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24/01 Strafgesetzbuch;Norm
AVG §45 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Präsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Pichler und Dr. Domittner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hollinger, über die Beschwerde des Josef N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 24. Jänner 1986, Zl. MA 70-X/Sch 129/85/Str, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 24. Jänner 1986 erkannte der Landeshauptmann von Wien den Beschwerdeführer schuldig, er habe am 29. Juli 1985 um 7.15 Uhr in Wien XX, X-Gasse n1, einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw gelenkt, obwohl er nicht im Besitz einer Lenkerberechtigung sei. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 64 Abs. 1 KFG 1967 (KFG) begangen. Gemäß § 134 leg. cit. wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe, im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzarreststrafe verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer wendet sich ausschließlich gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde.
In Ansehung der Beweiswürdigung ist die verwaltungsgerichtliche Prüfungsbefugnis dahingehend beschränkt, ob die Behörde den Sachverhalt genügend erhoben hat und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind (vgl. dazu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053).
Die belangte Behörde gründete ihre Annahme, der Beschwerdeführer habe die ihm angelastete Verwaltungsübertretung begangen, auf die Anzeige und Zeugenaussage des Meldungslegers. In seiner Anzeige vom 29. Juli 1985 führte der Meldungsleger im wesentlichen aus, er habe während seines Streifendienstes bemerkt, daß der Beschwerdeführer mit einem näher bezeichneten Pkw in Wien XX, X-Gasse von der Wallensteinstraße kommend Richtung Z-Gasse gefahren sei. Der Beschwerdeführer sei nicht im Besitz einer Lenkerberechtigung und habe er ihn "diesbezüglich" bereits wiederholt angezeigt. Er habe den Beschwerdeführer vorerst nicht anhalten können. Dieser sei in die X-Straße n gefahren und habe dort das Fahrzeug abgestellt. Hier habe der Beschwerdeführer zu dem Vorfall sinngemäß angegeben: "Ich fuhr nur einen Häuserblock. Ich wollte das Kfz nur auf einem besseren Parkplatz abstellen." Der Zulassungsbesitzer des Pkws, K., sei ebenfalls anwesend gewesen und habe zu seiner Rechtfertigung angegeben: "Ich hatte das Fahrzeug in der Wallensteinstraße abgestellt. Als nun in der X-Straße, direkt vor meinem Geschäft, ein Parkplatz frei wurde, ersuchte ich N, das Fahrzeug hier einzuparken. Ich selbst hatte gerade eine Kundschaft und konnte nicht weg. Mir ist bekannt, daß N keinen Führerschein hat, nahm jedoch an, daß diese paar Meter toleriert werden würden." Bei seiner Zeugeneinvernahme am 5. September 1985 hielt der Meldungsleger die in der Anzeige angeführten Angaben voll aufrecht. Er habe den Beschwerdeführer nicht gefragt, ob er mit dem Pkw gefahren sei, er habe ihn nur von der Erstattung der Anzeige in Kenntnis gesetzt. Wie in der Anzeige angeführt, hätten dann der Beschwerdeführer und der Zulassungsbesitzer versucht, ihn von einer Anzeigeerstattung abzubringen. Er habe den Beschwerdeführer einwandfrei als Lenker erkannt. Bei dem Pkw handle es sich um ein Cabrio und zur Tatzeit sei das Stoffdach zurückgelegt gewesen. Bei der Anzeigeverständigung sei die Tat auch nicht bestritten, sondern nur abgeschwächt worden.
Der Zulassungsbesitzer Erwin K. bezeichnete dagegen bei seiner Zeugeneinvernahme vom 27. November 1985 die Angaben des Meldungslegers als nicht richtig. Er selbst sei mit dem Pkw gefahren. Der Beschwerdeführer sei zu diesem Zeitpunkt in der Imbißstube gesessen. Er wisse dies hundertprozentig. Zwei weitere vom Beschwerdeführer dafür namhaft gemachte Zeugen, daß er sich zum Tatzeitpunkt in der Imbißstube aufgehalten habe, konnten sich jedoch nicht erinnern, ob der Beschwerdeführer zur Tatzeit in der Imbißstube gewesen sei oder nicht.
Bei diesem Ermittlungsergebnis ist es nicht unschlüssig, daß die belangte Behörde bei der Abwägung der Glaubwürdigkeit der einander widersprechenden Zeugenaussagen des Meldungslegers und des Zulassungsbesitzers, sowie der Rechtfertigung des Beschwerdeführers, der Zeugenaussage des Meldungslegers gefolgt ist. Sowohl den Meldungsleger als auch den Zulassungsbesitzer treffen für eine falsche Zeugenaussage - abgesehen von ersteren zusätzlich treffenden dienstrechtlichen Sanktionen - dieselben strafrechtlichen Sanktionen, sodaß die Behörde den den Meldungsleger treffenden Sanktionen nicht für seine höhere Glaubwürdigkeit allein entscheidende Bedeutung beimessen durfte. Auch die Eigenschaft des Meldungslegers als Beamter ist nicht geeignet, ihm von vornherein eine größere Glaubwürdigkeit zuzusprechen. (Allerdings hätte die belangte Behörde der Zeugenaussage des Zulassungsbesitzers schon deshalb geringeren Wert zuerkennen können, weil gegen diesen auch Anzeige wegen Anstiftung bzw. Beihilfe zur Begehung einer Verwaltungsübertretung erstattet worden war - den vorgelegten Verwaltungsakten konnte jedoch nicht entnommen werden, ob ein solches Verwaltungsstrafverfahren auch tatsächlich durchgeführt worden ist -, sodaß bei der Abwägung der Glaubwürdigkeit der Zeugenaussagen davon ausgegangen hätte werden können, daß sich der Zulassungsbesitzer durch seine Aussage gegen eine verwaltungsstrafrechtliche Verfolgung schützen wollte.)
Liegen - wie in der vorliegenden Beschwerdesache - zwei einander widersprechende Zeugenaussagen vor, hat die Behörde vom inneren Wahrheitsgehalt der Zeugenaussagen auszugehen. Zunächst ist es nicht unschlüssig, daß die belangte Behörde der Zeugenaussage des Zulassungsbesitzers, der Beschwerdeführer habe sich zur Tatzeit in einer Imbißstube aufgehalten, keine Beweiskraft beigemessen hat, weil der Zulassungsbesitzer eine solche Feststellung persönlich gar nicht machen konnte, wenn er - wie er ausgeführt hat - zur gleichen Zeit mit dem Pkw unterwegs gewesen sein will. Es ist auch nicht unschlüssig, daß die Behörde der Zeugenaussage des Meldungslegers schon deshalb mehr Glauben geschenkt hat, weil dieser den Vorfall sowohl in der Anzeige als auch in der Zeugenaussage sehr detailliert und widerspruchsfrei dargestellt hat. Im übrigen hat der Beschwerdeführer während des gesamten Verwaltungsstrafverfahrens auch keinerlei Hinweis liefern können, der die Aussage des Meldungslegers aus irgendwelchen persönlichen Gründen (z.B. persönliche Feindschaft) zweifelhaft erscheinen hätte lassen.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, wenn sie ausgehend von den Angaben des Meldungslegers es als erwiesen angenommen hat, daß der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegte Tat zu verantworten hat.
Da der Beschwerdeführer sohin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen vermocht hat, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Hinsichtlich der zitierten, nicht in der Amtlichen Sammlung veröffentlichten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes wird an Art. 14 Abs. 4 seiner Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 45/1965 erinnert.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Schlagworte
Beweismittel Amtspersonen Meldungsleger Anzeigen Berichte Zeugenaussagen Beweismittel Zeugen Beweismittel Zeugenbeweis Beweismittel Zeugenbeweis Zeugenaussagen von Amtspersonen freie BeweiswürdigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1986180061.X00Im RIS seit
14.12.1990