TE Vfgh Erkenntnis 1988/6/10 V27/88

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Veröffentlicht am 10.06.1988
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Sachentscheidung
Verordnung des Gemeinderates der Stadt Wien vom 29.01.71. Pr Z196/71 (Plandokument Nr 4940., (Beschlußfassung bekanntgemacht im Amtsblatt der Stadt Wien Nr 7/1971)

Leitsatz

Verordnung des Gemeinderates der Stadt Wien vom 29.01.71, PR. Z. 196/71 (Plandokument Nr. 4940); Feststellung der Gesetzwidrigkeit des zweiten Satzes im Punkt II Z1 aus den in Erk. VfSlg. 11074/1986 genannten Gründen

Spruch

Der zweite Satz im Punkt II Z1 der V des Gemeinderates der Stadt Wien vom 29. Jänner 1971, Pr.Z. 196/71 (Plandokument Nr. 4940), (Beschlußfassung bekanntgemacht im Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 7/1971) war bis zum Ablauf des 31. Dezember 1986 gesetzwidrig.

Die Wiener Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruchs im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit dem vorliegenden Antrag begehrt der VwGH unter Bezugnahme auf Art139 Abs1 iVm Art89 Abs2 B-VG, den zweiten Satz im Punkt II Z1 der V des Gemeinderates der Stadt Wien vom 29. Jänner 1971, Pr.Z. 196/71 (Plandokument Nr. 4940), als gesetzwidrig aufzuheben, in eventu auszusprechen, daß dieser Satz gesetzwidrig war. Der antragstellende Gerichtshof hegt gegen die Gesetzmäßigkeit dieser Bestimmung aus den gleichen Gründen Bedenken, die den VfGH im Erk. VfSlg. 11074/1986 veranlaßt haben, die entsprechende Vorschrift des Plandokumentes Nr. 5520 als gesetzwidrig aufzuheben; nach einer wörtlichen Wiedergabe des wesentlichen Begründungsteiles dieser Entscheidung weist der VwGH auch auf die hg. VfSlg. 11078/1986 und VfSlg. 11283/1986 hin, mit denen über die Gesetzmäßigkeit der Plandokumente Nr. 5747, 5359, 5724 und 5640 der Stadt Wien abgesprochen worden ist.

2. Zum Beschwerdefall, der Anlaß zur Antragstellung bietet, sowie zur Präjudizialität der angefochtenen Verordnungsbestimmung führt der VwGH im einzelnen aus:

"Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid hat die Wiener Landesregierung auf Antrag der mitbeteiligten Partei die Enteignung von Teilflächen eines Grundstückes der Bf. zu Gunsten der Stadt Wien ausgesprochen, hiefür eine Entschädigung festgesetzt und weitere damit zusammenhängende Feststellungen getroffen. Bei der enteigneten Grundfläche handelt es sich um einen Teil der Liegenschaft Wien 2., Tandelmarkt 17, welcher nach dem geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan des Gemeinderates der Stadt Wien im öffentlichen Gut zuliegen kommen soll. Das Schicksal der Beschwerde hängt also davon ab, ob die bel. Beh. zu Recht ihrem Bescheid den geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan zugrundelegen durfte. Der normative Gehalt des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes, Plandokument Nr. 4940, beschlossen vom Gemeinderat der Stadt Wien in seiner Sitzung vom 29. Jänner 1971, Pr.Zl. 196/71, ergibt sich aus den im Plan verwendeten Planzeichen, und zwar der nicht unterbrochen strichlierten roten Linie als Zeichen für die Baulinie gemäß der (nicht kundgemachten, beim Magistrat gesondert gegen Entgelt erhältlichen) 'Zeichenerklärung für den Flächenwidmungsplan, den Fluchtlinien- und Bebauungsplan' vom 2. Jänner 1968, bezüglich deren die V Plandokument Nr. 4940 unter Punkt II Z. 1 folgendes bestimmt:

'I. Der Flächenwidmungs- und Bebauungsplan wird entsprechend den roten Planzeichen neu festgesetzt.

Für die rechtliche Bedeutung der Planzeichen ist die 'Zeichenerklärung für den Flächenwidmungsplan, den Fluchtlinienund den Bebauungsplan vom 2. Jänner 1968' maßgebend, die einen Bestandteil dieses Beschlusses bildet.'

Diese, einen wesentlichen Teil des anzuwendenden Flächenwidmungs- und Bebaaungsplanes bildende Bestimmung ist daher präjudiziell im Sinn des §57 Abs2 VerfGG 1953."

II. Der Gemeinderat der Stadt Wien sah von einer Äußerung im Verordnungsprüfungsverfahren ab.

III. 1. Es ist nichts hervorgekommen, was gegen die vom VwGH dargelegte Auffassung spräche, daß er die angefochtene Verordnungsstelle in dem bei ihm anhängigen Beschwerdeverfahren anzuwenden hätte. Außer der Präjudizialität sind auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen des Prüfungsverfahrens gegeben.

2. In der Sache kann sich der VfGH mit dem Hinweis auf seine vom VwGH zitierte ständige Rechtsprechung begnügen, die mit dem Erk. VfSlg. 11074/1986 eingeleitet und den im Antrag angeführten übrigen Entscheidungen sowie den Erk. V25/87 vom 12. Juni 1987, V73/87, V74/87, V75/87, V76/87 und V78,79/87, je vom 7. Oktober 1987, sowie V91/87 vom 30. November 1987 fortgesetzt wurde. Der VfGH bleibt auch auf dem schon im Erk. V87/86 und weiteren Entscheidungen, so zuletzt im Erk. V91/87, eingenommenen Standpunkt, daß infolge der mit 1. Jänner 1987 erfolgten gesetzmäßigen Kundmachung der Plandokumente (durch Verbindung und gleichzeitge Abgabe von Plandokument und Zeichenerklärung an die Interessenten) die Gesetzwidrigkeit, welche dem jeweiligen zweiten Satz im Punkt II Z1 der Plandokumente - also auch dem zweiten Satz im Punkt II Z1 der geprüften V - anhaftete, ab diesem Zeitpunkt geheilt wurde. Unter Bedachtnahme darauf, daß der in Beschwerde gezogene Bescheid der Wiener Landesregierung vor diesem Zeitpunkt erlassen worden war, war auszusprechen, daß die angefochtene Verordnungsstelle bis zum Ablauf des 31. Dezember 1986 gesetzwidrig war. Bei diesem Ergebnis war es entbehrlich, auf die Frage einzugehen, ob das Plandokument Nr. 4940 durch eine später erlassene V außer Kraft gesetzt wurde (s. die V des Gemeinderates der Stadt Wien vom 29. Jänner 1988, Pr.Z. 91/88 (Plandokument Nr. 5938; Beschlußfassung bekanntgemacht im Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 6/1988)).

IV.      Die Verpflichtung der Wiener Landesregierung zur

unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruchs ist in Art139 Abs5 erster Satz B-VG und §60 Abs2 VerfGG begründet.

V.       Diese Entscheidung wurde gemäß §19 Abs4 erster Satz

VerfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung getroffen.

Schlagworte

Baurecht, Raumordnung, Planungsakte Verfahren (Flächenwidmungsplan), Verordnung, Kundmachung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1988:V27.1988

Dokumentnummer

JFT_10119390_88V00027_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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