TE Vfgh Erkenntnis 1988/6/9 B950/87

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Veröffentlicht am 09.06.1988
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
StGG Art5
Tir GVG 1983 §6 Abs1 litc
Tir GVG 1983 §8

Leitsatz

Keine Bedenken gegen §§4 Abs1 und 6 Abs1 litc GVG Tir; ergänzendes Ermittlungsverfahren und Vornahme der Interessenabwägung iS des §8 in Entsprechung des Erk. VfSlg. 10942/1986; keine denkunmögliche, keine willkürliche Anwendung

Spruch

1. Die Beschwerde des S H wird zurückgewiesen.

2. A D ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird daher abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1. Mit Kaufvertrag vom 1. Juli 1983 verkaufte S H, Bauer in Fügen, die Gp. ..., Wiese, in EZ ... KG Fügen im Ausmaß von

4.946 m2 an A D, Land- und Gastwirt in Fügen, zur landwirtschaftlichen Nutzung um einen Kaufpreis von S 500.000,--.

2.1. Mit Bescheid der Grundverkehrsbehörde Fügen vom 4. Jänner 1984 wurde diesem Rechtserwerb gemäß §§4 Abs1 und 6 Abs1 litc des Grundverkehrsgesetzes 1983, LGBl. für Tirol Nr. 69/1983 (künftig: GVG), die Zustimmung versagt.

2.2. Der dagegen von Käuferseite erhobenen Berufung wurde mit Bescheid der Landesgrundverkehrsbehörde beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 21. August 1984, Z LGv-977/5, keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid gemäß §66 Abs4 AVG 1950 bestätigt.

2.3. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde gab der VfGH - nach Durchführung eines Gesetzesprüfungsverfahrens hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Zusammensetzung der Landesgrundverkehrsbehörde (vgl. insbesondere VfSlg. 10639/85, 10696/85 ua.) - mit Erkenntnis VfSlg. 10942/1986 wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz Folge und hob den angefochtenen Bescheid auf.

Das Erkenntnis ist im wesentlichen wie folgt begründet:

"... Es ist - bei einer sachlichen Betrachtung der maßgeblichen Fragen - im vorliegenden Fall nicht zu übersehen, daß die Frage, ob die Abtrennung des Kaufobjektes vom landwirtschaftlichen Besitz des Verkäufers einen wesentlichen Bestandteil dieses Besitzes zum Gegenstand hat und ob dieser noch lebensfähig bleibt (§5 Z1 GVG), in einer engen Beziehung zur Frage steht, ob die Zustimmung zum Verkauf mit Rücksicht auf die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse des Verkäufers zu erteilen ist, weil ansonsten der gänzliche Verfall des Gutes unabwendbar wäre (§8 Abs1 GVG), was nur durch eine Interessenabwägung gelöst werden kann. Die bel. Beh. hat die Rechtslage in diesem entscheidenden Punkt verkannt und hiezu Gründe und Gegengründe in keiner Weise abgewogen; sie hat zudem auch so gut wie überhaupt kein Ermittlungsverfahren durchgeführt. ...

         Inwiefern das Kaufobjekt ... zur Erhaltung der

Lebensfähigkeit des landwirtschaftlichen Gutes des Verkäufers

benötigt wird und inwiefern der Erlös aus einem Verkauf für die

Verhinderung des Verfalles dieses Gutes Bedeutung besitzt, wird

... im fortgesetzten Verfahren zu klären sein.

Die bel. Beh. hat sich aber auch mit der Frage einer künftigen Selbstbewirtschaftung durch den Käufer kaum befaßt und in einer Weise beantwortet, die in der Aktenlage keine Deckung findet.

...

Im angefochtenen Bescheid findet schließlich aber auch eine vom Käufer gemäß §45 Abs3 AVG 1950 abgegebene

Stellungnahme keine Berücksichtigung, aus der hervorgeht, daß er inzwischen bereits Vieh erworben hat, weil ihm der beabsichtigte Grunderwerb ermögliche, das Vieh über das ganze Jahr zu halten, während ihm bisher ein Ätzen des Viehs im Frühjahr und Herbst nicht möglich gewesen sei.

Die bel. Beh. hat diese Ermittlungsergebnisse im angefochtenen Bescheid übergangen und hat somit auch insoferne Gründe und Gegengründe, die für das Ergebnis maßgeblich sind, einander nicht gegenübergestellt. Damit ist die bel. Beh. in entscheidenden Punkten unter gleichzeitiger Ignorierung des Parteivorbringens vom Inhalt der Akten leichtfertig abgegangen."

3.1. Im fortgesetzten Verfahren wurden über Auftrag der bel. Beh. von der Abteilung IIId2 der Tiroler Landesregierung ergänzende Erhebungen durchgeführt und sodann von dieser eine Stellungnahme abgegeben, die im wesentlichen folgenden Inhalt hat:

"Als Eigentümer des 7,6431 ha landwirtschaftliche Nutzfläche umfassenden Hofes "..." war S H genötigt, das stark baufällige und durch Schneedruck teilweise zerstörte alte Wirtschaftsgebäude im Jahre 1981/82 durch einen Neubau zu ersetzen.

Dabei wurden die Maurer- und Zimmermannsarbeiten an eine örtliche Baufirma zum Pauschalpreis von S 1.400.000,-- übergeben. Der gesamte Baraufwand für den Wirtschaftsgebäudeneubau wird von S H jun. mit ca. S 2.000.000,-- beziffert. Da keine selbst erwirtschafteten bzw. angesparten Barmittel zur Finanzierung des Bauvorhabens vorhanden waren, verkaufte H mit Kaufvertrag vom 3.6.1981 die durch Teilung neu gebildete Gp. 3446/2 im Ausmaß von 516 m2 an R G zum Preis von S 309.600,-- und mit dem gegenständlichen Kaufvertrag vom 11.7.1983 an A D die Gp. 3430 zum Preis von S 500.000,--.

Weiters wurde zur Finanzierung des betreffenden Wirtschaftsgebäudeneubaues am 16.12.1981 ein Agrarinvestitionskredit über den Landeskulturfonds in Höhe von S 450.000,-- und am 29.6.1982 in Höhe von S 500.000,-- mit jeweils 15-jähriger Laufzeit genehmigt und am 16.4. bzw. 26.9.1982 ausbezahlt.

         Überdies verkaufte Huber mit Kaufvertrag vom 8.10.1985

die Bp. ... plus Gp. ... mit insgesamt  1.145 m2 an M und P R

zum Preis von S 1.025.600,--. Dieser Betrag ... wurde vor einigen

Tagen über die Raika Fügen ausbezahlt.

         Trotz Abbuchung dieses Betrages verbleiben dort noch

insgesamt S 398.200,20 ... an Verbindlichkeiten. Bei der

Sparkasse Schwaz besteht ... ein Schuldenstand von S 529.413,--.

Beim Landeskulturfonds für Tirol haften die beiden vorgenannten Agrarinvestitionskredite mit S 429.983,31 und S 365.997,63 aus. Daraus ergibt sich ein Gesamtschuldenstand von S 1.723.594,14. Als Begründung für den trotz der getätigten Grundverkäufe noch bestehenden hohen Schuldenstand nennt H, außer dem Wirtschaftsgebäudeneubau, den Bau einer Jauchengrube und Düngerstätte, den Ankauf eines Traktors mit Mähwerk, eines Kreiselheuers, hohe Bankzinsen sowie Wechselspesen etc.

Unabhängig von der hohen Verschuldung ist eine Paragraph 8 Situation bzw. die zwingende Notwendigkeit zum Verkauf der betreffenden Grundparzelle an A D insofern nicht gegeben, da einerseits die Möglichkeit besteht im Flächenwidmungsplan als Mischgebiet gewidmeten Grund für Bauzwecke zu einem mehrfach höheren Quadratmeterpreis zu verkaufen und andererseits weitere benachbarte Bauern an einem Erwerb zu den gleichen Bedingungen interessiert sind.

Die mit Abtretung der Kauffläche verbundene Flächenreduzierung ist für den Hof '...' nicht unbedingt existenzentscheidend, aber aus folgenden Gründen von besonderer Bedeutung. Um zur Finanzierung des Wirtschaftsgebäudeneubaues möglichst wenig Grund verkaufen zu müssen (laut Finanzierungskonzept 2 Bauplätze) wurde seinerzeit der höchstmögliche Agrarinvestitionskredit gewährt und die Planung entsprechend der vorhandenen Flächen dimensioniert. Eine nachträgliche Verminderung der landwirtschaftlichen Nutzfläche bedingt (falls sie nicht durch Zupachtung ausgeglichen wird) eine Reduzierung des Viehstandes und damit eine Überdimensionierung bei Gebäuden und Maschinen. Weiters eine Verminderung der eigenen Futterbasis und damit eine Reduzierung des Viehstandes (soferne nicht durch Zukauffutter ausgeglichen wird), die wiederum eine Einkommensreduzierung zur Folge hat. Tritt dies ein, so besteht große Gefahr, daß die Rückzahlungsverpflichtungen nicht mehr erfüllt werden können.

H hat das Kaufgrundstück bisher selbst weiterbewirtschaftet, obwohl die Übergabe und Übernahme in Punkt II des Kaufvertrages mit 1.7.1983 festgelegt war ...

Der Käufer A D erbte von seinem am 16.2.1939 verstorbenen Vater ein 1/3 Anteil (ebenso die beiden Brüder J und L je 1/3 Anteil) an der Gartalpe in Ezl. 123 II KG. Fügenberg mit einer Eigentumsfläche von 74,1086 ha Alpe und 144 m2 Baufläche. Damit verbunden sind Holzbezugs- und Weiderechte auf Gpn. 1206 und 1219 Wald von 40,6037 ha.

A D gibt an, er habe die Alpe bisher selbst bewirtschaftet; es werden derzeit ca. 30 Kühe und 40 Stück Jungvieh aufgetrieben; er kaufe jeweils vor Almauftrieb einige Kühe (1986 = 6 Kühe, 1985 = 4 Kühe, früher 8 bis 10 Kühe), die er im Herbst nach dem Almabtrieb mangels eigener Futterbasis verkaufen müsse.

Im Alpbuch scheint jedoch A E, 'Wasserfischer', in Straß Nr. 29 ab 1976 als Bewirtschafter auf, der auch den Alpkostenzuschuß ausbezahlt erhielt. ...

...

Nach Auskunft der Gemeinde hat A D nie Vieh gemeldet, weshalb weder in den Viehzählungslisten noch in den Tierbestandsblättern jemals ein Vieh aufscheint.

A D ist Eigentümer des Gast- und Pensionsbetriebes 'Hubertus' in Pankrazberg Nr. ..., wo er auch seinen Wohnsitz hat. Zudem führt er die Jausenstation auf der Gartalm. Somit steht außer Zweifel, daß D den Sommer über viel auf der Alm tätig ist, wobei sich aber kaum beurteilen läßt, wieviel an Arbeitszeit auf den Jausenstationsbetrieb bzw. auf die eigentliche Almbewirtschaftung entfällt.

A D ist weiters Eigentümer der Liegenschaft in Ezl. ... KG. Fügen, bestehend aus Bp. ... Wohnhaus und Gp. ... Wiese im Ausmaß von insgesamt 1200 m2. An das Wohnhaus angebaut ist ein kleines Wirtschaftsgebäude mit zwei kleinen Stallräumen für insgesamt ca. 8 Stück Rindvieh und darüberliegendem kleinen Heubergeraum. In diesem Wirtschaftsgebäude hält D, nach Aussage von befragten Nachbarn, seit langem kein Vieh mehr. Schließlich ist A D auch Eigentümer der Gp. ... Wiese im Ausmaß von 4589 m2, die er mit Kaufvertrag vom 22.8.1968 von F E, Bauer zu 'K...' in Pankrazberg Nr. 17, kaufte.

Das gegenständliche Kaufgeschäft bewirkt einerseits die Schwächung eines geschlossenen Hofes an der Existenzuntergrenze und andererseits die Entstehung eines landwirtschaftlichen Kleinstbetriebes, die ebenfalls als Agrarstrukturverschlechterung durch Zersplitterung zu beurteilen ist."

3.2. Bei der am 9. April 1987 von der bel. Beh. durchgeführten mündlichen Verhandlung brachte A D nach Verlesung dieser Stellungnahme vor, "es sei richtig, daß derzeit der Bauer E aus Straß sein Vieh auf die 'Gartalpe' auftreibe. Er kaufe ... jedes Jahr zwischen 4 und 8 Stück Vieh an, um es auf der Gartalm zu sömmern.

Diese Tiere müßte er ... im Herbst immer wieder verkaufen, da er ja selbst keine landwirtschaftl. Nutzflächen in Tallage besitzt. Mit dem Ankauf dieses Grundstückes habe er ... nun die Möglichkeit, diese Tiere zumindest nach der Alpzeit noch einige Zeit zu behalten. Derzeit halte er nur eine Kuh, die in Pankrazberg bei einem Bauern eingestellt sei."

3.3. Mit dem angefochtenen Bescheid der Landesgrundverkehrsbehörde beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 22. Juni 1987, Z LGv-977/15-84, wurde die Berufung neuerlich als unbegründet abgewiesen.

Dies wurde im wesentlichen wie folgt begründet.

         "Nach Meinung der erkennenden Behörde vermögen ... weder

die schriftlichen Eingaben des rechtsfreundlich vertretenen

Gesuchstellers im Verwaltungsverfahren noch dessen Erklärungen im

Rahmen der mündlichen Verhandlung die Besorgnis im Sinne des §6

Abs1 litc GVG zu zerstreuen, ... Es mag zwar zutreffen, daß der

Berufungswerber 'jedes Jahr zwischen 4 und 8 Stück Vieh auf der sog. Gartalpe sömmert', allein damit ist noch keineswegs dargetan, daß er auch das Kaufgrundstück im Rahmen eines landbzw. forstwirtschaftlichen Betriebes, worunter in diesem Zusammenhang nur eine organisatorische Einheit verstanden werden kann ... selbst bewirtschaften wird. Insbesondere wurden seitens des Rechtsmittelwerbers auch nie die Gründe dafür genannt, warum er das Kaufgrundstück nach wie vor vom bisherigen Eigentümer bewirtschaften läßt, gleichwohl die Übergabe und Übernahme der Vertragsliegenschaft zufolge Pkt. II des Kaufvertrages mit 1.7.1983 festgelegt wurde ... Keine Bestätigung fand im Verwaltungsverfahren schließlich auch der Hinweis des Rechtsmittelwerbers auf die (Selbst-)Bewirtschaftung der sog. Gartalpe, zumal seitens des Rechtsmittelwerbers auf Befragen im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung eingeräumt wurde, daß die Alpe vornehmlich vom Bauern E. aus Straß bewirtschaftet werde und dieser hiefür auch den Alpkostenzuschuß erhalte.

         Bei dieser Sachlage kann aber ... der Vorinstanz nicht

entgegengetreten werden, wenn sie die Besorgnis im Sinne des §6

Abs1 litc GVG für gegeben erachtete, daß das

Vertragsgrundstück ... nicht im Rahmen eines land- bzw.

forstwirtschaftlichen Betriebes selbst bewirtschaftet werde bzw. der Rechtserwerb auch den im §4 Abs1 GVG normierten Schutzinteressen widerspreche.

Dieser Schluß erscheint insbesondere auch deswegen gerechtfertigt, weil auch bei einem Zukauf der verfahrensgegenständlichen Grundläche auf Käuferseite noch keine Grundlage für einen leistungsfähigen, wirtschaftlich gesunden bäuerlichen Betrieb geschaffen werden kann. ...

Dazu kommt noch, daß nach der gutachtlichen Äußerung des landwirtschaftlichen Amtssachverständigen beim Amt der Landesregierung die in Frage stehende Grundfläche für den Verkäuferbetrieb von besonderer Bedeutung ist. ... Die erkennende Behörde sieht in diesem Zusammenhang keine Veranlassung, die Richtigkeit und Schlüssigkeit dieser gutachtlichen Äußerung in irgendeiner Weise in Zweifel zu ziehen, zumal der Berufungswerber diesen Ausführungen des Sachverständigen im Ergebnis nur entgegengehalten hat, daß es sich um ein landwirtschaftlich nicht sehr wertvolles Grundstück handle. ... Damit muß aber sachverhaltsbezogen weiters davon ausgegangen werden, daß mit dem in Rede stehenden Rechtserwerb die gegenwärtige Bodenordnung in eine agrarpolitisch unerwünschte Richtung verändert wird ('Schwächung eines geschlossenen Hofes an der Existenzuntergrenze') ...

         Im Lichte der Bestimmung des §8 GVG 1983 wäre

allerdings auch losgelöst und ungeachtet des Vorliegens eines

Widerspruchs zu den §§4 - 6 GVG 1983 eine Zustimmung zur Übertragung

des Eigentums auf Grund eines Kaufvertrages denkbar, wenn sie mit

Rücksicht auf die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse

des Besitzers zur Vermeidung des gänzlichen Verfalles des Gutes

unabwendbar ist. Der im Rahmen des ergänzenden Ermittlungsverfahrens

hiezu vom Amtssachverständigen festgestellte Sachverhalt, daß

einerseits die Möglichkeit bestehe, den im Flächenwidmungsplan als

Mischgebiet gewidmeten Grund für Bauzwecke zu einem mehrfach höheren

Quadratmeterpreis zu verkaufen und andererseits weitere benachbarte

Bauern ('geeignete Käufer' im Sinne des §8 GVG) am Erwerb zu den

gleichen Bedingungen interessiert sind, rechtfertigen indes die

Annahme des Vorliegens der (Zustimmungs-)Voraussetzungen nach §8 GVG

1983 nicht. ... Zumindest kann aber bei einer derartigen Situation

... nicht davon gesprochen werden, daß dem hier zur Genehmigung

anstehenden Grundstückverkauf das Moment der 'Unabwendbarkeit' im Sinne des §8 Abs1 GVG 1983 anhaftet."

4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, an den VfGH gerichtete Beschwerde beider Vertragsteile, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz geltend gemacht wird.

Die bel. Beh. hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Zurückweisung der Beschwerde des Simon Huber und die Abweisung der Beschwerde des Anton Dornauer beantragt.

5. Der VfGH hat über die Beschwerde erwogen:

5.1. Was die vorliegende Beschwerde des S H betrifft, ist der bel. Beh. beizupflichten, daß er den angefochtenen Bescheid nicht bekämpfen kann, da er keine Berufung erhob und die (unveränderte) Rechtslage durch den angefochtenen Bescheid nicht zu seinem Nachteil verändert wurde. Seine Beschwerde ist daher zurückzuweisen.

5.2. Hingegen ist die Beschwerde des A D zulässig, jedoch nicht begründet:

5.2.1. Die Beschwerde erhebt zunächst den Vorwurf, daß die bel. Beh. wohl ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durchgeführt, dessen Ergebnisse jedoch den Berufungswerbern nie zur Kenntnis gebracht habe, sodaß eine Verletzung von Verfahrensrechten vorliege. Die bel. Beh. habe sich mit den in der Berufung aufgeworfenen Fragen auch im zweiten Verfahrensgang nicht auseinandergesetzt und den erhobenen Sachverhalt in Verkennung der Rechtslage gewürdigt und im Widerspruch zu den Rechtsvorschriften gelöst. Zu Unrecht bezweifle nämlich die bel. Beh., daß der Bf. die Kaufliegenschaft landwirtschaftlich nutzen werde, obwohl objektive Merkmale durchaus für seine Glaubwürdigkeit sprächen. Zudem habe ja auch die Grundverkehrsbehörde die Möglichkeit, entsprechende Auflagen zu erteilen. Der Vorwurf, daß er das in Rede stehende Grundstück noch nicht übernommen habe, sei paradox, da ja derzeit ein nichtiger Vertrag vorliege. Auch die Ausführungen des angefochtenen Bescheides, daß der Verkäufer das Verkaufsobjekt unbedingt zur Bewirtschaftung seines Hofes benötige, gingen ins Leere. Es handle sich um einen Wiesengrund mit kargem Wuchs, der vom Hof des Verkäufers aus nur schwer bewirtschaftet werden könne, sich aber in nächster Nähe der Hofstelle des Erwerbers befinde. Die relativ geringfügige Verkleinerung des landwirtschaftlichen Grundes des Verkäufers könne von diesem leicht dadurch neutralisiert werden, daß er Heu zukaufe. Müsse dieser aber den bezahlten Kaufpreis zurückbezahlen, dann bestehe für ihn die Gefahr, daß in absehbarer Zeit seine Wirtschaftsgebäude leer stünden. Soweit die bel. Beh. auf die theoretische Möglichkeit des Verkäufers verweise,

Baugrundverkäufe auszuführen, müßten Käufer erst einmal gefunden werden.

5.2.2. Der angefochtene Bescheid greift in das Eigentumsrecht ein. Dieser Eingriff wäre nach der ständigen Judikatur des VfGH (zB VfSlg. 10356/1985, 10482/1985) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte, oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche

Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre.

Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 10516/1985) durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nur verletzt werden, wenn dieser auf einer mit dem Gleichheitsgebot in Widerspruch stehenden Rechtsgrundlage beruht oder wenn die Behörde Willkür geübt hat.

Bei der Unbedenklichkeit der angewendeten

Rechtsgrundlagen (vgl. insbesondere das Vorerkenntnis des VfGH VfSlg. 10942/1986) käme eine Verletzung des Eigentumsrechtes nur im Falle einer denkunmöglichen Anwendung des Gesetzes, eine Verletzung des Gleichheitsrechtes nur im Falle von Willkür in Frage.

Beides liegt nicht vor.

Die bel. Beh. hat in Entsprechung der Ausführungen des Vorerkenntnisses ein eingehendes ergänzendes Ermittlungsverfahren durchgeführt und die vom Gesetz geforderte Interessenabwägung vorgenommen. Eine in die Verfassungssphäre reichende Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt offenkundig nicht vor. Wenn die Beschwerde die Würdigung der Verfahrensergebnisse damit bekämpft, "objektive Merkmale" sprächen für die Glaubwürdigkeit der Aussagen des Käufers, wird damit lediglich geltend gemacht, daß die bel. Beh. Beweise falsch gewürdigt und damit unrichtig entschieden habe. Auch der Beschwerdevorwurf, es sei paradox, wenn die bel. Beh. dem Bf. anlaste, daß er das in Rede stehende Grundstück noch nicht selbst bewirtschaftet habe, weil der Vertrag mangels Zustimmung ja nichtig sei, ist nicht zielführend, da die bel. Beh. im angefochtenen Bescheid die Besorgnis, eine Selbstbewirtschaftung werde durch den Käufer nicht erfolgen, keineswegs allein damit begründete, sondern primär damit, daß der Bf. als Bewirtschafter der Gartalpe im Alpbuch nicht aufscheine. Diese Überlegungen der bel. Beh. sind schon deshalb nicht von der Hand zu weisen, weil der Bf. bei der Berufungsverhandlung selbst ausführte, "daß derzeit der Bauer E aus Straß sein Vieh auf die 'Gartalpe' auftreibe". Die bel. Beh. hat sich aber auch mit der wirtschaftlichen Situation des Verkäufers eingehend auseinandergesetzt und eine Abwägung im Sinne des §8 GVG vorgenommen. Dem Argument der bel. Beh., der Verkäufer könne anstelle des in Rede stehenden Grundstückes Baugrund verkaufen, hält die Beschwerde nur entgegen, daß "Käufer erst einmal gefunden werden" müßten. Der bel. Beh. kann damit auch insoferne nicht mehr der Vorwurf gemacht werden, kein Ermittlungsverfahren zu den im Verfahren wesentlichen Fragen durchgeführt und das Vorbringen der Vertragsparteien übergangen zu haben. Auch die vorgenommene Abwägung ist jedenfalls nicht unvertretbar.

Ob die Behörde richtig entschieden hat, hat der VfGH nicht zu prüfen.

Die behauptete Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz liegt demnach nicht vor.

5.2.3. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Bf. in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, daß er in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

6. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z1 und 2 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

VfGH / Legitimation

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1988:B950.1987

Dokumentnummer

JFT_10119391_87B00950_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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