TE Vwgh Erkenntnis 1990/12/17 90/19/0317

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Veröffentlicht am 17.12.1990
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Index

L65508 Fischerei Vorarlberg;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
FischereiG Vlbg §9;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Großmann, Dr. Stoll, Dr. Zeizinger und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Magistratsoberkommissär Dr. Kral, über die Beschwerde 1. des A, 2. des B, 3. des C gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 5. Juni 1990, Zl. Va-303/1990, betreffend Feststellung des Umfanges eines Fischereirevieres (mitbeteiligte Partei: Stadt D, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Vorarlberg hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 10.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit der an das Amt der Vorarlberger Landesregierung gerichteten Eingabe vom 2. April 1990 stellte die im nunmehrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahren mitbeteiligte Partei (mP) einen Antrag auf Erlassung folgenden

Feststellungsbescheides: "Es wird festgestellt, daß der B.-See nicht Gegenstand des Reviers nn - S. ist".

Dieser Antrag wurde wie folgt begründet:

"Die Stadt D als Grundeigentümerin hat ein rechtliches Interesse an dieser Feststellung, weil die Ausübung des Fischereirechtes am B.-See von der Stadt D im Jahre 1989 an den Fischereiverein D vergeben wurde. A und Mitstreiter behaupten jedoch, der B.-See sei Bestandteil des von ihnen gepachteten Fischereipachtreviers nn-S. Um ihr vermeintliches Recht durchzusetzen, haben sie eine Klage beim Landesgericht Feldkirch eingebracht, in der festgestellt werden soll, daß die Ausübung des Fischereirechtes am B.-See den Klägern zustehen soll. Das Gericht wäre damit gezwungen als Vorfrage zu prüfen, ob der B.-See Bestandteil des Reviers nn - S. ist."

2. Unter dem Datum 5. Juni 1990 erließ die Vorarlberger Landesregierung (die belangte Behörde) einen Bescheid, dessen Spruch wie folgt lautet:

"Gemäß § 9 des Fischereigesetzes, LGBl. Nr. 27/1891 i.d.F. Nr. 18/1934 i.V.m. Art. I und VI der Verordnung der Landesregierung vom 15. Februar 1933 (Fischereirevierverordnung) wird festgestellt, daß der sogenannte 'B.-See' auf Gp. 2653, KG. S., nicht Gegenstand der Reviereinteilung und damit auch nicht Bestandteil des Fischereirevieres Nr. nn - S. ist."

Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Feststellungsbegehrens der mP und der dazu von den Pächtern des Fischereirevieres nn - S. (den nunmehrigen Beschwerdeführern) eingeholten Stellungnahme (vom 4. Mai 1990) in rechtlicher Hinsicht - soweit für die Erledigung der Beschwerde von Belang - aus: Ein Feststellungsbescheid sei nicht nur dann zulässig, wenn es in einem Gesetz ausdrücklich vorgesehen sei, sondern auch dann, wenn die Erlassung eines solchen Bescheides für eine Partei ein notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverfolgung sei und insofern im Interesse einer Partei liege. Im Beschwerdefall gehe es darum, festzustellen, ob der sogenannte B.-See auf Gp. 2653, KG S., Gegenstand der Reviereinteilung bzw. Bestandteil des Fischereirevieres nn - S. sei, also um die Feststellung eines Rechtsverhältnisses. Keinesfalls gehe es im vorliegenden Feststellungsverfahren darum, wem das FischereiRECHT am B.-See zustehe. Bei der Feststellung, wem das FischereiRECHT zustehe, handle es sich nicht um eine Verwaltungssache, sodaß hiefür die ordentlichen Gerichte zuständig seien. Da die Frage, ob der B.-See in das Revier nn einbezogen sei oder nicht, ausschließlich nach den verwaltungsrechtlichen Vorschriften des Fischereigesetzes bzw. der Verordnung über die Reviereinteilung zu beurteilen und zu entscheiden sei, handle es sich um eine Verwaltungssache, zu deren Entscheidung die Verwaltungsbehörden zuständig seien. Im Sinne der herrschenden Lehre und Judikatur zum Feststellungsbescheid sei das Feststellungsbegehren somit als zulässig anzusehen. Der Inhalt des vorliegenden Feststellungsbegehrens sei auch nicht darauf gerichtet, den B.-See aus dem Pachtrevier nn - S. auszuscheiden - wie dies von den Beschwerdeführern offenbar angenommen werde -, sondern vielmehr darauf, festzustellen, daß der B.-See niemals Gegenstand des Revieres nn gewesen sei. Der diesbezüglichen Argumentation der Beschwerdeführer könne daher nicht gefolgt werden, weshalb das Feststellungsbegehren der mP aus diesen Gründen nicht zurückzuweisen gewesen sei.

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, aus diesen Gründen den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.

4. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift - ebenso wie dies die mP in ihrer Gegenschrift getan hat - die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zunächst bedarf - wie von der belangten Behörde in der Begründung des bekämpften Bescheides zutreffend erkannt - die Frage der Zulässigkeit des von der mP gestellten Feststellungsantrages vom 2. April 1990 einer Beantwortung. Sollte die Zulässigkeit dieses Begehrens zu verneinen sein, so erübrigten sich weitere Erwägungen.

2. Während die belangte Behörde aus den oben I.2. wiedergegebenen Überlegungen das Feststellungsbegehren der mP für zulässig erachtete, vertritt die Beschwerde die gegenteilige Ansicht. Danach bestehe aufgrund der Einbringung einer Klage der Beschwerdeführer bei Gericht, gerichtet auf Feststellung, daß die Ausübung des Fischereirechtes am B.-See aufgrund des Fischereipachtvertrages über das Revier nn - S. den Klägern (= den Beschwerdeführern) zustehe, kein Anlaß für die Erlassung eines Feststellungsbescheides des beantragten Inhaltes; vielmehr sei die für die Feststellung maßgebliche Rechtsfrage im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens zu entscheiden. Es sei unzulässig, eine Vorfrage, die in einem anderen Verfahren zu lösen sei, zum Gegenstand einer selbständigen Feststellungsentscheidung zu machen. Die Frage, ob der B.-See Gegenstand der Reviereinteilung und daher Bestandteil des Fischereireviers nn - S. sei, komme eine wesentliche Bedeutung im Zivilprozeß zu, die nicht als Vorfrage in einem, noch dazu nachträglich eingeleiteten Verwaltungsverfahren entschieden werden dürfe, zumal die Erlassung des Feststellungsbescheides für die mP kein notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverfolgung sei.

3. Nach der übereinstimmenden Rechtsprechung beider Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes ist die Erlassung eines Feststellungsbescheides dann zulässig, wenn sie entweder im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist oder, wenn eine gesetzliche Regelung zwar nicht existiert, die Erlassung eines solchen Bescheides aber im öffentlichen Interesse oder insofern im Interesse einer Partei liegt, als sie notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverfolgung ist (vgl. u.v.a. das hg. Erkenntnis vom 10. September 1974, Zl. 1333/72, und den hg. Beschluß vom 15. Dezember 1977, Slg. Nr. 9461/A, sowie die dort jeweils angeführten Entscheidungen).

Die mP stützte ihren Feststellungsantrag auf das ihr als Grundeigentümerin zustehende Fischereirecht, welches ihr die Vergabe (Verpachtung) der Ausübung dieses Rechtes ermöglicht. Dieser Befugnis entsprechend hat die mP im Jahr 1989 die Ausübung des Fischereirechtes im B.-See an den Fischereiverein D verpachtet. Daraufhin haben die Beschwerdeführer in ihrer Eigenschaft als Pächter des Fischereirevieres nn - S. beim Landesgericht Feldkirch die Erlassung eines Urteils des Inhaltes beantragt, es werde festgestellt, daß die Ausübung des Fischereirechtes am B.-See (gelegen auf Grundstück Nr. 2653, Grundbuch S.) den klagenden Parteien (= den Beschwerdeführern) aufgrund des Fischereipachtvertrages über das Fischereipachtrevier nn - S., abgeschlossen zwischen den klagenden Parteien und der Bezirkshauptmannschaft Bregenz, zustehe.

Der Besitz und der Erwerb des Fischereirechtes unterliegen den allgemeinen Vorschriften über den Besitz und den Erwerb von Privatrechten, worüber im Streitfall der Richter zur Entscheidung berufen ist (§ 2 des Fischereigesetzes vom 21. Februar 1889, LGBl. Nr. 27/1891). Gleiches gilt hinsichtlich der Ausübung des Fischereirechtes; diese Befugnis wird durch privatrechtliche Verträge eingeräumt und ist demgemäß auch nach dem Zivilrecht zu beurteilen. Dieser Rechtslage entsprechend hat die mP über ein bestimmtes ihr zustehendes Fischereirecht im Wege eines Pachtvertrages verfügt und haben sich die Beschwerdeführer unter Berufung auf einen mit ihnen abgeschlossenen Pachtvertrag, von dem behauptetermaßen auch die Ausübung eben dieses Fischereirechtes umfaßt ist, gegen diese Vorgangsweise im Wege eines (oben wiedergegebenen) Feststellungsbegehrens beim zuständigen Gericht zur Wehr gesetzt. Damit aber ist das Gericht in die Lage versetzt, über die den Gegenstand des Feststellungsbegehrens der mP vom 2. April 1990 bildende strittige Frage zu befinden, hat doch die Entscheidung über das bezeichnete Begehren auf Erlassung eines Feststellungsurteiles notwendigerweise die Beantwortung der Frage zur Voraussetzung, ob der in Rede stehende B.-See Bestandteil des mit Verordnung der Vorarlberger Landesregierung vom 15. Februar 1933 (neuerlich kundgemacht im Amtsblatt für das Land Vorarlberg Nr. 33/1949) gebildeten Fischereirevieres "S." (Art. I Z. 32) ist oder nicht.

Da somit die Rechtsordnung zur Klärung der von der mP zum Inhalt ihres Feststellungsbegehrens vom 2. April 1990 gemachten Frage andere Verfahren (hier vor den ordentlichen Gerichten) zur Verfügung stellt, ist die Erlassung des bei der belangten Behörde beantragten Feststellungsbescheides kein notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverfolgung; ein diesbezügliches Interesse der mP ist demnach zu verneinen. Da an der Erlassung des angestrebten Feststellungsbescheides auch kein öffentliches Interesse besteht und im Gesetz die Erlassung eines solchen Bescheides nicht ausdrücklich vorgesehen ist, findet der bekämpfte Bescheid in der Rechtslage keine Deckung.

4. Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Die Abweisung des Mehrbegehrens beruht darauf, daß an Stempelgebühren lediglich S 660,-- (Eingabengebühr S 240,--, Vollmachtgebühr S 360,--, Beilagengebühr S 60,--) zu entrichten waren.

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990190317.X00

Im RIS seit

25.01.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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