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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
StVO 1960 §16;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Weiss und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 8. Jänner 1990, Zl. 11-75 Ha 17-89, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Erstbehörde vom 24. August 1989 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 12. April 1989 gegen 10.50 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten PKW auf einer bestimmten Straßenstrecke zwischen Straßenkilometer 48,050 und 48,200 gelenkt und dabei 1. trotz Gegenverkehrs drei PKW sowie einen LKW überholt, wodurch der Lenker eines entgegenkommenden Fahrzeuges gefährdet und behindert worden sei, da er sein Fahrzeug abrupt abgebremst (die Bremsleuchten hätten aufgehellt) und nach rechts zum Fahrbahnrand gelenkt habe, 2. auf einer Straßenstrecke, die durch das Vorschriftszeichen "ÜBERHOLEN VERBOTEN" gekennzeichnet sei, mehrspurige Kraftfahrzeuge überholt und
3. sich auf einem Fahrstreifen für Linksabbieger eingeordnet, die Fahrt jedoch nicht im Sinne des Richtungspfeiles fortgesetzt. Der Beschwerdeführer habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt: 1. § 16 Abs. 1 lit. a,
2. § 16 Abs. 2 lit a und 3. § 9 Abs. 6 StVO. Gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von 1. S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 4 1/2 Tage), 2. S 300,-- (18 Stunden) und 3. S 300,-- (18 Stunden) verhängt.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung
abgewiesen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
a) Der Meldungsleger führte in der Anzeige vom 12. April 1989 aus, sein Standort sei bei Straßenkilometer 48,3 gewesen. Es sei dies der Beginn der Linkskurve im bezeichneten Ortsgebiet. Von dort aus hätten die angeführten Übertretungen genau beobachtet werden können.
Die Zeugenaussage des Meldungslegers vom 6. Juni 1989 enthält u.a. folgende Ausführungen:
"Ich konnte von meinem Standort (siehe beiliegende Skizze) - Sichtbehinderungen sind keine vorhanden, ich hatte einige hundert Meter freie Sicht - eindeutig sehen, wie der Beschuldigte drei PKWs sowie einen LKW überholt hat, wobei der Lenker des entgegenkommenden Fahrzeuges - ich sah, da mein Fahrzeug im Rücken des entgegenkommenden Fahrzeuges war - daß dieses Fahrzeug abrupt abbremste und rechts an den Fahrbahnrand heranfuhr. Ich sah die Bremsleuchten aufhellen."
Zur Frage des Standortes des Meldungslegers führte der Beschwerdeführer in der gegen das erstbehördliche Straferkenntnis erhobenen Berufung aus:
"In der Anzeige behauptete der Meldungsleger weiters, sein Standort sei bei Straßenkilometer 48,3 am Beginn der Linkskurve im Ortsgebiet von ..... gewesen. Wenn diese Behauptung mit der Skizze verglichen wird, zeigt sich, daß auch hier ein eklatanter Widerspruch vorliegt. In der Skizze ist ein völlig anderer Standort eingezeichnet."
Die in der Anzeige und in der Zeugenaussage des Meldungslegers verwendeten Worte und die vom Meldungsleger anläßlich seiner Zeugenaussage vorgelegte Skizze vermittelten für die Beurteilung der gegenständlichen Verwaltungsstrafsache eine hinlänglich klare Vorstellung davon, von welcher Stelle aus der Meldungsleger seine Beobachtungen gemacht hatte. Zwischen den Worten des Meldungslegers und seiner Skizze bestand kein Widerspruch, den die belangte Behörde erst aufklären hätte müssen. Weder das im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens erstattete noch das in der vorliegenden Beschwerde enthaltene Vorbringen des Beschwerdeführers enthält Hinweise auf bestimmte Tatsachen, denenzufolge die belangte Behörde die Angaben des Meldungslegers über das von ihm beobachtete Verkehrsgeschehen deshalb in Zweifel hätte setzen müssen, weil der Meldungsleger von seinem Standort aus nicht die erforderliche Sicht gehabt hätte. Mangels eines entsprechenden Tatsachenvorbringens ist nicht ersichtlich, daß für die Feststellung des für die Erledigung der Verwaltungsstrafsache maßgebenden Sachverhaltes eine Beweisaufnahme in Form eines Lokalaugenscheins in Betracht zu ziehen gewesen wäre.
b) Die gegen das erstbehördliche Straferkenntnis erhobene Berufung enthält u.a. folgende weitere Ausführungen:
"Überdies wurde der Beamte nur unzureichend befragt. Er hätte zur Geschwindigkeit der angeblich überholten Fahrzeuge befragt werden müssen. Des weiteren hätte er den Abstand dieser Fahrzeuge angeben müssen. Auf Grund dieser Angaben hätte sich dann ein Zeit-Weg-Diagramm durch einen verkehrstechnischen Sachverständigen erstellen lassen. Dieses Zeit-Weg-Diagramm hätte ergeben, daß die Beobachtung des Meldungslegers objektiv falsch sein muß, weil der Beschuldigte das angebliche Überholmanöver in der ihm zur Verfügung stehenden Zeit- und Wegstrecke hätte gar nicht ausführen können. Dies ergibt sich auch dann, wenn die Skizze zugrunde gelegt und auf dieser Basis ein verkehrstechnisches Gutachten eingeholt wird, was hiemit beantragt wird. Des weiteren hätte festgestellt werden müssen, ob der zu einem Bremsmanöver veranlaßte Lenker des Gegenfahrzeuges überhaupt in der Lage war, das angeblich überholende Fahrzeug des Beschuldigten rechtzeitig zu sehen und diesem auszuweichen. Es hätte auch festgestellt werden müssen, mit welcher Geschwindigkeit der Gegenverkehr unterwegs war. Auch dann hätte sich ein Zeit-Weg-Diagramm erstellen lassen."
Dem auf die in diesem Berufungsvorbringen enthaltenen Beweisanträgen abgestellten Beschwerdevorbringen ist entgegenzuhalten, daß der belangten Behörde die Anzeige vom 12. April 1989, die Zeugenaussage vom 6. Juni 1989 und die mit dem 3. Juni 1989 datierte Skizze als Beweismittel zur Verfügung standen. Auf dem Boden dieser Beweismittel durfte die belangte Behörde die der Beobachtung des Meldungslegers entsprechenden Feststellungen treffen, daß sich das Fahrzeug des Beschwerdeführers an in der gleichen Richtung fahrenden Fahrzeugen vorbeibewegte, dies, obwohl dem Fahrzeug des Beschwerdeführers ein PKW entgegenkam, der seine Fahrgeschwindigkeit und seine Fahrlinie im Hinblick auf das Überholmanöver des Beschwerdeführers nicht mehr einhalten konnte. Die belangte Behörde durfte weiters auch davon ausgehen, daß der Meldungsleger seine Beobachtungen unter Bedachtnahme auf das örtliche Verhältnis zwischen diesem Verkehrsgeschehen einerseits und dem Standort des Verbotszeichens "ÜBERHOLEN VERBOTEN" und der Lage des Fahrstreifens für Linksabbieger andererseits gemacht hatte. Die Erhebung von Tatsachen hingegen, denenzufolge die von den beteiligten Fahrzeugen gefahrenen Geschwindigkeiten ermittelt hätten werden können, war im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens nicht möglich. Der Meldungsleger konnte, wie sich aus seiner Zeugenaussage ergibt, keine Kriterien angeben, die eine Schätzung der Geschwindigkeit des Beschwerdeführers zugelassen hätten. Schon im Hinblick darauf, daß die Geschwindigkeiten nicht erhoben werden konnten, war die Erstellung eines Zeit-Weg-Diagramms nicht möglich und stand daher als taugliches Beweismittel nicht zur Verfügung. Dieser Umstand schloß es allerdings weder unter dem Gesichtspunkt der gebotenen Vollständigkeit in der Aufnahme aller für die maßgebenden Beweisthemen zur Verfügung stehenden Beweismittel noch unter dem Gesichtspunkt der Schlüssigkeit der Beweiswürdigung aus, die im vorliegenden Fall erzielten Ermittlungsergebnisse betreffend den Ablauf des vom Meldungsleger geschilderten Verkehrsgeschehens zur Grundlage der entsprechenden Feststellungen zu machen.
c) In der Anzeige vom 12. April 1989 finden sich Angaben über die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers. Die Erstbehörde hatte sich in ihrem Straferkenntnis auf die im Akt, daß heißt also in der Anzeige, enthaltenen Angaben berufen. In der Berufung wurde dies nicht gerügt. Der Verwaltungsgerichtshof kann nicht finden, daß die belangte Behörde von den betreffenden Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen nicht ausgehen hätte dürfen. Der Beschwerdeführer führt in der vorliegenden Beschwerde nicht an, welche Feststellungen die belangte Behörde in Ansehung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse treffen hätte müssen. Im gegebenen Zusammenhang vermag der Verwaltungsgerichtshof darin, daß die belangte Behörde die betreffenden Verhältnisse nicht ausdrücklich feststellte, keinen wesentlichen Begründungsmangel zu erkennen.
Nach § 19 Abs. 1 VStG 1950 ist Grundlage für die Bemessung
der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen
Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz
die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst
nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen
Verfahren sind im Grunde des § 19 Abs. 2 VStG 1950 überdies die
nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden
Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die
Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen ..... Unter
Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind
die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches
sinngemäß anzuwenden ..... Die belangte Behörde unterschied
entsprechend der bereits von der Erstbehörde vertretenen Auffassung zwischen der "massiven Behinderung und Gefährdung eines entgegenkommenden Fahrzeuges" und dem Umstand, daß keine Erschwerungsgründe festzustellen gewesen seien. In dieser Unterscheidung liegt im Hinblick auf die einerseits im § 19 Abs. 1 VStG 1950 enthaltene Regelung und andererseits im ersten und dritten Satz des § 19 Abs. 2 VStG 1950 getroffenen Regelungen keine Rechtswidrigkeit.
d) Der Strafrahmen nach § 99 Abs. 3 StVO reicht bis
S 10.000,--. Wenn die belangte Behörde im Hinblick auf das den Gegenstand des Schuldspruches bindende Tatverhalten des Beschwerdeführers die Geldstrafe in Ansehung der Übertretung nach § 16 Abs. 1 lit. a StVO durch Bestätigung des erstbehördlichen Straferkenntnisses mit S 3.000,-- festsetzte, vermag der Verwaltungsgerichtshof darin keine Überschreitung des der Behörde bei der Strafbemessung eingeräumte Ermessens zu erblicken.
Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich die vorliegende Beschwerde zur Gänze als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990030049.X00Im RIS seit
12.06.2001