TE Vwgh Erkenntnis 1990/12/6 90/04/0224

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Veröffentlicht am 06.12.1990
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
AVG §13 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde der N-GesmbH & Co KG gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 6. Mai 1990, Zl. 312.796/5-III-3/90, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 6. Mai 1990 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 18. Dezember 1989 im Grunde des § 63 Abs. 5 in Verbindung mit §§ 10 Abs. 2 und 13 Abs. 3 AVG 1950 als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Bundesminister nach Darstellung des Inhaltes der in Betracht kommenden Gesetzesstellen aus, im vorliegenden Fall seien mit Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 18. Dezember 1989 der Beschwerdeführerin für deren Betriebsanlage im Standort Salzburg, A-Straße 16, gemäß § 79 GewO 1973 zusätzliche Auflagen vorgeschrieben worden. Hiegegen habe Rechtsanwalt Dr. Z "als rechtsfreundlicher Vertreter" der Beschwerdeführerin unter Berufung auf eine ihm am 17. Mai 1986 von der Beschwerdeführerin erteilte Vollmacht Berufung erhoben. Diese Vollmacht sei mit dem Firmenstempel sowie mit einer unleserlichen handschriftlichen Unterschrift gezeichnet. Am 17. April 1990 sei daher der Einschreiter Dr. Z über Erlaß des Bundesministers vom Amt der Salzburger Landesregierung unter Hinweis auf § 10 Abs. 2 in Verbindung mit § 13 Abs. 3 AVG 1950 aufgefordert worden, die Vollmachtsurkunde vom 17. Mai 1986 in der Weise zu ergänzen, als die Identität und Vertretungsbefugnis des für die Gesellschaft Unterfertigten zu klären sei. Hierauf habe der Einschreiter am 8. Mai 1990 ein Schreiben des Dr. Y vorgelegt, mit welchem dieser bestätigt habe, die in Rede stehende Vollmacht vom 17. Mai 1986 unterfertigt zu haben. Gleichzeitig sei eine beglaubigte Abschrift aus dem beim Landesgericht Salzburg geführten Handelsregister vorgelegt worden, aus welcher die Eintragung vom 20. Mai 1986 des Inhaltes, daß Dr. Y zum Geschäftsführer der Beschwerdeführerin bestellt worden sei, ersichtlich sei. Im erwähnten Schreiben vom 8. Mai 1990 habe der Einschreiter sodann ausgeführt, die übermittelten Beilagen bestätigten, "daß Dr. Y zum Zeitpunkt der Unterfertigung der Vollmacht allein vertretungsbefugt war". Gerade diese Bestätigung sei jedoch mit den vorgelegten Unterlagen nicht gelungen. Die in Rede stehende Vollmacht sei am 17. Mai 1986 erteilt, der vorgelegte Auszug aus dem Handelsregister, der an sich gemäß § 9 Abs. 3 HGB ein taugliches Mittel zum Nachweis der Befugnis zur Vertretung einer Handelsgesellschaft sei, bestätige nur die Vertretungsbefugnis des Unterfertigten Dr. Y ab dem 20. Mai 1986, nicht jedoch zum - früheren - Zeitpunkt der Vollmachtserteilung. Für diesen seien sonstige Belege nicht beigebracht worden. Es habe somit der Einschreiter Rechtsanwalt Dr. Z trotz ordnungsgemäß erfolgtem Mängelbehebungsauftrag gemäß §§ 10 Abs. 2 und 13 Abs. 3 AVG 1950 eine ordnungsgemäße schriftliche Vollmacht gemäß § 10 Abs. 1 AVG 1950 nicht vorgelegt. Da gemäß § 63 Abs. 5 AVG 1950 Berufungen nur von der Partei selbst bzw. gemäß § 10 Abs. 1 AVG 1950 von gehörig ausgewiesenen Vertretern einer Partei eingebracht werden könnten, keiner dieser Fälle im vorliegenden Fall gegeben sei, sei die Berufung zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin sowohl in dem Recht, über die von ihr eingebrachte Berufung zu entscheiden, als auch in dem Recht, ihr "nicht aufzuerlegen, die Abgase der Kupolofenanlage durch den Einbau einer Gewebefilteranlage zu erfassen und zu entstauben samt den diesbezüglichen näheren Detaillierungen" verletzt. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes bringt die Beschwerdeführerin hinsichtlich des erstgenannten Beschwerdepunktes zusammengefaßt vor, die Bestellung eines Geschäftsführers einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung erfolge entweder im Gesellschaftsvertrag oder durch Gesellschafterbeschluß. Während der Gesellschaftervertrag der Form des Notariatsaktes bedürfe, müsse ein Gesellschafterbeschluß notariell beurkundet werden. Entsprechende Urkunden seien Voraussetzung für die darauf basierende deklarativ wirkende Handelsregistereintragung. Für die Wirksamkeit der Bestellung sei die Anmeldung des Geschäftsführers zum Handelsregister oder seine Eintragung nicht erforderlich. Der 17. Mai 1986 sei der dem Pfingstwochenende unmittelbar vorangegangene Samstag gewesen, demzufolge der Tag der Registrierung des Dr. Y im Handelsregister, der 20. Mai 1986, der Pfingst-Dienstag. Aus dem Handelsregister gehe hervor, daß die Bestellung des Dr. Y nicht durch den Gesellschaftsvertrag oder eine Änderung des Gesellschaftsvertrages erfolgt sei, sondern durch einen Gesellschafterbeschluß. Da weiters für die Registrierung eines neuen Geschäftsführers eine entsprechende Handelsregistereingabe, die vom Geschäftsführer beglaubigt unterfertigt sein müsse, Voraussetzung sei, sei auf Grund der gegebenen Verhältnisse jedenfalls zwingend anzunehmen gewesen, daß die Bestellung des Dr. Y zum Geschäftsführer einige Zeit vor dem 20. Mai 1986 - dem Tag der Eintragung im Handelsregister - erfolgt sein müsse, noch dazu, wo als bekannt vorausgesetzt werden dürfe, daß Eintragungen im Handelsregister nicht mit dem Tag der Eingabe, sondern später, zumeist erst nach Ablauf von zwei bis drei Wochen, erfolgten.

Die belangte Behörde hätte daher schon auf Grund dieser Umstände davon auszugehen gehabt, daß Dr. Y vor dem 20. Mai und jedenfalls am 17. Mai 1986 allein vertretungsbefugt gewesen sei. Andernfalls hätte sie die Vorlage des Bestellungsbeschlusses verlangen müssen. Die Bestellung des Dr. Y zum Geschäftsführer beruhe im übrigen auf dem Gesellschafterbeschluß vom 25. April 1986; die Handelsregistereingabe sei am 7. Mai 1986 beim Landes- als Handelsgericht Salzburg überreicht worden. Jedenfalls gehe aber aus dem Handelsregisterauszug hervor, daß Dr. Y im Zeitpunkt der Erhebung der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid ebenso wie zum Zeitpunkt der Berufung gegen den zweitinstanzlichen Bescheid allein vertretungsbefugt gewesen sei. Weiteres Beschwerdevorbringen befaßt sich mit der Frage der Berechtigung der der Beschwerdeführerin mit dem zweitinstanzlichen Bescheid gemäß § 79 GewO auferlegten Auflage.

Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin im Recht.

Aus den in den Verwaltungsakten erliegenden beglaubigten Abschriften aus dem Handelsregister des Landesgerichtes Salzburg geht hervor, daß persönlich haftender Gesellschafter der Beschwerdeführerin (einer Kommanditgesellschaft) die N-Betriebs-GesmbH ist. Unter dem Datum 20. Mai 1986 findet sich die Eintragung, daß der bis dahin im Handelsregister eingetragene Geschäftsführer nicht mehr Geschäftsführer sei und daß Dr. Y zum Geschäftsführer bestellt worden sei.

Gemäß § 10 Abs. 1 AVG 1950 können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte Personen vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis richten sich zufolge Abs. 2 nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des § 13 Abs. 3 von Amts wegen zu veranlassen.

Zufolge § 126 in Verbindung mit den §§ 161 und 170 HGB wird die Kommanditgesellschaft durch die persönlich haftenden Gesellschafter vertreten.

Gemäß § 18 Abs. 1 GmbH-Gesetz wird die Gesellschaft durch die Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten.

Zufolge § 15 leg. cit. erfolgt die Bestellung zum Geschäftsführer durch Beschluß der Gesellschafter. Werden Gesellschafter zu Geschäftsführern bestellt, so kann dies auch im Gesellschaftsvertrage geschehen, jedoch nur für die Dauer ihres Gesellschaftsverhältnisses.

Nach § 17 Abs. 1 leg. cit. sind die jeweiligen Geschäftsführer und das Erlöschen oder eine Änderung ihrer Vertretungsbefugnis ohne Verzug zum Handelsregister anzumelden.

Gemäß § 18 Abs. 2 zweiter Satz leg. cit. geschieht die Zeichnung in der Weise, daß die Zeichnenden zu der Firma der Gesellschaft ihre Unterschrift hinzufügen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 27. November 1980, Slg. N.F. Nr. 10311/A (nur Rechtssatz), bereits dargetan hat, steht es nicht im Ermessen der Behörde, welche Form sie für Eingaben oder Vollmachten begehrt, vielmehr werden die einzuhaltenden Formvorschriften ausschließlich durch das Gesetz bestimmt. In § 10 AVG 1950 ist für die Vollmacht lediglich Schriftlichkeit vorgesehen; es genügt daher auch bei einer Kapitalhandelsgesellschaft die Wiedergabe der Firma durch Stampiglienaufdruck und die Unterschrift(en) zeichnungsberechtigter Organe. Hat die Behörde Bedenken gegen die Zeichnungsbefugnis oder Echtheit der Unterschrift der Unterfertigenden, kann sie darüber Erhebungen durchführen, darf aber nicht statt dessen Zweifelsfragen als Formmängel behandeln, vom Gesetz nicht vorgesehene Formvorschriften (Beglaubigung der Unterschrift und Nachweis der Zeichnungsbefugnis auf der Vollmachtsurkunde) aufstellen und bei Unterlassung der "Mängelbehebung" eine Berufung nach § 13 Abs. 3 AVG 1950 zurückweisen.

Im vorliegenden Fall bezweifelte die belangte Behörde nicht das Vorliegen einer formal ordnungsgemäß ausgestellten schriftlichen Vollmacht, sie bezweifelte jedoch, ob die Zeichnung der Vollmachtsurkunde namens der Beschwerdeführerin durch eine hiezu berechtigte Person geschah. Diese Frage war entsprechend der dargestellten Rechtslage nicht im Wege der Behebung eines Formgebrechens nach § 13 Abs. 3 AVG 1950 zu lösen, da ein solches (nach Auffassung der belangten Behörde) ja nicht gegeben war. Die belangte Behörde hatte vielmehr die von ihr gehegten Zweifel an der Zeichnungsberechtigung durch zufolge § 39 Abs. 2 AVG 1950 von Amts wegen zu führende Ermittlungen zu klären.

Der belangten Behörde ist zwar zuzugestehen, daß der vorgelegte Handelsregisterauszug keinen unumstößlichen Beweis dafür darstellt, daß Dr. Y am 17. Mai 1986 Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft der Beschwerdeführerin war. Da aber einerseits die diesbezügliche Eintragung im Handelsregister, wie sich aus § 17 Abs. 1 GmbH-Gesetz in Verbindung mit § 15 HGB ergibt, lediglich deklarative Wirkung besitzt, und andererseits es mit Rücksicht auf den erforderlichen Aktenlauf zumindest wenig wahrscheinlich ist, daß die Handelsregistereintragung innerhalb so kurzer Zeit nach Fassung des die Geschäftsführerbestellung beinhaltenden Gesellschafterbeschlusses erfolgte, hätte die belangte Behörde im Hinblick auf die zeitliche Nähe der Handelsregistereintragung zum Datum der Unterfertigung der in Rede stehenden Vollmacht nicht ohne weitere amtswegige Ermittlungen - etwa durch Aufforderung an die Beschwerdeführerin zur Vorlage des fraglichen Gesellschafterbeschlusses - davon ausgehen dürfen, daß Dr. Y am 17. Mai 1986 nicht Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft der Beschwerdeführerin war.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Für das fortgesetzte Verfahren sei allerdings darauf hingewiesen, daß die auf der in Rede stehenden Vollmachtsurkunde befindliche Zeichnung nicht der als Komplementärin der Beschwerdeführerin, einer Kommanditgesellschaft, für diese (nach der Aktenlage: allein-)zeichnungsberechtigten N-Betriebsgesellschaft m.b.H. zugerechnet werden kann, weil diese Zeichnung nicht der Bestimmung des § 18 Abs. 2 zweiter Satz GmbH-Gesetz entspricht. Nach der dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Aktenlage wurde zur Verbesserung DIESES Formmangels ein Verbesserungsverfahren im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG 1950 nicht durchgeführt.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Das Umsatzsteuer zum Schriftsatzaufwand betreffende Mehrbegehren war im Hinblick auf die Pauschalierung des diesbezüglichen Aufwandersatzes abzuweisen. Darüber hinaus betrifft die Abweisung des Mehrbegehrens nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand, da die Vorlage von Ablichtungen aus den Verwaltungsakten nicht erforderlich war.

Schlagworte

FormerfordernisseVerbesserungsauftrag Nichtentsprechung ZurückweisungBeginn Vertretungsbefugnis VollmachtserteilungVerbesserungsauftragFormgebrechen behebbare Unterschrift

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990040224.X00

Im RIS seit

06.12.1990

Zuletzt aktualisiert am

01.06.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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