TE Vwgh Erkenntnis 1990/11/23 89/17/0023

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Veröffentlicht am 23.11.1990
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Index

L37167 Kanalabgabe Tirol;
L37297 Wasserabgabe Tirol;
L69307 Wasserversorgung Tirol;
L82307 Abwasser Kanalisation Tirol;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
30/01 Finanzverfassung;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
B-VG Art116 Abs2;
B-VG Art17;
F-VG 1948 §5;
KanalgebührenO Ellmau 1987 §2 AbsB Z1 litb;
WasserleitungsgebührenO Ellmau 1987 §2 AbsB Z2 lita;

Beachte

Besprechung in: ÖStZ 1992, 48;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hadaier, über die Beschwerde der X-GmbH & Co KG gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 8. Juni 1988, Zl. Ib-8386/1-1988, betreffend Wasserleitungs- und Kanalisationsgebühr sowie Erschließungsbeitrag (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Ellmau, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bundesland Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Beschwerdefall ist zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens lediglich die Rechtsfrage strittig, ob der angefochtene Bescheid, mit dem die belangte Behörde als Vorstellungsbehörde die im Instanzenzug durch die Abgabenbehörden der mitbeteiligten Gemeinde vorgenommene Festsetzung einer Wasserleitungs- und Kanalisationsgebühr sowie eines Erschließungsbeitrages (in der Folge kurz: Abgaben) gegenüber der Beschwerdeführerin bestätigt hat, im Hinblick darauf rechtmäßig ist, daß der Gemeinderat dieser Gemeinde anläßlich der erstinstanzlichen bescheidmäßigen Festsetzung dieser Abgaben gegenüber bestimmten anderen Schuldnern - nämlich natürlichen Personen, die österreichische Staatsbürger sind und seit mindestens fünf Jahren im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde ihren Hauptwohnsitz haben - jeweils auf Grund eines besonderen Beschlusses auf privatwirtschaftlichem Weg Baukostenzuschüsse gewährt, wodurch sich bei den Subventionsempfängern bei Saldierung der Abgaben mit den Baukostenzuschüssen eine im Vergleich mit der Beschwerdeführerin, welcher ein solcher Zuschuß nicht gewährt worden ist, geringere Zahllast ergibt. Daß in den gemeindebehördlichen Abgabenbescheiden an Subventionsempfänger die Baukostenzuschüsse als Abgabenminderungsposten angeführt worden wären, behauptet die Beschwerdeführerin nicht und es besteht für eine solche Annahme auch nach der Aktenlage kein Anhaltspunkt.

Die Beschwerdeführerin bekämpfte den vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid zunächst mit Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof, welcher jedoch mit seinem Beschluß vom 29. November 1988, B 1291/88-8, die Behandlung der Beschwerde ablehnte; dies im wesentlichen mit der Begründung, die von der Beschwerde behauptete Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung erscheine angesichts der von der mitbeteiligten Gemeinde vorgelegten Unterlagen über die Erträge der durch die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Verordnungen geregelten Abgaben sowohl hinsichtlich der behaupteten Verletzung des nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes für derartige Abgaben geltenden Äquivalenzprinzips als auch hinsichtlich der damit behaupteten Rechtsverletzung wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich, daß die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.

Mit weiterem Beschluß vom 13. Februar 1989, B 1291/88-10, trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG idF des BVG BGBl. 296/1984 iVm § 87 Abs. 3 VerfGG 1953 idF BGBl. 297/1984 ab.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem "Recht auf richtige Errechnung der Ergänzungsgebühren für Wasserleitungs- bzw. Kanalisationsgebühr sowie des Erschließungsbeitrages" verletzt. Unter Bezugnahme auf ihre Ausführungen in der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bringt die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerdeergänzung vor dem Verwaltungsgerichtshof im wesentlichen vor, für die in Rede stehenden Abgaben lägen im Ergebnis zwei verschiedene Ansätze für Gemeindebürger und für Fremde vor, was durch die mitbeteiligte Gemeinde allerdings dadurch verschleiert werde, daß diese Ansätze nicht offen ausgewiesen würden, sondern daß allen (mindestens fünf Jahre in der Gemeinde ansässigen) Gemeindebürgern eine Subvention in der Höhe von ca. 50 Prozent der festgesetzten Abgaben gewährt werde. Die in ihrem wirtschaftlichen Ergebnis unterschiedliche Behandlung von Gemeindebürgern und Fremden durch Organe der mitbeteiligten Gemeinde sei "gleichheitssatz- und einfach gesetzwidrig". Es bedürfe keines näheren Beweises, sei aber selbstverständlich durch Sachverständige jederzeit erweisbar, daß die jeweiligen Ansätze der mitbeteiligten Gemeinde geringer wären, würden keine Subventionen gewährt werden. Der mitbeteiligten Gemeinde stünden ja keine anderen Einnahmsquellen zur Verfügung, mit denen sie diese Subventionen finanzieren könnte. Schon dadurch sei erwiesen, "daß die Ansätze nicht dem Gesetz entsprechen", zumal die Verrechnung aller in Rede stehenden Geldleistungen in einem "geschlossenen Rechnungskreis" erfolge. Ihre in der Beschwerdeergänzung vor dem Verwaltungsgerichtshof noch enthaltene Behauptung, in den dem Verfassungsgerichtshof von der mitbeteiligten Gemeinde vorgelegten Unterlagen seien die Einnahmen aus den Abgaben mit den Baukostenzuschüssen SALDIERT ausgewiesen, zog die Beschwerdeführerin nach Einsichtnahme in die von der mitbeteiligten Gemeinde dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Unterlagen zurück. Die Beschwerdeführerin regte schließlich an, der Verwaltungsgerichtshof möge beim Verfassungsgerichtshof den Antrag stellen, die im Beschwerdefall präjudiziellen Verordnungen der mitbeteiligten Gemeinde als gesetzwidrig aufzuheben, aushilfsweise aber so auslegen, daß anderen als den Empfängern der Baukostenzuschüsse die in Rede stehenden Abgaben "nur im Ausmaß von ca. 50 Prozent ... vorgeschrieben werden" dürfen.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Bedachtnahme auf die Äußerungen der mitbeteiligten Gemeinde erwogen:

Wie oben dargestellt, macht die Beschwerdeführerin vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht nur neuerlich Normbedenken geltend, sondern behauptet auch die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides im Hinblick auf einen von ihr angenommenen Widerspruch zu den im Beschwerdefall präjudiziellen Verordnungen. Die Beschwerde ist daher trotz der erwähnten Einschränkung des Beschwerdevorbringens durch diese Maßnahme nicht gegenstandslos geworden.

Die behauptete einfachgesetzliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides besteht allerdings deswegen nicht, weil wegen der Gewährung von Baukostenzuschüssen an andere Personen als an die Beschwerdeführerin weder eine (berichtigende) Auslegung der in Rede stehenden Verordnungen zur Wahrung ihrer Gesetzmäßigkeit notwendig ist noch auch diese Verordnungen bei dem gegebenen Wortlaut so verstanden werden können, wie die Beschwerdeführerin meint.Die Beschwerdeausführungen beruhen nämlich auf der Rechtsansicht der Beschwerdeführerin, die mit Beschluß des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde nach einer im vorhinein festgelegten allgemeinen Richtlinie bestimmten Gemeindebürgern von Fall zu Fall auf privatwirtschaftlichem Weg als Subventionen gewährten Baukostenzuschüsse seien als versteckte Abgabenminderungen zu werten und als solche beim Vergleich, ob alle Abgabenpflichtigen gleichmäßig belastet würden, zu berücksichtigen.

Dieser Rechtsansicht der Beschwerdeführerin vermag sich der Verwaltungsgerichtshof aber nicht anzuschließen. Der bloße Umstand, daß die mitbeteiligte Gemeinde anläßlich von Bauführungen in ihrem Gemeindebereich einerseits auf Grund entsprechender Abgabenvorschriften Abgaben erhebt und andererseits bestimmten Personen auf privatwirtschaftlichem Weg Baukostenzuschüsse gewährt, rechtfertigt es nämlich nicht, die rechtliche Eigenständigkeit der Baukostenzuschüsse zu verneinen und sie quasi als negative Abgabenansprüche zu werten. Ein Akt der Privatwirtschaftsverwaltung nimmt auch nicht etwa deswegen hoheitlichen Charakter an, weil er die Auswirkung des ein Leistungsgebot enthaltenden Abgabenbescheides auf die Vermögenssphäre des Abgabepflichtigen ganz oder teilweise neutralisiert.

Gegenständlich gibt es auch nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür, daß die Gemeindeabgabenbehörden die Baukostenzuschüsse in den gegenüber den Empfängern solcher Subventionen erlassenen Abgabenbescheiden als Minderungsposten der Abgaben angeführt hätten. Solcherart verbietet sich von vornherein der Schluß darauf, die Gemeindeabgabenbehörden hätten auch die Baukostenzuschüsse zum Gegenstand von bescheidmäßigen Absprüchen gemacht.

Für die Beschwerdeführerin wäre weiters aus der allfälligen Beurteilung der von der mitbeteiligten Gemeinde von Fall zu Fall an andere Abgabepflichtige als an die Beschwerdeführerin gewährten Baukostenzuschüsse als Umgehungsgeschäfte zur Erreichung eines nach den Abgabenvorschriften nicht zulässigen Abgabenverzichtes deswegen nichts zu gewinnen, weil daraus noch keine Verletzung der Beschwerdeführerin in IHREN Rechten hervorgeht.

Aus den dem Verfassungsgerichtshof und aus den dem Verwaltungsgerichtshof von der mitbeteiligten Gemeinde vorgelegten Unterlagen geht schließlich hervor, daß die von der Beschwerdeführerin ursprünglich behauptete Verletzung des Äquivalenzprinzipes nicht vorliegt. Dem angefochtenen Bescheid haftet sohin weder die behauptete einfachgesetzliche Rechtswidrigkeit an noch hegt der Verwaltungsgerichtshof, wie erwähnt, das Bedenken, daß die den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften nicht verfassungs- bzw. gesetzeskonform sind.

Infolgedessen mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Ob die mitbeteiligte Gemeinde bei der Vergabe von Kostenzuschüssen den Gleichheitssatz verletzt hat und daraus der Beschwerdeführerin ein durchsetzbarer Anspruch auf Subvention bzw. auf Schadenersatz erwachsen ist, war für die Entscheidung über die vorliegende Beschwerde nicht maßgebend und konnte daher dahingestellt bleiben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Angelegenheiten des Privatrechts

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989170023.X00

Im RIS seit

15.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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