TE Vwgh Erkenntnis 1990/12/3 90/19/0462

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Veröffentlicht am 03.12.1990
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Index

L65000 Jagd Wild;
L65002 Jagd Wild Kärnten;
24/01 Strafgesetzbuch;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

JagdG Krnt 1978 §41 Abs1;
JagdG Krnt 1978 §57 Abs1;
JagdG Krnt 1978 §58 Abs1;
JagdG Krnt 1978 §65 Abs1;
JagdG Krnt 1978 §90;
JagdRallg;
StGB §137;
VStG §19;
VStG §5 Abs1;
VStG §7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Großmann, Dr. Stoll, Dr. Zeizinger und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Magistratsoberkommissär Dr. Kral , über die Beschwerde des N gegen das Erkenntnis des Disziplinarrates der Kärntner Jägerschaft vom 12. Juli 1990, betreffend Vergehen gegen die Standespflichten, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Kärntner Jägerschaft hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.650,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Spruch des gegen den Beschwerdeführer als Mitglied der Kärntner Jägerschaft ergangenen angefochtenen Bescheides lautet:

"Der Beschuldigte

ED, Kaufmann,

ist

schuldig

1. am 10.5.1987 als Jagdausübungsberechtigter und Pächter des Jagdrevieres "W" es unterlassen zu haben,

a) seinen Jagdgast WO bei Ausübung der Hahnenjagd am K.almplateau gehörig zu beaufsichtigen, sondern hat ihn ohne Erlaubnisschein bzw. ohne Begleitung in einem Schirmstand sich selbst überlassen,

b) den Grenzverlauf unmittelbar vor der Jagd genau zu beschreiben und

c) über das Nichtvorliegen einer vereinbarten Wildfolge informiert zu haben.

Durch die Verletzung dieser jagdlichen Sorgfaltspflicht eines Jagdausübungsberechtigten ist es in der Folge dazu gekommen, daß Herr WO am 10.5.1987, um etwa 05.50 Uhr, einen Birkhahn im benachbarten Jagdrevier des Pächters und Jagdausübungsberechtigten Dr. HL beschoß, den offensichtlich nicht getroffenen Hahn im Nachbarrevier nachsuchte und damit in fremdes Jagdrecht eingriff.

2. am 1.9.1987 einen Gamsbock der Klasse I erlegt und die Abschußmeldung hierüber nicht innerhalb von 2 Wochen, sondern erst nach 6 Wochen, am 14.10.1987, abgegeben und

3. am 10.10.1987 einen Gamsbock der Klasse IIa erlegt zu haben.

Er hat somit gröblich gegen jagdrechtliche Bestimmungen, und zwar gegen die §§ 41 Abs. 1, 65 Abs. 1, 58 Abs. 1 und 57 Abs. 1 des Kärntner Jagdgesetzes verstoßen und die Interessen der Kärntner Jägerschaft verletzt.

Er hat hiedurch ein Vergehen gegen die Standespflichten nach § 90 des Kärntner Jagdgesetzes gegangen und wird über ihn die Disziplinarstrafe des

strengen Verweises

verhängt."

In der Begründung wurde folgender Sachverhalt festgestellt:

"Am 10.5.1987, um etwa 03.45 Uhr, begab sich ED mit den Jagdfreunden WO, GR und RW auf die Jagdhütte zum K.almplateau des von den Österreichischen Bundesforsten gepachteten Jagdreviers "W", um Birkhahnen zu bejagen.

Am Tag zuvor wurden die in diesem Bereich bereits von den Österreichischen Bundesforsten errichteten Schirmstände überprüft, verblendet und bestimmt, wer welchen Schirmstand am nächsten Tag einzunehmen hat.

Für Herrn O wurde ein Schirmstand bestimmt, welcher sich ca. 40 m östlich des Nachbarrevieres "W" befindet. Über Anordnung des Beschuldigten bezogen die oben angeführten Gäste einzeln ihre Stände. ED selbst begab sich zu einem Schirmstand, der etwa 400 m von jenem, welchen O bezog, entfernt war. Diese beiden Schirmstände befanden sich außer Sicht- und Rufweite. Keiner der oben angeführten Jagdgäste besaß einen Erlaubnisschein oder wurde durch Herrn D oder dessen Jagdschutzorgan beaufsichtigt. Ebenso setzte D den genauen Grenzverlauf zwischen den beiden in diesem Bereiche sich berührenden Jagdrevieren als bekannt voraus, da er inbesondere Herrn O Markierungsbäume bzw. Grenzpflöcke anläßlich eines Jagdaufenthaltes in den Jahren 1983/84 zeigte. Jedenfalls wurde Herr O unmittelbar vor der Hahnenjagd der genaue Grenzverlauf im Bereiche seines Schirmstandes nicht deutlich gemacht.

Um ca. 05.50 Uhr beschoß Herr WO einen Hahn, der auf einer Lärche im benachbarten Revier "W" (Pächter und Jagdausübungsberechtigter Dr. HL) aufbaumte.

Da der Hahn, offensichtlich getroffen, abritt, begann der Beschuldigte ED etwa eine halbe Stunde nach Abgabe des Schusses gemeinsam mit Herrn WO und dessen Hund die Nachsuche.

Hiebei überschritt O in Gegenwart des Beschuldigten die Grenze zum Nachbarrevier, um unter der besagten Lärche nach Schußzeichen zu suchen. Er wurde an dieser Nachsuche im fremden Jagdrevier durch Herrn D nicht gehindert, obwohl zwischen den beiden benachbarten Jagdausübungsberechtigten keinerlei Wildfolge vereinbart war. Der Beschuldigte unterließ es, Herrn O auf diese fehlende Befugnis hinzuweisen bzw. ihn darüber zu informieren.

Eine Verständigung des Pächters des Nachbarrevieres "W" erfolgte ebenfalls nicht, obwohl WO dem Beschuldigten bei seinem Eintreffen an dessen Schirmstand mitteilte, daß er auf jene Lärche geschossen habe, welche bereits im Nachbarrevier stehe."

Rechtlich ging die belangte Behörde davon aus, daß bei WO eine unbeaufsichtigte Jagdausübung vorgelegen sei, bei der es gemäß § 41 Abs. 1 des Kärntner Jagdgesetzes 1978 (JG) des Mitsichführens eines Jagderlaubnisscheines bedurft hätte. Einen Verstoß gegen § 65 Abs. 1 JG erblickte die belangte Behörde darin, daß es der Beschwerdeführer unterlassen habe, WO über das Nichtvorliegen einer vereinbarten Wildfolge ausdrücklich in Kenntnis zu setzen und diesen an der Nachsuche in das fremde Jagdgebiet zu hindern. Zum Verstoß gegen § 58 Abs. 1 JG wurde ausgeführt, daß der Beschwerdeführer die vorgeschriebene Abschußmeldung (hinsichtlich eines Gamsbockes der Klasse I) erst sechs Wochen nach dem getätigten Abschuß beim Hegeringleiter abgegeben habe. Seine hiezu abgegebene Rechtfertigung, wonach er zu einer solchen Meldung nicht verpflichtet gewesen wäre, da der von ihm erlegte Gamsbock der Klasse I nicht im Abschußplan des Jahres 1987 genehmigt gewesen sei, sondern mittels Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Hermagor als Turnusbock für vier Reviere bewilligt worden sei, sei nicht geeignet, den ihm zur Last gelegten Vorwurf zu entkräften. Dies deshalb, da es für die Abschußmeldung unerheblich sei, ob ein der Abschußplanung unterliegendes Wild mittels jährlichen Abschußplanes oder mittels Bescheides zum Abschuß freigegeben werde, da nach den Abschußrichtlinien, welche jährlich durch Verordnung der Kärntner Landesregierung gemäß § 56 JG erlassen würden, unter anderem auch das Gamswild der Abschußplanung unterliege. Gegen § 57 Abs. 1 JG habe der Beschwerdeführer verstoßen, weil er am 10. Oktober 1987 einen Gamsbock der Klasse IIa erlegt habe, obwohl "nach dieser Bestimmung" (gemeint: den Abschußrichtlinien für das Jagdjahr 1987, LGBl. Nr. 86/1986) Gamsböcke der Klasse IIa ganzjährig zu schonen seien. Die vom Beschwerdeführer mehrfach begangenen Rechtsverletzungen stellten einen gröblichen Verstoß gegen das Kärntner Jagdgesetz und die Interessen der Kärntner Jägerschaft dar, das Verhalten des Beschwerdeführers in seiner Gesamtheit stelle ein Vergehen gegen die Standespflichten nach § 90 JG dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 90 Abs. 2 JG liegt ein Vergehen gegen die Standespflichten vor, wenn ein Mitglied der Kärntner Jägerschaft wiederholt oder gröblich jagdrechtliche Vorschriften übertritt, Grundsätze der Weidgerechtigkeit mißachtet oder die Satzungen und Interessen der Kärntner Jägerschaft verletzt.

Soweit die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zum Vorwurf macht, mit dem zu Punkt 1. lit. a bis c des Spruches ihres Bescheides umschriebenen Verhalten gegen jagdrechtliche Vorschriften, und zwar gegen die §§ 41 Abs. 1 bzw. 65 Abs. 1 JG, verstoßen (und damit Verwaltungsübertretungen begangen) zu haben, verkennt sie die Rechtslage.

Gemäß § 41 Abs. 1 JG muß, wer nicht in Begleitung des Jagdausübungsberechtigten oder dessen Jagdschutzorganes jagt, neben der Jagdkarte eine auf seinen Namen lautende, vom Jagdausübungsberechtigten erteilte schriftliche Bewilligung mit sich führen (Jagderlaubnisschein). Für die Teilnahme an Treibjagden ist ein Jagderlaubnisschein nicht erforderlich.

§ 36 Abs. 4 JG gilt sinngemäß.

Der belangten Behörde ist zwar darin beizutreten, daß der Jagdgast WO nicht "in Begleitung" einer der in der genannten Bestimmung angeführten Personen gejagt hat, weil dem Beschwerdeführer zufolge der räumlichen Entfernung seines eigenen Standplatzes von dem außerhalb seiner Sicht und Rufweite gelegenen Schirmstand des Jagdgastes jede Möglichkeit des Einwirkens auf das Handeln des letzteren gefehlt hat. Da es sich um keine Treibjagd gehandelt hat, hätte der Jagdgast daher einen Jagderlaubnisschein mit sich führen müssen. Einer Übertretung des § 41 Abs. 1 JG kann sich aber als unmittelbarer Täter nur der Jagdgast, nicht aber der Jagdausübungsberechtigte selbst schuldig machen. Für diesen kommt lediglich eine Beteiligung nach Maßgabe des § 7 VStG 1950 in Form der Anstiftung oder Beihilfe in Betracht. Ein derartiger Tatvorwurf, der insbesondere vorsätzliches Handeln voraussetzt, wurde jedoch gegen den Beschwerdeführer im angefochtenen Bescheid nicht erhoben. Die belangte Behörde belastete daher ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, wenn sie den Beschwerdeführer auf dem Boden des von ihr festgestellten Sachverhaltes eine Übertretung des § 41 Abs. 1 JG zur Last legte.

Gemäß § 65 Abs. 1 JG darf krankgeschossenes oder auch nur vermutlich getroffenes Wild, das in ein fremdes Jagdgebiet überwechselt, oder Federwild, das dorthin abstreicht, dort vom Schützen nicht weiter bejagt werden; seine Verfolgung, Erlegung und Besitznahme bleibt vielmehr dem Jagdausübungsberechtigten des Gebietes, in dem sich das Wild befindet, vorbehalten.

Diese Bestimmung setzt nach ihrem klaren Wortlaut voraus, daß Wild nach dem Schuß in ein fremdes Jagdgebiet überwechselt bzw. dorthin abstreicht. Wird jedoch - wie hier - Wild beschossen, daß sich schon jenseits der Grenze im fremden Jagdgebiet befindet, dann ist - unbeschadet einer allfälligen Ahndung der Tat nach §§ 137 ff StGB - § 65 Abs. 1 JG nicht anwendbar. Schon aus diesem Grunde findet daher im Beschwerdefall die Annahme eines Verstoßes gegen die genannte Bestimmung (der dem Beschwerdeführer dem Sachverhalt nach im übrigen gleichfalls nicht als unmittelbarem Täter angelastet werden könnte) im Gesetz keine Deckung.

Unbegründet ist die Beschwerde hingegen, soweit sie sich gegen die Vorwürfe der Übertretungen der §§ 58 Abs. 1 und 57 Abs. 1 JG wendet. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes dieser Übertretungen. Sein Vorbringen hinsichtlich der Übertretung des § 58 Abs. 1 JG, er habe das erlegte Wildstück am Tage des Abschusses dem Hegeringleiter vorgelegt und sich darauf verlassen, daß dieser - wie in der Vergangenheit - den Vordruck für die Abschußmeldung - der, da es sich beim erlegten Wild um einen sogenannten "Turnusbock" gehandelt habe, vom Hegeringleiter erst nach dem Erlegen zur Verfügung gestellt werde - ausfüllen werde, ist nicht zur Glaubhaftmachung eines mangelnden Verschuldens (§ 5 Abs. 1 VStG 1950) geeignet.

Gemäß § 58 Abs. 1 JG hat der Jagdausübungsberechtigte den Abschuß und den Fang eines Wildstückes sowie das Auffinden eines gefallenen Wildstückes unter Angabe des Erlegers oder Finders im Wege des Hegeringleiters dem Bezirksjägermeister binnen zwei Wochen bekanntzugeben, sofern es sich um Wild, das der Abschußplanung unterliegt, oder um Schwarzwild handelt (Abschußmeldung). Für die Abschußmeldung ist der Vordruck (Abs. 2) zu verwenden. Bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit und Sorgfalt hätte sich der Beschwerdeführer nicht auf ein "Ausfüllen des Vordruckes" durch den Hegeringleiter verlassen dürfen (zumal er nicht einmal behauptet hat, diesen zur Erstattung der Abschußmeldung in seinem Namen bevollmächtigt zu haben); er hätte sich vielmehr darum kümmern müssen, so rechtzeitig in den Besitz des Vordruckes für die Abschußmeldung zu gelangen, diesen selbst auszufüllen und dem Hegeringleiter zu übergeben, daß die Frist für die Abschußmeldung noch hätte eingehalten werden können.

Wenn sich der Beschwerdeführer hinsichtlich der Übertretung des § 57 Abs. 1 JG darauf beruft, daß ihm beim Fehlabschuß ein Irrtum unterlaufen sei, der häufig vorkomme, so vermag ihn dies gleichfalls nicht zu entschuldigen, hat er doch nicht konkret dargetan, daß er den Irrtum beim Ansprechen des Wildes trotz Anwendung der notwendigen und zumutbaren Aufmerksamkeit und Sorgfalt nicht habe vermeiden können.

Was den Unrechts- und Schuldgehalt der dem Beschwerdeführer zur Last fallenden Übertretungen der §§ 58 Abs. 1 und 57 Abs. 1 JG anlangt, so kann dahingestellt bleiben, ob diese Verstöße als "gröblich" angesehen werden können. Für das Vorliegen eines Vergehens gegen die Standespflichten im Sinne des § 90 Abs. 2 JG genügt es nämlich, wenn ein Mitglied "wiederholt", also mehr als einmal, jagdrechtliche Vorschriften übertritt, wobei es in diesem Fall nicht auf das Gewicht der einzelnen Verstöße ankommt.

Aus den angeführten Gründen war der angefochtene Bescheid daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwand kein Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer zusteht und Stempelmarken nur im erforderlichen Ausmaß zuzusprechen waren.

Schlagworte

Erschwerende und mildernde Umstände Diverses Interessensvertretung der Jäger Ehrengericht Jägerehre Disziplinarmaßnahme Jagdrecht und Jagdrechtsausübung Jagdausübung Jagdausübungsberechtigung Jagdrecht und Jagdrechtsausübung Jagdgast Vorschriften über die Jagdbetriebsführung jagdliche Verbote Vorschriften über die Jagdbetriebsführung jagdliche Verbote Abschußplan Durchführung Vorschriften über die Jagdbetriebsführung jagdliche Verbote krankgeschossenes Wild Wildfolge Übertretungen und Strafen Verfahrensrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990190462.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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