÄUMNIS ERTEILEN.
Der Erstattungsantrag ist vom Betriebsrat mitzufertigen."
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 9. Oktober 1985, Zl. 84/09/0202 = Slg. N.F. Nr. 11.901/A, dargelegt hat, stellt § 10 Abs. 1 leg. cit. ungeachtet einer nach den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage der Novelle, BGBl. Nr. 219/1975, hervorleuchtenden gewissen Beziehung zur Regelung der Wiedereinsetzung des AVG 1950 nicht auf "unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignisse", sondern eben auf "besonders berücksichtigungswürdige Gründe" ab. Ob solche "berücksichtigungswürdigen Gründe" vorliegen, kann immer nur nach den Verhältnissen des Einzelfalles beurteilt werden. Bei der Anwendung des unbestimmten Gesetzesbegriffes der "besonderen Berücksichtigungswürdigkeit" ist auch auf außergesetzliche Bewertungsgrundlagen, wie beispielsweise auf die Erfahrungen bei der Organisation von Wirtschaftsbetrieben, zurückzugreifen.
Zwar verwendet die belangte Behörde in ihrem angefochtenen Becheid die von der beschwerdeführenden Partei kritisierte Wendung, der Begriff der "besonders berücksichtigungswürdigen Gründe" reiche über den Umfang der lediglich "unvorhersehbaren und unabwendbaren Ereignisse" hinaus. Abgesehen davon, daß diese sprachliche Formulierung mehrdeutig ist und auch den Schluß zuläßt, der Begriff der "besonders berücksichtigungswürdigen Gründe" umfasse mehr als nur unvorhergesehene und unabwendbare Ereignisse (diese Auffassung hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem bereits zitierten Erkenntnis Slg. Nr. 11.901/A vertreten), hat die belangte Behörde auf dem Boden der oben dargestellten Rechtslage im Beschwerdefall - ausgehend vom Einzelfall und unter Heranziehung außergesetzlicher Bewertungsgrundlagen - geprüft, ob die von der beschwerdeführenden Partei vorgebrachten Umstände geeignet sind, das Vorliegen der im § 10 Abs. 1 vierter Satz BSchEG 1957 genannten Nachsichtsvoraussetzung zu erfüllen.
Die belangte Behörde ging dabei in rechtlicher Hinsicht im Ergebnis davon aus, daß auf grobe Fahrlässigkeit (auffallendes Fehlverhalten) zurückführende Fehlleistungen keine besonders berücksichtigungswürdigen Gründe im Sinn des § 10 Abs. 1 vierter Satz BSchEG 1957 seien, den Dienstgeber (bei einer juristischen Person die Organisationsspitze, zu der neben den vertretungsbefugten Organen auch z.B. der Prokurist gehöre) auch bei Betrauung von Dritten (Arbeitnehmern) mit der Wahrnehmung von Aufgaben zur Geltendmachung von Rückerstattungsanträgen eine Sorgfaltspflicht treffe und daß die Außerachtlassung jeglicher Kontrollmaßnahmen, die zur Sicherung der Einhaltung einer Frist erforderlich und dem Dienstgeber nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbar gewesen sei, auffallende Sorglosigkeit darstelle.
Diese Rechtsauffassung kann nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Zwar unterscheidet § 10 Abs. 1 vierter Satz BSchEG 1957 sich auch insofern von § 71 AVG 1950, als das Vorliegen von Verschulden (anders als bei der Wiedereinsetzung) nicht ausdrücklich als Ausschlußgrund für die Erteilung der Nachsicht in das Gesetz aufgenommen wurde. Doch folgt daraus nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes für sich allein noch nicht, daß dem Verschulden bei Auslegung des unbestimmten Gesetzesbegriffes "besonders berücksichtigungswürdige Gründe" keine Bedeutung zukäme.
Vielmehr ist von folgendem auszugehen:
Vor der Novelle des BSchEG 1957, BGBl. Nr. 219/1975, mit der der Nachsichtstatbestand im vierten Satz des § 10 Abs. 1 leg. cit. eingefügt wurde, konnte mangels einer gesetzlichen Regelung überhaupt keine Nachsicht von der Versäumnis der (materiell-rechtlichen) Präklusivfrist nach § 10 Abs. 1 erster Satz gewährt werden (vgl. dazu auch die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zu dieser Novelle, 1478 Beilagen StenProt NR 13. GP zu Art. I Z. 8 auf Seite 4f). Wenn der Gesetzgeber das Vorliegen "besonders berücksichtigungswürdiger Gründe" im § 10 Abs. 1 vierter Satz BSchEG 1957 als Tatbestandsvoraussetzung für die Gewährung der Nachsicht von den Rechtsfolgen der Fristversäumnis normiert hat, gibt er - schon vom Wortlaut ausgehend - zu erkennen, daß nicht jede Ursache der Fristversäumnis darunter fällt. Keinesfalls hat der Gesetzgeber also mit dieser Bestimmung die Nichteinhaltung der Frist zur Stellung eines Rückerstattungsantrages rechtsfolgenlos gestellt: Nach wie vor führt die Nichteinhaltung der Frist zum Anspruchsverlust, der lediglich aus Billigkeitserwägungen in Härtefällen ("besonders berücksichtigungswürdige Gründe") wieder beseitigt werden kann. Da im Falle einer befristeten Geltendmachung eines Anspruches (bei sonstigem - grundsätzlichen - Anspruchsverlust) der Gesetzgeber davon ausgeht, daß der Anspruchsberechtigte unter Einhaltung der erforderlichen (durchschnittlichen) und ihm zumutbaren Sorgfalt im Regelfall imstande ist, seinen Antrag fristgerecht zu stellen, kommt im Hinblick auf den Wortlaut und die Zielsetzung des § 10 Abs. 1 vierter Satz BSchEG 1957 die Nachsichtserteilung nur dann in Betracht, wenn die Fristversäumnis eingetreten ist, obwohl der Anspruchsberechtigte seiner Sorgfaltspflicht (im obigen Sinn) nachgekommen ist. Das bedeutet, daß zur Fristversäumnis führende Fehlleistungen, die auf grobe Fahrlässigkeit des Anspruchswerbers zurückzuführen sind, keine besonders berücksichtigungswürdigen Gründe sind, während leichte Fahrlässigkeit des Anspruchswerbers die Anwendbarkeit des § 10 Abs. 1 vierter Satz BSchEG 1957 nicht ausschließt.
Im Beschwerdefall ist beschwerdeführende Partei (Dienstgeber) eine juristische Person. Da juristische Personen selbst nicht verschuldensfähig sind, kann ihnen nur ein Verschulden der für sie handelnden natürlichen Personen zugerechnet werden. Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob es sich um eine Berechtigung oder eine Verpflichtung der juristischen Person handelt. Das BSchEG 1957 enthält für den hier interessierenden außerverwaltungsstrafrechtlichen Bereich keine Regelung, für wessen Verschulden die juristische Person verwaltungsrechtlich einzustehen hat. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes kommen hiefür neben den nach der Verfassung (Statut, Satzung) einer juristischen Person vorgesehenen vertretungsbefugten Organen auch alle jene nach dem jeweiligen (konkreten) Organisationsaufbau mit der verantwortlichen und selbständigen Besorgung von Aufgabenbereichen in leitender Stellung betrauten Personen in Betracht. Dazu gehört auch der Prokurist. Diese Auslegung nimmt auf die Organisation von Wirtschaftsabläufen Bedacht, die der Gesetzgeber z.B. für den Anwendungsbereich des VStG 1950 in seinem § 9 bei der (erweiternden) Regelung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit berücksichtigt hat.
Die im heutigen Wirtschaftsleben, insbesondere ab einer bestimmten Betriebsgröße notwendige Arbeitsteilung, läßt es nicht zu, daß sich der oben genannte Personenkreis um alle Belange und Angelegenheiten selbst persönlich annimmt. Es muß diesem Personenkreis daher zugebilligt werden, die Besorgung von Aufgaben anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesem Bereich auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken.
Unter diesem Gesichtspunkt muß die Organisation einer juristischen Person die Mindesterfordernisse einer sorgfältigen Organisation erfüllen: Die Wahrnehmung einer fristgebundenen Aufgabenerfüllung ist so einzurichten, daß die fristgerechte Stellung von Anträgen (hier: auf Rückerstattung von ausbezahlten Schlechtwetterentschädigungen) gesichert erscheint. Dazu gehört auch die Vorsorge durch entsprechende Kontrollen, damit Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach ausgeschlossen werden. Liegen Organisationsmängel vor, wodurch die Erreichung des oben genannten Zieles nicht gewährleistet ist oder ist das Kontrollsystem in diesem Sinne unzureichend oder wird das Bestehen einer Aufsichtspflicht überhaupt nicht erkannt, dann liegen wegen auffallender Sorglosigkeit auch keine "besonders berücksichtigungswürdige Gründe" im Sinne des § 10 Abs. 1 vierter Satz BSchEG 1957 vor, wenn die Fehlleistung, die zur Fristversäumnis führte, auf diese Gründe zurückzuführen ist.
Im Beschwerdefall bleibt zu prüfen, ob die belangte Behörde unter Berücksichtigung der Situation des Einzelfalles zu Recht das Vorliegen dieser Tatbestandsvoraussetzung für die Erteilung der Nachsicht verneinen konnte.
Unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften macht die beschwerdeführende Partei in diesem Zusammenhang geltend, es hätten von der belangten Behörde der Bereich des Fehlverhaltens und der Grad des Verschuldens festgestellt werden müssen. Ausgehend von der Bearbeitungskette Lohnverrechnung - Geschäftsführung - Bote - Betriebsrat - Postaufgabe sei der Fehler nicht bei der neu eingestellten Lohnverrechnerin P., sondern am Ende der Kette gelegen. In dieser Phase seien langjährige Mitarbeiter betraut gewesen, die die weitere Bearbeitung der Anträge jahrelang pünktlich und sorgfältig erledigt hätten. Ein Fehler in diesem Bereich müsse im Hinblick auf die jahrelange Verläßlichkeit als entschuldbares Fehlverhalten minderen Grades qualifiziert werden. In der Kontrollebene seien die Geschäftsführer und der Prokurist aus den von der belangten Behörde festgestellten Gründen kurzfristig überlastet gewesen. Die Kontrolle habe sich auf Bereiche, die verändert worden seien und nicht auf langjährig funktionierende Bereiche, für welche eine verstärkte Kontrolle zu Recht entbehrlich erschienen sei, erstreckt. Die Ablauforganisation entspreche einer in einem Großunternehmen üblichen normalen Arbeitsaufteilung. Die Bearbeitungskette kontrolliere sich selbständig, da das nächste Glied ein Fehlverhalten des vorderen Gliedes bemerken müsse. Das Ende dieser Kette sei wegen des jahrelangen Funktionierens offenbar zu wenig kontrolliert worden; darin liege aber keine grober Verstoß gegen Sorgfaltspflichten. Es hieße diese zu überspannen, wenn Geschäftsführer oder Prokurist die Postaufgabe kontrollieren müßten, wenn diese 24 Jahre lang ohne Fehlverhalten funktioniert habe. Eine fernmündliche Gegenkontrolle zwischen den betroffenen Organisationseinheiten sei nicht durchführbar, weil es zahlreiche andere Bereiche gäbe. Die Sicherung sämtlicher Bereiche durch fernmündliche Gegenkontrollen lege den Betrieb durch pausenlose Telefonate still. Auch die telefonische Auskunftseinholung beim Arbeitsamt würden den täglichen Arbeitsaufwand des Arbeitsamtes bis zur Unmöglichkeit belasten. Da eine Buchhaltung üblicherweise lediglich jährlich überprüft werde, leite die belangte Behörde aus der erst längere Zeit später erfolgten Entdeckung des Fehlverhaltens zu Unrecht eine prinzipielle Sorgfaltsverletzung ab. Sowohl beim Fehlverhalten des ausführenden Organes als auch bei der durch die Belastung der Kontrollorgane mangelnden Kontrolle handle es sich um ein Verschulden minderen Grades, das als besonders berücksichtigungswürdig im Sinne des § 10 Abs. 1 BSchEG 1957 zu qualifizieren sei.
Unbestritten ist im Beschwerdefall, daß
1. die von der beschwerdeführenden Partei im fraglichen Zeitraum vorgegebene Ablauforganisation (Lohnverrechnung - Geschäftsführung - Bote - Betriebsrat - Postaufgabe) tatsächlich bis zur letzten Einheit eingehalten wurde
2. die Rückerstattungsanträge für den Monat Mai 1987 nicht bis zum 30. Juni 1987 zur Post gegeben wurden
3. die internen Organisationsvorschriften keine Kontrollen der einzelnen Phasen, insbesondere des letzten Gliedes in der Ablauforganisation vorsahen und solche auch nicht durchgeführt wurden, und
4. weder eine Rückmeldung der Postaufgabe an eine organisatorische Vorstufe in den internen Organisationsvorschriften vorgesehen war noch eine solche durchgeführt wurde.
Die beschwerdeführende Partei führt die unter Punkt 2. und 3. aufgezeigten Umstände auf einen minderen Grad des Verschuldens zurück, die die Anwendbarkeit des § 10 Abs. 1 vierter Satz BSchEG 1957 nicht ausschlösse, wobei sie in diesem Zusammenhang auf ein langjähriges Funktionieren des Systems und auf die Überlastung der Geschäftsführung hinweist.
Dem ist entgegenzuhalten, daß auf dem Boden der oben dargelegten Rechtsauffassung dem Grad eines allfälligen Verschuldens jenes Dienstnehmers, der mit der Postaufgabe der Rückerstattungsanträge betraut war, bei der hier zu lösenden Rechtsfrage keine Bedeutung zukommt. Ausschlaggebend ist vielmehr, ob ein den vertretungsbefugten Organen bzw. leitenden Angestellten zuzurechnendes Organisations- bzw. Überwachungsverschulden vorliegt, das als grob fahrlässig zu werten ist.
Das Fehlen jeder Kontrolle der letzten Stufe (Postaufgabe) nach den im fraglichen Zeitraum verbindlichen internen Organisationsvorschriften, die im Beschwerdefall auch eingehalten wurden, schließt die Korrekturmöglichkeit von Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen des letzten Gliedes in der im Beschwerdefall gewählten Ablauforganisation von vornherein aus bzw. vermindert zumindest die Möglichkeit einen einer raschen Aufdeckung einer Fehlleistung, dem durch möglichst bald nach Ablauf der Frist gestellten Nachsichtsantrag begegnet werden könnte. Die verhältnismäßig kurze Fristversäumnis hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem bereits zitierten Erkenntnis Slg. Nr. 11.901/A als ein Argument für eine "billige" Rücksichtnahme gewertet (im damaligen Beschwerdefall betrug die Fristversäumnis 18 Tage). Eine solche Vorsorgemaßnahme ist jedoch zur Sicherung der fristgerechten Einbringung von Rückerstattungsanträgen auch schon bei üblichem Geschäftsbetrieb (Normalsituation) erforderlich und war dem Prokuristen der beschwerdeführenden Partei nach seinen persönlichen Fähigkeiten (was von der beschwerdeführenden Partei auch gar nicht bestritten wird) auch zuzumuten. Sie hätte z.B. in der Rückmeldung des postaufgebenden Dienstnehmers an die Lohnverrechnung gekoppelt mit einer in ihrer Intensität von der Erfahrung und Zuverlässigkeit der die Lohnverrechnung wahrnehmenden Dienstnehmerin abhängigen stichprobenartigen Kontrolle dieser Stelle durch den Prokuristen bzw. die Geschäftsführung ausreichend sichergestellt werden können.
Entgegen der Auffassung der beschwerdeführenden Partei ist eine derartige diesem Zweck dienende Maßnahme zielführend und ihre Einführung wegen ihrer Einfachheit der beschwerdeführenden Partei auch zumutbar.
Der von der beschwerdeführenden Partei (auch) in diesem Zusammenhang erhobene Einwand, das klaglose Funktionieren der Postaufgabe in den letzten 24 Jahre habe eine Kontrolle entbehrlich erscheinen lassen, verkennt die Sicherungsaufgabe der Kontrolle grundlegend, die gerade auch bei einem langjährig funktionierenden Vorgang am Platz ist. Im übrigen hat nach der Aktenlage die in der Zeit vom 1. Dezember 1983 bis 6. Dezember 1986 in der Lohnverrechnung tätige Dienstnehmerin N. bei ihrer Zeugeneinvernahme erklärt, daß sie den Antrag auf Rückerstattung nie aus der Hand gegeben und nach der Unterfertigung durch den Betriebsrat diesen jeweils persönlich zur Post gebracht und eingeschrieben an das zuständige Arbeitsamt aufgegeben habe. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid darauf hingewiesen, daß im Zuge der Einschulung der Lohnverrechnerin P. (im April 1987) der Dienstgeber (Prokurist F.) persönlich die "dabei erneuerten Instruktionen" vorgegeben habe.
Läßt die Ablauforganisation - wie im Beschwerdefall - erkennen, daß Fristen nur bei "ordnungsgemäßem Geschäftsgang" einzuhalten sind und fehlt es an jedem Kontrollsystem, dann sind die Mindesterfordernisse einer sorgfältigen Organisation nicht erfüllt. Dieses Organisationsverschulden besteht im Beschwerdefall unabhängig von der von der beschwerdeführenden Partei behaupteten kurzfristen Überlastung der Geschäftsführung und des Prokuristen, waren doch nicht einmal auf der nachgeordneten Ebene (Lohnverrechnung usw.) Maßnahmen zur Hintanhaltung bzw. raschen Aufdeckung von Fristversäumnissen vorgekehrt worden, obwohl dem Prokuristen F. anläßlich der Einschulung der Lohnverrechnerin P. dieser Mangel im Organisationsablauf hätte auffallen müssen und er (selbst bei Überlastung) nicht gehindert war, zumindest geeignete Maßnahmen in diesem Bereich für die betroffenen Dienstnehmer anzuordnen.
Aus den angeführten Gründen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung in der nach ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung, BGBl. Nr. 206/1989.
Schlagworte
Verantwortung für Handeln anderer Personen AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989090018.X00Im RIS seit
22.11.1990