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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §1220;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Graf als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der F gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 24. November 1989, Zl. GA 5-2282/88, betreffend Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen für das Jahr 1987, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin beantragte die Berücksichtigung einer ihrer Tochter am 9. August 1987 bezahlten Heiratsausstattung in der Höhe von S 50.000,-- als außergewöhnliche Belastung durch Eintragung eines entsprechenden Freibetrages auf der Lohnsteuerkarte für das Jahr 1987. Ihre Tochter habe am 10. Mai 1985 geheiratet. Die Zahlung sei deshalb erst im August 1987 erfolgt, weil die Forderung erst im Jahre 1987 erhoben worden und eine frühere Hingabe der Heiratsausstattung nicht möglich gewesen sei, weil die Beschwerdeführerin bis vor kurzem noch ihren Sohn finanziell unterstützt habe. Ihre Tochter habe bis Mitte 1987 von ihrem Mann getrennt gelebt, erst dann einen gemeinsamen Hausstand gegründet und im September 1987 einen Sohn geboren.
Das Finanzamt wies den Antrag mit der Begründung ab, ein Ausstattungsanspruch sei nicht entstanden, weil die Beschwerdeführerin nach ihren eigenen Angaben zur Zeit der Eheschließung ihrer Tochter nicht in der Lage gewesen sei, die Heiratsausstattung zu leisten.
In der dagegen erhobenen Berufung vertrat die Beschwerdeführerin die Auffassung, da ihre Tochter die Heiratsausstattung erst 1987 verlangt und die Beschwerdeführerin damals dazu in der Lage gewesen sei, sei sie auch zur Zahlung verpflichtet gewesen. Ob die wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Eheschließung die Leistung zugelassen hätten, sei somit irrelevant.
Nach Erlassung einer abweisenden Berufungsvorentscheidung beantragte die Beschwerdeführerin die Vorlage ihrer Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz und führte im Vorlageantrag aus, sie habe bereits in ihrem Antrag die Gründe für die Hingabe der Heiratsausstattung erst im Jahre 1987 angeführt. Auf Grund der Hausstandsgründung und der Geburt eines Kindes im Jahre 1987 habe erst damals ein Bedarf nach einer Heiratsausstattung bestanden. Da ihrer Tochter "sicher auch bekannt" gewesen sei, daß die Beschwerdeführerin seinerzeit infolge größerer Aufwendungen "kurzfristig nicht so gut in der Lage war, Mittel für die Heiratsausstattung zu beschaffen", habe sie möglicherweise deshalb die Heiratsausstattung erst im Jahre 1987 gefordert.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und führte aus, die Zwangsläufigkeit eines Aufwandes im Sinne des § 34 EStG 1972 sei nur dann zu bejahen, wenn der Aufwand nicht willkürlich in ein anderes Kalenderjahr verlagert worden sei als jenes, in dem die Zahlung zu leisten gewesen sei. Die Heiratsausstattung werde mit der Eheschließung der Tochter oder des Sohnes fällig. Ob der Dotationsberechtigte das Geld zu diesem Zeitpunkt dringend zur Deckung eines bestimmten Aufwandes benötigt habe oder nicht, sei unmaßgeblich. Im vorliegenden Fall sei die Heiratsausstattung erst ca. 2 Jahre nach der Eheschließung geleistet worden, ohne daß dafür triftige Gründe vorlägen. Falls die Eltern im Zeitpunkt der Eheschließung zur Leistung einer Heiratsausstattung auf Grund ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht in der Lage seien, bestehe kein Anspruch auf eine derartige Leistung. Eine spätere Verbesserung der wirtschaftlichen Lage bleibe unerheblich.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Voraussetzung dafür, einen Aufwand als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EStG 1972 vom Einkommen abzuziehen, ist unter anderem, daß der Aufwand dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen ist. Das Merkmal der Zwangsläufigkeit muß aber nicht nur dem Grund und der Höhe des Aufwandes nach gegeben sein; es darf auch der Aufwand nicht willkürlich in ein anderes Kalenderjahr verlagert werden als jenes, in dem die Zahlung zu leisten gewesen wäre. Gemäß den §§ 1220 ff ABGB wird der Ausstattungsanspruch zum Zeitpunkt der Eheschließung der Tochter fällig. Ob diese das Geld zu diesem Zeitpunkt dringend zur Deckung eines bestimmten Aufwandes benötigt oder nicht, ist unmaßgeblich (siehe das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1989, Zl. 88/13/0157). Die Zahlung in einem späteren Kalenderjahr als dem der Eheschließung kann nur dann als zwangsläufig angesehen werden, wenn für diese verspätete Zahlung berechtigte zwingende Gründe vorliegen (siehe das Erkenntnis vom 1. März 1989, Zl. 88/13/0207).
Die Beschwerdeführerin vertritt in der Beschwerde - zum Unterschied von ihren Behauptungen im Verwaltungsverfahren - die Auffassung, sie wäre auf Grund ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse im Jahre 1985 zur Leistung eines Heiratsgutes in der Höhe von S 50.000,-- verpflichtet gewesen. Die Beschwerdeführerin hat aber im Verwaltungsverfahren keine berechtigten zwingenden Gründe für die Leistung der Heiratsausstattung erst im Jahre 1987 vorgetragen. Die Tatsache, daß die Tochter der Beschwerdeführerin im Jahre 1987 mit ihrem Gatten in der Schweiz einen gemeinsamen Hausstand gegründet und in diesem Jahr ein Kind geboren hat, ist - wie erwähnt - unmaßgeblich, weil die Fälligkeit des Anspruches auf Heiratsausstattung nicht von einem konkreten Bedarf abhängt. Ebensowenig vermag die Tatsache, daß die Tochter der Beschwerdeführerin die Leistung erst im Jahre 1987 gefordert hat, einen triftigen Grund für die verspätete Leistung darzustellen (siehe das zitierte Erkenntnis vom 1. März 1989). Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, daß sie bis Mitte 1986 ihren in Ausbildung stehenden Sohn habe unterstützen müssen, ist sie darauf hinzuweisen, daß ihre diesbezügliche allfällige Unterhaltspflicht bereits bei der Bemessung des Ausstattungsbetrages zu berücksichtigen gewesen wäre, weil sich der Umfang der Ausstattungspflicht grundsätzlich nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt der Eheschließung des Kindes bemißt (siehe Koziol-Welser, 2. Bd., 8. Aufl., S. 246; Petrasch in Rummel, ABGB, 2. Bd., Rdz. 1 zu § 1221; Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. März 1980, Zl. 1047/78). Nur dann, wenn die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Dotationspflichtigen stärkeren Schwankungen unterliegen, ist eine über das Jahr der Verehelichung hinausgehende Betrachtungsweise geboten, um die tatsächlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten richtig zu erfassen (siehe das zitierte Erkenntnis vom 26. März 1980). So kann insbesondere bei Einkünften aus Gewerbebetrieb die Ertragslage eines längeren Beobachtungszeitraumes für die Feststellung des Ausmaßes des Dotationsanspruches heranzuziehen sein, damit nicht ein im Jahr der Eheschließung ausgewiesener Verlust bei einem ansonsten Gewinne abwerfenden Gewerbebetrieb das Entstehen des Dotationsanspruches verhindert (siehe das Erkenntnis vom 14. März 1978, Zl. 20/78). Derartige Umstände liegen aber bei der Beschwerdeführerin, die nach der Aktenlage nur Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogen hat, nicht vor.
Auf die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte Tatsache, daß ein bestehender Dotationsanspruch nicht der Verjährung unterliegt, kommt es nach dem eingangs Gesagten für die hier zu entscheidende Frage, ob die Leistung im Jahre 1987 eine außergewöhnliche Belastung darstellt, nicht an.
Die Beschwerdeführerin weist darauf hin, daß sie bei Bezahlung der Heiratsausstattung im Jahre 1985 die Möglichkeit gehabt hätte, die Verfassungswidrigkeit des 2. Satzes des § 34 Abs. 2 EStG 1972 in der Fassung BGBl. Nr. 587/1983 geltend zu machen.
Damit vermag die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun, weil der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 16. Juni 1987, G 52/87-7, mit dem die genannte Bestimmung als verfassungswidrig aufgehoben wurde, keine Frist für das Außerkrafttreten bestimmte, sodaß die Aufhebung gemäß Art. 140 Abs. 5 B-VG am Tage der Kundmachung durch das BGBl. Nr. 380/1987, das war der 6. August 1987, in Kraft trat. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände war das Gesetz zufolge Art. 140 Abs. 7 B-VG weiterhin anzuwenden, weil der Verfassungsgerichtshof nicht im Sinne des 2. Satzes der letztgenannten Gesetzesstelle anderes aussprach und der Beschwerdefall auch kein Anlaßfall für das aufhebende Erkenntnis dieses Gerichtshofes war (siehe Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Juni 1988, Zl. 88/14/0116). Die vom Verfassungsgerichtshof aufgehobene Bestimmung ist somit im Beschwerdefall anzuwenden.
Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in jenen Fällen, in denen zur Abdeckung von Ausgaben, die an sich eine außergewöhnliche Belastung darstellen, Darlehen aufgenommen wurden, geht am Beschwerdefall vorbei, weil ein derartiger Sachverhalt hier nicht vorliegt.
Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der von der Beschwerdeführerin beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990130015.X00Im RIS seit
19.12.1990