TE Vwgh Beschluss 1990/12/11 90/05/0078

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Veröffentlicht am 11.12.1990
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Index

L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Oberösterreich;
L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L81704 Baulärm Umgebungslärm Oberösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82004 Bauordnung Oberösterreich;
L82009 Bauordnung Wien;
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauO OÖ 1976 §43 Abs1 impl;
BauO OÖ 1976 §49 impl;
BauO Wr §134 Abs1;
BauO Wr §134 Abs3;
BauO Wr §134;
BauO Wr §63 Abs1 litc;
BauO Wr §63;
BauRallg;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer und Dr. Degischer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, in der Beschwerdesache 1) der X-Fa und 2) des K gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 1. März 1990, Zl. MDR-B I-15 bis 17/89, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Parteien: 1) A, 2) B, 3) C,

4) D, 5) E, 6) F, 7) G, 8) H), den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben zu gleichen Teilen der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,--, dem Zweitmitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von S 3.620,--, der Drittmitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von S 3.730,--, der Fünftmitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von S 3.610,-- und dem Sechstmitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von S 240,-- je binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren des Zweitmitbeteiligten sowie der Dritt- und Fünftmitbeteiligten wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 20. Oktober 1989 wurde der Erstmitbeteiligten dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unter Berufung auf § 70 der Bauordnung für Wien und in Anwendung des Wiener Garagengesetzes unter Vorschreibung von Auflagen die Bewilligung erteilt, im Hause Wien n, X-Gasse nn, im Bestandsobjekt V, welches sich über Teile des Erd- und Kellergeschoßes sowie der Erdgeschoßunterteilung erstreckt, einen Gastronomiebetrieb zu schaffen, wobei die innere Einteilung und Widmung der bisher als Geschäfts- und Lagerräume gewidmeten Räume durch Aufstellen und Abtragen von nicht tragenden Scheidewänden geändert und die bestehende hölzerne Verbindungsstiege durch eine Stahlbetonstiege ersetzt werden sollen. Die Einwendungen mehrerer Miteigentümer wurden teilweise als nicht begründet abgewiesen und zum Teil als unzulässig zurückgewiesen.

Mit Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 1. März 1990 wurde dieser erstinstanzliche Bescheid auf Grund der dagegen erhobenen Berufungen der nunmehrigen Zweit- bis Achtmitbeteiligten dahin geändert, daß dem Bauansuchen der Erstmitbeteiligten die Bewilligung versagt wird.

Diese Entscheidung wurde von der Berufungsbehörde im wesentlichen damit begründet, die Baubehörde erster Instanz sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß im gegenständlichen Baubewilligungsverfahren ein Zustimmungsrecht der Wohnungseigentümer auf Grund der Ausnahmebestimmung des § 63 Abs. 1 lit. c zweiter Satz der Bauordnung für Wien nicht erforderlich sei. Aus dem vorgelegten Bauplan gehe nämlich hervor, daß die Entlüftung der zu schaffenden Sanitärräumlichkeiten mittels einer Poterie über den Lichtschacht des Hauses erfolgen soll, womit jedoch zweifellos ein gemeinsamer Teil des Hauses in Anspruch genommen werde. Ebenso verhalte es sich mit der Schaffung von Sanitärräumen als solchen, welche über einen zu schaffenden Abflußstrang mit dem bestehenden Hauskanal verbunden und damit über diesen entsorgt werden sollen. Die Rechtssphäre der Miteigentümer sei ferner auch dadurch berührt, daß im erstinstanzlichen Bescheid ausgesprochen worden sei, daß durch die in Rede stehende bauliche Maßnahme die Anzahl der Pflichtstellplätze im Sinne des Wiener Garagengesetzes um drei Stellplätze hinter der gesetzlichen Stellplatzpflicht zurückbleibe. In diesem Fall sei gemäß § 41 des Wiener Garagengesetzes an die Stadt Wien eine Ausgleichsabgabe zu entrichten. Abgabepflichtig sei wohl der Bauwerber, doch hafte im vorliegenden Fall, in welchem der Bauwerber nicht auch gleichzeitig Grundeigentümer ist, der Letztere für die Abgabenschuld zur ungeteilten Hand. Die rechtliche Betroffenheit der Wohnungseigentümer sei daher auch aus diesem Grunde gegeben, weshalb bei verfassungskonformer Auslegung des § 63 Abs. 1 lit. c der Bauordnung für Wien ein Zustimmungsrecht der übrigen Wohnungseigentümer angenommen werden müsse.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde und insgesamt fünf Mitbeteiligte in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. a VwGG gebildeten Senat erwogen:

    Die Erstbeschwerdeführerin war ihrem Beschwerdevorbringen

zufolge "im Zeitpunkte der Erlassung des angefochtenen

Bescheides ... schlichte Miteigentümerin" bestimmter Anteile

der in Rede stehenden Liegenschaft, mit welchen das

Wohnungseigentum an zwei im Hause befindlichen Wohnungen sowie

"am Gassenladen und Lager ... somit den streitgegenständlichen

Bestandobjekten" verbunden ist, während dem

Zweitbeschwerdeführer "an sämtlichen Anteilen der

Erstbeschwerdeführerin das lebenslängliche Fruchtgenußrecht

einverleibt ist".

Das mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesene Bauansuchen wurde nicht von den Beschwerdeführern, sondern, wie schon ausgeführt worden ist, von der Erstmitbeteiligten eingebracht.

Die Erstbeschwerdeführerin erachtet sich "durch den angefochtenen Bescheid in ihrem aus dem Eigentumsrecht (§§ 354 und 362 ABGB) fließenden subjektiv-öffentlichen Recht der Bauführung, welches ihr dem Grunde nach zusteht und unter der Voraussetzung der §§ 60 ff. der Wiener Bauordnung einen Anspruch auf Erteilung der Baubewilligung gewährt, verletzt". Der Zweitbeschwerdeführer "als Fruchtnießer und damit gemäß §§ 513 und 515 ABGB zur eingeschränkten notwendigen und nützlichen Bauführung auf Grund eines dinglichen Rechtes Berechtigter fühlt sich durch diesen Bescheid in eben diesen Rechten, nämlich dem aus dem dinglichen Sachenrecht des Fruchtgenußrechtes fließenden Recht zur notwendigen und nützlichen Bauführung zur Erhaltung und Verbesserung der Substanz in gleichem Maße durch den angefochtenen Bescheid beschwert".

Gemäß § 63 Abs. 1 lit. c der Bauordnung für Wien hat der Bauwerber dem Ansuchen um Baubewilligung die Zustimmung des Eigentümers (aller Miteigentümer) anzuschließen, wenn der Bauwerber nicht selbst Eigentümer oder nur Miteigentümer der Liegenschaft ist. Im Falle des Wohnungseigentums ist die Zustimmung aller Miteigentümer nicht erforderlich, wenn das Bauvorhaben nicht von Einfluß auf die statischen Verhältnisse des Hauses oder der baulichen Anlage ist, oder wenn das Bauvorhaben weder eine Änderung der äußeren Gestaltung des Gebäudes oder der baulichen Anlage bewirkt noch gemeinsame Teile des Hauses, der baulichen Anlage oder der Liegenschaft in Anspruch nimmt noch die Umwidmung von Wohnungen auf Arbeitsräume, Büroräume, Verkaufsräume, Versammlungsräume, Gaststätten und Räume mit ähnlicher Funktion sowie Lagerräume betrifft.

Zufolge § 134 Abs. 1 leg. cit. ist Partei im Sinne des § 8 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes in allen Fällen, in denen ein baubehördlicher Bescheid auf ein in diesem Gesetz vorgeschriebenes Ansuchen ergeht, der Antragsteller.

Zufolge § 134 Abs. 3 der Bauordnung für Wien sind im Baubewilligungsverfahren und im Verfahren zur Bewilligung von unwesentlichen Abweichungen von Bebauungsvorschriften außer dem Antragsteller (Bauwerber) die Eigentümer (Miteigentümer) der Liegenschaften Parteien; im Falle des Wohnungseigentums ist nur der betreffende Wohnungseigentümer Partei, wenn das Bauvorhaben nicht von Einfluß auf die statischen Verhältnisse des Hauses oder der baulichen Anlage ist, oder wenn das Bauvorhaben weder eine Änderung der äußeren Gestaltung des Gebäudes oder der baulichen Anlage bewirkt noch gemeinsame Teile des Hauses, der baulichen Anlage oder der Liegenschaft in Anspruch nimmt noch die Umwidmung von Wohnungen auf Arbeitsräume, Büroräume, Verkaufsräume, Versammlungsräume, Gaststätten und Räume mit ähnlicher Funktion sowie Lagerräume betrifft. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind wie Eigentümer der Liegenschaften zu behandeln.

Aus diesen Bestimmungen läßt sich ableiten, daß es sich bei einer Baubewilligung um einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt handelt. Antragsteller ist ausschließlich der Bauwerber. Die Zustimmung der Grundeigentümer ist, wenn der Bauwerber nicht Grundeigentümer (Alleineigentümer) ist, nur ein "Beleg" des Ansuchens. Daraus ergibt sich, daß, abgesehen von den in diesem Zusammenhang nicht interessierenden Nachbarn, lediglich der Bauwerber einen Rechtsanspruch auf Entscheidung über "sein" Bauansuchen besitzt. Die Grundeigentümer nehmen am Bauverfahren regelmäßig nur hinsichtlich der Frage teil, ob die nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liquid erforderliche, als Beleg dem Ansuchen anzuschließende Zustimmung vorliegt oder nicht. Darüber hinaus könnten die Grundeigentümer etwa noch Partei des Bauverfahrens hinsichtlich ihr Eigentum unmittelbar betreffender Auflagen sein. So gesehen genießen die Grundeigentümer im Baubewilligungsverfahren eine sehr eingeschränkte Parteistellung (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 1987, Zl. 82/05/0043, BauSlg. Nr. 1037).

Daraus folgt, daß der Erstbeschwerdeführer als Miteigentümer, der, wie schon erwähnt, nicht um die Erteilung der dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Baubewilligung angesucht hat, also nicht zugleich Bauwerber ist, durch den angefochtenen Bescheid, mit welchem einem Dritten die Baubewilligung versagt worden ist, nicht im Beschwerdepunkt (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG) in seinen Rechten verletzt sein kann. Das gleiche gilt umsomehr auch für den Zweitbeschwerdeführer, der in dem dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Bauverfahren ebenfalls nicht als Bauwerber aufgetreten und nicht einmal Eigentümer (Miteigentümer) der Liegenschaft ist, also durch den angefochtenen Bescheid selbst dann in keinem durch die Bauordnung gewährleisteten Recht verletzt sein könnte, wenn die angestrebte Baubewilligung ohne seine Zustimmung erteilt worden wäre. Auch der Zweitbeschwerdeführer konnte daher durch den angefochtenen Bescheid nicht im Beschwerdepunkt in seinen Rechten verletzt worden sein. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß beide Beschwerdeführer (der Zweitbeschwerdeführer als Fruchtnießer ungeachtet allfälliger zivilrechtlicher Schranken des Fruchtgenusses - vgl. dazu Petrasch in Rummel, 2. Aufl., § 509, Rz. 3) aus baurechtlicher Sicht nicht gehindert gewesen wären, das in Rede stehende Bauansuchen anstelle der Erstmitbeteiligten oder gemeinsam mit ihr einzubringen, sodann im Sinne des § 134 Abs. 1 der Bauordnung für Wien als Partei dieses Bauverfahrens aufzutreten und ihr allfälliges Recht auf Erteilung der angestrebten Baubewilligung geltend zu machen.

Die Beschwerdeführer konnten also durch den angefochtenen Bescheid nicht im Beschwerdepunkt in ihren Rechten verletzt werden, weshalb die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Das Mehrbegehren des Zweitmitbeteiligten war abzuweisen, weil der Pauschalbetrag für die schriftliche Äußerung zur Beschwerde trotz zweier Beschwerdeführer nur einmal, und zwar im Hinblick auf drei anspruchsberechtigte Mitbeteiligte zufolge § 49 Abs. 6 VwGG nur im Ausmaß eines Drittels zuzusprechen war. Ferner war lediglich S 250,-- an Stempelgebühr zu entrichten. Die angeschlossene Beilage ist eine Ausfertigung eines im Akt erliegenden Schriftsatzes, weshalb ihre Vorlage im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht erforderlich und sohin auch ein Zuspruch des Ersatzes von Stempelgebühr für diese Beilage nicht möglich war. Das Mehrbegehren der Dritt- und Fünftmitbeteiligten war abzuweisen, weil an Schriftsatzaufwand für die Gegenschrift lediglich der in der erwähnten Verordnung genannte Pauschalbetrag, und zwar, wie schon erwähnt, mit Rücksicht auf drei anspruchsberechtigte Mitbeteiligte gemäß § 49 Abs. 6 VwGG jeweils nur im Ausmaß eines Drittels zuzusprechen war.

Schlagworte

Bauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht Diverses) Parteien BauRallg11/1Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATIONBaubewilligung BauRallg6Baurecht Grundeigentümer RechtsnachfolgerBaurecht Mieter Bestandnehmer Gewerbebetrieb

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990050078.X00

Im RIS seit

03.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

25.06.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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