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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §1220;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 90/13/0052Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte
Dr. Schubert, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Graf als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerden 1. des KF und 2. der GF gegen die Bescheide der FLD für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 15. Jänner 1990, Zl. GA 5-1724/89 (hinsichtlich des Erstbeschwerdeführers) und Zl. GA 5-1723/89 (hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin), betreffend Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen für das Jahr 1987, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Jeder der beiden Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer beantragten die Berücksichtigung einer ihrem Sohn am 1. Dezember 1987 bezahlten Heiratsausstattung in der Höhe von S 150.000,-- (Erstbeschwerdeführer) bzw. S 55.000,-- (Zweitbeschwerdeführerin) als außergewöhnliche Belastung durch Eintragung eines entsprechenden Freibetrages auf den Lohnsteuerkarten für das Jahr 1987. Ihr Sohn habe am 9. Mai 1986 geheiratet. Der Betrag habe der Rückzahlung eines Wohnbaudarlehens gedient.
Das Finanzamt wies die Anträge mit der Begründung ab, die Verpflichtung zur Leistung eines Heiratsgutes entstehe mit der Eheschließung. Die Leistung müsse in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Eheschließung des Kindes stehen. Zuwendungen zu einem späteren Zeitpunkt könnten nur dann anerkannt werden, wenn triftige Gründe bestünden, die jedoch in den Beschwerdefällen nicht vorgelegen seien.
In den dagegen erhobenen Berufungen vertraten die Beschwerdeführer die Auffassung, ein triftiger Grund für die Leistung der Heiratsaustattung sei in ihrem Falle gegeben, weil sie von ihrem Sohn mit Schreiben vom 6. November 1987 zur Zahlung aufgefordert worden seien. Er habe den Betrag für die vorzeitige begünstigte Rückzahlung eines Wohnbaudarlehens benötigt .
Nach Erlassung von abweisenden Berufungsvorentscheidungen beantragten die Beschwerdeführer die Vorlage ihrer Berufungen an die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Mit den angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde die Berufungen als unbegründet ab und führte aus, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes müsse das Merkmal der Zwangsläufigkeit im Sinne des § 34 EStG 1972 nicht nur dem Grunde und der Höhe nach gegeben sein, sondern auch in zeitlicher Hinsicht insoweit, als der Aufwand nicht willkürlich in ein anderes Kalenderjahr verlagert werden dürfe als jenes, in dem die Zahlung zu leisten gewesen wäre. Die Heiratsausstattung werde mit der Eheschließung des Sohnes fällig. Ob dieser das Geld zu diesem Zeitpunkt dringend zur Deckung eines bestimmten Aufwandes benötigt habe oder nicht, sei unmaßgeblich. Im Hinblick auf die Leistung eineinhalb Jahre nach der Eheschließung sei die Zwangsläufigkeit der Zahlung im Jahre 1987 zu verneinen.
Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, die wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden wurden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Voraussetzung dafür, einen Aufwand als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EStG 1972 vom Einkommen abzuziehen, ist unter anderem, daß der Aufwand dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen ist. Das Merkmal der Zwangsläufigkeit muß aber nicht nur dem Grund und der Höhe des Aufwandes nach gegeben sein; es darf auch der Aufwand nicht willkürlich in ein anderes Kalenderjahr verlagert werden als jenes, in dem die Zahlung zu leisten gewesen wäre.
Gemäß den §§ 1220 ff und 1231 ABGB wird der Ausstattungsanspruch zum Zeitpunkt der Eheschließung des Sohnes fällig. Ob dieser das Geld zu diesem Zeitpunkt dringend zur Deckung eines bestimmten Aufwandes benötigt oder nicht, ist nicht von Bedeutung (siehe die hg. Erkenntnisse vom 25. Jänner 1989, Zl. 88/13/0157, und vom 20. November 1989, Zl. 89/14/0191). Die Zahlung in einem späteren Kalenderjahr als dem der Eheschließung könnte nur dann als zwangsläufig angesehen werden, wenn für diese verspätete Zahlung berechtigte zwingende Gründe vorlägen (siehe die beiden oben zitierten Erkenntnisse sowie das Erkenntnis vom 1. März 1989, Zl. 88/13/0207).
Die Beschwerdeführer haben im Verwaltungsverfahren keine berechtigten zwingenden Gründe für die Entrichtung des Ausstattungsbetrages in einem späteren Jahre als dem der Eheschließung ihres Sohnes vorgetragen. Die Tatsache, daß die Beschwerdeführer nach ihren Behauptungen erst aufgrund einer schriftlichen Aufforderung durch ihren Sohn vom 6. November 1987 die Zahlung geleistet haben, stellt keinen wichtigen Grund dar, die Zahlung erst 1987 und nicht bereits bei Fälligkeit des Anspruches im Jahre 1986 zu leisten (siehe Erkenntnis vom 1. März 1989 Zl. 88/13/0207). Es stellt daher auch keinen Verfahrensmangel dar, wenn die belangte Behörde den Beschwerdeführern nicht die Vorlage des Schreibens vom 6. November 1987 aufgetragen und ihren Sohn nicht vernommen hat.
Auch mit den in den Berufungen enthaltenen Behauptungen, ihr Sohn habe die Beträge zur vorzeitigen Rückzahlung eines Wohnbaudarlehens benötigt, wird kein triftiger Grund für die Zahlung erst im Jahre 1987 dargetan, weil es nicht darauf ankommt, ob der Dotationsberechtigte im Zeitpunkt der Leistung des Heiratsgutes bzw. der Ausstattung das Geld dringend zur Deckung eines bestimmten Aufwandes benötigt oder nicht (siehe das oben zitierte Erkenntnis vom 25. Jänner 1989).
Soweit in den Beschwerden behauptet wird, die Säumnis in der Zahlung der Ausstattung habe mit "Liquiditätsproblemen, resultierend aus Bindungsfristen meines Kapitalvermögens zu tun" gehabt, verstößt dieses Vorbringen gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bestehende Neuerungsverbot. Sofern die Beschwerdeführer damit zum Ausdruck bringen wollten, daß sie die Ausstattung auf Grund des im Jahre 1986 noch gebundenen und erst im Jahre 1987 verfügbaren Kapitalvermögens zu leisten hatten, sind sie darauf hinzuweisen, daß die Bestreitung der Ausstattung aus dem Vermögen der Beschwerdeführer (und nicht aus dem laufenden Einkommen) keine außergewöhnliche Belastung darstellen würde (siehe die Erkenntnisse vom 12. April 1983, Zl. 82/14/0229, und vom 15. März 1988, Zl. 87/14/0071).
Aus den dargelegten Gründen waren die Beschwerden gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990130051.X00Im RIS seit
03.04.2001