TE Vwgh Erkenntnis 1990/12/11 89/07/0014

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Veröffentlicht am 11.12.1990
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Index

L69006 Sonstiges Wasserrecht Steiermark;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

AgrVG §1;
AVG §68 Abs1;
AVG §8;
Satzung Abwasserverband Raum Stainz 1976 §11 Abs1;
VwRallg;
WRG 1959 §87;
WRG 1959 §88;
WRG 1959 §93;
WRG 1959 §97 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger und Dr. Kremla als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Boigner, über die Beschwerde der Gemeinde N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 1. Dezember 1988, Zl. 3-35 St6-88/89, betreffend Mitgliedschaft bei einem Wasserverband (mitbeteiligte Partei: Abwasserverband "X", vertreten durch den Obmann), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.230,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schlichtspruch ("Schiedsspruch") vom 18. August 1986 stellte die Schlichtungsstelle des nun am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof mitbeteiligten Abwasserverbandes gemäß § 97 Abs. 2 und § 87 WRG 1959 fest, daß die beschwerdeführende Gemeinde Mitglied des Mitbeteiligten ist.

Der Berufung der Beschwerdeführerin gab der Landeshauptmann von Steiermark mit Bescheid vom 1. Dezember 1988 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 97 Abs. 2 WRG 1959 nicht Folge. Begründend wurde ausgeführt: Wie dem Aktenvorgang der Aufsichtsbehörde zu entnehmen, habe das Proponentenkomitee des zu bildenden mitbeteiligten Abwasserverbandes mit Eingabe vom 7. Jänner 1975 unter Vorlage sämtlicher Gemeinderatsbeschlüsse sowie der Satzungen um die Genehmigung der Satzungen angesucht. Unter anderem sei auch der Gemeinderatsbeschluß der Beschwerdeführerin vom 8. November 1974 vorgelegt worden. Aus diesem gehe hervor, daß der Gemeinderat nach langen Beratungen die Satzungen angenommen habe, wobei angemerkt worden sei, über § 5 Abs. 2 in einer weiteren Sitzung zu verhandeln. Mit Bescheid des Landeshauptmannes vom 23. April 1976 sei der Mitbeteiligte anerkannt und seien die Satzungen genehmigt worden, welche alle Rechte und Pflichten der Mitglieder, zu denen laut § 2 auch die Beschwerdeführerin gehöre, geregelt hätten. Das Wasserrecht kenne bei der Bildung von Wasserverbänden nur eine Vollmitgliedschaft; bedingte Mitgliedschaften seien ihm fremd.

Mit dem Gemeinderatsbeschluß vom 8. November 1984 (richtig: 1974) sei in bezug auf § 5 Abs. 2 der Satzungen lediglich eine Absichtserklärung über weitere Vorgangsweisen im Rahmen des Verbandes abgegeben worden, was aber den bekundeten Willen, Mitglied der Mitbeteiligten unter Anerkennung der Satzungen zu sein, in keiner Weise einschränke. Als Hinweis dafür, daß sich die Beschwerdeführerin als Mitglied des Mitbeteiligten verstanden habe, diene auch die konstituierende Sitzung des Abwasserverbandes vom 19. Oktober 1986, betreffend die Wahl des Verbandsvorstandes; laut Mitteilung des Mitbeteiligten vom 21. Oktober 1976 an die Aufsichtsbehörde sei der Bürgermeister der Beschwerdeführerin als deren Vertreter in den Verbandsvorstand gewählt worden; im Sinne des § 11 Abs. 1 der Verbandssatzungen könne jedoch nur ein Mitglied des Verbandes in den Vorstand gewählt werden.

Dieser Bescheid wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seine Inhaltes bekämpft, wobei sich die Beschwerdeführerin in dem Recht verletzt erachtet, daß ihre Mitgliedschaft beim Mitbeteiligten nicht bejaht werde.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte. Der Mitbeteiligte hat im Beschwerdeverfahren keine Äußerung abgegeben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird im Gegensatz zur Anschauung der belangten Behörde der Standpunkt vertreten, aufgrund des Gemeinderatsbeschlusses vom 8. November 1974 seien die Satzungen nicht vorbehaltslos angenommen worden und somit auch ein Beitritt der Beschwerdeführerin unter Übernahme aller satzungsgemäß festgelegten Rechte und Pflichten nicht erfolgt; darüber hinaus weist die Beschwerdeführerin darauf hin, daß ihr der Bescheid der belangten Behörde vom 23. April 1976, mit welchem die Bildung des Mitbeteiligten anerkannt und die Satzungen genehmigt wurden, nie zugestellt worden sei, weshalb ihn die Beschwerdeführerin auch nicht - wegen Fehlens eines vorbehaltslosen Beitritts - mit Berufung habe anfechten können.

Die belangte Behörde hätte sich daher - wie zu ergänzen ist:

der Beschwerdeführerin gegenüber - überhaupt nicht auf jenen Anerkennungsbescheid als rechtliche Grundlage für ihre Überlegungen stützen dürfen; dieses Vorbringen stelle keine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung dar.

Letzteres trifft zu, weil es sich um aktenkundige Tatsachen handelt.

Die belangte Behörde muß in der Gegenschrift einräumen, daß der die Genehmigung der Satzungen (aus welcher sich die Mitgliedschaft der Beschwerdeführerin ergibt) in sich schließende Anerkennungsbescheid nur dem Mitbeteiligten zugegangen ist.

Daraus folgt, daß die Mitgliedschaft der Beschwerdeführerin dieser gegenüber nicht rechtswirksam begründet wurde. Das wäre erst dann der Fall gewesen, wenn die Beschwerdeführerin den Anerkennungsbescheid ordnungsgemäß zugestellt erhalten, ihn sodann nicht oder erfolglos bekämpft hätte und er auf diese Weise rechtskräftig geworden wäre. Solange die Einbeziehung einer zur Aufnahme in einen Wasserverband in Betracht gezogenen Rechtsperson auf die eben beschriebene Weise noch nicht wirksam erfolgt ist, stellt eine von einer solchen Person vertretene, mit der Anschauung von Organen des betreffenden Wasserverbandes (in entsprechenden Beschlüssen) nicht übereinstimmende Auffassung noch keine Streitigkeit eines "betroffenen" Verbandsmitgliedes, auch nicht in "Fragen der Mitgliedschaft", gemäß § 97 Abs. 2 WRG 1959 dar, zu deren Beilegung die Schlichtungsstelle anzurufen wäre; dies deshalb, weil die Austragung jeder derartigen Streitigkeit die auf die zuvor beschriebene Weise rechtskräftig begründete Mitgliedschaft zur Voraussetzung hat. Insbesondere ist der Hinweis auf die aus der Satzung abgeleitete Mitgliedschaft einer Person gegenüber, welche gerade diese Grundlage selbst in Zweifel zieht, jedenfalls von vornherein verfehlt.

An den herausgestellten maßgebenden Verhältnissen ändert es im Beschwerdefall im Ergebnis nichts, daß bei der konstituierenden Sitzung des Mitbeteiligten der Vertreter der Beschwerdeführerin in den Verbandsvorstand gewählt wurde.

Richtigerweise hätte daher bei der beschriebenen Sachlage im vorliegenden Fall die Schlichtungsstelle ihre Anrufung durch die Beschwerdeführerin als unzulässig zurückweisen müssen. Eine dementsprechende Berufungsentscheidung hätte die belangte Behörde zu treffen gehabt. Indem diese jedoch die Rechtslage insofern verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu dessen Aufhebung zu führen hatte.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2.

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3 Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989070014.X00

Im RIS seit

12.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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