TE Vwgh Erkenntnis 1990/12/13 90/09/0126

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Veröffentlicht am 13.12.1990
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

ZustG §17 Abs4;
ZustG §21 Abs2;
ZustG §4;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 90/09/0127

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, über die beiden Beschwerden des N gegen die Bescheide des Landeshauptmannes von Steiermark vom 27. Juni 1990, Zlen. 5 - 212 Sche 36/3 - 90 und 5 - 212 Sche 39/1 - 90, betreffend Zurückweisung von zwei Berufungen in Strafsachen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die beiden Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der HÖhe von insbesamt S 5.520,-- zu ersetzen.

Begründung

Mit zwei Straferkenntnissen des Magistrates Graz vom 13. März 1990 wurde über den Beschwerdeführer als den handelsrechtlichen Geschäftsführer der A-GmbH gemäß § 9 VStG 1950 wegen Übertretung des § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) betreffend je sechs ausländische Arbeitnehmer gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG in Verbindung mit § 16 VStG 1950 Geldstrafen in der Höhe von je insgesamt S 600.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen je 42 Tage) verhängt. Diese beiden Bescheide wurden dem Beschwerdeführer per Adresse seiner Dienstgeberfirma Z zugestellt und am 16. März 1990 beim Postamt 8051 Graz hinterlegt.

Am 23. März 1990 legte ein Angestellter der Firma A-GmbH (Mag. W) eine umfassende Vertretungsvollmacht für die gegen den Beschwerdeführer anhängigen bzw. auch für alle künftigen Verwaltungsstrafverfahren vor. Die Strafbehörde erster Instanz informierte daraufhin diesen Vertreter mit Schreiben vom gleichen Tage, zugestellt am 27. März 1990, davon, daß insgesamt vier Straferkenntnisse (darunter die beiden oben genannten) an den Beschwerdeführer durch Hinterlegung zugestellt worden seien. Hiezu äußerte sich Mag. W in einem als "Einspruch" bezeichneten Schriftsatz vom 27. März 1990, in dem er im wesentlichen vorbrachte, die Straferkenntnisse könnten von ihm nicht behoben werden und müßten neuerlich an ihn zugestellt werden.

Mit Schreiben der Strafbehörde erster Instanz vom 5. April 1990 wurde der Beschwerdeführer im Wege seines Vertreters davon in Kenntnis gesetzt, daß die beiden eingangs genannten Straferkenntnisse durch Hinterlegung rechtswirksam zugestellt worden seien und daher von ihm der Betrag von zwei Mal S 660.000,-- binnen acht Tagen zu zahlen sei.

Daraufhin legte der den Beschwerdeführer auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vertretende Rechtsanwalt mit Schriftsatz vom 13. April 1990 seine Vollmacht vor und erhob gleichzeitig Berufung gegen die beiden Straferkenntnisse. Außerdem beantragte der Vertreter des Beschwerdeführers Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in beiden Fällen; diese letzteren Anträge sind Gegenstand der hg. zu Zlen. 90/09/0157 und 90/09/0158 anhängigen Verfahren.

In seinen Berufungen machte der Vertreter des Beschwerdeführers in beiden Fällen gleichlautend geltend, er habe diese Rechtsmittel rechtzeitig erhoben. Die Hinterlegung bei einer Firma Z sei nicht gesetzmäßig gewesen, weil eine solche Firma gar nicht existiere; Dienstgeber des Beschwerdeführers sei vielmehr eine Z-GmbH Außerdem sei dem Beschwerdeführer die Hinterlegungsanzeige nicht zugekommen. Am Tag der Hinterlegung sei er nicht bei der prot. Fa. Z-GmbH gewesen, in der Folge sei er krank gewesen. Auch sei ihm die Hinterlegungsanzeige nie ausgefolgt worden und er habe auch sonst darüber keine Mitteilung erhalten.

Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden vom 27. Juni 1990 wurden - jeweils mit gleichlautender Begründung - die von Mag. W für den Beschwerdeführer eingebrachten Berufungen "als unbegründet zurückgewiesen" und die von Rechtsanwalt Dr. T für den Beschwerdeführer eingebrachten Berufungen "als verspätet zurückgewiesen". Die von Mag. W eingebrachten "Einsprüche" enthielten keine begründeten Begründungsanträge; hinsichtlich der von Dr. T eingebrachten Berufungen sei von rechtswirksamen Zustellungen der erstinstanzlichen Bescheide am 16. März 1990 auszugehen, die Frist für die Berufungen habe daher am 30. März 1990 geendet. Der Argumentation des Beschwerdeführers, daß es sein Dienstgeber verabsäumt habe, ihm die Hinterlegungsanzeigen auszufolgen, komme im Sinne des § 17 Abs. 4 des Zustellgesetzes keine rechtliche Bedeutung zu. Es falle dies nämlich in den Verantwortungsbereich des Beschwerdeführers, weshalb dieser auch die sich daraus ergebenden Folgen zu tragen habe.

Gegen diese beiden Bescheide richten sich die vorliegenden, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobenen Beschwerden. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinen Rechten auf Entscheidung über die Rechtzeitigkeit der Berufungen erst nach Entscheidung über seine Wiedereinsetzungsanträge, auf meritorische Behandlung seiner Berufung und auf ausreichende Begründung der Berufungsbescheide verletzt.

Die belangte Behörde hat in beiden Fällen die Verwaltungsakten vorgelegt und Gegenschriften erstattet, in denen sie die Abweisung der Beschwerden beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die beiden wegen ihres inneren Zusammenhanges zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:

Gegen die Zurückweisung der beiden völlig unbegründet gebliebenen, für den Beschwerdeführer von Mag. W eingebrachten "Einsprüche" wird in den Beschwerden nichts vorgebracht. Die Zurückweisung dieser beiden Schriftsätze steht mit dem Gesetz (§§ 61 Abs. 5, 63 Abs. 3 AVG 1950, § 24 VStG 1950) im Einklang.

Wenn die Beschwerden eine Rechtsverletzung darin erblicken, daß über die vom Rechtsanwalt des Beschwerdeführers eingebrachten Berufungen schon vor der Entscheidung über seine Wiedereinsetzungsanträge entschieden worden ist, und dabei auf "ständige Judikatur" des Verwaltungsgerichtshofes verweisen, dann übersehen sie, daß der Verwaltungsgerichtshof von dieser Rechtsprechung bereits mit dem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 23. Oktober 1986, Zl. 85/02/0251 = Slg. 12275/A, abgegangen ist.

Der Beschwerdeführer erblickt weiter eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide darin, daß nicht beachtet worden sei, daß seine Dienstgeberfirma die Z-GmbH und nicht eine Firma "Z" sei, es sei daher die Abgabestelle nicht im Sinne des § 4 des Zustellgesetzes korrekt bezeichnet worden. Tatsächlich sind die beiden Rückscheinbriefe an eine Adresse "N p.A. Firma Z, X-Straße", 8051 Graz" gerichtet. Der Verwaltungsgerichtshof hat keine Bedenken, diese Adressierung als für den Arbeitsplatz des Empfängers im Sinne des § 4 des Zustellgesetzes ausreichend zu erachten, zumal der Beschwerdeführer nicht vorgebracht hat, daß es diesbezüglich wegen der inkompletten Firmenbezeichnung seines Arbeitgebers zu Verwechslungen hätte kommen können. Der Beschwerdeführer bestreitet auch nicht, daß die Hinterlegungsanzeigen bei seinem Arbeitgeber zurückgelassen worden sind.

Der Beschwerdeführer macht ferner geltend, die belangte Behörde habe nicht beachtet und nicht nachgeprüft, daß er nach seiner Berufungsbehauptung am Tage der Hinterlegung nicht an der Abgabestelle und danach krank gewesen sei. Dem hält die belangte Behörde in ihren Gegenschriften mit Recht entgegen, daß das diesbezügliche (völlig unbescheinigt gebliebene) Berufungsvorbringen zur Annahme einer nach dem Zustellgesetz relevanten Ortsabwesenheit bzw. von deren Dauer nicht ausreichend konkretisiert worden ist. Da es sich vorliegendenfalls um eine Zustellung zu eigenen Handen des Beschwerdeführers handelte, waren gemäß § 21 Abs. 2 Zustellgesetz zwei Zustellversuche erforderlich. Demgegenüber ist in den Berufungen des Beschwerdeführers nur von einer Abwesenheit "am Tag der Hinterlegung" die Rede. Art, Schwere und Dauer der nachfolgenden Krankheit sind dem Vorbringen des Beschwerdeführers ebenfalls nicht zu entnehmen, weshalb selbst einer Annahme dieser behaupteten Krankheit als erwiesen, eine Behauptung darüber fehlen würde, wann der Beschwerdeführer an die Abgabestelle zurückgekehrt ist und ab welchem Tag er daher zur Behebung der hinterlegten Sendung in der Lage war.

Zu diesen Erwägungen tritt in den beiden Beschwerdefällen noch der Umstand, daß der mit einer unbeschränkten Vollmacht ausgestattete Vertreter des Beschwerdeführers, Mag. W, in seinen "Einsprüchen" selbst von einer Zustellung der beiden angefochtenen Bescheide am 16. März 1990 ausgegangen ist.

Soweit der Beschwerdeführer sich in seinen Beschwerden darauf bezieht, daß ihm die beiden Hinterlegungsanzeigen nicht zur Kenntnis gebracht und nicht ausgefolgt worden sind, ist er auf § 17 Abs. 4 des Zustellgesetzes zu verweisen, wonach die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung auch dann gültig ist, wenn die im Abs. 2 oder im § 21 Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde. Im übrigen ist der Beschwerdeführer hiezu auf die Erledigung seiner die Wiedereinsetzungsanträge betreffenden Beschwerden hinzuweisen.

Da nach all diesen Erwägungen die Zurückweisung der Berufungen des Beschwerdeführers dessen Rechte nicht verletzt hat, waren die beiden diesbezüglichen Beschwerden gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990090126.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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