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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
KOVG 1957 §7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Schiedskommission beim Landesinvalidenamt für Kärnten vom 13. April 1990, Zl. Ob 710-016994-002, betreffend Kriegsopferversorgung (Neubemessung der Beschädigtenrente), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte des vorliegenden Beschwerdefalles ist zwecks Vermeidung entbehrlicher Wiederholungen auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. April 1989, Zl. 88/09/0139, zu verweisen. Mit diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof den damals angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 29. Juli 1988 aus den folgenden Gründen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben:
1. Weggefallen seien die im erstinstanzlichen Bescheid gesondert ausgewiesenen Dienstbeschädigungen "Narbe im Bereich des linken Augenwinkels" und "Periostveränderungen der seitlichen Augenhöhlenwand nach Osteomyelitis" mit je 10 % Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE), ohne daß dem angefochtenen Bescheid dafür eine taugliche Begründung zu entnehmen wäre; dadurch seien die "mehreren Leiden" im Sinne des § 3 der Richtsatzverordnung zum KOVG 1957 nicht vollständig aufgezählt und somit der Gesamteinschätzung zugrunde gelegt worden.
2. Auf einer Verkennung der Rechtslage durch die belangte Behörde beruhe die Einschätzung der MdE des Beschwerdeführers im angefochtenen Bescheid insoweit, als die belangte Behörde die von beiden Instanzen festgestellten Dienstbeschädigungen "Geschmacksstörungen" und "Geruchsverlust" bei der Einschätzung der Gesamt-MdE nach § 3 der Richtsatzverordnung zum KOVG 1957 völlig unberücksichtigt gelassen habe, weil "die Geruchs- und Geschmacksstörung nur subjektiv empfunden" werde und diesen beiden Schädigungen daher keine Bedeutung "in bezug auf die Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben" zukomme. Sowohl Geschmacksstörungen als auch der Geruchsverlust würden in der Richtsatzverordnung eigens eingeschätzt (Richtsatzpositionen 444, 449, 654). Nun stelle aber jede auf Grund des § 7 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 (KOVG 1957) und der darauf basierenden Richtsatzverordnung einzuschätzende Dienstbeschädigung eine "körperliche Beeinträchtigung in Hinsicht auf das allgemeine Erwerbsleben" dar; eine gesonderte Richtsatzeinschätzung wäre anderenfalls nicht sinnvoll und deshalb dem Verordnungsgeber nicht zuzumuten. Die Auffassung, daß die Gesamt-MdE deshalb keineswegs zu erhöhen sei, weil den Geschmacks- und Geruchsstörungen des Beschwerdeführers im Hinblick auf die Erwerbsfähigkeit überhaupt keine Bedeutung zukomme, stelle daher keine für die Gesamteinschätzung gemäß § 3 der Richtsatzverordnung zum KOVG 1957 stichhältige Begründung dar.
In dem auf Grund dieses aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes fortgesetzten Verfahren holte die belangte Behörde zunächst ein Gutachten des leitenden Arztes vom 11. August 1989 ein, der ausführte, daß die in der Begründung des zuletzt aufgehobenen Bescheides der belangten Behörde vom 29. Juli 1988 fehlende "Narbe im Bereich des linken Augenwinkels" in der Dienstbeschädigung 5 (Narben nach Verletzung des Lides des linken Auges) enthalten sei; die "Periostveränderungen der seitlichen Augenhöhlenwand" seien in der Dienstbeschädigung 4 (Konjunktivitis links) inkludiert. Der Vollständigkeit halber schlage er vor, eventuell die Bezeichnung der Dienstbeschädigung 4) und 5) wie folgt zu ändern:
"DB 4): Chronische Augenhöhlenbindehaut- bzw. Implantatentzündung links bei Zustand
nach Osteomyelitis mit Periostveränderung
der seitlichen Augenhöhlenwand, RS-Pos. VI a 613 MdE 10 %
DB 5): Entstellende Verletzung
der Lider am linken Auge mit
der Unmöglichkeit eine Prothese
zu tragen und Hautnarbe am
äußeren Augenwinkel RS-Pos. VI a 611 MdE 15 %."
Die Gesamt-MdE sei aber weiterhin mit 80 % einzustufen. Die Funktionsstörung durch den Geruchsverlust und die Geschmacksstörung sei äußerst gering und wirke sich im allgemeinen Erwerbsleben nicht wesentlich aus. Im Hinblick auf die anderen Gesundheitsstörungen seien diese Beeinträchtigungen zu geringfügig, um die Gesamt-MdE weiter zu steigern; im übrigen lägen Überschneidungen vor.
Der Beschwerdeführer erhielt im Rahmen des Parteiengehörs vom Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Kenntnis. Er brachte in seiner Stellungnahme vom 11. September 1989 hiezu im wesentlichen vor, daß die belangte Behörde auf Grund des zuletzt ergangenen Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes, mit welchem seiner Beschwerde im Ergebnis stattgegeben worden sei, verpflichtet wäre, die Beschädigtenrente mit einer MdE von mindestens 90 % neu zu bemessen. Er finde es für sehr bedauerlich, feststellen zu müssen, daß sich der leitende Arzt mit seiner gegenständlichen Stellungnahme "willkürlicher Natur an der Grenze des wissentlichen Befugnismißbrauches mit Schädigungsvorsatz im Hoheitsbereich" bewege.
In ihrer Verhandlung vom 6. Oktober 1989 befaßte sich die belangte Behörde mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach mit der Feststellung des Verwaltungsgerichtshofes, daß der Beschwerde dem Ergebnis nach stattgegeben werde, auch die Zuerkennung der Beschädigtenrente nach einer MdE von 90 % zwangsläufig verbunden sein müsse, und gelangte zum Ergebnis, daß dies nicht der Fall sei. Zur Einzeleinschätzung der "Narbe im Bereich des linken Augenwinkels" und der "Periostveränderungen der seitlichen Augenhöhlenwand" erachtete es die belangte Behörde für sinnvoller, von einer Neubezeichnung der Dienstbeschädigungen - wie vom leitenden Arzt in seinem Gutachten vom 11. August 1989 vorgeschlagen - Abstand zu nehmen und bei der bisherigen Einzel-Einschätzung zu verbleiben, weshalb beschlossen wurde, diesbezüglich neuerlich den ärztlichen Dienst beim Landesinvalidenamt für Kärnten (Dr. A) zu befassen.
Auch Dr. A kam in seinem Gutachten vom 13. Dezember 1989, in dem er sämtliche (nunmehr 11) Dienstbeschädigungen des Beschwerdeführers mit ihrer Richtsatzbewertung im einzelnen anführte, zu dem Ergebnis, daß die Gesamt-MdE weiterhin 80 % betrage. Weiters führte er näher aus, warum die beiden Dienstbeschädigungen "Geschmacksstörung" und "Geruchsverlust" nicht geeignet seien, eine Erhöhung der Gesamt-MdE zu bewirken.
Diesem Gutachten stimmte der leitende Arzt zu.
Auch dieses Gutachten wurde dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht, worauf er in seiner Stellungnahme vom 8. Jänner 1990 neuerlich darauf hinwies, daß die Beschädigtenrente mit mindestens 90 % neu zu bemessen sei.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 13. April 1990 hat die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Landesinvalidenamtes für Kärnten vom 23. Juni 1969 gemäß den §§ 86 Abs. 1 KOVG 1957 und 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit den §§ 1, 4, 7, 8, 51 und 52 KOVG 1957 keine Folge gegeben. Darüber hinaus wurde im Spruch des angefochtenen Bescheides die bereits anerkannte Dienstbeschädigung wie folgt neu bezeichnet:
"Granatstecksplitterverletzung der Stirn mit Narben im Bereich des linken Augenwinkels und Periostveränderungen der seitlichen Augenhöhlenwand links nach Osteomyelitis;
Kontusionsschädigung des Gehirns; Zustand nach abgelaufener Gehirnhautentzündung; Geruchsverlust und Geschmacksstörungen;
Verlust des linken Auges bei herabgesetzter Sehschärfe rechts;
Lähmung des linken Oberlides und Verletzung der Lider mit chronischer Konjunktivitis links."
In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde nach einer sehr ausführlichen Darstellung des bisherigen Verfahrensablaufes im wesentlichen aus, dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. April 1989 sei zu entnehmen, daß die Entscheidung der belangten Behörde ausschließlich in den nachfolgenden Punkten ergänzungsbedürftig sei:
1. Bei der Einzeleinschätzung der MdE in der Begründung des angefochtenen Bescheides fehlten die "Narbe im Bereich des linken Augenwinkels" und die "Periostveränderungen der seitlichen Augenhöhlenwand"; und
2. sei die ärztlicherseits getroffene Feststellung, daß der "Geruchsverlust und die Geschmacksstörungen" keine Steigerung der Gesamt-MdE bewirkten, weil diesen im Hinblick auf die Erwerbsfähigkeit keine Bedeutung zukomme, nicht ausreichend nach § 3 der Richtsatzverordnung zum KOVG 1957 begründet.
Zu Punkt 1. müsse festgestellt werden, daß diese Gesundheitsschädigungen wohl im Spruch des in Beschwerde gezogenen Bescheides der belangten Behörde angeführt worden seien, in der Begründung jedoch irrtümlicherweise nicht aufscheinen würden. Im übrigen seien diese Dienstbeschädigungen auch in den Vorverfahren in die Einschätzung miteinbezogen worden, ohne eine Höhereinschätzung zu bedingen und sei dieser Umstand bisher in den bereits ergangenen Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht beanstandet worden. Zu diesen im letztergangenen Erkenntnis aufgeworfenen Fragen habe die belangte Behörde jedoch ein zusätzliches aktenmäßiges Gutachten von Dr. A (vom 13. Dezember 1989) eingeholt, und dieses ergebe nunmehr folgende korrigierte Einzel- und im Hinblick auf die Geruchs- und Geschmacksstörung besser begründete Gesamteinschätzung der MdE nach § 7 KOVG 1957, wobei der Kausalfaktor jeweils 1/1 betrage und demnach die jeweils festgestellte MdE auch die kausale MdE darstelle:
"lfd.Nr. Dienstbeschädigung Richtsatz MdE
1 Granatsplitterverletzung der I a 5 30 %
Stirne links mit eingeheiltem
Stecksplitter und geringen
Reizerscheinungen (Oberer Wert des
Rahmensatzes entsprechend
der Reizerscheinungen)
2 Geringe Kontusionsschädigung IV v 570 25 %
des linken Stirnhirnes (Unterer Rahmensatz,
da nur geringfügige
EEG Veränderungen
bestehen)
3 Verlust des linken Auges bei IV c 637 30 %
akausaler Herabsetzung der
Sehleistung am rechten Auge +
Nachsatz wegen Verlust des 10 %
Auges (Tab. R 1 Kol. 8, unterer
Wert des Rahmensatzes, da
keine weiteren im Nachsatz
angeführten Störungen
vorhanden sind)
4 Konjunktivitis links VI a 613 10 %
(Mittlerer Rahmensatz, da
wechselnder Leidenszustand
auf nur einem Auge -
rechts akausal)
5 Narbe am äußeren Lidwinkel
(Augwinkel) links IX c 702 10 %
6 Entstellende Verletzung der
Lider am linken Auge VI a 611 15 %
7 Periostveränderungen der
seitlichen Augenhöhlenwand nach
Osteomyelitis I h 197 10 %
8 Lähmung des linken Oberlides VI a 609 30 %
9 Zustand nach abgelaufener
Hirnhautentzündung IV l 527 10 %
10 Geschmacksstörung IV i 449 10 %
11 Geruchsverlust VII b 654 10 %
Die Gesamt-MdE sei mit 80 % einzuschätzen, wobei die durch die Sehbeeinträchtigung bewirkte MdE von 40 % durch die chronische Konjunktivitis um eine Stufe auf 50 % gesteigert werde. Die Lähmung des linken Oberlides sei bei Fehlen des linken Auges für die Erwerbsfähigkeit ohne Bedeutung, weil dadurch das Sehvermögen nicht beeinträchtigt werde; dies treffe auch auf die Narben zu, die bei leerer Augenhöhle nicht so störend wirkten wie bei einem sehenden Auge. Die übrigen als Dienstbeschädigung anerkannten Gesundheitsschädigungen steigerten die MdE aus dem Augverlust aber maximal auf 80 % (Dienstbeschädigung 1, 2 und 7). Eine ergänzende Begründung sei nunmehr hinsichtlich der Auswirkung des Geruchsverlustes und der Geschmacksstörung abgegeben und dazu festgestellt worden, daß die Einschätzung der Gesamt-MdE nach § 7 KOVG 1957 nur im Hinblick auf das allgemeine Erwerbsleben vorgenommen werde; berufsspezifisch erhöhte Anforderungen seien nur nach § 8 KOVG 1957 zu beurteilen. Dieses Rechtsgebiet sei jedoch bereits in den Vorverfahren abgeschlossen und auch nicht mehr in Frage gestellt worden. Die vorliegende Geruchs- und Geschmacksstörung stelle KEINE WESENTLICHE Beeinträchtigung im Hinblick auf das allgemeine Erwerbsleben dar, weil alle körperlichen und geistigen Arbeiten vom Beschwerdeführer ohne Einschränkung durchführbar seien (Beeinträchtigung im speziellen berufskundlichen Bereich wäre beispielsweise bei einem Koch gegeben). Eine Erhöhung der MdE sei nicht gerechtfertigt, weil vor allem auch keine negative Wechselwirkung mit den führenden Gesundheitsschädigungen vorliege (dies wäre z.B. bei Vorliegen einer Sehbehinderung und einer Hörverminderung der Fall) und eine Kompensation Sehorgan und Geschmacks- bzw. Geruchsorgan bei Menschen nicht üblich sei, womit keine zusätzliche Steigerung Platz greifen könne. Diese Ausführungen seien im übrigen auch vom leitenden Arzt beim Landesinvalidenamt für Kärnten zustimmend zur Kenntnis genommen worden und würden auch von der belangten Behörde als schlüssig erachtet, weil diese Frage bisher auch keinen Anlaß für die schon mehrmaligen Behebungen der Bescheide der belangten Behörde durch den Verwaltungsgerichtshof gegeben habe.
Zum Vorbringen des Beschwerdeführers vom 11. September 1989, wonach mit der Feststellung des Verwaltungsgerichtshofes, daß der Beschwerde stattgegeben werde, auch die Zuerkennung der Beschädigtenrente nach einer MdE von 90 % zwangsläufig verbunden sein müsse, sei festzuhalten, daß sich die belangte Behörde dieser Ansicht nicht anschließen könne, weil der Verwaltungsgerichtshof nicht in der Sache selbst entscheide, sondern ausschließlich feststelle, ob der in Beschwerde gezogene Bescheid mit Mängeln behaftet sei. Der Verwaltungsgerichtshof habe konkrete Begründungsmängel aufgezeigt, die zu beheben gewesen seien, welche aber nicht gleichzeitig zu einer geänderten Einschätzung führen müßten. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers vom 8. Jänner 1990 sei auszuführen, daß die anerkannte Dienstbeschädigung, soweit sie in Rechtskraft erwachsen sei und im Spruch festgehalten worden sei, auch nicht mehr geändert worden sei. Die herabgelangte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes könne auch nicht so interpretiert werden, daß unbedingt jede mit einer MdE versehene Gesundheitsschädigung schon eine Auswirkung auf das allgemeine Erwerbsleben haben müsse, weil in diesem Fall einfach eine Summierung der Einzel-MdE-Werte in jedem Fall Platz greifen müßte. Dies aber entspreche nicht den Bestimmungen der Richtsatzverordnung zum KOVG 1957. Auch in der Stellungnahme des leitenden Arztes vom 11. August 1989 sei die Gesamteinschätzung wie im Gutachten Dris. A vorgenommen und darauf hingewiesen worden, daß auch bei der bisherigen Beurteilung alle Einzelschädigungen mitberücksichtigt worden seien, jedoch habe die belangte Behörde auf Grund des Vorbringens im Rahmen des Parteiengehörs von der darin angeführten Zusammenfassung zweier Dienstbeschädigungen Abstand genommen und es auch bei der Einzeleinschätzung bei der bisherigen Bezeichnung belassen. Auf Grund dieses Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens sei aber nach wie vor davon auszugehen, daß eine geänderte Beurteilung, soweit sie einen wesentlichen Einfluß auf den Rentenanspruch habe, nicht Platz greifen könne, weshalb sich die belangte Behörde auch veranlaßt gesehen habe, den angefochtenen Bescheid zu bestätigen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde mit dem Antrag, diesen Bescheid "aufzuheben und der belangten Behörde im Sinne des § 63 Abs. 1 VwGG neuerlich aufzutragen, die Beschädigtenrente nach einer MdE von mindestens 90 % neu zu bemessen."
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 7 Abs. 1 KOVG 1957 hat der Beschädigte Anspruch auf Beschädigtenrente, wenn und insolange seine Erwerbsfähigkeit infolge der Dienstbeschädigung um mindestens 25 % vermindert wird. Unter Minderung der Erwerbsfähigkeit im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die durch die Dienstbeschädigung bewirkte körperliche Beeinträchtigung in Hinsicht auf das allgemeine Erwerbsleben zu verstehen. Gemäß § 7 Abs. 2 KOVG 1957 ist die Minderung der Erwerbsfähigkeit im Sinne des Abs. 1 nach Richtsätzen einzuschätzen, die den wissenschaftlichen Erfahrungen entsprechen.
Solche Richtsätze hat das zuständige Ministerium auf Grund der gesetzlichen Ermächtigung mit Verordnung vom 9. Juni 1965, BGBl. Nr. 150/1965 (Richtsatzverordnung zum KOVG 1957), aufgestellt.
Gemäß § 1 Abs. 1 dieser Verordnung ist die MdE im Sinne des § 7 Abs. 1 KOVG 1957 nach den Richtsätzen einzuschätzen, die nach Art und Schwere des Leidenszustandes in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage festgelegt sind. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.
Gemäß § 3 der Richtsatzverordnung zum KOVG 1957 ist dann, wenn mehrere Leiden zusammentreffen, bei der Einschätzung der MdE zunächst von der Gesundheitsschädigung auszugehen, die die höchste MdE verursacht. Sodann ist zu prüfen, ob und inwieweit der durch die Gesamteinschätzung zu erfassende Gesamtleidenszustand infolge des Zusammenwirkens aller gemäß § 4 KOVG 1957 zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen eine höhere Einschätzung der MdE rechtfertigt.
Der Beschwerdeführer bringt nach einer sehr ausführlichen Sachverhaltsdarstellung unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im wesentlichen vor, daß weder der untaugliche Versuch des ärztlichen Dienstes, die beiden bei der Einzel- und Gesamteinschätzung der MdE völlig unberücksichtigt gelassenen Dienstbeschädigungen "Narbe im Bereich des linken Augenwinkels" und "Periostveränderungen der seitlichen Augenhöhlenwand nach Osteomyelitis" mit je 10 % MdE nachträglich mit anderen Dienstbeschädigungen manipulativ zu "inkludieren" und sie dann ganz einfach zu seinem Nachteil (§ 1293 ABGB) als bereits eingeschätzte Dienstbeschädigungen der Gesamt-MdE von bisher 80 % zu unterstellen, noch die sach(rechts)widrige Argumentation (Schutzbehauptung) der belangten Behörde geeignet seien, die rechtsverbindliche Feststellung des Verwaltungsgerichtshofes zu erschüttern oder gar zu eliminieren, daß diese beiden Dienstbeschädigungen mit je 10 % MdE nach § 3 der Richtsatzverordnung zu KOVG 1957 nicht vollständig aufgezählt und auch der Gesamteinschätzung der MdE nicht zugrunde gelegt worden seien. Seien somit diese beiden Dienstbeschädigungen mit je 10 % MdE bei der Gesamteinschätzung der MdE entgegen der zuletzt herabgelangten Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes nicht "rechts(erhöhungs)wirksam" berücksichtigt worden, so liege eindeutig eine Verletzung der materiell-rechtlichen Vorschriften des § 7 KOVG 1957 in Verbindung mit § 3 der Richtsatzverordnung zum KOVG 1957 sowie der materiell- und verfahrensrechtlichen Bestimmungen des § 63 Abs. 1 VwGG vor. Auch seien die beiden Dienstbeschädigungen "Geschmacksstörungen" und "Geruchsverlust" bei der Gesamteinschätzung der MdE nicht im Sinne der zuletzt gemäß § 63 Abs. 1 VwGG herabgelangten Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes "rechts(erhöhungs)wirksam" berücksichtigt worden; die hiefür von der belangten Behörde angeführte Begründung sei nach wie vor nicht stichhältig.
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.
Wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Beschwerde gemäß Art. 131 oder 131a B-VG stattgegeben hat, so sind nach § 63 Abs. 1 VwGG die Verwaltungsbehörden verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen. Eine in diesem Sinne für die belangte Behörde verbindliche Rechtsansicht, die Gesamt-MdE des Beschwerdeführers sei gegenüber dem vom Verwaltungsgerichtshof aufgehobenen Bescheid der belangten Behörde vom 29. Juli 1988 zu erhöhen, hat der Verwaltungsgerichtshof nicht ausgesprochen. Zwar ist der Bescheid der belangten Behörde vom 29. Juli 1988 deswegen aufgehoben worden, weil die Einschätzung der Gesamt-MdE durch die belangte Behörde aus den oben angeführten Erwägungen nicht zur Gänze der dafür geltenden Vorschrift des § 3 der Richtsatzverordnung zum KOVG 1957 entsprochen hat, doch ergibt sich daraus keinesfalls zwingend die Notwendigkeit, einen im Spruch anders lautenden Bescheid (Neubemessung der Beschädigtenrente nach einer MdE von mindestens 90 %) zu erlassen.
Die belangte Behörde hat im fortgesetzten Verfahren ein Gutachten Dris. A eingeholt, in welchem insgesamt 11 Gesundheitsschädigungen beschrieben und einzeln mit ihrer MdE eingeschätzt worden sind. In diesem Gutachten sind auch die im erstinstanzlichen Bescheid ausgewiesenen Dienstbeschädigungen "Narbe im Bereich des linken Augenwinkels (nunmehrige Bezeichnung: Narbe am äußeren Lidwinkel (Augwinkel) links") und Periostveränderung der seitlichen Augenhöhlenwand nach Osteomyelitis" mit je 10 % MdE berücksichtigt worden. Diese beiden Dienstbeschädigungen sind auch bereits im Spruch des Bescheides der belangten Behörde vom 29. Juli 1988 angeführt gewesen; sie seien jedoch in der Begründung irrtümlicherweise nicht aufgeschienen. In der Begründung des nunmehr angefochtenen Bescheides sind die "mehreren Leiden" im Sinne des § 3 Richtsatzverordnung zum KOVG 1957 vollständig aufgezählt und der Gesamteinschätzung zugrunde gelegt worden.
Wie bereits ausgeführt, ist gemäß § 3 der zitierten Richtsatzverordnung zum KOVG 1957 bei der Einschätzung der MdE im Falle des Zusammentreffens mehrerer Dienstbeschädigungen von der Gesundheitsschädigung auszugehen, welche die höchste MdE ausmacht. Die belangte Behörde hat die Dienstbeschädigung 3) (Verlust des linken Auges bei akausaler Herabsetzung der Sehleistung am rechten Auge + Nachsatz wegen Verlust des Auges - MdE 40 %) als führende Dienstbeschädigung zum Ausgangspunkt gemacht. Sodann hat die belangte Behörde zutreffend geprüft, ob und inwieweit der durch die Gesamteinschätzung zu erfassende Gesamtleidenszustand infolge des Zusammenwirkens aller gemäß § 4 KOVG 1957 zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen eine höhere Einschätzung der MdE rechtfertigt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 3 der Richtsatzverordnung zum KOVG 1957 (vgl. etwa die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Oktober 1971, Zl. 562/71, und vom 14. Mai 1976, Zl. 911/75) ist die Gesamt-Einschätzung nicht aus der Summe der einzelnen MdE mit einem gewissen Abzug zu erstellen und auch nicht von einer wechselseitigen Leidensbeeinflussung abhängig, sondern von einem Zusammenwirken aller Dienstbeschädigungen in bezug auf die Erwerbsfähigkeit. Denn mehrere Dienstbeschädigungen können, auch wenn sie sich nicht gegenseitig beeinflussen, in ihrer Gesamtheit auf die Erwerbsfähigkeit nachteiliger einwirken als eine Dienstbeschädigung für sich allein. Gegenstand der Gesamteinschätzung ist daher die durch das Zusammenwirken mehrerer - wenn auch voneinander unabhängiger - Dienstbeschädigungen bewirkte Beeinträchtigung der gesamten körperlichen und seelischen Beschaffenheit des Geschädigten in Hinsicht auf das allgemeine Erwerbsleben. In dieser Richtung ist auch die belangte Behörde im vorliegenden Fall bei der Gesamteinschätzung der MdE des Beschwerdeführers vorgegangen. Sie hat sich diesbezüglich auf das von ihr eingeholte Gutachten Dris. A gestützt, der, ausgehend von der führenden Dienstbeschädigung (Dienstbeschädigung 3), auch die weiteren Dienstbeschädigungen in seine Gesamteinschätzung einbezogen hat und hiebei zu einem die führende Dienstbeschädigung um 40 v.H. übersteigenden Grad der MdE nach § 7 KOVG 1957 gekommen ist. Daß die vorliegende Geruchs- und Geschmacksstörung nicht geeignet gewesen ist, eine weitere Steigerung der Gesamt-MdE zu bewirken, hat Dr. A in schlüssiger Weise damit begründet, daß diese keine wesentliche Beeinträchtigung im Hinblick auf das allgemeine Erwerbsleben darstelle, wenn alle körperlichen und geistigen Arbeiten ohne Einschränkung durchführbar seien. Die Rüge des Beschwerdeführers, daß es unzulässig gewesen sei, erhöhte berufsspezifische Anforderungen eines Kochs auch nur beispielsweise bei der Einschätzung der MdE nach § 7 KOVG 1957 in Verbindung mit § 3 Richtsatzverordnung zu seinem Nachteil einfließen zu lassen, zeigt diesbezüglich keine Rechtswidrigkeit auf, weil Dr. A nur zur Verdeutlichung darauf hingewiesen hat, daß nach § 8 KOVG 1957 beispielsweise ein Koch sehr wohl durch diese beiden Dienstbeschädigungen (Geschmacksstörung und Geruchsverlust) beeinträchtigt wäre. Der Verwaltungsgerichtshof vermag somit nicht zu erkennen, daß der Beschwerdeführer dadurch in irgendeiner Weise benachteiligt worden wäre.
Wenn der Beschwerdeführer schließlich die Feststellung in der Begründung des angefochtenen Bescheides rügt, daß eine weitere Erhöhung der Gesamt-MdE nicht gerechtfertigt sei, weil keine negative Wechselwirkung zwischen der führenden Gesundheitsschädigung und den beiden Dienstbeschädigungen "Geschmacksstörung" und "Geruchsverlust" vorläge, so ist ihm zu erwidern, daß die belangte Behörde damit nicht etwa die Forderung nach einer wechselseitigen Beeinflussung der Dienstbeschädigungen aufgestellt hat, die in den Vorschriften über die Gesamteinschätzung (§ 3 der Richtsatzordnung zum KOVG 1957) keine Deckung finden würde.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch nicht zu erkennen, inwiefern der Beschwerdeführer in dem von ihm geltend gemachten Recht auf Einhaltung von Richtsätzen bei Bemessung der ihm gebührenden Beschädigtenrente verletzt worden sein soll.
Dem angefochtenen Bescheid haftet somit die in der Beschwerde behauptete Rechtswidrigkeit nicht an. Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. 1 B Z. 4 und 5 der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206/1989.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990090082.X00Im RIS seit
27.03.2001