TE Vwgh Erkenntnis 1990/12/17 90/19/0316

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.12.1990
beobachten
merken

Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;

Norm

AZG §26 Abs1;
AZG §28 Abs1;
AZG §44a lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Großmann und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Magistratsoberkommissär Dr. Kral, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 3. Mai 1990, Zl. IVb-79-26/1989, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Arbeitszeitgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg (der belangten Behörde) wurde der nunmehrige Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe, wie bei einer vom Arbeitsinspektorat Bregenz am 9. Februar 1988 durchgeführten Arbeitszeiterhebung festgestellt worden sei, als Arbeitgeber und in seiner Funktion als Geschäftsinhaber gemäß § 9 VStG 1950 verantwortliches Organ der Firma "K.", die Arbeitszeitunterlagen "anno Dezember 1987" des Arbeitnehmers J. K. nicht vollständig geführt, indem sich aus den vorliegenden Arbeitszeitunterlagen eine Arbeitszeit von 15 Stunden ergeben habe, obwohl angeblich die tatsächliche Arbeitszeit weit darunter gelegen sei, sodaß eine Überwachung der Einhaltung der im Arbeitszeitgesetz "gerichteten" Angelegenheiten nicht möglich gewesen sei. Dadurch habe der Beschwerdeführer eine Verwaltungsübertretung gemäß § 26 i.V.m. § 28 Abs. 1 des Arbeitszeitgesetzes, BGBl. Nr. 461/1969, i.d.g.F., begangen. Es wurde deshalb über ihn gemäß § 28 Abs. 1 AZG eine Geldstrafe in der Höhe von S 2.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzarreststrafe in der Dauer von vier Tagen, verhängt. Ferner wurde der Beschwerdeführer zur Zahlung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens und des Berufungsverfahrens in der Höhe von S 400,-- verpflichtet (§ 64 VStG 1950).

In der Begründung des Berufungsbescheides führt die belangte Behörde nach Wiedergabe der Einwendungen des Beschwerdeführers in seiner Berufung aus, die dem Arbeitsinspektorat für den 15. Aufsichtsbezirk bei der Arbeitszeiterhebung am 9. Februar 1988 vorgelegten Unterlagen hätten keinerlei Eintragungen über eventuell konsumierte Urlaubstage enthalten. Auch der Hinweis des Beschwerdeführers, daß im Lohn- bzw. Gehaltskonto des Arbeitnehmers ein Urlaub am 23. Dezember 1987 aufscheine, habe nicht belegt werden können. Aus den im Akt erliegenden Abrechnungen von Monatslöhnen bzw. Monatsgehältern habe ebenso nicht entnommen werden können, wann die für Dezember 1987 eingetragenen Urlaubsstunden konsumiert worden seien. Der Beschwerdeführer habe bei seiner Einvernahme am 21. September 1988 bei der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch zugegeben, daß er nicht alle vom Arbeitsinspektor verlangten Unterlagen vollständig vorweisen habe können. Nach seinen Angaben habe sich ein wesentlicher Teil dieser Unterlagen bei seinem Steuerberatungsbüro befunden. Gemäß § 26 "Abs. 2" AZG müßten Arbeitszeitaufzeichnungen eine Überwachung der Einhaltung der im Arbeitszeitgesetz geregelten Angelegenheiten ermöglichen. Diese Arbeitszeitaufzeichnungen müßten insbesondere auch Aufschluß über die Ruhepausen gemäß § 11 AZG geben. Die Arbeitszeitaufzeichnungen müßten eine Überwachung der Einhaltung der Ruhezeit gemäß § 12 AZG ermöglichen. Aus diesem Grund müßten die Aufzeichnungen so beschaffen sein, daß sowohl Dauer als auch Lage der Arbeitszeit, die Ruhezeit und die Ruhepausen ersichtlich seien. Dies sei jedoch in den vorgelegten Aufzeichnungen nicht der Fall.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, aus diesen Gründen den bekämpften Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Abs. 1 und 2 des § 26 des Arbeitszeitgesetzes (AZG)

lauten wie folgt:

"(1) Die Arbeitgeber haben zur Überwachung der Einhaltung der in diesem Bundesgesetz geregelten Angelegenheiten Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden und deren Entlohnung zu führen.

(2) Die Arbeitgeber haben der Arbeitsinspektion und deren Organen die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und auf Verlangen Einsicht in die Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden und deren Entlohnung zu geben."

Zufolge des § 28 Abs. 1 AZG sind Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zuwiderhandeln, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Bergbau von der Berghauptmannschaft, mit einer Geldstrafe von S 300,-- bis S 6.000,-- oder mit Arrest von drei Tagen bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

Der Beschwerdeführer macht neben einer Reihe von Verfahrensmängeln sinngemäß geltend, er hätte auf Grund des feststehenden Sachverhaltes nicht wegen der Übertretung "gemäß §§ 26 i.V.m. 28 Abs. 1 AZG" bestraft werden dürfen. Da dem Beschwerdeführer spruchmäßig vorgeworfen worden sei, "die Arbeitszeitunterlagen anno Dezember 1987 des Arbeitnehmers J. K. nicht vollständig geführt" zu haben, sei ihm ein Verhalten angelastet worden, das im Widerspruch zu dem weiteren im Spruch gegen den Beschwerdeführer erhobenen Vorwurf stehe, es habe sich aus den vorliegenden Arbeitszeitunterlagen eine Arbeitszeit von 15 Stunden ergeben, obwohl angeblich die tatsächliche Arbeitszeit weit darunter gelegen habe. Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerde im Recht.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer im Schuldspruch zur Last gelegt, er habe die Arbeitszeitunterlagen des namentlich genannten Arbeitnehmers für Dezember 1987 nicht vollständig geführt, indem sich aus den vorliegenden Arbeitszeitunterlagen eine Arbeitszeit von 15 Stunden ergeben habe, obwohl angeblich die tatsächliche Arbeitszeit weit darunter gelegen sei, sodaß eine Überwachung der Einhaltung der im AZG geregelten ("gerichteten") Angelegenheiten nicht möglich gewesen sei.

Diesem Spruch liegt folgender, nur zum Teil der Begründung des angefochtenen Bescheides, im übrigen aber sich aus dem Akteninhalt unbestritten ergebender Sachverhalt zugrunde:

Anläßlich einer beim Beschwerdeführer durchgeführten Arbeitszeiterhebung wurde dem Arbeitsinspektorat die Arbeitszeitkarte seines Arbeitnehmers J. K. zur Einsicht vorgelegt. Für den 23. Dezember 1987 wies diese eine eingestempelte Arbeitszeit von 15 Stunden 57 Minuten aus. Im Einspruch gegen die von der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch am 16. März 1988 erlassene Strafverfügung, mit der der Beschwerdeführer wegen Übertretung gemäß § 9 i.V.m. § 28 Abs. 1 AZG bestraft worden ist, wendete der Beschwerdeführer ein, die tatsächliche Arbeitszeit des Arbeitnehmers habe am 23. Dezember 1987 nur neun Stunden betragen, da sein Arbeitnehmer an diesem Tag fünf Stunden Urlaub für Weihnachtserledigungen genommen habe und überdies für die Fahrzeit zur Arbeitsstelle eine Stunde abzuziehen sei.

Auf Grund dieses Sachverhaltes machte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zum Vorwurf, eine Übertretung gemäß § 26 AZG begangen zu haben, ohne ausdrücklich anzuführen, ob sie das Verhalten des Beschwerdeführers der Bestimmung des Abs. 1 oder des Abs. 2 der genannten Gesetzesstelle unterstellt. Aus der Fassung des Spruches, in der die dem Beschwerdeführer angelastete Tat umschrieben ist, ergibt sich mit hinlänglicher Deutlichkeit, daß sie den Beschwerdeführer schuldig erkannt hat, die Übertretung des § 26 Abs. 1 AZG begangen zu haben.

§ 44 a lit. a VStG 1950 bestimmt, daß der Spruch des Straferkenntnisses die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten hat. Das heißt, daß jene Tat im Spruch so eindeutig umschrieben sein muß, daß kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist. Dieser Vorschrift entspricht der Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses nicht. In ihm wird einerseits ausgesprochen, daß die Arbeitszeitunterlagen eines namentlich genannten Arbeitnehmers vom Beschwerdeführer nicht vollständig geführt worden seien, andererseits aber angeführt, daß die Arbeitszeit des Arbeitnehmers ANGEBLICH weit unter der in den vorliegenden Arbeitszeitunterlagen eingetragenen gelegen sei. Die belangte Behörde hat es unterlassen, die tatsächliche Arbeitszeit des genannten Arbeitnehmers am 23. Dezember 1987 festzustellen.

Der gegen den Beschwerdeführer erhobene Tatvorwurf, die Arbeitszeitunterlagen nicht vollständig geführt zu haben, hat aber zur Voraussetzung, daß die vom Beschwerdeführer geführten Arbeitszeitaufzeichnungen nicht die vom Arbeitnehmer an dem inkriminierten Tag tatsächlich geleistete Arbeitszeit ausgewiesen haben. Da die Formulierung des Spruches infolge mangelnder Bestimmtheit (angeblich) ein Substantiieren unter den von der belangten Behörde als verwirklicht angesehenen Tatbestand des § 26 Abs. 1 AZG nicht zuläßt, erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990190316.X00

Im RIS seit

17.12.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten