TE Vwgh Erkenntnis 1990/11/27 89/04/0240

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Veröffentlicht am 27.11.1990
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Index

L80002 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Kärnten;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
19/05 Menschenrechte;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §38;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art18 Abs1;
GdPlanungsG Krnt 1982 §5 Abs4;
GdPlanungsG Krnt 1982 §5 Abs5;
GewO 1973 §15 Z1 idF 1988/399;
GewO 1973 §345 Abs4;
GewO 1973 §345 Abs9;
GewO 1973 §46 Abs1 idF 1988/399;
GewO 1973 §46 Abs2;
GewO 1973 §46 Abs3;
GewO 1973 §77 Abs1 idF 1988/399;
MRK Art6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde der N-GesmbH & Co gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 28. September 1989, Zl. Gew-1603/1/89, betreffend Untersagung der Gewerbeausübung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten wurde auf Grund der am 7. August 1989 erstatteten Anzeige festgestellt, daß an dem in Aussicht genommenen Standort in X, A-Straße 107, gemäß § 15 Z. 1 GewO 1973 in Verbindung mit § 5 Abs. 4 und 5 Gemeindeplanungsgesetz 1982, LGBl. Nr. 51, die gesetzlich geforderten Voraussetzungen (Sonderwidmung) für die Ausübung des Handelsgewerbes, beschränkt auf Waren des täglichen Bedarfs, nicht gegeben seien, und es wurde der Beschwerdeführerin die Ausübung des Handelsgewerbes, eingeschränkt auf den Einzelhandel, in der weiteren Betriebsstätte mit dem genannten Standort gemäß § 46 Abs. 2 in Verbindung mit § 345 Abs. 9 GewO 1973 untersagt. Zur Begründung führte der Landeshauptmann zunächst durch Übernahme der Begründung des erstbehördlichen Bescheides aus, de facto erfolge die Gewerbeausübung auf Grund der gemäß § 46 Abs. 3 GewO 1973 erstatteten Anzeige in einem Objekt, welches auf den Grundstücken Nr. 506 und 509/1, beide KG Y, errichtet worden sei. Da dieses Objekt laut Einreichplänen ursprünglich bestehend aus 4 Geschäftseinheiten eine Gesamtgrundfläche von 2.318,2 m2 aufweise, habe bereits die Baubehörde eine Stellungnahme des Amtes der Kärntner Landesregierung zur Frage, ob es sich um ein Einkaufszentrum handle, eingeholt. Das Amt der Kärtner Landesregierung habe in seiner Stellungnahme unter anderem ausgeführt, durch die Errichtung der verschiedenen Geschäftslokale in einem gemeinsamen Gebäude und deren Anordnung zueinander ergebe sich, daß hier insgesamt von einer wirtschaftlich zusammenhängenden Verkaufsfläche von mehr als 600 m2 zu sprechen sei. Bei Beurteilung dieser Frage sei von betriebswirtschaftlichen Gegebenheiten auszugehen. Völlig unerheblich sei es, ob das Verkaufszentrum lediglich von einem Unternehmen oder aber von mehreren Unternehmen betrieben werde. Die Planung des Projektes gehe davon aus, daß die Geschäfte in räumlicher Nahebeziehung zueinander betrieben würden. Auf Grund des Betriebes der verschiedenen Geschäftslokale in einem gemeinsamen Gebäude in Form eines Verkaufszentrums werde die wirtschaftliche Attraktivität und damit die Kundenfrequenz und in weiterer Folge der Umsatz jedes einzelnen dieser Geschäfte erhöht, da dem Kundenkreis eines bestimmten Geschäftes das (erweiterte) Warenangebot sämtlicher Geschäfte offenstehe. Für den Planer des Projektes bzw. den Bauträger sei ein wirtschaftliches Interesse an der Verwirklichung dieses Verkaufszentrums durch räumlich zusammenhängende Anordnung mehrerer Geschäftslokale mit einer Gesamtverkaufsfläche von über 600 m2 darin begründet, daß er einen ausschlaggebenden Nutzen dadurch habe, daß die Vermietung jedes einzelnen dieser Geschäfte durch die Lage im Zentrum lukrativer sei, als die Vermietung einzelner solcher Geschäfte in verschiedenen Geschäftsorten. Auf Grund dieses eindeutigen betriebswirtschaftlichen Zusammenhanges sei die Verkaufsfläche aller im Zentrum angeordneten Geschäftslokale zusammen als wirtschaftlich zusammenhängende Verkaufsfläche anzusehen. In der Folge sei jener Gesellschaft, die das Gebäude errichtet habe, mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde X vom 12. Juli 1989 die baubehördliche Bewilligung für eine geänderte Ausführung des Objektes dahingehend erteilt worden, daß anstelle der ursprünglich geplanten 4 Geschäftseinheiten nur mehr 2 Geschäftseinheiten mit der Widmung "Unterhaltungselektronik" und "Schuhe" errichtet würden. Zur Standortfrage sei mit Schreiben der Stadtgemeinde X vom 14. August 1989 die Mitteilung ergangen, das in Rede stehende Einkaufszentrum, in welchem konsenswidrigerweise ein Geschäft, in dem Waren des täglichen Bedarfes verkauft würden und in dem darüber hinaus ein Unterhaltungselektronikgeschäft untergebracht seien, befinde sich auf den Parzellen 506 und 509/1 je KG Y. Beide Grundstücke würden von beiden vorgenannten Geschäftseinheiten berührt. Das Geschäft Nr. 1 weise eine Geschäftsfläche von 1.125,5 m2 auf. Das Geschäft Nr. 2 weise eine Geschäftsfläche von 1.192,7 m2 auf, wobei 599 m2 als Verkaufsfläche und der Rest als Lager dienten. Die Trennung zwischen Verkaufsfläche einerseits und Lager andererseits erfolge mittels Regalen. Die Parzellen 506 und 509/1 je KG Y seien im rechtskräftigen Flächenwidmungsplan als "Bauland gemischtes Baugebiet" ausgewiesen (nicht "Sonderwidmung Einkaufszentrum"). Auf Grund dieses Ermittlungsergebnisses sei vom Vorliegen eines Einkaufszentrums auszugehen, da folgende Kriterien erfüllt seien: 1. Verkaufslokal des Einzelhandels und des Großhandels; 2. Angebot von Gütern mehrerer Warengruppen einschließlich von Waren des täglichen Bedarfes und

3. wirtschaftlich zusammenhängende Verkaufsfläche von 2.318 m2. Ergänzend führte der Landeshauptmann sodann aus, von der Beschwerdeführerin werde nicht bestritten, daß sie in der weiteren Betriebsstätte den Handel mit Gütern mehrerer Warengruppen, einschließlich der Waren des täglichen Bedarfes, anbiete. Unbestritten sei weiters, daß das Geschäft mit einer Verkaufsfläche von 599 m2 und einem Lager von ca. 593 m sich in einem Gebäudekomplex befinde, in welchem ein weiteres Geschäft mit einer Geschäftsfläche von 1.125 m2 untergebracht sei. Daß die Beschwerdeführerin ihre Verkaufstätigkeit völlig unabhängig betreibe, werde mit dem Argument betriebswirtschaftlicher Selbständigkeit, der Führung eigener Kassen, eigener Sozialräume sowie eines eigenen Eingangsbereiches und eigener Anlieferung untermauert. Die spezifischen Merkmale eines Einkaufszentrums, wie sie im § 5 Abs. 5 des Gemeindeplanungsgesetzes 1982 festgelegt seien, seien in dem von der Beschwerdeführerin zitierten Schreiben des Amtes der Kärntner Landesregierung vom 9. März 1987 ausführlich erläutert worden. Eine Meinungsdifferenz bestehe ausschließlich hinsichtlich der Verkaufsfläche von 600 m2, die die Beschwerdeführerin auf Grund der vorgebrachten Einwände für sich beanspruche. Folge man dem allgemeinen Sprachgebrauch, so sei dem Begriff "Einkaufszentrum" eine Mehrheit von räumlich abgegrenzten Verkaufslokalen inhärent. In diesem Sinne spreche der Gesetzgeber von Verkaufslokalen und führe weiters aus, "bei denen die wirtschaftlich zusammenhängende Verkaufsfläche 600 m2 übersteigt". Daß in diesem Zusammenhang "wirtschaftlich" nicht gleichzusetzen sei mit den Eigentumsverhältnissen, gehe aus dem Satzgefüge hervor. Wie auch im erstbehördlichen Bescheid ausgeführt werde, ziele der gewählte Gesetzesbegriff auf den gemeinsamen wirtschaftlichen Nutzen der Verkaufslokale ab, der sich durch das räumliche Naheverhältnis unweigerlich ergebe. Darüber hinaus bestehe die Möglichkeit, bestimmte Einrichtungen der Infrastruktur, wie Kundenparkplatz, Restaurantbetrieb, Toiletteanlagen, gemeinsam und daher kostengünstiger (wirtschaftlicher) anzubieten. So sei aus den vorliegenden Einreichplänen zu ersehen, daß der im sogenannten "V-Zentrum" errichteten weiteren Betriebsstätte ein gemeinsamer Kundenparkplatz mit einer Zufahrts- und Abfahrtsmöglichkeit zur Verfügung stehe. Des weiteren seien die Geschäftslokale über einen gemeinsamen Eingangsbereich zu erreichen. Die Zu- und Ausfahrt zu den Anlieferungsrampen erfolge ebenfalls über einen gemeinsamen Verbindungsweg. Diese aufgezählten Gemeinschaftseinrichtungen seien ebenfalls Maßnahmen zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit des Projektes und sprächen für die räumliche Verbindung der Verkaufsflächen des Marktes der Beschwerdeführerin und des Geschäftes der M-GesmbH & Co KG. Als Verkaufsfläche seien die dem Kunden zugänglichen Flächen anzusehen, daher auch Lager- und Stapelflächen, sofern sie nicht separiert und vom Kundenzugang abgeschlossen seien. Die reine Fläche des Verkaufes errechne sich sohin aus der Summe der Verkaufsflächen der im V-Zentrum/X untergebrachten Verkaufslokale. Da die weitere Betriebsstätte der Beschwerdeführerin über eine Verkaufsfläche von 599 m2 verfüge und die "M" ebenfalls eine Verkaufstätigkeit (Anzeige über die Ausübung des Handelsgewerbes in der weiteren Betriebsstätte bei der Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau vom 7. August 1989) an dem Standort ausübe, kämen die Bestimmungen über die Einkaufszentren nach dem Gemeindeplanungsgesetz 1982 im Zusammenhalt mit § 15 Z. 1 (§ 46 Abs. 2) GewO 1973 voll zum Tragen. Dementsprechend sei auch der Spruch des angefochtenen Bescheides ergänzt worden. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung sei der Zeitpunkt der Anzeige über die Ausübung des Anmeldegewerbes in der weiteren Betriebsstätte; das sei der 7. August 1989. Da sohin auf Grund der fallbezogenen Unterlagen sämtliche Tatbestandsmerkmale für die Untersagung der gewerblichen Tätigkeit zum Zeitpunkt der Anzeige

(= Gewerbeausübung) gegeben gewesen seien, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin nach ihrem gesamten Vorbringen in dem Recht auf Unterbleiben der im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellung und auf Unterlassung der Untersagung der Ausübung des Handelsgewerbes verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes regt die Beschwerdeführerin an, § 15 Z. 1 GewO 1973 als verfassungswidrige dynamische Verweisung bzw. als unzulässige formalgesetzliche Delegation beim Verfassungsgerichtshof anzufechten. Sie führt hiezu aus, die in der genannten Gesetzesstelle enthaltene Verweisung auf andere Rechtsvorschriften verstoße gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Legalitätsprinzip) und sei daher offenkundig verfassungswidrig. Anscheinend erstrecke sich diese Verweisung nach ihrer Textfassung auch auf landesrechtliche Normbestände wie das Raumordnungsrecht. Diese Verweisung sei als verfassungsrechtlich striktest verpönte dynamische Verweisung konzipiert. Die Beschwerdeführerin halte aber auch den Rechtszug nicht für verfassungskonform. Auf Grund ihrer Anmeldung sei ihr bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides das Recht zur Ausübung der angemeldeten gewerblichen Tätigkeit am Standort offengestanden. Durch den angefochtenen Bescheid habe sie dieses Recht verloren. Es hätte daher im Lichte des Art. 6 EMRK über ihre Berufung ein unabhängiges Tribunal zu entscheiden gehabt. Unter dem Gesichtspunkt einer einfachgesetzlichen Rechtswidrigkeit macht die Beschwerdeführerin durch Vergleich mit den entsprechenden Bestimmungen in anderen Bundesländern geltend, die Bestimmungen des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes richteten sich lediglich an die "in Landesvollziehung tätig werdenden Landes- oder Gemeindebehörden im Gesetzgebungsbereich der Landesgesetzgebung", nicht aber an Bundesbehörden oder an Behörden bei der Vollziehung bundesgesetzlicher Aufgaben. Aus diesem Grund sei es verfassungsrechtlich völlig verfehlt, bei den Verbotsnormen nach § 15 Z. 1 und § 77 Abs. 1 zweiter Satz GewO 1973 auch die Raumordnungsbestimmungen einzubeziehen. Die belangte Behörde hätte daher die Flächenwidmung gar nicht in ihre Beurteilung einbeziehen dürfen. Ferner sei es verfehlt, zwei Handelsgeschäfte nur deshalb als wirtschaftlich zusammenhängend anzusehen, weil sie im gleichen Gebäude untergebracht seien. Richtigerweise wäre davon auszugehen gewesen, daß die Beschwerdeführerin und die "M" zwei völlig getrennte "Firmen" mit völlig getrennter Warenpalette und Organisation seien. Die Behauptung, dem Begriff des "Einkaufszentrums" sei "eine Mehrheit von räumlich abgegrenzten Verkaufslokalen inhärent", widerspreche den Erfahrungen des täglichen Lebens, abgesehen davon, daß die Raumordnungsgesetze anderer Bundesländer Einkaufszentren geradezu regelmäßig als einheitlich zusammenhängendes, räumlich gerade nicht abgegrenztes Geschäft (als Idealtyp) definierten.

Wirtschaftlich zusammenhängend wären Lokale nur dann, wenn sich ihre Produktpaletten notwendig gegenseitig ergänzten, wenn das Personal wechselseitig eingesetzt werden könne, möglicherweise auch dann, wenn die Geschäfte verschiedene gemeinsame Infrastrukturmaßnahmen aufwiesen etc. Bei völlig getrennten und völlig getrennt betriebenen Lokalen werde man hingegen keinesfalls von einer wirtschaftlich zusammenhängenden Verkaufsfläche reden können. Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides bestünden die Gemeinsamkeiten zwischen dem Geschäft der Beschwerdeführerin und dem früheren der "M" in einem gemeinsamen Kundenparkplatz. Beide Geschäfte könnten über einen gemeinsamen "Eingangsbereich" (was immer dies bedeuten möge) erreicht werden und die "Zu- und Ausfahrt zu den Anlieferungsrampen erfolge ebenfalls über einen gemeinsamen Verbindungsweg". Daraus ergebe sich der wirtschaftliche Zusammenhang zwischen den beiden Geschäften. Mit dieser krausen Logik könne man auch ganze Fußgängerzonen österreichischer Städte unter den Begriff des Einkaufszentrums subsumieren, denn auch Fußgängerzonen hätten nicht selten einen gemeinsamen Parkplatz, einen oder mehrere gemeinsame Eingänge (nämlich die Eingänge zu diesen Fußgängerzonen) und gemeinsame Zufahrtsstraßen. Diese Kriterien allein könnten daher ein Einkaufszentrum im Sinne einer wirtschaftlich zusammenhängenden Verkaufsfläche im Sinne des § 5 Abs. 5 des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes nicht ausmachen. Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bringt die Beschwerdeführerin schließlich vor, um beurteilen zu können, ob tatsächlich eine wirtschaftlich zusammenhängende Verkaufsfläche im Sinne des § 5 Abs. 5 des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes bei den beiden Einkaufsgeschäften vorgelegen sei, hätte der angefochtene Bescheid alle Umstände, die für oder gegen diese Annahme sprechen könnten, übersichtlich zusammenzufassen und dann gegeneinander abzuwägen gehabt. Daß er das nicht getan habe, begründe entscheidungswesentliche Mangelhaftigkeit der Sachverhaltsfeststellung, da dieser Frage geradezu kapitale Bedeutung zukomme.

Gemäß § 46 Abs. 1 GewO 1973 ist, wenn gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, eine Gewerbeausübung, auch wenn sie nur kurzfristig oder vorübergehend ist, außerhalb des Standortes der Gewerbeberechtigung oder einer weiteren Betriebsstätte unzulässig. Nach Abs. 2 darf ein Gewerbe in einer weiteren Betriebsstätte innerhalb wie außerhalb der Gemeinde des Standortes ausgeübt werden, wenn die Ausübung im Standort der weiteren Betriebsstätte zulässig (§ 15) und nicht von vornherein durch einen Nachsichtsbescheid örtlich beschränkt worden ist.

Das Recht zur Ausübung eines Anmeldungsgewerbes (§ 5 Z. 1) in einer weiteren Betriebsstätte wird nach Abs. 3 durch die hievon bei der Behörde erstattete Anzeige des Gewerbeinhabers begründet (§ 345 Abs. 4).

Zufolge § 345 Abs. 9 leg. cit. hat die Behörde, bei der die Anzeige erstattet worden ist, wenn die jeweils geforderten gesetzlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind - unbeschadet eines Verfahrens nach §§ 366 ff - dies mit Bescheid festzustellen und die Maßnahme oder die Tätigkeit, die Gegenstand der Anzeige ist, zu untersagen.

Gemäß § 15 Z. 1 leg. cit. darf eine gewerbliche Tätigkeit in einem Standort nicht ausgeübt werden, in dem die Ausübung dieser Tätigkeit im Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung oder der Entscheidung über das Konzessionsansuchen durch Rechtsvorschriften verboten ist.

Gemäß § 5 Abs. 4 des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes 1982, LGBl. Nr. 51, in der hier anzuwendenden Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 30/1990, müssen Flächen für Einkaufszentren als Sonderwidmung festgelegt werden. Zufolge Abs. 5 dieser Gesetzesstelle sind Einkaufszentren Verkaufslokale des Einzelhandels und des Großhandels, wie Verbrauchermärkte, Abholgroßmärkte u. ä., in denen Güter mehrerer Warengruppen, einschließlich von Waren des täglichen Bedarfes, angeboten werden und bei denen die wirtschaftlich zusammenhängende Verkaufsfläche 600 m2 übersteigt.

In Erwiderung des eine Verfassungswidrigkeit der Bestimmung des § 15 Z. 1 GewO 1973 sowie einen Widerspruch des im vorliegenden Fall anzuwendenden Rechtszuges zu Art. 6 MRK behauptenden Beschwerdevorbringens ist auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Juni 1990, Zl. B 1225 - 1228/89-14, zu verweisen. Darin kommt der Verfassungsgerichtshof zu dem Ergebnis, daß einerseits § 15 Z. 1 GewO 1973, insofern diese Bestimmung fremde Rechtsvorschriften, deren Vollzug verfassungsrechtlich einer anderen Autorität überlassen ist, einer - vorläufigen und daher der Beurteilung einer Vorfrage gleichkommenden - Anwendung durch die Gewerbebehörde eröffnet, weder vom Standpunkt der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung noch von der gebotenen Wahrnehmung seiner Kompetenz durch den jeweils zuständigen Gesetzgeber ein verfassungsrechtliches Hindernis entgegensteht, und andererseits § 345 Abs. 9 GewO 1973 über die Untersagung angezeigter Betätigungen und die damit im Zusammenhang stehenden Verfahrensvorschriften - zumindest aus dem Blickwinkel einer Anzeige der Ausübung eines Handelsgewerbes - Art. 6 MRK nicht widerspricht. Auch widerstreite § 15 Z. 1 GewO 1973 weder dem Legalitätsprinzip noch enthalte er eine verfassungswidrige dynamische Verweisung.

Der Verwaltungsgerichtshof schließt sich dieser Rechtsmeinung des Verfassungsgerichtshofes an und sieht sich daher nicht zu einer Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof veranlaßt.

Wie der Verfassungsgerichtshof schon in dem bereits zitierten Erkenntnis vom 16. Juni 1990 unter Hinweis auf die zu der ähnlichen Regelung des § 77 Abs. 1 zweiter Satz GewO 1973 entwickelten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dargetan hat, hat die Gewerbebehörde bei Vollzug des § 15 Z. 1 GewO 1973 allfällige Raumordnungsvorschriften nicht zu vollziehen, sondern lediglich im Sachverhaltsbereich zu berücksichtigen. Es steht daher entgegen dem Beschwerdevorbringen einer Berücksichtigung der Raumordnungsvorschriften durch die Gewerbebehörden bei Anwendung des § 15 Z. 1 GewO 1973 kein verfassungsrechtliches Hindernis entgegen.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag es daher nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde im vorliegenden Fall im Lichte des § 15 Z. 1 GewO 1973 auch prüfte, ob die Bestimmungen des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes 1982 der angezeigten Tätigkeit entgegenstehen.

Nach § 5 Abs. 5 leg. cit sind unter Einkaufszentren Verkaufslokale des Einzelhandels und des Großhandels zu verstehen, für die in der in Rede stehenden Gesetzesstelle Verbrauchermärkte und Abholgroßmärkte als Beispiele angeführt und die weiters mit zwei Begriffsmerkmalen umschrieben sind; nämlich zum einen, daß Güter mehrerer Warengruppen einschließlich von Waren des täglichen Bedarfes angeboten werden, und zum anderen, daß die wirtschaftlich zusammenhängende Verkaufsfläche 600 m2 übersteigt. Nach der eigentümlichen Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhang ist unter der Eigenschaft "wirtschaftlich zusammenhängend" der durch das zuvor angeführte Kriterium des Marktgeschehens begründete Zusammenhang zu verstehen. Die einzelnen Verkaufslokale, die zusammen einen Markt bilden, können von verschiedenen Unternehmern betrieben werden, ohne daß im Hinblick auf die Verschiedenheit der Unternehmer wie auch die Verschiedenheit des in den einzelnen Unternehmen beschäftigten Personals der wirtschaftliche Zusammenhang als Markt verloren geht (siehe in diesem Sinn auch die Erläuterungen zum Entwurf der Novelle LGBl. Nr. 8/1977).

Durch den angefochtenen Bescheid in Verbindung mit der von der belangten Behörde übernommenen Begründung des erstbehördlichen Bescheides wurde dargetan, daß im vorliegenden Fall in einem Objekt ein Geschäft, in dem Waren des täglichen Bedarfes verkauft werden ("N-Diskont"), und ein Unterhaltungselektronikgeschäft (M) in räumlicher Nahebeziehung eingerichtet worden seien, daß im Hinblick auf die räumlich zusammenhängende Anordnung dieser beiden Geschäfte und insbesondere auch unter Bedachtnahme auf den vor dem betreffenden Objekt eingerichteten gemeinsamen Kundenparkplatz das Erscheinungsbild einer Zusammenfassung für Zwecke des Verkaufes bzw. Einkaufes vorliege und daß das Flächenausmaß der in diesem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Verkaufsfläche jedenfalls 600 m2 übersteige. Es war nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde diesen von ihr festgestellten Sachverhalt tatbestandsmäßig als Einkaufszentrum beurteilte und wenn sie infolgedessen mangels entsprechender Widmung im Flächenwidmungsplan zu der im Spruch des angefochtenen Bescheides enthaltenen Entscheidung und Verfügung kam.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989040240.X00

Im RIS seit

19.09.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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