Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AuskunftspflichtG 1987 §1 Abs1;Beachte
Besprechung in:ÖStZ 1991, 264; Exolex 1991/5, S 362;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hadaier, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 12. August 1988, Zl. 29 0913/5-V/5/88, betreffend Erteilung einer Auskunft nach dem Auskunftspflichtgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Schreiben vom 20. April 1988 brachte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde und darüberhinaus offenbar auch bei der Staatsanwaltschaft Wels und beim Österreichischen Rechtsanwaltskammertag eine "Strafanzeige, Anzeige nach dem KWG, Disziplinaranzeige" gegen insgesamt neun Personen, darunter insbesondere gegen bestimmte Organe der Raiffeisenkasse X und der Raiffeisen-Zentralkasse Y, ein. Der Beschwerdeführer warf darin diesen Personen in einer umfangreichen Sachverhaltsdarstellung vor, von ihnen widerrechtlich in den Konkurs getrieben worden zu sein. Er verdächtigte sie des Verbrechens des Kreditbetruges, des Betruges, der Veruntreuung und anderer Delikte.
Zu diesem Schreiben teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, daß der von ihm angeführte Sachverhalt in den Zuständigkeitsbereich der ordentlichen Gerichte falle.
Mit Schreiben vom 17. Juni 1988 ersuchte der Beschwerdeführer sodann die belangte Behörde um Erteilung einer Auskunft nach dem Auskunftspflichtgesetz, BGBl. Nr. 287/1987, idF vor der Novelle BGBl. Nr. 357/1990. Gleichzeitig stellte er den Antrag auf Erlassung eines Bescheides, falls ihm die Auskunft verweigert werden sollte. Der wesentliche Teil des Auskunftsersuchens lautet wie folgt:
"Ich brachte mehrere Anzeigen gegen die oa. Banken ein und ersuche Sie höflichst, mir mitzuteilen, welche Ergebnisse sich für das BMF ergaben.
Ferner ersuche ich um Auskunft:
1)
Wer sind die dafür zuständigen Sachbearbeiter?
2)
Welche Schritte wurden seitens des BMF gesetzt?
3)
Benötigen Sie von mir weitere Unterlagen oder Informationen?
4)
Welche Ergebnisse ergaben sich für das BMF?"
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer auf sein Schreiben vom 17. Juni 1988 "mitgeteilt, daß im Hinblick auf die gemäß Artikel 20 Absatz 3 Bundesverfassungsgesetz bestehende gesetzliche Amtsverschwiegenheit keine Einzelheiten darüber bekanntgegeben werden können, ob bzw. in welcher Weise das BMF als Bankenaufsichtsbehörde in konkreten Fällen tätig wird." In der diesem Bescheid beigegebenen Begründung heißt es im wesentlichen, daß die Beantwortung der vom Beschwerdeführer gestellten Fragen unter die gesetzliche Verschwiegenheitspflicht falle. Deshalb dürften ihm keine Auskünfte erteilt werden. Zur Frage 3) des Schreibens des Beschwerdeführers werde neuerlich mitgeteilt, daß der betreffende Sachverhalt nicht in die sachliche Zuständigkeit des BMF, sondern in die der ordentlichen Gerichte (Zivil- und Strafgerichte) falle. Die Erlassung eines ablehnenden Bescheides ergehe über Antrag des Beschwerdeführers und stütze sich auf § 4 Auskunftspflichtgesetz.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Seinem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht auf Erteilung der von ihm erbetenen Auskünfte verletzt.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Bedachtnahme auf die Stellungnahme des Beschwerdeführers zur Gegenschrift der belangten Behörde erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 1 Auskunftspflichtgesetz haben die Organe des Bundes sowie die Organe der durch die Bundesgesetzgebung zu regelnden Selbstverwaltung über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht.
Dieser Pflicht der Behörde zur Auskunftserteilung korrespondiert ein subjektives-öffentliches Recht des Einschreiters (vgl. beispielsweise die hg. Erkenntnisse zur Bestimmung des § 3 Z. 5 des Bundeministeriengesetzes 1973, BGBl. Nr. 389, vom 14. Oktober 1976, Zl. 722/76, Slg. Nr. 9151/A, und vom 29. März 1982, Zl. 81/17/0049). Ein über das in der Vorschrift des § 1 Abs. 1 Auskunftspflichtgesetz anerkannte, rechtliche Interesse des Antragstellers an der Auskunftserteilung schlechthin hinausgehendes, aus den besonderen Verwaltungsvorschriften abzuleitendes rechtliches Interesse an der Auskunftserteilung fordert das Auskunftspflichtgesetz nicht.
Die um Auskunft ersuchte Behörde hat zu beurteilen, ob und inwieweit eine Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit dem Auskunftsbegehren entgegensteht; sie hat somit im Sinne des Art. 20 Abs. 3 B-VG die Interessen der Gebietskörperschaft und der Partei zu beurteilen. Die um Auskunft ersuchte Behörde trifft hiebei die Pflicht zur ausreichenden Feststellung des relevanten Sachverhaltes, wobei das Parteiengehör zu gewähren ist, und die Pflicht zu einer gesetzmäßigen Begründung ihrer Entscheidung (vgl. abermals das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 29. März 1982, Zl. 81/17/0049).
Im vorliegenden Fall gibt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid keine auf die Verhältnisse des einzelnen Falles Rücksicht nehmende Begründung dafür, weswegen dem Beschwerdeführer die von ihm begehrte Auskunft in vier Punkten verweigert wird. Die belangte Behörde bringt vielmehr ihre Rechtsansicht zum Ausdruck, daß die gesetzliche Amtsverschwiegenheit bei der Bankenaufsicht so weit reiche, daß Einzelheiten darüber, ob bzw. in welcher Weise die Behörde "in konkreten Fällen" tätig werde, (generell) nicht bekanntgegeben werden dürften.
Die eben wiedergegebene Rechtsansicht der belangten Behörde trifft jedoch in dieser Allgemeinheit nicht zu, weil dem Auskunftspflichtgesetz keineswegs entnommen werden kann, daß es Angelegenheiten der Bankenaufsicht von der Auskunftspflicht generell ausnimmt. Gewiß erscheint es denkbar, daß in einer konkreten Angelegenheit der Bankenaufsicht das Interesse an der Geheimhaltung von Tatsachen jenes an der Preisgabe gegenüber einer Auskunft heischenden Person überwiegt, dies rechtfertigt jedoch nicht die Annahme, daß dies in allen Fällen so gelagert ist, in denen die Ausübung der Bankenaufsicht seitens der belangten Behörde angeregt wird. Der dem angefochtenen Bescheid anhaftende Begründungsmangel stellt sich somit als Folge einer unrichtigen Rechtsansicht der belangten Behörde dar. Die dem angefochtenen Bescheid beigegebene Begründung erscheint aber hinsichtlich der vom Beschwerdeführer in seinem Schreiben vom 17. Juni 1988 unter Punkt 3) gestellten Frage auch in sich nicht schlüssig. Denn die damit beantwortete Frage des Beschwerdeführers, ob DIE BELANGTE BEHÖRDE weitere Unterlagen oder Informationen vom Einschreiter benötige, bezieht sich eindeutig auf ihren sachlichen Zuständigkeitsbereich für Angelegenheiten der Bankenaufsicht und nicht auf den der ordentlichen Gerichte.
Der angefochtene Bescheid mußte sohin gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Die Umsatzsteuer ist in den pauschalierten Sätzen dieser Verordnung bereits berücksichtigt. Stempelgebührenersatz hat der Beschwerdeführer nicht beantragt.
Schlagworte
Sachverhalt SachverhaltsfeststellungParteiengehörEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989170028.X00Im RIS seit
23.11.1990Zuletzt aktualisiert am
01.07.2009