Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §36 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Knell, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 5. September 1989, Zl. SchA-64577/32/1989, betreffend Berichtigung und Übergenuß, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Hauptschuloberlehrer in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Kärnten; seine Dienststelle ist die Hauptschule in X.
Nach den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens wurde der Beschwerdeführer offenbar mit automationsunterstützt ausgefertigtem Bescheid vom 14. Juni 1974 gemäß Art. IV Abs. 1 der zweiten Gehaltsüberleitungsgesetz-Novelle 1970, BGBl. Nr. 244, mit Wirksamkeit vom 1. September 1974 von der Verwendungsgruppe L 2 b in die Verwendungsgruppe L 2 a überstellt. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, daß der zuletzt festgesetzte Vorrückungsstichtag um den Überstellungsverlust von zwei Jahren vermindert werde und der Vorrückungsstichtag wie folgt festgesetzt:
"Es gebühren Ihnen daher ab 1. September 1974 die Bezüge der 5. Gehaltsstufe in der Verwendungsgruppe L 2 A 2. Als Tag der nächsten Vorrückung wird gemäß § 8 Abs. 1 und 2 leg. cit. der 1.7.1976 in Betracht kommen."
Die Festsetzung der Gehaltsstufe mit der Ziffer 5 ist handschriftlich anstelle der ursprünglich maschinschriftlich ausgedruckten und entfernten Ziffer eingesetzt worden. Wann diese Korrektur erfolgt ist und ob diese auch auf dem ausgefertigten Bescheid vorgenommen worden ist, kann nicht entnommen werden. Aus der allgemein gehaltenen Begründung dieses Bescheides ist für den konkreten Fall ebenfalls nichts zu gewinnen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 5. September 1989 berichtigte die belangte Behörde den vorher
dargestellten Bescheid gemäß § 1 Abs. 1 DVG in Verbindung mit
§ 62 Abs. 4 AVG 1950 wie folgt:
"Es gebühren Ihnen ab 1.9.1974 die Bezüge der
5. Gehaltsstufe (bisher 6.) Verwendungsgruppe L 2 a 2, mit nächster Vorrückung in die 6. Gehaltsstufe am 1.7.1976. Für die Bemessung Ihrer Bezüge ab 1.9.1986 ist demnach die Verwendungsgruppe L 2 a 2, Gehaltsstufe 11, mit nächster Vorrückung in die 12. Gehaltsstufe am 1.7.1988 und in weiterer Folge am 1.7.1990 maßgebend.
Der durch die ab 1.9.1974 um eine Gehaltsstufe zu hoch bemessenen Bezüge entstandene Übergenuß ist gemäß § 13a des Gehaltsgesetzes, BGBl. Nr. 54/1956 im Rahmen der dreijährigen Verjährungsfrist des § 13b leg. cit. (somit mit 1.9.1986) zu ersetzen."
Zur Begründung dieses Abspruches wird lediglich ausgeführt, nach den vorher zitierten Gesetzesstellen könne die Dienstbehörde die Berichtigung von Schreib- und Rechenfehlern oder diesen gleichzuhaltenden offenbar auf einem Versehen beruhenden Unrichtigkeiten in Bescheiden von Amts wegen vornehmen, wobei im Falle des Beschwerdeführers die Feststellung der diesem auf Grund des im Zuge der Überstellung von der Verwendungsgruppe L 2 b 1 in die Verwendungsgruppe L 2 a 2 zuletzt festgesetzten Vorrückungsstichtages bzw. Vorrückungstermines gebührenden Gehaltsstufe irrtümlich um eine Gehaltsstufe zu hoch erfolgt sei. Gemäß § 13a des Gehaltsgesetzes 1956 seien zu Unrecht empfangene Leistungen zu ersetzen, soweit sie nicht im guten Glauben empfangen worden seien. Da im vorliegenden Fall die objektive Erkennbarkeit des Irrtums der bezugsanweisenden Stelle gegeben gewesen sei (siehe Bescheid vom 14. Juni 1974) könne dem Beschwerdeführer der gute Glaube beim Empfang der zu Unrecht empfangenen Leistungen (Übergenüsse) nicht zugebilligt werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird. Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht darauf, daß eine inhaltliche Bescheidabänderung betreffend seine Einstufung in der Verwendungsgruppe L 2 a 2 nicht unter unzulässiger Berufung auf § 62 Abs. 4 AVG verfügt wird, sowie in seinem Recht darauf, daß von ihm im guten Glauben empfangene Bezüge nicht entgegen den Bestimmungen der §§ 13a und 13b Gehaltsgesetz 1956 zurückgefordert werden, durch unrichtige Anwendung all dieser Bestimmungen sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift, in der eine Reihe von maßgebenden Sachverhaltsfeststellungen enthalten war und in der sie anerkannte, daß die Festsetzung des 1. September 1986 als Beginn der nicht mehr von der Verjährung umfaßten Frist im Hinblick auf den Termin der Bescheiderlassung zu Unrecht erfolgt ist. Trotzdem beantragte die belangte Behörde kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 56 des gemäß § 1 Abs. 1 DVG anwendbaren AVG 1950 hat der Erlassung eines Bescheides die Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes, soweit er nicht von vornherein klar ist, voranzugehen. Gemäß § 62 Abs. 4 AVG 1950 kann die Behörde Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen oder offenbar ausschließlich auf technisch mangelhaftem Betrieb einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten in Bescheiden jederzeit von Amts wegen berichtigen.
Auf den Beschwerdeführer als Landeslehrer finden gemäß § 106 Abs. 1 Z. 1 LDG 1984, BGBl. Nr. 302, die Bestimmungen des Gehaltsgesetzes 1956 Anwendung. § 6 Abs. 3 des Gehaltsgesetzes 1956 sieht vor, daß Änderungen des Monatsbezuges mit dem auf den maßgebenden Tag folgenden Monatsersten oder, wenn der maßgebende Tag der Monatserste ist, mit diesem Tag wirksam werden. Maßgebend ist, unbeschadet der Bestimmungen der Absätze 4 und 5, wenn die Änderungen keiner bescheidmäßigen Verfügung bedürfen, der Tag der die Änderung bewirkenden Ereignisse, wenn sie durch Bescheid verfügt werden, der im Bescheid festgesetzte Tag oder, wenn ein solcher nicht festgesetzt ist, der Tag des Eintrittes der Rechtskraft des Bescheides. Nach § 13b Abs. 2 des Gehaltsgesetzes 1956 verjährt das Recht auf Rückforderung zu Unrecht entrichteter Leistungen (§ 13a) nach drei Jahren ab ihrer Entrichtung.
Die vorher wiedergegebene Begründung des angefochtenen Bescheides zeigt, daß der Beschwerdeführer zu Recht bemängelt, daß von der belangten Behörde keine entsprechend begründeten Sachverhaltsfeststellungen - weder in der Frage des ihr unterlaufenen Irrtums noch hinsichtlich der Festsetzung des (richtigen) Vorrückungsstichtages, des guten Glaubens und der Berechnung der Verjährungsfrist - getroffen worden sind. Bereits auf Grund des erstgenannten Mangels, nämlich des Fehlens von Darlegungen darüber, auf Grund welchen Sachverhaltes die Voraussetzungen des § 62 Abs. 4 AVG 1950 erfüllt sein sollen, ist der Verwaltungsgerichtshof an der Überprüfung des angefochtenen Bescheides gehindert. Weiters läßt auch der offensichtlich nachträglich - ohne entsprechenden Korrekturvermerk - abgeänderte Ausdruck des mit dem angefochtenen Bescheid berichtigten Bescheides aus 1974 mangels entsprechender Angaben über die Ermittlung des Vorrückungsstichtages keine hinreichend nachvollziehbare Beurteilung der Frage zu, welcher Gehaltsstufe der Beschwerdeführer tatsächlich anzugehören hätte. Insoweit die belangte Behörde diesbezügliche Darstellungen in ihrer Gegenschrift nachholt, ist sie darauf zu verweisen, daß selbst ausführliche Darlegungen in der Gegenschrift fehlende Erörterungen und Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht zu ersetzen vermögen (ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, vgl. beispielsweise Erkenntnis vom 26. Mai 1977, Zl. 439/77).
Im übrigen ist zur Feststellung der Bezüge des Beschwerdeführers und des Übergenusses mit "1.9.1986" zu bemerken, daß die Wirksamkeit dieser Feststellung, ausgehend von der dreijährigen Verjährungsfrist des § 13b des Gehaltsgesetzes 1956 und davon, daß vor der Erlassung des angefochtenen Bescheides mit Datum 19. September 1989 keinerlei Geltendmachung gegenüber dem Beschwerdeführer erfolgt ist, und unter Beachtung der Regelung des § 6 des Gehaltsgesetzes 1956 "Anfall und Einstellung des Monatsbezuges" nicht rückwirkend mit 1. September 1986 eintreten darf.
Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen war der angefochtene Bescheid bereits aus dem erstgenannten Grund mangels entsprechender Feststellungen in der Frage der offenbaren Unrichtigkeit im Sinne des § 62 Abs. 4 AVG 1950 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Soweit in der Amtlichen Sammlung nicht veröffentlichte Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes genannt sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Schlagworte
Begründung BegründungsmangelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989120203.X00Im RIS seit
26.11.1990