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L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §13 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte Dr. Würth und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde 1) des KM und 2) der HM gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 13. September 1990, Zl. A 17-K-5.574/1990-3 (mitbeteiligte Partei: A-Gesellschaft m.b.H. & Co KG), betreffend Einwendungen gegen eine Widmungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus dem Vorbringen der Beschwerde im Zusammenhalt mit dem Inhalt des vorgelegten angefochtenen Bescheides ergibt sich nachstehender Sachverhalt:
Mit dem namens des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz ergangenen Bescheid vom 22. Juni 1990 wurde der mitbeteiligten Partei eine Widmungsänderungsbewilligung für die Grundstücke Nr. nnn1 und nnn2, EZ nnn, KG G, erteilt. In dieser wurde antragsgemäß eine Widmung für alle Bauten, die in reinen Wohngebieten im Sinne des § 23 Abs. 5 lit. a des Stmk. Raumordnungsgesetzes (ROG) zulässig seien, erteilt und dabei zwar die Bebauungsdichte, nicht aber auch der Bebauungsgrad festgesetzt.
In der dagegen erhobenen Berufung bekämpften die Beschwerdeführer das Fehlen der Konkretisierung der Widmung, da nach der vorgesehenen Widmung auch Kindergärten, Schulen, Kirchen usw. möglich seien, was für die Beurteilung allfälliger Immissionen, die die Nachbarn treffen könnten, einen wesentlichen Unterschied mache. Auch habe es die Behörde gesetzwidrig unterlassen, den Bebauungsgrad festzustellen.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführer keine Folge. Begründend führte sie aus, daß zwar sowohl bei der Festsetzung des Verwendungszweckes als auch des Bebauungsgrades dem Nachbarn ein subjektiv-öffentliches Mitspracherecht zur Seite stehe, dies allerdings nur so weit, als sich diese Festsetzungen im Rahmen des Antrages (die Widmungsänderungsbewilligung sei bekanntlich ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt) hielten, was für den Bebauungsgrad im vorliegenden Fall nicht zutreffe, und überdies nur so weit, als der Behörde ein Planungsermessen zustehe, das ihr bei einer von den Beschwerdeführern intendierten Beschränkung des Verwendungszweckes gegenüber der jeweiligen Legaldefinition der Gebietskategorie nach dem Flächenwidmungsplan gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle; dabei wurde auf das hg. Erkenntnis vom 25. April 1979, Zlen. 2439/77 und 2095/78, verwiesen. Dementsprechend müßten die Angaben über den Verwendungszweck der vorgesehenen Bauten so weit präzisiert und konkretisiert werden, daß die Widmungsbehörde in die Lage versetzt werde, den beabsichtigten Verwendungszweck ("Betriebstype") auf seine Übereinstimmung mit der Widmungskategorie zu überprüfen, ohne daß sie selbst - falls das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens eine solche Übereinstimmung erweise - eine Einschränkung des Verwendungszweckes der Gebietskategorie - im vorliegenden Fall noch dazu antragswidrig - vornehmen dürfe. Da dem Bewilligungswerber ein Rechtsanspruch auf alle in der jeweiligen Widmungskategorie genannten Verwendungszwecke zustehe, könne dadurch der Nachbar in seinen Nachbarrechten nicht berührt werden. Um die Veränderung bzw. Festsetzung des Bebauungsgrades sei nicht angesucht worden.
Im übrigen verwies die belangte Behörde auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach mangels Festsetzung der Bebauungsweise, der Bebauungsdichte und des Bebauungsgrades in der Widmungsbewilligung trotz des darin gelegenen Verstoßes gegen § 3 Abs. 3 BO damit kein Eingriff in Nachbarrechte erfolge; dem Nachbarn blieben alle subjektiv-öffentlichen Rechte für ein späteres Baubewilligungsverfahren gewahrt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Die Beschwerdeführer erachten sich nach ihren Ausführungen dadurch beschwert, daß die zulässige Verwendung gegenüber dem Begriff des "reinen Wohngebietes" in der Widmungsbewilligung nicht eingeschränkt worden ist, sowie durch die Nichtfestsetzung des Bebauungsgrades.
Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG zusammengesetzten Senat erwogen:
Gemäß § 3 Abs. 2 der Stmk. Bauordnung 1968 (BO) in der Fassung LGBl. Nr. 14/1989 ist eine Widmungsbewilligung zu erteilen, wenn die im § 1 sowie die im Raumordnungsgesetz 1974, LGBl. Nr. 127, in der jeweils geltenden Fassung (ROG), genannten Voraussetzungen für eine Widmung vorliegen. Gemäß § 3 Abs. 3 BO sind in der Widmungsbewilligung der Verwendungszweck der Bauten, die Straßenfluchtlinien, die Baufluchtlinien, die Baugrenzlinien, die Höhenlage der Bauwerke und angrenzenden Verkehrsflächen, die Bebauungsweise, die Bebauungsdichte, der Bebauungsgrad, das Mindest- und Höchstmaß der Gebäudehöhe, die Abstände von anderen Gebäuden und von den Grundgrenzen, Lage und Größe der Freiflächen, die Grundabtretung für Verkehrsflächen sowie die von der Widmung erfaßte Grundfläche festzusetzen.
Nach dem gemäß § 3 Abs. 1 letzter Satz leg. cit. auch im Widmungsverfahren anzuwendenden § 61 Abs. 2 BO kann der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen. In der Folge werden dann jene Bestimmungen taxativ aufgezählt, die darunter fallen können. Dabei kommt nach der Art der zu erteilenden Bewilligung, wie schon die belangte Behörde richtig erkannt hat, lediglich das Planungsermessen bei Festlegung der Bebauungsgrundlagen nach § 3 Abs. 3 BO in Betracht. Allerdings hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, zu der die Beschwerdeführer nicht einmal Stellung nehmen, dargelegt, daß durch die Nichtfestsetzung von Bebauungsbestimmungen entgegen § 3 Abs. 3 BO keine Nachbarrechte verletzt werden können, weil es dem Nachbarn ja freisteht, im Verfahren über die Baubewilligung die naturgemäß konkreteren Festsetzungen entsprechend zu bekämpfen.
Zum normativen Inhalt des § 3 Abs. 2 BO in der Urfassung, der dem des § 3 Abs. 3 in der Fassung der Novelle praktisch entspricht, hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem grundlegenden Erkenntnis vom 13. Juni 1979, Zl. 2660/77, Slg. Nr. 9874/A, dargelegt, daß der Widmungsbewilligung eine doppelte Funktion zukomme. Einerseits handle es sich um einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt (dazu das hg. Erkenntnis Slg. Nr. 8303/A), wie sich insbesondere aus § 2 BO ergebe, andererseits seien in der Widmungsbewilligung nach § 3 Abs. 2 BO "Festsetzungen" durch die Behörde vorzunehmen, die eine Antragstellung durch den Widmungswerber weder erfordern noch einer solchen zugänglich sind. Die sich aus dem im § 3 Abs. 2 BO einheitlich verwendeten Terminus "Festsetzung" ergebenden Auslegungsschwierigkeiten seien dabei im Zusammenhang mit den übrigen Normen über die Widmung zu lösen. So ergebe sich insbesondere aus dem Einleitungssatz des § 3 Abs. 2 BO (entspricht etwa § 3 Abs. 2 erster Satz BO in der novellierten Fassung), daß die Widmungsbewilligung zu erteilen sei, wenn die Voraussetzungen nach § 1 BO vorlägen. Nach der novellierten Fassung wird überdies noch auf Flächenwidmungs- und Bebauungsplan ausdrücklich Bezug genommen. Dementsprechend sei die "Festsetzung" von Bauplätzen im Gegensatz zu anderen "Festsetzungen im Sinn des § 3 Abs. 2 BO" nicht Ausfluß des Planungsermessens der Behörde; diese habe vielmehr, sofern sich keine gesetzlichen Hindernisse ergäben, die Widmung zu bewilligen. Das Wort "Festsetzung" habe je nach dem Inhalt der Regelung einerseits eine bloß feststellende Bedeutung, wie etwa bei der von der Widmung erfaßten Grundfläche, aber auch dort, wo die bereits in einem Bebauungsplan festgelegten Straßenfluchtlinien, Baufluchtlinien, Baugrenzlinien etc. nur mehr wiedergegeben werden könnten; wo hingegen mangels genereller Normen (Flächennutzungs- bzw. Flächenwidmungspläne, Bebauungspläne) diese Grundlagen nicht vorgegeben seien, erfolge eine echte (konstitutive) "Festsetzung" durch die Baubehörde im Widmungsbescheid. Damit reduziere sich der zweite Satz des § 3 Abs. 2 BO auf einen an die Behörde gerichteten Auftrag, die darin genannten Angaben in die Widmungsbewilligung aufzunehmen, gleichgültig, ob ihnen nur feststellender Charakter zukommt, oder ob es sich um die eigentlichen "Festsetzungen" im Rahmen oder anstelle von Flächenwidmungs- oder Bebauungsplänen handelt.
Der belangten Behörde kann daher nicht zugestimmt werden, daß der Bebauungsgrad mangels entsprechenden Antrages nicht hätte festgesetzt werden können; dabei handelt es sich nämlich eindeutig um eine Festsetzung im Rahmen des der Behörde eingeräumten Planungsermessens; für das Ergebnis der Beschwerde ist dies jedoch mangels Verletzung von Rechten der Beschwerdeführer bedeutungslos.
Der Verwendungszweck der Bauten ist hingegen ebenso wie der Umfang des Baugrundes vom Antrag der Widmungswerber abhängig. Beantragen sie daher eine Widmung für alle nach der Widmungskategorie "reines Wohngebiet" vorgesehenen Nutzungen, so ist die Behörde nach § 3 Abs. 3 erster Satz BO verpflichtet, diese vorgesehene Nutzung in die Widmungsbewilligung aufzunehmen, da ihr diesbezüglich (infolge Vorliegens eines Flächenwidmungsplanes, der die Art der Nutzung bindend festlegt) kein Planungsermessen mehr zusteht.
Der Verwaltungsgerichtshof kann auch nicht erkennen, worin eine Verletzung von Rechten der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang liegen könnte, da infolge der bindenden Vorschrift des Flächenwidmungsplanes die Nachbarn Nutzungen, die dem Flächenwidmungsplan entsprechen, ohne Rücksicht auf die sich allenfalls dadurch ergebenden größeren oder geringeren Immissionen zu dulden haben. Da ja mangels konkreten Projektes auch noch keine Abstände festgelegt wurden, steht es den Nachbarn auch hier frei, im Baubewilligungsverfahren im Falle einer zu erwartenden, das ortsübliche Ausmaß übersteigenden Belästigung größere Abstände im Sinne des § 4 Abs. 3 BO zu begehren.
Da sich bereits aus den Ausführungen der Beschwerde ergibt, daß durch den angefochtenen Bescheid Rechte der Beschwerdeführer nicht verletzt wurden, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Ermessen besondere Rechtsgebiete Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete Baurecht Parteiengehör AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990060187.X00Im RIS seit
11.07.2001