TE Vwgh Erkenntnis 1990/12/6 89/06/0027

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Veröffentlicht am 06.12.1990
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Index

L82000 Bauordnung;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §59 Abs1;
BauRallg;
PauschV VwGH 1989 Art3 Abs2;
VVG;
VwGG §48 Abs1 Z1;
VwGG §49 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Leukauf, Dr. Giendl und Dr. Müller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde 1) des AH, 2) des BH und 3) der CH gegen den Bescheid der Berufungskommission in Bausachen der Landeshauptstadt Innsbruck vom 19. Dezember 1988, Zl. MD-9241/1987, betreffend einen baupolizeilichen Beseitigungsauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Innsbruck hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von zusammen S 10.410,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Am 2. Juli 1987 stellte die Baupolizei Innsbruck auf Grund einer Anzeige der Anrainer fest, daß an der östlichen Außenmauer im Erdgeschoß des Objektes H 1 die Fensteröffnungen vergrößert worden waren. Die Außenmauer befinde sich direkt an der Grundstücksgrenze zum Anwesen Höttinger H 2 und sei als Feuermauer zu werten.

Der Stadtmagistrat Innsbruck drohte den Beschwerdeführern mit Schreiben vom 16. Juli 1987 die Erlassung eines Beseitigungsauftrages an.

Der anwaltliche Vertreter der Beschwerdeführer gab am 29. Juli 1987 bekannt, daß schon seit mehr als 30 Jahren ständig Fensteröffnungen vorhanden gewesen und seither keine Veränderungen erfolgt seien.

Auf Grund eines weiteren Schreiben des Magistrates vom 12. August 1987 verwiesen die Beschwerdeführer am 22. September 1987 darauf, daß nur ein Fenstertausch (ohne Vergrößerung der Öffnung) vorgenommen worden sei.

In einem Amtsbericht vom 12. Oktober 1987 heißt es, bei einer Überprüfung der Baugenehmigung aus 1963 für den betroffenen Anbau sei festgestellt worden, daß in der östlichen Außenmauer keine Fenster genehmigt und daher auch die alten Fenster ohne Bewilligung errichtet worden seien.

Mit Bescheid des Stadtmagistrates Innsbruck vom 14. Oktober 1987 wurde nach Wiedergabe des eingangs genannten Berichtes vom 2. Juli 1987 gemäß § 44 Abs. 4 lit. a der Tiroler Bauordnung (BO) die Beseitigung der vergrößerten Fenster angeordnet. Nach dieser Gesetzesstelle sei die Beseitigung eines Bauvorhabens anzuordnen, wenn ein bewilligungspflichtiges, nicht unter Abs. 3 fallendes Bauvorhaben ausgeführt werde, ohne daß eine rechtskräftige Baubewilligung hiefür vorliegt, und der Eigentümer nicht innerhalb eines Monats ab der Zustellung der Androhung des Beseitigungsauftrages nachträglich um die Erteilung der Baubewilligung angesucht hat oder wenn die Baubewilligung versagt worden ist. Sodann folgt eine Wiedergabe des Amtsberichtes vom 12. Oktober 1987.

In der dagegen erhobenen Berufung brachten die Beschwerdeführer vor, die Feststellung, daß keine Baubewilligung vorliege, treffe nicht zu. Für alte Gebäude sei ein "vermuteter Konsens" anzunehmen. Es liege ein solches altes Gebäude vor, weshalb auch die Fenster als bewilligt anzusehen seien. Spruch und Begründung paßten nicht zusammen. Im Spruch sei nur eine Beseitigung der vergrößerten Fenster aufgetragen. Eine Vergrößerung sei aber nicht erfolgt. In der Begründung heiße es hingegen, daß Fenster überhaupt nicht bewilligt seien.

Die belangte Behörde wies die Berufung mit Bescheid vom 11. Jänner 1988 ab. Dieser Bescheid wurde jedoch mit hg. Erkenntnis vom 10. November 1988, Zl. 88/06/0057, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde (sie war unrichtig zusammengesetzt) aufgehoben.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 19. Dezember 1988 wurde die Berufung abermals als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, daß die konsenslos in der östlichen Außenmauer (Feuermauer) im Erdgeschoß des Objektes H 1 eingebauten Fensteröffnungen zu verschließen seien. Nach Wiedergabe des § 44 Abs. 4 lit. a BO heißt es, es stehe fest und werde von den Beschwerdeführern nicht in Abrede gestellt, daß durch die 1963 erteilte Baubewilligung Fenster in der östlichen Feuermauer nicht bewilligt worden seien. Diese seien vielmehr konsenslos erstellt worden. Wenn vorgebracht werde, es handle sich um einen sogenannten konsentierten Altbestand, so sei dem entgegenzuhalten, daß bauliche Anlagen mit einem Altbestand von etwa 25 Jahren nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in keinem Fall als solche qualifiziert werden können. Zur Rüge, die Fenster seien im Zuge des Austausches nicht vergrößert worden und daher der Erstbescheid, der solches feststelle, rechtswidrig, sei zu sagen, daß diese allenfalls unrichtige Tatsache nichts daran ändern könne, daß die Maueröffnungen in der Feuermauer nicht genehmigt seien. Dies müsse jedoch nach Ansicht der belangten Behörde nicht bedeuten, daß die de facto bestehenden Fensteröffnungen auch tatsächlich zu beseitigen sein werden, weil die Bauordnung eine nachträgliche Bewilligung grundsätzlich zuließen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Meinung der Beschwerdeführer, die belangte Behörde habe über einen anderen Gegenstand entschieden als Sache des Bescheides der ersten Instanz gewesen sei, kann nicht gefolgt werden. Es trifft zwar zu, daß der Abspruch der Behörde erster Instanz die Beseitigung der vergrößerten Fenster anordnet, doch ergibt sich im Zusammenhang mit der Begründung klar, daß damit die Beseitigung der vorhandenen Fenster schlechthin zu verstehen ist, zumal vom Fehlen einer Baubewilligung für Fenster überhaupt ausgegangen wurde. Die belangte Behörde als Berufungsbehörde hat demgemäß nur eine zulässige Modifikation des erstinstanzlichen Abspruches vorgenommen.

Der Beschwerde kommt jedoch, soweit die Beschwerdeführer behaupten, es liege eine Baubewilligung vor, zumindest sei von einem "vermuteten Baukonsens" auszugehen, unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften Berechtigung zu.

Der Spruch eines baupolizeilichen Auftrages muß so bestimmt sein, daß er Gegenstand einer Vollstreckung sein kann, ohne daß es weiterer Feststellungen bedarf. Die erforderliche Konkretisierung kann auch durch Bezugnahme auf planliche Darstellungen erfolgen.

Den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten läßt sich nicht entnehmen, um wie viele Fensteröffnungen es sich handelt, welche Größe sie haben und in welchem konkreten Bereich (im Zubau, im Altbau oder in beiden) der ostseitigen Grenzmauer sie gelegen sind. Mangels einer planlichen Darstellung können die örtlichen Verhältnisse auch nicht einer solchen entnommen werden. Damit mangelt es an einem ordentlichen Ermittlungsverfahren und den erforderlichen Feststellungen, die (auch) für eine nachprüfende Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof notwendig sind.

Mit dem Bescheid vom 12. Juni 1963, auf den sich die Gemeindebehörden bezogen, wurde lediglich die Baubewilligung für einen ebenerdigen Zubau zum bestehenden Geschäftshaus erteilt. Wie die vorgelegten Pläne zeigen, betrifft dieser Zubau nur rund die Hälfte der östlichen Grundgrenze. Die andere Hälfte betrifft einen Altbestand, in Ansehung dessen aber in den Verwaltungsakten für den ostseitigen Bereich keine näheren, eine ausreichende Beurteilung ermöglichende Unterlagen vorhanden sind. Aber auch im Baubewilligungsbescheid vom 12. Juni 1963 heißt es zwar in der Begründung, es sei dem Verlangen der Anrainer M, daß keine Fenster an der Grundgrenze (offensichtlich im Osten) angebracht werden, entsprochen, doch wurde nach den vorgelegten genehmigten Plänen in Verbindung mit dem Bescheidabspruch (vgl. Punkt 12) in der östlichen Außenwand ein "Glasziegelfenster" bewilligt. Auch im Hinblick darauf hätte es einer näheren Konkretisierung des Gegenstandes des Beseitigungsauftrages bedurft.

Aus verwaltungsökonomischen Gründen wird bemerkt, daß für die ostseitige Begrenzungsmauer im Bereich des 1963 bewilligten Zubaues Konsens nur für das "Glasziegelfenster" besteht, weshalb für jede darüber hinausgehende bauliche Maßnahme in Form einer Fensteröffnung mangels Vorliegens eines Konsenses ein Beseitigungsauftrag dem Gesetz entspräche. Bezüglich des anschließenden Altbestandes kann auf Grund der derzeitigen Aktenlage zur Zulässigkeit von Fenstern, sofern auch dort welche bestehen, keine Aussage getroffen werden.

Da, wie die Ausführungen zeigen, der Sachverhalt in wesentlichen Punkten einer Ergänzung bedarf, bzw. Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Von der Durchführung der von den Beschwerdeführern beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft Stempelgebühren für eine weitere, nicht erforderliche Beschwerdeausfertigung und nicht erforderliche Beilagen.

Schlagworte

Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Allgemein BauRallg9/1 Baupolizei Vollstreckung Kosten BauRallg10 Inhalt des Spruches Diverses Schriftsatzaufwand Verhandlungsaufwand des Beschwerdeführers und der mitbeteiligten Partei Aufgliederung des Pauschbetrages in mehrere Teilbeträge Nichtausschöpfung des Pauschbetrages Schriftsatzaufwand Verhandlungsaufwand des Beschwerdeführers und der mitbeteiligten Partei Inhalt und Umfang des Pauschbetrages Stempelgebühren Kommissionsgebühren Barauslagen des Verwaltungsgerichtshofes Nicht erforderliche NICHTERFORDERLICHE Schriftsatzausfertigungen und Beilagen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989060027.X00

Im RIS seit

07.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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