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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
EStG 1972 §2 Abs7;Beachte
Besprechung in: ECOLEX 4/1991, S 277; ÖStZB 1991/380;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Graf als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des F gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 27. Februar 1987, Zl. 6/1-1128/86, betreffend Gewerbesteuer für die Jahre 1981 bis 1983 sowie Gewerbesteuervorauszahlungen für das Jahr 1986, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.680,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer hat die Berechtigung zur Ausübung des Wärme-, Kälte- und Schallschutzgewerbes. Er übt dieses Gewerbe aber nicht selbst aus, sondern fungiert als gewerberechtlicher Geschäftsführer einer GmbH, die dieses Gewerbe ausübt und an der der Beschwerdeführer nicht beteiligt ist. Die Gewerbeberechtigung des Beschwerdeführers ist seit 1977 als ruhend gemeldet.
Streit besteht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ausschließlich bezüglich der rechtlichen Qualifikation der vom Beschwerdeführer aus seiner Geschäftsführertätigkeit erzielten Einkünfte.
Während die belangte Behörde die Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb gemäß § 23 EStG beurteilt, vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, daß er als Geschäftsführer sonstige Einkünfte im Sinne des § 29 EStG erziele. Aber auch eine rechtliche Beurteilung als Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Sinne des § 22 EStG sei denkbar.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Unbestritten ist, daß der Beschwerdeführer an der GmbH, als deren gewerberechtlicher Geschäftsführer er fungiert, nicht beteiligt ist und auch in keinem Dienstverhältnis zu ihr steht.
Die belangte Behörde hat zutreffend erkannt, daß die Einkünfte des Beschwerdeführers als Geschäftsführer der GmbH schon deswegen nicht als wiederkehrende Bezüge unter die sonstigen Einkünfte im Sinne des § 29 EStG zu subsumieren waren, weil die zitierte Bestimmung nur dann (subsidiär) anzuwenden ist, wenn eine Subsumtion von Einkünften unter die Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 Z. 1 bis 6 EStG nicht in Betracht kommt. Diese Voraussetzung trifft im Beschwerdefall aus folgenden Gründen nicht zu:
Gemäß § 23 EStG sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb Einkünfte aus einer selbständigen, nachhaltigen Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung der Land- und Forstwirtschaft noch als selbständige Arbeit anzusehen ist.
Unbestritten ist, daß die Tätigkeit des Beschwerdeführers nachhaltig und mit Gewinnabsicht ausgeübt wurde. Auch die "persönliche" Selbständigkeit seiner Tätigkeit wird vom Beschwerdeführer bejaht. Er meint jedoch, daß zur persönlichen Selbständigkeit eine "sachliche" Selbständigkeit hinzutreten müsse, um von Einkünften aus Gewerbebetrieb sprechen zu können. Er bezieht sich in diesem Zusammenhang auf die
hg. Rechtsprechung zur Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Tätigkeit eines gewerberechtlichen Geschäftsführers zu Nebeneinkünften aus einem eigenen Gewerbebetrieb des Geschäftsführers führt. Ein solcher Zusammenhang liegt jedoch im Beschwerdefall nicht vor, weil der Beschwerdeführer seine Gewerbeberechtigung unbestritten nicht (zusätzlich) im Rahmen eines im eigenen Namen und auf eigene Rechnung geführten Betriebes ausübt. Es erübrigt sich daher, auf die Frage einzugehen, in welchen Fällen eine Geschäftsführertätigkeit für einen fremden Gewerbebetrieb mit einem eigenen Gewerbebetrieb in einem derart engen sachlichen Zusammenhang steht, daß von einer einheitlichen gewerblichen Tätigkeit gesprochen werden kann.
Eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr bestreitet der Beschwerdeführer ebenfalls, allerdings ohne substantielles Vorbringen. Er bezeichnet lediglich ohne weitere Begründung die Auffassung der belangten Behörde als unrichtig, daß eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr schon deswegen gegeben sei, weil "sich der gewerberechtliche Geschäftsführer auch bei anderen Firmen anbieten kann". Diese Rechtsansicht der belangten Behörde entspricht der
hg. ständigen Rechtsprechung, wie sie z.B. den Erkenntnissen vom 1. Dezember 1961, Zl. 355/79, vom 11. April 1972, Zl. 2286/71, und vom 10. Dezember 1979, Zl. 32/79, zu entnehmen ist. Es genügt daher, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf diese Rechtsprechung zu verweisen.
Die Tätigkeit des Beschwerdeführers weist somit alle Tatbestandselemente auf, die eine gewerbliche Tätigkeit kennzeichnen. Dessen ungeachtet erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weil die belangte Behörde die Frage nicht ausreichend geprüft hat, ob nicht die vom Beschwerdeführer erzielten Einkünfte solche aus selbständiger Arbeit im Sinne des § 22 EStG sind, denen, wie dem Wortlaut des § 23 Z. 1 EStG zu entnehmen ist, Vorrang gegenüber den Einkünften aus Gewerbebetrieb zukommt.
Die Prüfung dieser Frage durch die belangte Behörde erschöpft sich in dem Satz des angefochtenen Bescheides:
"Selbständige Arbeit im Sinne des § 22 EStG wäre lediglich anzunehmen, wenn der Berufungswerber an der Kapitalgesellschaft wesentlich beteiligt wäre."
Damit verkennt die belangte Behörde den Inhalt des § 22 Abs. 1 Z. 2 zweiter Satz EStG. Diese Bestimmung bezieht sich nämlich nur auf Personen, die an einer Kapitalgesellschaft wesentlich beteiligt sind und deren Beschäftigung für die Gesellschaft "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 3 EStG)" aufweist. Über die Subsumtion der Einkünfte von Geschäftsführern, deren Tätigkeit nicht die Merkmale eines Dienstverhältnisses aufweist, wird mit dieser Sonderregelung keine Aussage getroffen. Auch ein Umkehrschluß ist verfehlt, weil dem Gesetz kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen ist, daß nur wesentlich beteiligte Gesellschafter-Geschäftsführer, nicht aber auch andere Geschäftsführer Einkünfte aus selbständiger Arbeit beziehen können. In diesem Zusammenhang sei insbesondere auf das hg. Erkenntnis vom 12. September 1989, Zl. 88/14/0137, verwiesen, in dem der Gerichtshof die Einkünfte des Geschäftsführers einer vermögensverwaltenden KG als Einkünfte aus selbständiger Arbeit qualifiziert hat.
Einkünfte aus Geschäftsführertätigkeit können sohin nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes durchaus solche aus selbständiger Arbeit sein, ohne daß die für wesentlich beteiligte Gesellschafter-Geschäftsführer im besonderen vorgesehen gesetzlichen Voraussetzungen zutreffen müssen. Dafür spricht nicht nur, daß die Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit im Sinne des § 22 Abs. 1 Z. 2 EStG nur beispielsweise aufgezählt sind, sondern vor allem, daß die aufgezählten Tätigkeiten, insbesondere die Tätigkeiten von Vermögensverwaltern und Aufsichtsratmitgliedern eine Einbeziehung von selbständigen Geschäftsführern in den Tätigkeitsbereich des § 22 Abs. 1 Z. 2 EStG durchaus rechtfertigt, weil deren Tätigkeit wesentliche Elemente der Verwaltung fremden Vermögens aufweist. Dies wird am Beispiel eines Konkursmasseverwalters besonders deutlich, der unbestritten dem Kreis der Bezieher von Einkünften aus selbständiger Arbeit zuzurechnen ist, und der regelmäßig auch Aufgaben wahrzunehmen hat, die ihrem Inhalt nach denen eines Geschäftsführers entsprechen.
Im Beschwerdefall fehlt es an Feststellungen über Art und Ausmaß der Tätigkeit des Beschwerdeführers. Insbesondere läßt sich nicht mit Sicherheit beurteilen, ob der Beschwerdeführer eine Tätigkeit entfaltet hat, die die Merkmale einer vermögensverwaltenden Tätigkeit aufweist. Da die belangte Behörde diese Feststellungen offensichtlich deswegen unterlassen hat, weil sie zu Unrecht davon ausgegangen ist, daß nur die im § 22 Abs. 1 Z. 2 zweiter Satz EStG besonders geregelte Tätigkeit von wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführern zu Einkünften aus selbständiger Arbeit führen können, erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206, insbesondere deren Art. III Abs. 2. Das Kostenmehrbegehren war abzuweisen, weil ein Zuspruch von Umsatzsteuer über den pauschalierten Schriftsatzaufwand hinaus nicht vorgesehen ist.
Schlagworte
VerfahrensbestimmungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1987130072.X00Im RIS seit
19.12.1990