TE Vwgh Erkenntnis 1990/12/6 90/06/0140

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.12.1990
beobachten
merken

Index

L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
AVG §58 Abs1;
AVG §62 Abs2;
BauO Tir 1989 §40 Abs1;
BauO Tir 1989 §40 Abs2;
BauO Tir 1989 §53 Abs1 litf;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte Dr. Leukauf und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 16. Juli 1990, Zl. Ve-551-530/1, betreffend Verwaltungsübertretungen nach der Tiroler Bauordnung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich der Übertretung nach § 53 Abs. 1 lit. f in Verbindung mit § 40 Abs. 2 der Tiroler Bauordnung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.380,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 22. Juni 1990 wurde der Beschwerdeführer u.a. schuldig erkannt, dadurch, daß er 1) in der 20. Woche des Jahres 1990, jedenfalls bis zum 19. Mai 1990 im Bereich der Gpn. n/1 und n/2 KG Z auf dem Zufahrtsweg zum "XY" ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben, nämlich eine Lkw-Wiegeanlage mit Fundament, in einer Höhe von ca. 1,3 m über der Fahrbahn ohne baubehördliche Bewilligung ausgeführt und 2) am 19. Mai 1990 nach 10.30 Uhr an dem unter 1) beschriebenen Bauvorhaben entgegen dem am 19. Mai 1990 um 10.30 Uhr an Ort und Stelle mündlich erteilten Auftrag des Bürgermeisters der Gemeinde Z über die Untersagung der Fortsetzung der Arbeiten weitergearbeitet habe, ad 1) eine Verwaltungsübertretung nach § 53 Abs. 1 lit. a i.V.m. § 25 lit. e der Tiroler Bauordnung und ad 2) nach § 53 Abs. 1 lit. f i. V.m. § 40 Abs. 2 der Tiroler Bauordnung begangen zu haben. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über ihn Geldstrafen in der Höhe von S 10.000,-- ad 1) (Ersatzarrest 8 Tage) und S 15.000,-- ad 2) (Ersatzarrest 10 Tage) verhängt. Die gegen das Straferkenntnis eingebrachte Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 16. Juli 1990 als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe zumindest den im Straferkenntnis zu Punkt 2) angelasteten Vorwurf nicht zu verantworten. Im Beschwerdefall sei nämlich der Bürgermeister der Gemeinde Z nicht die zuständige Baubehörde gewesen. Gemäß § 50 Abs. 1 der Tiroler Bauordnung (TBO) sei zwar im Regelfall der Bürgermeister die zuständige Baubehörde, die Berufungsbehörde habe aber übersehen, daß im vorliegenden Fall eine Übertragungsverordnung zur Anwendung komme. Nach dieser Übertragungsverordnung sei im gegenständlichen Fall die Bezirkshauptmannschaft Landeck Baubehörde erster Instanz. Der Beschwerdeführer habe bei dieser ein Bauansuchen eingebracht. Das Verfahren hierüber werde auch von der Bezirkshauptmannschaft Landeck abgewickelt. Ein Baubewilligungsbescheid liege noch nicht vor. Da dem Beschwerdeführer angelastet werde, er habe einen Auftrag des Bürgermeisters der Gemeinde Z nicht beachtet, werde unterstellt, er hätte eine Anordnung einer unzuständigen Behörde nicht befolgt. Wegen Nichtbefolgung einer Anordnung einer unzuständigen Behörde könne er aber nicht bestraft werden. Aus diesem Grund sei der angefochtene Berufungsbescheid rechtswidrig.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach dem Beschwerdevorbringen steht unbestritten fest, daß der Beschwerdeführer zur angelasteten Tatzeit eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne die hiezu erforderliche Baubewilligung errichtete. Weiters steht fest, daß der Bürgermeister der Gemeinde Z am 19. Mai 1990 mündlich die Fortsetzung der Arbeiten an diesem Bauvorhaben untersagte, der Beschwerdeführer aber dennoch die Bauarbeiten fortsetzte.

§ 40 Abs. 1 und 2 der Tiroler Bauordnung (TBO), LGBl. Nr. 33/1989, lautet:

"§ 40

Mängelbehebung, Baueinstellung

(1) Werden bei einer behördlichen Überprüfung wesentliche Mängel in der Ausführung eines Bauvorhabens festgestellt, so hat die Behörde die Fortsetzung der Arbeiten an den betreffenden Teilen des Bauvorhabens zu untersagen und die Behebung der Mängel innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist aufzutragen. Der Berufung gegen einen solchen Bescheid kommt keine aufschiebende Wirkung zu. Erforderlichenfalls kann die Behörde die Arbeiten durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt ohne vorausgegangenes Verfahren einstellen.

(2) Wird ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ausgeführt, ohne daß eine rechtskräftige Baubewilligung hiefür vorliegt, so hat die Behörde die Fortsetzung der Arbeiten an diesem Bauvorhaben zu untersagen. Abs. 1 zweiter und dritter Satz ist anzuwenden. Wird innerhalb eines Monats nach der Erlassung des Untersagungsbescheides nicht nachträglich um die Baubewilligung angesucht oder wird sie versagt, so hat die Behörde die Beseitigung des ohne Baubewilligung ausgeführten Bauvorhabens aufzutragen."

Gemäß § 53 Abs. 1 lit. a TBO begeht eine Verwaltungsübertretung, wer ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ohne Bewilligung ausführt oder mit der Ausführung vor dem Eintritt der Rechtskraft der Baubewilligung beginnt; eine Übertretung nach lit. f dieser Bestimmung begeht, wer einem behördlichen Auftrag, mit dem u.a. die Fortsetzung der Arbeiten an einem Bauvorhaben untersagt wird, nicht nachkommt.

Aus § 40 Abs. 1 zweiter Satz und Abs. 2 zweiter und dritter Satz geht hervor, daß die Untersagung der Fortsetzung von Bauarbeiten mittels Bescheides zu erfolgen hat.

Gemäß § 58 Abs. 1 AVG 1950 ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung zu enthalten. Nach § 62 Abs. 2 leg. cit. ist der Inhalt und die Verkündung eines mündlichen Bescheides, wenn die Verkündung bei einer mündlichen Verhandlung erfolgt, am Schluß der Verhandlungsschrift, in anderen Fällen in einer besonderen Niederschrift zu beurkunden.

Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt, den Ausführungen in der Beschwerde und ub Gegenschrift ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, daß der am 19. Mai 1990 mündlich erteilte Auftrag des Bürgermeisters der Gemeinde Z in der Niederschrift beurkundet worden wäre. Damit liegt aber gar kein Untersagungsbescheid des Bürgermeisters vor. Schon aus diesem Grund wurde daher dem Beschwerdeführer die Übertretung nach § 53 Abs. 1 lit. f TBO zu Unrecht angelastet.

Der angefochtene Bescheid war daher hinsichtlich dieser Übertretung gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Bei dieser Sachlage erübrigte sich ein Eingehen auf die Frage, ob der Bürgermeister der Gemeinde Z unter Berücksichtigung des § 1 der Verordnung der Tiroler Landesregierung vom 23. April 1968, LGBl. Nr. 18 i.d.F. LGBl. Nr. 70/1978, 37/1979, 40/1979 und 56/1984, (Delegierungsverordnung) zur Erlassung eines Untersagungsbescheides zuständig war.

Die Beschwerde enthält keine Ausführungen darüber, inwieweit der angefochtene Bescheid auch hinsichtlich der Übertretung nach § 53 Abs. 1 lit. a TBO mit Rechtswidrigkeit belastet sein sollte. Da der Verwaltungsgerichtshof auch auf Grund des vorgelegten Aktes insoweit keine Rechtswidrigkeit erkennen kann, war die Beschwerde bezüglich der Übertretung nach § 53 Abs. 1 lit. a TBO abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989 im Rahmen des Kostenbegehrens.

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide Einhaltung der Formvorschriften

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990060140.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten