TE Vfgh Erkenntnis 1988/6/9 B758/87

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Veröffentlicht am 09.06.1988
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
StGG Art5
StGG Art6 Abs1 / Liegenschaftserwerb
Tir GVG 1983 §4 Abs1

Leitsatz

Keine Bedenken gegen §4 Abs1 GVG Tir; Begründung von ideellem Miteigentum zwischen Ehegatten an einem geschlossenen Hof aus Steuerersparnisgründen; Versagung der Zustimmung wegen Aufsplitterung des Alleineigentums; keine denkunmögliche, keine gleichheitswidrige Anwendung

Spruch

Die Bf. sind durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1. Mit Schenkungsvertrag vom 26. Juli 1979 übereignete S W, geb. 1923, Landwirt, seiner Ehefrau R W, geb. 1916, ebenfalls Landwirtin, die ideelle Hälfte der ihm gehörenden Liegenschaft EZ ... KG Kirchdorf i.T. ("geschlossener Hof ...") - wie im Genehmigungsansuchen an die Grundverkehrsbehörde ausgeführt "zum Danke für deren nunmehr schon Jahrzehnte andauernden Mithilfe in Haus und Hof des Geschenkgebers".

2. Zur Vorgeschichte genügt es, auf die Ausführungen des Erkenntnisses des VfGH vom 28. November 1985 B387/84, mit dem der Bescheid der Landesgrundverkehrsbehörde vom 9. März 1984 wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Tribunal im Sinne des Art6 MRK aufgehoben wurde, zu verweisen. Mit (Ersatz-)Bescheid der Landesgrundverkehrsbehörde beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 8. Mai 1987, Z LGv-33/23-80, wurde der Berufung des Landesgrundverkehrsreferenten gegen den - genehmigenden (erstinstanzlichen) Bescheid der Grundverkehrsbehörde Kirchdorf i.T. vom 19. Dezember 1979 Folge gegeben und der beabsichtigten Eigentumsübertragung die Zustimmung gemäß §4 Abs1 des Grundverkehrsgesetzes 1983, LGBl. für Tirol Nr. 69 (künftig: GVG), neuerlich versagt.

Der Bescheid ist im wesentlichen wie folgt begründet:

"Diese Zustimmung darf nach §4 Abs1 GVG 1983 nur erteilt werden, wenn der Rechtserwerb weder dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung oder Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes noch dem öffentlichen Interesse an der Schaffung oder Erhaltung eines wirtschaftlich gesunden land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes widerspricht. Im §6 enthält das Gesetz eine demonstrative Aufzählung ('insbesondere') einzelner Tatbestände, bei deren Vorliegen jedenfalls ein Widerspruch zu solchen Interessen vorliegt. Aus dem Aufbau des Gesetzes erfolgt aber weiters, daß dann, wenn einer dieser beispielshaft aufgezählten Tatbestände nicht erfüllt ist, noch nicht dargetan ist, daß der Rechtserwerb nicht den in §4 Abs1 GVG genannten Interessen widerspricht. ...

...

Vor dem Hintergrund der Tatsache, daß es sich bei dem in Rede stehenden landwirtschaftlichen Betrieb um einen geschlossenen Hof im Sinne des Tiroler Höfegesetzes 1900 in der derzeit geltenden Fassung handelt, erscheint es zunächst naheliegend, die mit diesem Regelungsbereich vom Gesetzgeber angestrebte Form der bäuerlichen Bodenbesitz- und Bewirtschaftungsverhältnisse näher zu betrachten. Hiebei zeigt sich, daß der Vorsorge dafür, daß landwirtschaftlicher Grund und Boden ungeteilt erhalten bleibt, seit jeher ein besonderer Stellenwert beigemessen wurde und der Gesetzgeber selbst bei Rechtserwerben durch Erben es für notwendig erachtet hat, Vorkehrungen dahingehend zu treffen, daß die Schaffung von Miteigentum an land- und forstwirtschaftlichen Betrieben verhindert wird (siehe hiezu insbesondere §15 Tiroler Höfegesetz 1900).

In seiner Ausgabe zum Tiroler Höfegesetz führt Webhofer in diesem Zusammenhang aus: 'Sitte und Recht ist davor, daß der Hof nicht zerbröckelt und ungeschmälert auf einen würdigen Nachfolger übergeht. ...'

Auch Lang, die Teilwaldrechte in Tirol, erwähnt, 'daß bereits in der Landesordnung aus dem Jahre 1404 die Teilung eines Gutes ... an die Zustimmung des Grundherrn gebunden war ...'

Die (gesetzliche) Mißbilligung von Miteigentumsverhältnissen an land- und forstwirtschaftlichen Liegenschaften erhellt sich aber keineswegs ausschließlich bei einer Betrachtung der höferechtlichen Bestimmungen bzw. dessen historischer Vorläufer (z.B. Grundzerstückelungspatent von 1770). Im §1 Abs2 lita des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes 1978, in der Fassung LGBl. Nr. 18/1984, findet sich etwa nachstehende Bestimmung:

'Im Interesse der Schaffung und Erhaltung einer leistungsfähigen Landwirtschaft können die Besitz-, Benützungsund Bewirtschaftungsverhältnisse im ländlichen Lebens- und Wirtschaftsraum durch Neueinteilung ... verbessert oder neu gestaltet werden. Zur Erreichung dieses Zieles sind in erster Linie die Nachteile abzuwenden, zu mildern oder zu beheben, die verursacht werden durch Mängel der Agrarstruktur (wie z.B. zersplitterter Grundbesitz, ideell oder materiell geteiltes Eigentum ...)'.

Wenn aber das Gesetz expressis verbis ideell geteiltes Eigentum im Bereich der Landwirtschaft ganz allgemein als agrarstrukturellen Mangel bezeichnet und zur Beseitigung dieser vom Standpunkt des öffentlichen Interesses unerwünschten Form der Bodenordnung erhebliche öffentliche Mittel bereitgestellt werden (vergl. §7 lita des Tiroler Landwirtschaftsgesetzes, LGBl. Nr. 3/1974), so muß wohl auch für den Bereich des Grundverkehrsrechtes davon ausgegangen werden, daß die Neuschaffung solcher Eigentumsverhältnisse an einem landwirtschaftlichen Betrieb als agrarpolitisch unerwünschte Veränderung der bäuerlichen Besitzverhältnisse zu bezeichnen ist.

Diese Rechtsanschauung wird nicht zuletzt auch durch die Bestimmung des Tiroler landwirtschaftlichen Siedlungsgesetzes 1969 (LGBl. Nr.49) untermauert, in dem als Gegenstand von Siedlungsverfahren im §2 Z.7 die Bereinigung von ideell oder materiell geteilten Eigentum angeführt wird. Berücksichtigt man dabei, daß im Fall des Vorliegens eines solchen Sachverhaltes sogar der (Bundes-)Gesetzgeber von einer Besteuerung absieht (vergl.

§4 Z.4 lita Grunderwerbssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 140/1955, in der derzeit gültigen Fassung), so erschiene es geradezu widersinnig, dem Grundverkehrsgesetzgeber andere agrarpolitische Ziele zu unterstellen ...

Bei dieser Sach- und Rechtslage vertritt die erkennende Behörde zusammenfassend die Meinung, daß die Begründung von Miteigentum an land- und forstwirtschaftlichen Betrieben ... dem hier auszulegenden Begriff - des öffentlichen Interesses an der Schaffung oder Erhaltung eines wirtschaftlich gesunden land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes - widerspricht und der Versagungstatbestand des §4 Abs1 GVG 1983 als gegeben erachtet werden muß."

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, an den VfGH gerichtete Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Unversehrtheit des Eigentums sowie auf Erwerbsfreiheit geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

Die bel. Beh. hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.

4. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

4.1. Die Beschwerde behauptet, daß die bel. Beh. dem Gesetz einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstelle und daß sie das Gesetz denkunmöglich anwende. Nicht nur aus der Bestimmung des §4 Abs1 GVG, aus verwandten Gesetzen und aus historischer Betrachtung, sondern auch aus der gesamten österreichischen Rechtsordnung gehe hervor, daß es Eheleuten in Österreich freistehe, die Form des ehelichen Güterstandes selbst zu wählen. Der sogenannte "Ehegattenhof" sei - worauf der Kommentar Webhofer zum Tiroler Höfegesetz verweise - eine in Tirol verbreitete Art des ehelichen Güterstandes. Es werde damit ja auch nicht eine Teilung des Hofes vorgenommen, sondern nur ein gemeinsames Eigentum am Hof mit einer gemeinsamen Zielrichtung begründet. Der Ehegattenhof habe daher auch in den Bestimmungen des Tiroler Höfegesetzes (ua. §22) Eingang gefunden. Die Schaffung gemeinsamen Liegenschaftseigentums als Art des ehelichen Güterstandes finde ebenso ihren Niederschlag im Wohnungseigentumsgesetz 1975. Es wäre auch nicht einzusehen, daß man einerseits von der Bäuerin verlange, mit ihrer Arbeit zum Betrieb und zur Erhaltung eines wirtschaftlich gesunden Hofes beizutragen, ihr aber andererseits Miteigentum an der gemeinsam bewohnten und bewirtschafteten Liegenschaft verweigere. Schon aus diesem Gesichtspunkt sei der angefochtene Bescheid sachlich nicht zu rechtfertigen.

§4 Abs1 GVG werde von der bel. Beh. aber auch denkunmöglich angewendet. Entgegen der Meinung der bel. Beh. spreche schon die historische Entwicklung nicht für, sondern gegen den angefochtenen Bescheid. Die Landesordnung aus dem Jahre 1404 habe die Zustimmung des Grundherrn zur Teilung wohl vorgeschrieben, jedoch nur deshalb, weil damals das Obereigentum dem Grundherrn zustand. Es sei unverständlich, warum die bel. Beh. ungeachtet der Reformen Maria Theresias und des "Bauernkaisers" Josef eine aus völlig anderen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen stammende Landesordnung zitiere. Es sei vielmehr historisch belegt, daß sich agrarstrukturierte Mängel, welche auf die Einrichtung der Ehegattenhöfe zurückzuführen wären, nicht bemerkbar machten. Solche Mängel seien aber auch nicht in anderen Bundesländern aufgetreten, obwohl deren Grundverkehrsgesetze entweder für den Rechtserwerb zwischen Ehegatten an sich oder für die Begründung von Miteigentum zwecks ehelicher Gütergemeinschaft ausdrücklich keine Zustimmung der Grundverkehrsbehörde vorsehen. Auch die Hinweise des angefochtenen Bescheides auf angeblich unerwünschtes ideell oder materiell geteiltes Eigentum im Flurverfassungslandesgesetz 1978, im Landwirtschaftsgesetz 1974 oder im Tiroler landwirtschaftlichen Siedlungsgesetz 1969 träfen nicht zu. Der Gesetzgeber unterscheide sehr wohl zwischen ideellem Miteigentum zwischen Ehegatten, welches ja eine gemeinsame Zielrichtung zur Bewirtschaftung habe, und dem Miteigentum fremder Personen, das für eine gemeinsame Bewirtschaftung eines bäuerlichen Gutes nicht zuträglich sei. Es sei schließlich auch die Tiroler Landesordnung 1953 im Bewußtsein beschlossen worden, daß "die geordnete Familie als Grundzelle von Volk und Staat" zu den Grundlagen des Landes Tirol zähle.

Die bel. Beh. lege schließlich die Bestimmung des §4 Abs1 GVG so aus, als ob die Bäuerin ihrem Beruf und ihrer Stellung entsprechend wohl verpflichtet sei, an der Schaffung und Erhaltung eines wirtschaftlich gesunden bäuerlichen Grundbesitzes mitzuwirken, ihr aber verboten sei, an diesem von ihr mitgeschaffenen und miterhaltenen bäuerlichen "Betriebskapital" teilzuhaben. Diese Auslegung verstoße auch gegen das Grundrecht der Erwerbsfreiheit.

4.2. Die bel. Beh. erwidert auf die Beschwerdeausführungen zunächst mit dem Hinweis, daß das Alleineigentum am Hof in Tirol die Regel und für die nach den Erbteilungsvorschriften des Tiroler Höfegesetzes vorgesehene "Einhandnachfolge" eine unabdingbare Voraussetzung sei. Gemeinsames Eigentum von Ehegatten führe nicht nur beim Tod eines Ehegatten, sondern auch bei einer Scheidung zu geradezu unlösbaren Problemen. Auf Grund solcher Erfahrungen habe der Landesgesetzgeber selbst bei Übertragung des Eigentums an landund forstwirtschaftlichem Grundbesitz zwischen Ehegatten eine Bewilligungspflicht im GVG normiert, sofern nicht der gesamte land- und forstwirtschaftliche Grundbesitz ungeteilt übertragen wird (§3 Abs2 litb GVG). Der Hinweis in der Beschwerde auf das Wohnungseigentumsgesetz 1975 sei nicht zielführend, weil in diesem Gesetz für den Fall der Auflösung der Ehe Regelungen für die Beseitigung von Miteigentum enthalten seien, die sowohl im Grundverkehrsgesetz als auch im Höferecht fehlten. Dadurch müßte es bei Eigentumsübertragungen der in Rede stehenden Art langfristig zu bäuerlichem Kleinst- und Splitterbesitz kommen, der durch bodenreformatorische Verfahren wieder beseitigt werden müsse. Für eine denkmögliche Auslegung des GVG spreche, daß sowohl das Flurverfassungslandesgesetz 1978 als auch das Tiroler landwirtschaftliche Siedlungsgesetz 1969 ideelles Eigentum ausdrücklich als agrarstrukturellen Mangel bezeichnet. Es dürfe auch nicht übersehen werden, daß Miteigentümer in weiterer Folge ihre Anteile bewilligungsfrei (§3 Abs2 litc GVG) an verschiedene Personen übergeben könnten. Daß auch zwischen den Bf. kein endgültiges Einvernehmen über das künftige Schicksal des in Rede stehenden Hofes bestehe, zeige sich aus dem Umstand, daß im vorangegangenen Verfahren zunächst davon die Rede gewesen sei, daß der Sohn der Bf. den Hof übernehmen werde, wohingegen dies im nunmehrigen Verfahrensstadium geradezu ausgeschlossen werde. Damit sei aber die Befürchtung, daß mit der Begründung von Miteigentum eine agrarpolitisch unerwünschte Entwicklung gesetzt werde, keinesfalls von der Hand zu weisen, geschweige denn denkunmöglich. Mit einer Verletzung des durch Art6 StGG gewährleisteten Rechtes auf Freiheit des Erwerbes von Liegenschaften habe dies nichts zu tun.

4.3. Der angefochtene Bescheid stützt sich in materiell-rechtlicher Hinsicht auf §4 Abs1 GVG.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Bestimmung wurden von den Bf. nicht geltend gemacht, solche sind aus Anlaß des vorliegenden Beschwerdefalles beim VfGH auch nicht entstanden.

4.3.1. Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen könnten die Bf. im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums nur im Falle einer denkunmöglichen Anwendung des Gesetzes (VfSlg. 10356/1985, 10482/1985) verletzt worden sein.

Vorwürfe dieser Art können der bel. Beh. jedoch nicht gemacht werden. Die im Beschwerdefall unbestrittenermaßen nach §3 Abs1 GVG erforderliche Zustimmung darf, da es sich um landoder forstwirtschaftliche Grundstücke im Sinne des §1 Abs1 Z1 GVG handelt, nur erteilt werden, wenn der in Rede stehende Rechtserwerb weder dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung oder Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes noch dem öffentlichen Interesse an der Schaffung oder Erhaltung eines wirtschaftlich gesunden land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes widerspricht. Daß an sich die Aufsplitterung von Alleineigentum an einem geschlossenen Hof und damit an einer landwirtschaftlichen Liegenschaft auf mehrere ideelle Miteigentümer denkmöglich als Verstoß gegen die durch das GVG geschützten öffentlichen Interessen gewertet werden kann, wird auch von den Bf. nicht bestritten. Sie meinen jedoch, daß ein solcher Widerspruch zu §4 Abs1 GVG nicht in jedem Falle der Begründung ideellen Miteigentums vorliege und daß dann, wenn der Begründung ideellen Miteigentums für Ehegatten an einer Landwirtschaft, die von beiden als Landwirte betrieben werde, die Zustimmung versagt wird, das Gesetz denkunmöglich angewendet werde.

Der VfGH betont zunächst, daß er die von den Bf. aufgeworfene Frage nur anhand der im Beschwerdefall maßgeblichen Umstände zu beurteilen hat.

Er hält hiezu vorerst fest, daß die Bf. nach Inhalt der vorliegenden Administrativakten zunächst tatsächlich erklärten, der Hof solle einmal ihrem Sohn übergeben werden, wohingegen sie bei der mündlichen Verhandlung vor der Landesgrundverkehrsbehörde am 6. Feber 1987 vorbrachten, dieser Sohn werde den Hof nie übernehmen, "als Hofübernehmer seien Enkel geplant". In den Verwaltungsakten findet sich des weiteren ein Sachverständigengutachten, das bereits am 6. Juni 1980 - für den ersten Rechtsgang - eingeholt wurde und im nachfolgenden Verfahren hinsichtlich des Tatsächlichen außerstreitgestellt wurde; in diesem Gutachten wird im wesentlichen dargelegt:

"Der Geschenkgeber und Hofeigentümer S W (geb. 1923) hat den Hof mit Übergabsvertrag vom 13. 9. 1954 von seinem Vater übernommen und ist mit seiner Ehefrau R W geb. W (geb. 1916) seit 1946 verheiratet. Sie wohnt und arbeitet seither auf dem Hof. Während die beiden Töchter (geb. 1947 - verheiratet und geb. 1955 - ledig) vom Hof bereits weggezogen sind, wohnt und arbeitet der einzige Sohn St (geb. 1949) mit seiner Ehefrau (T geb. 1949) und den 3 Kindern (G 1972, A 1974 und M 1978) ebenfalls dort.

Ursache für das Zustandekommen des vorliegenden Schenkungsvertrages war nicht etwa eine Unzufriedenheit der Ehegattin, die derartige Forderungen auslöste, sondern ein Vertrag mit der Firma P St, Sand-Kies-Betonwerk, Erdbewegung in E, betreffend Sand- und Schotterabbau etc.

Nach übereinstimmender Aussage des Geschenkgebers und der Geschenknehmerin kam der vorliegende Schenkungsvertrag auf Anraten des Steuerberaters aus Steuereinsparungsgründen zustande. Beide erklären, daß sie später an den einzigen Sohn St übergeben werden und damit das Alleineigentum wieder hergestellt wird. Derzeit wird eine Übergabe an den Sohn aber noch nicht in Erwägung gezogen, um selbst über die Einnahmen aus dem Schotterabbau als Eigentümer frei verfügen zu können. Beispielsweise ist ein Teil für Erbentfertigungszahlungen an die beiden Töchter vorgesehen.

Die Schaffung von Miteigentum oder ideellen Hälfteeigentums bedeutet aber für den landwirtschaftlichen Bereich einen agrarstrukturellen Mangel in rechtlicher Hinsicht. Fehlendes Einverständnis zwischen den Miteigentümern oder ideellen Hälfteeigentümern führt beispielsweise zu den verschiedensten Schwierigkeiten und kann damit die Existenz des Hofes in vielfältiger Form gefährden."

Daraus ergibt sich, daß die Bf. mit der in Rede stehenden Schenkung nicht gemeinschaftliches Miteigentum an einer Landwirtschaft begründen wollen, weil sie diese Landwirtschaft gemeinsam betreiben, sondern daß alleiniges Ziel der angesuchten Eigentumsübertragung eine aus Steuerersparnisgründen beabsichtigte wirtschaftliche Transaktion im Zusammenhang mit einem Vertrag mit einem Schotterbauunternehmen ist, bei dem im übrigen auch der Sohn der Bf. als Schlosser arbeitet; mit der Landwirtschaft selbst hat dies offenkundig nichts zu tun.

Unter diesen Umständen kann die Auffassung der bel. Beh., der Rechtserwerb stehe im Widerspruch zu §4 Abs1 GVG, weil er eine Aufsplitterung des Alleineigentums auf ideelles Miteigentum, wenn auch zwischen Ehegatten, bewirke, nicht zur Gänze von der Hand gewiesen werden; die Meinung der bel. Beh., daß die Begründung von ideellem Miteigentum an einem geschlossenen Hof im Widerspruch zu den durch das GVG geschützten Interessen stehe, ist im allgemeinen vertretbar und ausgehend von den Umständen des konkreten Beschwerdefalles jedenfalls keine denkunmögliche Anwendung des Gesetzes.

4.3.2. Auch von einer Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann keine Rede sein. Eine solche Verfassungswidrigkeit käme bei der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen nur in Frage, wenn die Behörde dem Gesetz einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hätte oder wenn sie willkürlich vorgegangen wäre (vgl. VfSlg. 10413/1985). Daß dem Gesetz ein gleichheitswidriger Inhalt unterstellt worden wäre, trifft nach dem bisher Gesagten offenkundig nicht zu. Auch für Willkür fehlt jeglicher Anhaltspunkt.

4.3.3. Soweit schließlich die Bf. behaupten, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Liegenschaftserwerbsfreiheit verletzt zu sein, genügt es, sie darauf zu verweisen, daß das durch Art6 StGG gewährleistete Recht durch den angefochtenen Bescheid nur dann berührt worden sein könnte, wenn die Genehmigung des Rechtsgeschäftes versagt worden wäre, um einen Landwirt beim Erwerb eines Grundstückes zu bevorzugen (vgl. VfSlg. 9070/1981, 10797/1986). Auch dies trifft offenkundig nicht zu.

4.4. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat nicht ergeben, daß die Bf. in von ihnen nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt wurden.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z1 und 2 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Grundverkehrsrecht, Interessenabwägung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1988:B758.1987

Dokumentnummer

JFT_10119391_87B00758_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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