TE Vfgh Erkenntnis 1988/6/10 B956/87

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.06.1988
beobachten
merken

Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

StGG Art5
Vlbg GVG 1977 §5 Abs2

Leitsatz

Keine Bedenken gegen §5 Abs2 iVm. §1 Abs1 litb GVG Vlbg; Versagung der Genehmigung des Erwerbes von Mehrheitsanteilen an einem Hotel durch einen Ausländer - vertretbare Abwägung privater und dagegensprechender öffentlicher Interessen; keine Verletzung des Eigentumsrechtes

Spruch

Die Bf. sind durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.       Mit Antrag vom 9. Feber 1987 ersuchte der Schweizer

Staatsangehörige U S um die grundverkehrsbehördliche Genehmigung

zum Erwerb von 3664/7560 Anteilen an der EZ ... (Bp. ... und Gp.

... - Hotel K...), KG L..., von der Raiffeisenbank Vorderland, reg.

Genossenschaft mbH mit dem Sitz in Sulz/Vorarlberg.

Die Grundverkehrs-Landeskommission für Vorarlberg versagte mit Bescheid vom 14. April 1987 gemäß §5 Abs2 des (Vorarlberger) Grundverkehrsgesetzes - GVG, LGBl. 18/1977, die beantragte Genehmigung.

Dagegen erhoben der Käufer und die Verkäuferin Berufung. Dieser wurde mit Bescheid des (Vorarlberger) Grundverkehrssenates vom 22. Juli 1987 nach §5 Abs2 GVG iVm §66 Abs4 AVG 1950 keine Folge gegeben.

2. Gegen diesen Berufungsbescheid wendet sich die vorliegende, erkennbar auf Art144 B-VG gestützte, vom Käufer (Erstbeschwerdeführer) und vom Verkäufer (Zweitbeschwerdeführer) erhobene Beschwerde, in der die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

3. Der Grundverkehrssenat als bel. Beh. erstattete eine Gegenschrift; er begehrt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Nach §1 Abs1 litb GVG unterliegt den Bestimmungen dieses Gesetzes der Verkehr mit Grundstücken (aller Art), sofern an diesen Ausländer Rechte erwerben.

Ein derartiger Rechtserwerb ist dem §5 Abs2 GVG zufolge nur zu genehmigen, wenn

"a) die im Abs1 genannten land- und forstwirtschaftlichen Interessen nicht verletzt werden,

b) staatspolitische Interessen nicht beeinträchtigt werden und

c) am Rechtserwerb ein kulturelles, volkswirtschaftliches oder soziales Interesse besteht."

2. Der Grundverkehrssenat begründet seine auf §5 Abs2 GVG gestützte Entscheidung im wesentlichen wie folgt:

"Nach dem derzeitgen Grundbuchstand besteht der Grundbuchskörper in EZl. ..., KG. L, aus den Grundstücken Nr. ..., LN, mit 6.780 m2 und dem Grundstück Nr. ..., Baufläche, mit 73 m2. An diesen Liegenschaften wurde Wohnungseigentum begründet. Wohnungseigentümer sind nach dem Grundbuchstand R A, G K, E H, E E, Schiliftunternehmen L, Ing. N B und die Raiffeisenbank Vorderland reg. Genossenschaft m.b.H., Sulz. Hiebei beziehen sich nach den Angaben der Berufungswerber die im Antrag vom 9.2.1987 angeführten Wohnungseigentumsanteile auf das auf den erwähnten Liegenschaften bestehende Hotel K.

Das Hotel K verfügt über 70 Betten sowie Restaurants mit über 200 Sitzplätzen.

Nach §1 Abs1 litb Grundverkehrsgesetz unterliegt der Verkehr mit Grundstücken, sofern an diesen Ausländer Rechte erwerben, den Bestimmungen des Grundverkehrsgesetzes.

Nach §5 Abs2 Grundverkehrsgesetz ist ein Rechtserwerb an Grundstücken, sofern an diesen Ausländer Rechte erwerben, nur zu genehmigen, wenn land- und forstwirtschaftliche Interessen nicht verletzt werden, staatspolitische Interessen nicht beeinträchtigt werden und am Rechtserwerb ein kulturelles, volkswirtschaftliches oder soziales Interesse besteht. Voraussetzung für die Genehmigung eines Rechtserwerbes durch einen ausländischen Staatsangehörigen ist somit unter anderem, daß der Realisierung des Rechtserwerbes eine solch allgemeine Bedeutung zukommen muß, daß dieser über die Interessen des Verkäufers und des Käufers hinaus dazu angetan ist, der Erfüllung kultureller, volkswirtschaftlicher oder sozialer Interessen zu dienen (vgl. VwGH. 17.12.1971, Zl. 1566).

Gemäß §13 Abs4 Grundverkehrsgesetz hat zu Anträgen auf Genehmigung eines Rechtserwerbes gemäß §1 Abs1 litb leg.cit. der Gemeindevorstand eine Äußerung darüber zu erstatten, ob am Rechtserwerb ein kulturelles, volkswirtschaftliches oder soziales Interesse besteht. Der Gemeindevorstand der Gemeinde Laterns hat dazu vorgebracht, daß es sich beim Kaufobjekt um einen gut ausgestatteten Hotelbetrieb handle. Der derzeitige Pächter sei Gastronom und am Kauf interessiert. Er hat die Hotelfachschule besucht und seine Gattin habe ebenfalls die Gastgewerbeprüfung abgelegt. Das Hotel werde gut geführt. Damit sei der Nachweis erbracht, daß inländische Käufer mit entsprechender Befähigung am Kauf und der Fortführung des Hotelbetriebes Interesse hätten. Demgegenüber handle es sich beim Käufer um keinen Gastronomen. Dieser besitze auch nicht die erforderlichen Konzessionen. Aus diesen Gründen könne der Erwerb nicht befürwortet werden.

U S beabsichtigt nach seinem ausdrücklichen Vorbringen nicht, das Hotel K selbst bzw. in Zusammenarbeit mit E S zu führen. Vielmehr wurde, wie auch in der Berufung ausgeführt wird, bereits ein langfristiger Pachtvertrag abgeschlossen. Am Erwerb der Miteigentumsanteile durch U S zur Verpachtung besteht in Übereinstimmung mit der Ansicht des Gemeindevorstandes der Gemeinde Laterns und der Grundverkehrs-Landeskommission auch nach Auffassung des Grundverkehrssenates kein über die privaten Interessen der Vertragsparteien hinausgehendes volkswirtschaftliches Interesse.

An der Weiterführung des Hotels K besteht zwar im Interesse der Fremdenverkehrswirtschaft des Laternsertales ein erhebliches volkswirtschaftliches Interesse, da es - wie auch aus dem Gutachten der Fa. E Tourismusberatung Ges.m.b.H. in Innsbruck hervorgeht - bezüglich seiner Kategorisierung und der Komfortausstattung kein vergleichbares Unternehmen im Laternsertal gibt. Dieser Weiterbetrieb ist aber nicht vom Erwerb der Miteigentumsanteile durch U S abhängig, da dieser das Hotel ja nicht selbst betreiben will und er dazu auch nicht die für den Betrieb des Hotels erforderlichen Konzessionsvoraussetzungen zu erbringen vermag. Bei einem Erwerb der Miteigentumsanteile durch U S wäre der Weiterbetrieb des Hotels K vielmehr von jeweiligen Pächtern des Hotelbetriebes abhängig. Es kann damit auch nicht davon gesprochen werden, daß allein mit dem Erwerb der Miteigentumsanteile durch U S die Perpetuierung des Hotelbetriebes gewährleistet ist. Eine Verpachtung des Hotels ist grundsätzlich auch durch die Verkäuferin möglich. Am Erwerb der Miteigentumsanteile durch U S kann damit kein über die Interessen der Vertragsparteien hinausgehendes kulturelles, volkswirtschaftliches oder soziales Interesse im Sinne des §5 Abs2 Grundverkehrsgesetz gesehen werden.

Da somit das gesamte Ermittlungsverfahren keinerlei Anhaltspunkte für das Vorliegen eines über die Interessen der Vertragsparteien hinausgehenden kulturellen, volkswirtschaftlichen oder sozialen Interesses am Rechtserwerb durch U S im Sinne des §5 Abs2 litc Grundverkehrsgesetz erbracht hat, liegen die Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigung nicht vor."

3. Die Bf. machen geltend, in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Liegenschaftserwerbsfreiheit verletzt worden zu sein und führen hiezu begründend aus:

"Die Bf. zu 2. hat sich intensivst bemüht, für die Liegenschaft EZl. 742 KG L (Hotel 'K') einen inländischen Käufer zu finden, was jedoch teilweise an mangelndem Kaufinteresse einerseits und an den fehlenden Finanzierungsmöglichkeiten andererseits bislang scheiterte und auch zukünftig scheitern wird. Wenn die bel. Beh. anführt, daß ein Kaufanbot durch den derzeitigen Pächter H J vorliegt, so muß dem entgegengehalten werden, daß dies ohne jegliche Rücksprache mit der Bf. zu 2. und ohne Vorlage eines Finanzierungsplanes erfolgt ist. Ferner muß dem entgegengehalten werden, daß die Höhe dieses Anbotes ganz erheblich von den Vorstellungen der Bf. zu 2. abweicht, sohin unmöglich als ernsthaft und als Basis für eine Vertragsgestaltung angesehen werden kann. Letztlich, daß das Pachtverhältnis nicht zwischen der Bf. zu 2. und H J, sondern zwischen dem über die Liegenschaft derzeit Verfügungsberechtigten Bf. zu 1. und H J besteht, sohin im Falle einer endgültigen Versagung des Rechtsgeschäftes erlöscht.

Aufgrund der Tatsache, daß es sich beim Hotel 'K' um das Haus mit der höchsten Kategorisierung im Laternsertal handelt, es im Laternsertal sohin kein vergleichbares Unternehmen gibt, muß wohl im Hinblick auf den Fremdenverkehr und die Arbeitsplatzsicherung das kulturelle, volkswirtschaftliche und soziale Interesse am aufrechten Hotelbetrieb zwingend bejaht werden.

Sohin ist ein aufrechter Hotelbetrieb unabdingbar. Dieser ist aber nur derart möglich, daß entweder das Hotel vom Eigentümer selbst geführt, oder die Führung in Pacht gegeben wird. Beides kommt seitens der Bf. zu 2. wie dem Grundverkehrssenat gegenüber klar zum Ausdruck gebracht wurde, aus prinzipiellen bankpolitischen Gründen nicht in Betracht, sodaß die diesbezügliche Ausführung der bel. Beh., es bestehe die Möglichkeit, daß das Hotel grundsätzlich auch durch die Verkäuferin verpachtet werden kann, geradezu einer Enteignung gegen den Willen der Bf. zu 2. gleichkommt, da von der Bf. zu

2. eine bestimmte Verfügung über die Liegenschaft geradezu verlangt wird.

Die Bf. zu 2. wäre sohin, wenn man den von der bel. Beh. vertretenen Standpunkt als richtig ansieht, gezwungen, über die Liegenschaft und damit über das Hotel nur so zu verfügen, wie es von der bel. Beh. gewünscht wird.

Seitens des Gesetzes ist die Grundverkehrsbehörde nicht dazu ermächtigt, im Einzelfall festzustellen, welcher Erwerber den Grundverkehrsinteressen am besten entspricht, auch wenn es sich um einen ausländischen Erwerber handelt, sondern ist die Behörde nur dazu ermächtigt, zu prüfen, ob der Erwerb den mehrfach angeführten Interessen entspricht oder nicht. Diese Interessen wären im Hinblick auf die Tatsache, daß inländische Käufer nicht vorhanden sind, als gegeben anzusehen gewesen, weswegen die Versagung der Genehmigung eine Verletzung des gewährleisteten Rechtes auf freie Verfügung der genannten Liegenschaft darstellt."

4.a) Gegen §5 Abs2 iVm §1 Abs1 litb GVG bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. das Erk. des VfGH vom heutigen Tag, B408/87).

Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides würde dieser das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums nur verletzen, wenn die Behörde das Gesetz in denkunmöglicher Wiese angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre (zB VfSlg. 10370/1985).

b) Das Vorbringen der Bf. weist keinen denkunmöglichen Gesetzesvollzug nach: Die Parteien stimmen darin überein, daß es volkswirtschaftlich wünschenswert ist, wenn das Hotel K weiterbetrieben wird. Der Meinungsunterscheid besteht darin, daß die Bf. die Auffassung vertreten, dies könne nur bewirkt werden, wenn - wie beabsichtigt - Mehrheitsanteile des Hotels vom Erstbeschwerdeführer (einem Ausländer) erworben würden, während die Behörde der Ansicht ist, dieses Ziel könne auch auf andere Weise erreicht werden, etwa dadurch, daß die derzeitige Eigentümerin das Hotel verpachtet. Mag der von der Behörde verfochtenen Ansicht auch entgegengehalten werden können, daß die Verpachtung Schwierigkeiten (so - wie es in der Beschwerde lautet - "prinzipiellen bankpolitischen Gründen") begegnen würde, so ist doch die Meinung der Behörde keineswegs denkunmöglich. Im übrigen erscheint es unwahrscheinlich, daß sich für das - den Aktenunterlagen zufolge sehr gut geführte - Hotel bei einigem Bemühen kein anderer Käufer als der Erstbeschwerdeführer finden läßt.

Die Behörde hat auch die - vom Gesetz geforderte (vgl. die Erkenntnisse des VfGH vom heutigen Tag, B408/87 u.a. B707/87) - Abwägung der privaten Interessen am Eigentumserwerb und der dagegen sprechenden öffentlichen Interessen auf zumindest vertretbare Weise vorgenommen (siehe insbesondere den letzten Absatz der - oben zu II.2. wiedergegebenen - Bescheidbegründung).

5. Was die behauptete Verletzung der Liegenschaftserwerbsfreiheit anlangt, sind die Bf. auf die ständige Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 10566/1985) zu verweisen, nach der durch Art6 StGG allgemeine Einschränkungen des Liegenschaftserwerbes, wie sie in den Grundverkehrsgesetzen der Länder enthalten sind, nicht ausgeschlossen werden.

Die Entscheidung des Grundverkehrssenates läuft entgegen der Meinung der Bf. - nicht darauf hinaus, im Einzelfall den bestgeeigneten Erwerber zu bestimmen, sodaß sich eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob und welches Grundrecht diesfalls verletzt würde, erübrigt.

6. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat nicht ergeben, daß der Bf. in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

7. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z1 und 2 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Ausländergrunderwerb

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1988:B956.1987

Dokumentnummer

JFT_10119390_87B00956_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten