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22/02 Zivilprozessordnung;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Baumann als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, in der Beschwerdesache der N gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 22. Mai 1990, Zl. MA 70-10/1506/89/Str, betreffend Bestrafung wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die gegen den obzitierten Bescheid der belangten Behörde vom 22. Mai 1990 erhobene Beschwerde wurde am 28. September 1990 zur Post gegeben.
Gemäß § 26 Abs. 1 Z. 1 VwGG beginnt die sechswöchige Frist zur Erhebung einer auf Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG gestützten Beschwerde dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung.
Die vorliegende Beschwerde wäre daher nur dann rechtzeitig erhoben worden, wenn die Zustellung des angefochtenen Bescheides am 17. August 1990 oder später rechtswirksam erfolgt wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall:
Der angefochtene Bescheid wurde zunächst im Wege der Hinterlegung am 7. Juni 1990 (Beginn der Abholfrist) beim Postamt zugestellt, jedoch der Behörde mit dem Postvermerk zurückgestellt, daß die Sendung nicht behoben worden sei. Mit Datum 5. Juli 1990 richtete die Beschwerdeführerin ein Schreiben an die Behörde erster Instanz, wonach die Beschwerdeführerin vom 26. Mai bis 26. Juni (1990) auf Urlaub in Griechenland und Deutschland gewesen sei, was sie auch beweisen könne. Hierauf verfügte die Behörde erster Instanz neuerlich eine Zustellung des angefochtenen Bescheides. Aus dem bezüglichen Postrückschein ist ersichtlich, daß diese Sendung am 12. Juli 1990 im Wege der Hinterlegung zugestellt wurde (Beginn der Abholfrist an diesem Tag). Auch diese Sendung wurde von der Beschwerdeführerin nicht behoben, vielmehr richtete sie mit Datum 8. August 1990 ein Schreiben an die Behörde erster Instanz, wonach sie "im Juli" ortsabwesend gewesen sei. Schließlich wurde der angefochtene Bescheid der Beschwerdeführerin am 21. August 1990 ausgefolgt.
In der Beschwerde wird zu diesen Zustellvorgängen vorgebracht, es sei von der Zustellung am 21. August 1990 auszugehen, da die vorherigen Zustellversuche rechtsunwirksam gewesen seien, zumal sich die Beschwerdeführerin vom 26. Mai bis 26. Juni 1990 ohne Unterbrechung und ohne die Abgabestelle aufgesucht zu haben, in Griechenland (Paros) und in München befunden habe. Vom 7. Juli bis 6. August 1990 sei sie auf Urlaub "in Süditalien" gewesen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 20. Juni 1990, Zl. 90/02/0093) kann mit der bloßen Behauptung einer Ortsabwesenheit ohne nähere Angaben und ohne Anbot entsprechender Bescheinigungsmittel das Vorliegen einer unwirksamen Zustellung durch Hinterlegung nicht dargetan werden. Der Beweis, daß die Zustellung vorschriftsgemäß erfolgt ist, wird durch den eine öffentliche Urkunde darstellenden Zustellnachweis (Rückschein) erbracht, gegen den jedoch gemäß § 292 Abs. 2 ZPO der Gegenbeweis zulässig ist. Behauptet jemand, es läge ein Zustellmangel vor, so hat er diese Behauptung auch entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, welche die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet sind. Ein derartiges, durch entsprechende Beweisanbote untermauertes konkretes Vorbringen hat die Beschwerdeführerin schon für den Zustelltag 7. Juni 1990 nicht einmal in der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erstattet. Es ist daher von einer rechtswirksamen Zustellung des angefochtenen Bescheides an diesem Tag auszugehen.
Im übrigen befindet sich in den Verwaltungsakten ein Aktenvermerk vom 12. September 1990 über ein von einem Organwalter der belangten Behörde mit der Beschwerdeführerin geführtes Telefongespräch mit dem Inhalt, daß die Beschwerdeführerin aufgefordert wurde, innerhalb einer Frist von einem Monat Belege für die behauptete Ortsabwesenheit bei der "1." Zustellung beizubringen, was die Beschwerdeführerin allerdings unterlassen hat.
Erwähnt sei, daß die Beschwerdeführerin auch für die erwähnte Zustellung am 12. Juli 1990 kein durch entsprechende Beweisanbote untermauertes konkretes Vorbringen in Hinsicht auf ihre Ortsabwesenheit erstattet hat, doch kam dieser Zustellung im Grunde des § 6 Zustellgesetz keine rechtliche Bedeutung mehr zu.
Die Beschwerde war daher wegen Versäumung der Beschwerdefrist gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.
Schlagworte
Beweismittel Urkunden Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung MitwirkungspflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990020158.X00Im RIS seit
19.12.1990