Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
GewO 1973 §366 Abs1 Z4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Weiss und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 23. April 1990, Zl. MA 63-W 31/89/Str, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird, soweit damit der Beschwerdeführer einer Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und hiefür bestraft wird, einschließlich des damit verbundenen Kostenausspruches wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.650,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 23. April 1990 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, als gewerberechtlicher Geschäftsführer der N Wurst- und Fleischwarenfabrik Gesellschaft mbH. verantwortlich zu sein, daß diese Gesellschaft die genehmigte Betriebsanlage in Wien 13, A-Straße 25, in der Zeit vom 15. Oktober 1987 bis 31. März 1988 nach der genehmigungspflichtigen Änderung in Ansehung folgender im Spruch des Bescheides vom 11. September 1987 unter I. bis IV. und VI. bis VIII. beschriebener geänderter Betriebsanlagenteile ohne die erforderliche Genehmigung betrieben habe:
Zu I. Die im Keller an der Westseite eingebaute Kaltselchanlage sowie der in diesem Bereich geschaffene Klimalagerraum;
Zu II. Der im Erdgeschoß des Traktes B-Gasse geschaffene Klimalagerraum;
Zu III. Das zwischen dem Arbeitsraum im Erdgeschoß an der Westseite und dem Vorgarten zur C-Gasse im Freien eingerichtete Schartenlager;
Zu IV. Die für den Klimalagerraum im Erdgeschoß B-Gasse, dem neuen Klimaraum im Keller an der Westseite und die bestehenden Wursttrockenräume im Obergeschoß an der C-Gasse geschaffenen 5 mechanischen Klima-/Lüftungsanlagen;
Zu VI. Der Schwitzraum, in den die ehemalige Kaltselche im Obergeschoß C-Gasse umgewandelt worden sei, wofür eine eigene Klimaanlage mit geschlossenem Kreislauf und elektrischem Dampferzeuger eingebaut worden sei;
Zu VII. Die zur Rückgewinnung der Abwärme aller im Betrieb vorhandenen Kühlaggregate im Keller an der C-Gasse installierte Rückgewinnungsanlage mit Trägermedium Kältemittel R 22;
Zu VIII. Der neben dem bestehenden Ölheizkesselraum in einem gesonderten Raum aufgestellte Schnelldampferzeuger (Nennwärmebelastung ca. 500 kW).
Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 4 zweiter Fall GewO 1973 begangen, weshalb gemäß § 366 Abs. 1 Einleitungssatz leg. cit. eine Geldstrafe von S 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage und 8 Stunden) verhängt wurde. Gleichzeitig wurde das Verwaltungsstrafverfahren in einem weiteren Punkt gemäß § 45 Abs. 1 lit. a VStG 1950 eingestellt.
Gegen den verurteilenden Teil dieses Bescheides richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf gesetzmäßige Anwendung des § 366 Abs. 1 Z. 4 GewO und in dem Recht auf ein mängelfreies Verwaltungsverfahren verletzt. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes bringt der Beschwerdeführer zusammengefaßt unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, die belangte Behörde habe es zu Unrecht unterlassen, von ihm beantragte Beweismittel durchzuführen. Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides macht der Beschwerdeführer insgesamt geltend, tatsächlich sei durch sämtliche in Rede stehende Änderungen der genehmigten Betriebsanlage eine Verschlechterung der Immissionssituation nicht eingetreten.
Die Beschwerde erweist sich schon auf Grund folgender Überlegungen als berechtigt:
Gemäß § 44 a lit. a VStG 1950 hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es nach der zitierten Gesetzesstelle unter anderem rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. Juni 1984, Slg. N.F. Nr. 11466/A). Es hat daher der Spruch eines Straferkenntnisses jenen dem Beschuldigten zur Last gelegten Sachverhalt in konkretisierter Form zur Gänze zu umschreiben, welcher in seiner Gesamtheit das Tatbild der dem Beschuldigten zur Last gelegten Verwaltungsübertretung erfüllt.
Da nach § 366 Abs. 1 Z. 4 GewO 1973 eine Verwaltungsübertretung begeht, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81), hat der Spruch eines nach dieser Gesetzesstelle verurteilenden Straferkenntnisses unter anderem jene Sachverhaltselemente zu enthalten, welche die Genehmigungspflicht der inkriminierten Änderung der genehmigten Betriebsanlage begründen.
Diesem Erfordernis kommt der Spruch des angefochtenen Bescheides insofern nicht nach, als darin nicht dargelegt ist, welche eine Genehmigungspflicht im Sinne des § 81 GewO 1973 in der hier anzuwendenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399, begründenden neuen oder größeren Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 leg. cit. mit den dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Änderungen in der genehmigten Betriebsanlage verbunden sein könnten.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand, da einerseits für die in dreifacher Ausfertigung vorzulegende Beschwerde lediglich Eingabengebühr in der Höhe von insgesamt S 360,-- zu entrichten und andererseits der angefochtene Bescheid nur in einfacher Ausfertigung vorzulegen war.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990040176.X00Im RIS seit
27.11.1990