TE Vwgh Beschluss 1990/11/26 90/12/0275

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Veröffentlicht am 26.11.1990
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
72/01 Hochschulorganisation;

Norm

AVG §61 Abs1;
KHSchOrgG §3 Abs1;
KHSchOrgG §4 Abs2;
VwGG §26 Abs1;
VwGG §46 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Herberth und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über den Antrag des N auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einbringung der Beschwerde gegen den Bescheid des Gesamtkollegiums der Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung in Linz vom 7. Juni 1990, Zl. 6-3, betreffend Nostrifizierung, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Gemäß § 46 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.

Begründung

Mit Bescheid des Gesamtkollegiums der Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung in Linz vom 7. Juni 1990 wurde dem Antrag des Beschwerdeführers auf Nostrifizierung seines in der Bundesrepublik Deutschland an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg erworbenen Diploms nicht stattgegeben. Dieser Bescheid enthielt die Rechtsmittelbelehrung, daß gegen ihn eine Berufung an das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung zulässig sei.

Die vom Antragsteller gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 25. September 1990 mangels Zuständigkeit der angerufenen Behörde als unzulässig zurückgewiesen. Gemäß § 4 Abs. 2 des Kunsthochschul-Organisationsgesetzes ende der Instanzenzug im autonomen Wirkungsbereich, worunter gemäß § 22 Abs. 1 lit. d leg. cit. die Nostrifizierung ausländischer akademischer Grade falle, bei der obersten akademischen Behörde.

In dem gemäß § 46 Abs. 3 VwGG rechtzeitig gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde gegen den obgenannten Bescheid des Gesamtkollegiums der Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung in Linz beruft sich der Antragsteller auf § 46 Abs. 2 leg. cit. Der Wiedereinsetzungsantrag ist begründet.

Gemäß § 46 Abs. 2 VwGG hat die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist auch dann zu bewilligen, wenn die Beschwerdefrist versäumt wurde, weil der anzufechtende Bescheid fälschlich ein Rechtsmittel eingeräumt und die Partei das Rechtsmittel ergriffen hat.

Wird in einem Bescheid ein Rechtsmittel eingeräumt, das sodann von der Partei ergriffen wird, dieses jedoch von der letzten Instanz als unzulässig zurückgewiesen, dann kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist beim Verwaltungsgerichtshof nicht gewährt werden, wenn der Gerichtshof zur Überzeugung kommt, daß dieses Rechtsmittel - entgegen der Ansicht der obersten Behörde - zulässig war (vgl. dazu den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. November 1983, Zl. 83/11/0258 = Slg. N.F. Nr. 11.234/A, und die dort zitierte Vorjudikatur). Der Verwaltungsgerichtshof hat daher in der vorliegenden Rechtssache trotz der mit der obgenannten Begründung erfolgten Zurückweisung der Berufung des Antragstellers durch den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung zu prüfen, ob im genannten Bescheid des Gesamtkollegiums der Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung in Linz FÄLSCHLICH ein Rechtsmittel eingeräumt wurde.

Gemäß § 4 Abs. 2 des Kunsthochschul-Organisationsgesetzes, BGBl. Nr. 54/1970, endet in den Angelegenheiten des autonomen Wirkungsbereiches der Hochschulen (§ 3 Abs. 1) der administrative Instanzenzug bei der gesetzlich berufenen obersten akademischen Behörde.

Der autonome Wirkungsbereich erfaßt die im § 1 Abs. 2, im § 22 Abs. 1, im § 28 und im § 29 Abs. 4 und 5 dieses Bundesgesetzes bezeichneten Angelegenheiten (§ 3 Abs. 1 leg. cit.).

Gemäß § 22 Abs. 1 lit. d umfaßt der autonome Wirkungsbereich des Gesamtkollegiums unter anderem die Nostrifizierung ausländischer akademischer Grade.

Trotz Fehlens einer ausdrücklichen Regelung, welche Organe als oberste akademische Behörden einer Kunsthochschule anzusehen sind, kommt nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes dem Gesamtkollegium auf Grund seiner organisatorischen Stellung (vgl. §§ 20 bis 22 des Kunsthochschul-Organisationsgesetzes) die Funktion einer obersten akademischen Behörde in Angelegenheiten der ihm nach dem Gesetz zugewiesenen Aufgaben des autonomen Wirkungsbereiches zu. Die im Bescheid des Gesamtkollegiums der obgenannten Kunsthochschule erteilte positive Rechtsmittelbelehrung war demnach unrichtig.

Da die Versäumung der Beschwerdefrist gegen den Bescheid des Gesamtkollegiums der Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung in Linz vom 7. Juni 1990 dadurch herbeigeführt worden war, daß in der Rechtsmittelbelehrung dieses Bescheides fälschlich auf die Möglichkeit der Einbringung einer Berufung hingewiesen worden war, der Antragsteller von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht hatte und der vorliegende Wiedereinsetzungsantrag auch die sonstigen Voraussetzungen des § 46 Abs. 3 VwGG (Rechtzeitigkeit) erfüllt, war diesem Antrag gemäß § 46 Abs. 2 VwGG stattzugeben.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990120275.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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