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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
StGG Art5Leitsatz
Keine Bedenken gegen §§4 Abs1 und 6 Abs1 litc Tir GVG; denkmögliche Annahme, daß der Erwerber die Liegenschaft auf unbestimmte Zeit nicht selbst bewirtschaften werde; keine Verletzung des EigentumsrechtesSpruch
Die Bf. sind durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird daher abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1. Mit einem bei der Grundverkehrsbehörde Brandberg als Grundverkehrsbehörde erster Instanz am 28. Feber 1986 eingelangten Schriftsatz suchten R I als Geschenkgeber, J I und M
I als Geschenknehmer um die grundverkehrsbehördliche Genehmigung eines zwischen ihnen am 21. Feber 1986 abgeschlossenen Schenkungsvertrages betreffend den Erwerb von ideellen Viertelanteilen der Liegenschaft EZ 82 II KG Brandberg an. Begründend wurde ausgeführt, es handle sich um eine vorweggenommene Vererbung vom Vater auf seine beiden Söhne hinsichtlich des ihm gehörigen halben Liegenschaftsanteiles, mit dem Hinweis, daß sich an der Bewirtschaftung der Liegenschaft nichts ändern werde; alle Vertragsparteien sind italienische Staatsangehörige.
Mit Bescheid der Grundverkehrsbehörde Brandberg vom 14. März 1986 wurde dem beabsichtigten Rechtserwerb gemäß §3 Abs1 des Grundverkehrsgesetzes 1983, LGBl. für Tirol Nr. 69 (künftig: GVG), die Zustimmung erteilt.
2. Mit Bescheid der Landesgrundverkehrsbehörde beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 30. März 1987, Z LGv-96/6-86, wurde der vom Landesgrundverkehrsreferenten erhobenen Berufung Folge gegeben und der beabsichtigten Eigentumsübertragung die Zustimmung gemäß §§4 Abs1 und 6 Abs1 litc GVG versagt.
Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt:
"Angesichts der unbestritten gebliebenen Ergebnisse des ergänzenden Ermittlungsverfahrens muß ... im gegenständlichen Fall davon ausgegangen werden, daß die Schenkungsliegenschaft weiterhin vom Geschenkgeber landwirtschaftlich genutzt wird und sich daran auch in Hinkunft nichts ändern soll. Die von vornherein feststehende Absicht der Erwerber einer Liegenschaft, diese auf unbestimmte Zeit nicht selbst zu bewirtschaften, läuft aber dem allgemeinen Interesse an der Schaffung eines wirtschaftlich gesunden landwirtschaftlichen Grundbesitzes zuwider (vergl. auch das Erk. des VwGH. vom 27.2.1964, Zl. 596/63), sodaß dem Berufungswerber im Ergebnis nicht entgegengetreten werden kann, wenn er dem vorliegenden Rechtserwerb einen Widerspruch zu den land- bzw. forstwirtschaftlichen Schutzinteressen des Tiroler GVG anlastet.
Darf doch auch nicht vergessen werden, daß das zur Genehmigung vorgelegte Rechtsgeschäft schließlich noch dazu führen würde, daß die bereits bestehenden Miteigentumsverhältnisse an der in Rede stehenden Liegenschaft eine weitere Aufsplitterung erfahren würden. ..."
3.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, an den VfGH gerichtete Beschwerde, in der ausdrücklich die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz wegen Willkür, der Sache nach auch die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums zufolge denkunmöglicher Anwendung des Gesetzes geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
3.2. Die bel. Beh. hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.
4. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
4.1. Die Bf. erachten sich durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt, weil die bel. Beh. richtigerweise davon auszugehen gehabt hätte, daß die beiden Geschenknehmer die Alpe in Zukunft intensiver bewirtschaften würden als ihr im Jahre 1914 geborener Vater, der schon auf Grund seines Alters nicht mehr in der Lage sei, das Kaufobjekt wie bisher ordnungsgemäß zu bewirtschaften. Die Bf. verweisen hiezu auf eine von der bel. Beh. eingeholte Stellungnahme der Alpinspektion, in welcher darauf verwiesen wird, daß die Geschenknehmer großes Interesse für die Landwirtschaft besäßen und bereits jetzt in der Freizeit in landwirtschaftlichen Betrieben tätig seien. Die bel. Beh. habe aus unerklärlichen Gründen diese Stellungnahme völlig außer acht gelassen. Darüberhinaus würden die Geschenknehmer auch den zweiten Hälfteanteil vom Bruder des Geschenkgebers erben, sodaß auch entgegen der Annahme der bel. Beh. nicht eine weitere eigentumsmäßige Zersplitterung eintreten werde. Die bel. Beh. hätte das Gesetz somit denkunmöglich bzw. willkürlich angewendet.
4.2. Den Beschwerdeausführungen ist zunächst entgegenzuhalten, daß sich die Bf. auf eine Verletzung des Gleichheitsrechtes nicht berufen können, da das in Rede stehende verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht österreichischen Staatsbürgern vorbehalten ist; die Bf. sind italienische Staatsangehörige.
Da die Bf. auch eine denkunmögliche Anwendung des Gesetzes behaupten, erblickt der VfGH darin den Vorwurf, der angefochtene Bescheid verletze sie im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums.
Der angefochtene Bescheid greift in das Eigentumsrecht ein. Dieser Eingriff wäre nach der ständigen Judikatur des VfGH (zB VfSlg. 10356/1985, 10482/1985) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte,
oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre.
Der angefochtene Bescheid stützt sich materiell-rechtlich auf §§4 Abs1 und 6 Abs1 litc GVG. Angesichts der Unbedenklichkeit dieser Gesetzesstellen (vgl. insbesondere VfSlg. 7198/1973, 7546/1975, 9063/1981) wären die Bf. im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums nur dann verletzt, wenn die Behörde das Gesetz denkunmöglich angewendet hätte. Dies ist aber offensichtlich nicht der Fall. In der Stellungnahme der Alpinspektion vom 11. Juli 1986, auf die sich die Bf. selbst berufen, wird - worauf die bel. Beh. in der Gegenschrift zu Recht verweist - ausdrücklich festgehalten, daß die Bewirtschaftung der Alpe durch R I, also den Geschenkgeber erfolge; in einer nachfolgenden Stellungnahme der Bf. wird dies außer Streit gestellt und ausgeführt, es werde jedenfalls das Bestreben der beiden Übernehmer sein, den Almbetrieb "so wie bisher" ordnungsgemäß aufrecht zu erhalten und fortzuführen. Unter diesen Umständen kann der bel. Beh. jedenfalls nicht der Vorwurf gemacht werden, das Gesetz denkunmöglich angewendet zu haben, weil sie dem angefochtenen Bescheid die Ansicht zu Grunde gelegt habe, daß die Erwerber die Liegenschaft auf unbestimmte Zeit nicht selbst bewirtschaften würden. Der VfGH hat in ständiger Rechtsprechung (vgl. VfSlg. 5683/1968, 7927/1976, 8518/1979) darauf hingewiesen, es sei in den durch das Grundverkehrsgesetz zu schützenden öffentlichen Interessen gelegen, daß erworbene land- und forstwirtschaftliche Grundstücke von den Erwerbern selbst bewirtschaftet werden. Wenn die bel. Beh. im angefochtenen Bescheid davon ausgegangen ist, daß der Erwerb den zu schützenden öffentlichen Interessen nicht entspreche, kann ihr unter den gegebenen Umständen eine denkunmögliche Gesetzesanwendung nicht vorgeworfen werden.
4.3. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.
Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß die Bf. in von ihnen nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt wurden.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z1 und 2 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
GrundverkehrsrechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1988:B491.1987Dokumentnummer
JFT_10119391_87B00491_00