Index
L37039 Lustbarkeitsabgabe Vergnügungssteuer Wien;Norm
AVG §52;Beachte
Besprechung in: ÖStZB 1991, 588;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hadaier, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 30. September 1987, Zl. MDR - St 3/87, betreffend Vergnügungssteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Anläßlich einer von Organwaltern des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 4, am 3. Dezember 1986 vorgenommenen Revision im Unternehmen des Beschwerdeführers wurde folgende Niederschrift aufgenommen:
"Bei der heutigen Begehung wurde in der o.a. Automatenhalle ein Bildschirmgerät der Type Athena festgestellt, deren Spielablauf wie folgt beschrieben wird. Bei Einwurf einer Münze klettert ein Männchen durch eine Türe und fällt in eine Art Wald. Dort wird es von tierähnlichen Wesen angegriffen (aufrecht gehender Bär). Werden diese Tiere getötet, stellt sich in der nächsten Phase ein bewaffneter 'Wikinger' entgegen. Dieser muß getötet werden. Gelingt dies nicht, wird das Männchen getötet, wobei dieses auf den Boden fällt und ein Herz aufsteigt."
Diese Niederschrift ist von den beiden Revisionsbeamten und vom Beschwerdeführer unterzeichnet.
Mit Bescheid vom 22. Jänner 1987 schrieb der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 4/7, dem Beschwerdeführer "gemäß §§ 19 und 26 Abs. 5 des Vergnügungssteuergesetzes für Wien 1963 in der derzeit geltenden Fassung" (VergnStG) für das Halten eines Spielapparates der Type "TV-Athena" mit der optischen bzw. akustischen Darstellung einer aggressiven Handlung in seinem Betrieb in Wien, für die Zeit vom 29. November bis 9. Dezember 1986 eine Vergnügungssteuer im Betrag von S 24.000,-- zuzüglich eines Säumniszuschlages von S 432,-- vor.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung und legte ihr die Beschreibung eines Spieles bei, wonach sich Athena durch den Wald schleiche und mit zwei Hebeln und zwei Tasten ein Knüppel bedient werden könne. Mit diesem Knüppel seien rote Blumen zu entblättern und Herzen zu fangen. Dieser Automat sei von einem Mitarbeiter des Magistrates der Stadt Wien einen Tag nach dem Aufstellen kontrolliert und für in Ordnung befunden worden. Eine Woche später sei dann dieser Apparat beanstandet worden. Aus einem der Berufung beigelegten Rundschreiben des Magistrates der Stadt Wien vom 10. Oktober 1980 sei zu entnehmen, daß selbst das Abschießen von Raketen keine jugendgefährdende und entwicklungsschädigende Wirkung habe. Umso weniger könne das gegenständliche Spiel als eine aggressive Handlung angesehen werden. Es werde daher die Vornahme eines Ortsaugenscheines und die Einvernahme jener Angestellten als Zeugen beantragt, die beim Besuch des "ersten" Beamten des Magistrates bei der Überprüfung dieses Spieles anwesend gewesen seien. Ferner werde die Einvernahme des Beschwerdeführers und die Zuziehung eines psychologischen Sachverständigen beantragt.
In seinem nach Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung gestellten Vorlageantrag gab der Beschwerdeführer Namen und Anschriften der von ihm in der Berufung beantragten Zeugen bekannt.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt die Berufung (endgültig) ab. Dies im wesentlichen mit der Begründung, gegen die Feststellungen in der Niederschrift vom 3. Dezember 1986 bestünden keine Bedenken, da sie "vom Revisionsorgan" an Ort und Stelle "festgestellt" und vom Beschwerdeführer bestätigt worden seien. Wären diese Feststellungen unrichtig gewesen, hätte der Beschwerdeführer die festgehaltene Beschreibung des Spielverlaufes nicht bestätigt. Die nachträglich vorgelegte Spielbeschreibung sei offensichtlich unvollständig, da darin die Benützung eines Knüppels erwähnt werde, aber nicht der Zweck. Die Spielbeschreibung habe somit nur die Funktion, den Spieler über Vorgänge, die sich aus dem Spiel nicht evident ergeben, zu informieren. Auf Grund der Feststellungen in der Niederschrift vom 3. Dezember 1986 stehe fest, daß durch die Betätigung des Apparates optisch die Tötung eines Menschen dargestellt werde. Damit erfülle der Apparat den in § 26 Abs. 5 Vergnügungssteuergesetz für Wien 1963 normierten Tatbestand, da die optische Darstellung der Verletzung oder Tötung eines Menschen ausdrücklich als aggressive Handlung genannt sei. Ob die Darstellung der aggressiven Handlung eine jugendgefährdende und entwicklungsschädigende Wirkung habe, sei dabei unmaßgeblich, da die Steuerpflicht nicht an diese Voraussetzung geknüpft sei. Somit entspreche die Vorschreibung einer Vergnügungssteuer von S 24.000,-- dem Gesetz. Weiters stehe unbestritten fest, daß die Vergnügungssteuer (Restbetrag S 21.600,--) für November und Dezember 1986 für den genannten Apparat nicht zum Zeitpunkt der Fälligkeit entrichtet worden sei, sodaß die Voraussetzungen für die Festsetzung eines Säumniszuschlages von 2 Prozent gegegen seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich nach seinem Vorbringen in dem Recht verletzt, daß ihm gegenüber Vergnügungssteuer gemäß den Bestimmungen der §§ 19 und 26 Abs. 5 VergnStG sowie ein Säumniszuschlag nicht vorgeschrieben werde. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 26 Abs. 5 VergnStG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der am 1. November 1986 in Kraft getretenen Novelle LGBl. Nr. 35/1986 beträgt die Vergnügungssteuer unter anderem für das Halten von Apparaten, durch deren Betätigung optisch bzw. akustisch eine aggressive Handlung, wie beispielsweise die Verletzung oder Tötung von Menschen oder die Bekämpfung von Zielen, womit üblicherweise die Verletzung oder Tötung von Menschen verbunden ist, dargestellt wird, je Apparat und begonnenem Kalendermonat 12.000 S.
In seiner Verfahrensrüge behauptet der Beschwerdeführer, der Sachverhalt sei insofern aktenwidrig festgestellt worden, als sich aus der vorgelegten Spielbeschreibung im Zusammenhang mit dem Schreiben der Magistratsabteilung 11 vom 10. Oktober 1980 jedenfalls hätte ergeben müssen, daß mit dem gegenständlichen Apparat keinesfalls ein Spiel dargestellt werde, das Aggressionen aufheize und die Tötung oder Verletzung von Menschen darstelle. Hätte die belangte Behörde eine Beweisaufnahme an Ort und Stelle durchgeführt und die vom Beschwerdeführer namhaft gemachten Zeugen vernommen, so hätte sie sich davon überzeugen können, daß der gegenständliche Spielapparat keinesfalls aggressive Handlungen wie Verletzung oder Tötung von Menschen darstelle. Durch die Einvernahme der beantragten Zeugen hätte auch nachgewiesen werden können, daß ein Beamter der zuständigen Magistratsabteilung bereits einen Tag nach dem Aufstellen den gegenständlichen Apparat kontrolliert und für in Ordnung befunden habe.
Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf.
Zutreffend verweist die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides darauf, daß der Beschwerdeführer die Niederschrift über den Spielablauf unterfertigt hat, ohne in aktenkundiger Weise gegen die Feststellungen dieser Niederschrift Einwendungen zu erheben. Es kann daher der belangten Behörde zumindest im Ergebnis nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Feststellungen in dieser Niederschrift durch die mit der Berufung vorgelegte, davon grundlegend abweichende Spielbeschreibung nicht als widerlegt ansah. Aus demselben Grund konnte die belangte Behörde auch ohne Verletzung von Verfahrensvorschriften von der vom Beschwerdeführer beantragten Durchführung eines Ortsaugenscheines sowie der Einvernahme der namhaft gemachten Zeugen absehen. Letzteres insbesondere auch deshalb, weil diese Zeugen nach dem ausdrücklichen Berufungsvorbringen (lediglich) bei der ERSTMALIGEN Überprüfung des Apparates durch einen Revisionsbeamten anwesend gewesen sein sollen. Es ist nicht auszuschließen, daß der Spielablauf durch Verwendung eines anderen Programmes zwischen der erstmaligen Überprüfung und der Revison vom 3. Dezember 1986 geändert wurde.
Der Beschwerdeführer rügt weiters, daß die Zuziehung eines "psychologischen Sachverständigen" unterlassen wurde. Nur ein Sachverständiger aus dem Gebiet der Psychologie hätte dazu Stellung nehmen können, ob der gegenständliche Spielautomat aggressive Handlungen im Sinne des § 26 Abs. 5 VergnStG darstelle. Zutreffend verweist die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift hiezu darauf, daß der Gesetzgeber durch die demonstrative Aufzählung jener Darstellungen, die er als aggressiv erachtet, die maßgebende Abgrenzung der steuerpflichtigen Tatbestände vorgenommen hat.
Geht man aber vom festgestellten Sachverhalt aus, dann erweist sich auch die Rechtsrüge des Beschwerdeführers als unbegründet.
Der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde hätte sämtliche Tatbestände des § 26 VergnStG in ihrem Zusammenhang sehen müssen. Er verweist hiezu auf das Wort "Schießapparate" im Abs. 1 sowie auf die Worte "Abenteuer-, Weltraum- ... Spiele" in Abs. 3 dieser Gesetzesstelle und meint, daß auch bei derartigen Spielen die Bekämpfung von Zielen und damit eine gewisse Aggressivität verbunden sei. Er kann jedoch nicht in Abrede stellen, daß die hier anzuwendende Vorschrift des § 26 Abs. 5 leg. cit. gegenüber den vorhergehenden Absätzen die lex specialis darstellt. Der Beschwerdeführer meint weiters, daß durch die Betätigung des gegenständlichen Apparates eine akustisch oder optisch wahrnehmbare Verletzung oder Tötung von MENSCHEN dargestellt werde, lasse sich vom festgestellten Sachverhalt nicht schlüssig herleiten. Der Beschwerdeführer vermag jedoch nicht einleuchtend zu begründen, wieso es sich bei einem "Wikinger" seiner Auffassung nach um ein "tierähnliches Wesen" handle; dies ganz abgesehen davon, daß nach dem festgestellten Sachverhalt das MÄNNCHEN getötet wird, wenn es nicht gelingt, den "Wikinger" zu töten. Ohne jede Bedeutung ist in diesem Zusammenhang das vom Beschwerdeführer mit seiner Berufung vorgelegte Schreiben der MA 11 vom 10. Oktober 1980. Dabei handelt es sich um die Mitteilung der Beurteilung eines Unterhaltungsspielapparates durch den Psychologischen Dienst der MA 11, bei welchem Spiel laufende Lichtzeichen in Gestalt von stilisierten "Fliegern" durch Betätigung von Hebeln abgeschossen bzw. zum Verschwinden gebracht werden konnten; also um einen Sachverhalt, der mit dem vorliegenden nichts zu tun hat.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1987170375.X00Im RIS seit
23.11.1990