Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §10 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 12. März 1990, Zl. 9/01-31.796/3-1989, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem nunmehr angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 12. März 1990 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 24. September 1988 gegen 2.00 Uhr nach der Vorführung zu einem diensthabenden Arzt einer öffentlichen Krankenanstalt im Krankenhaus Zell am See die Blutabnahme verweigert, obwohl er im Verdacht gestanden sei, daß er beim Lenken eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws am 24. September 1988 gegen 1.00 Uhr auf der B 168 im Bereich des Straßenkilometers 5,6 in X in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand einen Verkehrsunfall verursacht habe, bei dem eine Person erheblich verletzt worden sei, und dadurch eine Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. c in Verbindung mit § 5 Abs. 6 StVO begangen. Gemäß § 99 Abs. 1 lit. c StVO wurde über ihn eine Geldstrafe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 210 Stunden) verhängt. Die belangte Behörde führte aus, der Beschwerdeführer habe seinen Pkw trotz einer
50 km/h-Beschränkung mit wesentlich überhöhter Geschwindigkeit gelenkt und sei dadurch im Kreuzungsbereich gegen einen anderen Pkw gestoßen, dessen Lenker schwer und dessen Beifahrerin leicht verletzt worden seien. - Der Beschwerdeführer wurde deshalb rechtskräftig vom Bezirksgericht Zell am See am 19. Dezember 1988 wegen Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 1 und 4 erster Fall StGB zu einer Geldstrafe verurteilt. - Auch der Beschwerdeführer sei wegen der erlittenen Verletzungen ins Krankenhaus Zell am See gebracht worden. Da der am Unfallsort einschreitende Gendarmeriebeamte beim Beschwerdeführer einen deutlichen Alkoholgeruch der Atemluft wahrgenommen habe (der Alkoholkonsum sei auch durch Erhebung in einem Lokal bestätigt worden), habe dieser den Gendarmerieposten Zell am See ersucht, im Krankenhaus eine Blutabnahme zu veranlassen. Der Gendarmeriebeamte R. habe sich ins Landeskrankenhaus begeben und dort den Arzt Dr. K. um ein weiteres Vorgehen ersucht. Dr. K. habe den Beschwerdeführer gefragt, ob er einer Blutabnahme zustimme. Dieser habe jedoch nicht zugestimmt, sondern erklärt, er müsse sich erst mit seinem Bruder - dieser war in der Zwischenzeit ins Krankenhaus gekommen - besprechen. Daraufhin sei der Gendarmeriebeamte R. mit dem Beschwerdeführer in Kontakt getreten und habe diesen zur Blutabnahme aufgefordert. Dieser habe sie verweigert. Nach den Wahrnehmungen des Arztes Dr. K. und des Gendarmeriebeamten sei der Beschwerdeführer voll bei Bewußtsein und ansprechbar gewesen. Anhaltspunkte, wonach die Blutabnahme aus ärztlicher Sicht bedenklich gewesen wäre, seien nicht hervorgekommen. Die Blutabnahme sei erforderlich gewesen. Dem Zweifel des Beschwerdeführers, ob er ordnungsgemäß zur Blutabnahme aufgefordert worden sei und diese in schuldhafter Weise verweigert habe, komme keine Berechtigung zu. Zwar hätten sich nach der ersten Vernehmung des Dr. K. vom 30. Jänner 1989 und des Gendarmeriebeamten R. gewisse Zweifel am tatsächlichen Geschehensablauf ergeben, doch sei dies durch deren ergänzende Befragung am 18. Oktober und 27. Oktober 1989 eindeutig aufgeklärt worden. Zunächst habe Dr. K. den Beschwerdeführer im Auftrag des Gendarmeriebeamten R. zur Blutabnahme aufgefordert, die der Beschwerdeführer schon dadurch verweigert habe, als er erklärt habe, sich vorher mit seinem Bruder absprechen zu wollen. Zweifel an der Verweigerung bestünden schon deshalb nicht, da der Gendarmeriebeamte R., nachdem er von der mangelnden Einwilligung des Beschwerdeführers erfahren habe, sich selbst zum Beschwerdeführer begeben und dieser dem Beamten über ausdrückliche Aufforderung zur Blutabnahme erklärt habe, einer solchen nicht zuzustimmen. Der Beschwerdeführer habe die Blutabnahme verweigert, obwohl sein Bruder bereits anwesend und Gelegenheit zur Besprechung gegeben gewesen sei. Die Behauptung des Bruders des Beschwerdeführers als Zeuge, der Beschwerdeführer sei dispositionsunfähig gewesen, werde durch die anderen Zeugen eindeutig widerlegt. Neben Dr. K. und dem Gendarmeriebeamten R. habe auch der weitere behandelnde Arzt Dr. Sp. festgestellt, der Beschwerdeführer sei voll bei Bewußtsein und ansprechbar gewesen. Den diesbezüglichen Feststellungen dieser Zeugen komme ein höherer Beweiswert zu als der gegenteiligen Aussage des Bruders. Dr. Sp., der länger als Dr. K. im Behandlungsraum gewesen sei, habe auch die Unterhaltung des Beschwerdeführers mit seinem Bruder wahrgenommen und daß der Beschwerdeführer nach dem Gespräch mit seinem Bruder zu verstehen gegeben habe, er werde sich kein Blut abnehmen lassen. Dies stimme mit den Angaben des Gendarmeriebeamten R. überein, welcher anläßlich der kurz später erfolgten persönlichen Befragung des Beschwerdeführers eine ablehnende Antwort erhalten habe. Zum Antrag des Beschwerdeführers, ein ärztliches Gutachten über seine Zurechnungsfähigkeit einzuholen, sei bemerkt, daß dadurch die Zurechnungsfähigkeit nachträglich nicht mehr aufgeklärt werden könne. Zwar habe der Beschwerdeführer auch beträchtliche Verletzungen, Nasen- und Septumfraktur usw., erlitten, doch sei den beiden die Behandlung des Beschwerdeführers durchführenden Ärzten die zweifelsfreie Feststellung der Zurechnungsfähigkeit des Beschwerdeführers zuzubilligen. Eine entsprechende Feststellung sei den beiden Ärzten schon auf Grund ihrer allgemeinen medizinischen Ausbildung zuzumuten und könne der Meinung des Beschwerdeführers, Turnusärzte seien dazu nicht in der Lage, nicht gefolgt werden. Im Hinblick auf die eindeutigen Wahrnehmungen von zwei sachverständigen Zeugen sei es nicht geboten, Beweismittel, in denen nur indirekte Rückschlüsse aus Verletzungsfolgen gezogen werden könnten, einzuholen. Es folgen Ausführungen zur Strafbemessung unter Hinweis auf die in erster Instanz festgestellten Einkommens- und Familienverhältnisse.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bekämpft mit seinem Vorbringen vor allem die Feststellungen der belangten Behörde über den Vorgang der an ihn erfolgten Aufforderung zur Blutabnahme und das Vorliegen seiner Zurechnungsfähigkeit, indem er deren Beweiswürdigung rügt und in diesem Zusammenhang die Unterlassung weiterer Beweisaufnahmen geltend macht.
Diesem Vorbringen kommt jedoch keine Berechtigung zu.
Unter Bezugnahme auf das gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde gerichtete Beschwerdevorbringen ist daran zu erinnern, daß die Würdigung der Beweise, auf Grund deren der Sachverhalt angenommen wurde, nur insofern der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle zugänglich ist, als es sich um die Prüfung handelt, ob der Denkvorgang der Beweiswürdigung schlüssig ist, d.h. mit den Denkgesetzen im Einklang steht, und ob der Sachverhalt, der im Denkvorgang gewürdigt worden ist, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 1985, Zl. 85/18/0034).
Die belangte Behörde hat die wesentlichen Feststellungen auf die Aussagen des Gendarmeriebeamten R. sowie der beiden Ärzte, die den Beschwerdeführer im Krankenhaus untersuchten und behandelten, gestützt. Aus deren im wesentlichen übereinstimmenden Angaben ergibt sich, daß der Beschwerdeführer zunächst im Auftrag des Gendarmeriebeamten von Dr. K. aufgefordert wurde, sich der Blutabnahme zu unterziehen, dieser Aufforderung aber nicht nachkam, obwohl er hiezu sogleich verpflichtet gewesen wäre, sondern erklärte, sich erst mit seinem Bruder besprechen zu wollen. Nach der Besprechung mit dem Bruder wurde er sodann vom Gendarmeriebeamten, der sich zu diesem Zweck selbst in den Behandlungsraum begeben hatte, abermals zur Blutabnahme aufgefordert, hat jedoch die Zustimmung hiezu ausdrücklich abgelehnt. Die zunächst zwischen den ersten Vernehmungen des Arztes Dr. K. und des Gendarmeriebeamten R. bestehenden Unklarheiten wurden durch ihre ergänzenden Zeugenaussagen in eindeutiger Weise aufgeklärt, wobei diese Angaben auch mit der Aussage des den Beschwerdeführer weiters behandelnden Arztes Dr. Sp. im Einklang stehen, der ebenfalls wahrnehmen konnte, daß der Beschwerdeführer nach einem Gespräch mit seinem Bruder zu verstehen gegeben habe, er lasse sich kein Blut abnehmen. Die vom Beschwerdeführer behaupteten Widersprüche finden in der Aktenlage keine Deckung. Da der Bruder des Beschwerdeführers als Zeuge am 2. Februar 1989 bereits eine ausführliche Schilderung des Geschehens aus seiner Sicht gegeben hatte, bedurfte es entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht seiner neuerlichen Vernehmung. Ein Recht des Beschwerdeführers auf Gegenüberstellung der Zeugen bzw. auf Beiziehung seines Rechtsvertreters zu den Zeugeneinvernahmen sehen die Verwaltungsverfahrensgesetze nicht vor (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 9. Mai 1975, Zl. 61/75, und vom 3. März 1977, Zl. 1748/76).
Die belangte Behörde hat auch ausreichend begründet, warum sie zu der Feststellung gelangte, der Beschwerdeführer sei zur Tatzeit zurechnungsfähig gewesen, und der leugnenden Verantwortung des Beschwerdeführers sowie der diese unterstützenden Aussage seines Bruders keinen Glauben schenkte. Gegen die Beweiswürdigung bestehen keine Bedenken. Zwei Ärzte, die den Beschwerdeführer im Krankenhaus untersuchten bzw. behandelten, stellten nämlich unabhängig voneinander fest - mag auch der Beschwerdeführer bei dem Unfall selbst erheblich verletzt worden und u.a. in der Diagnose auch eine Gehirnerschütterung genannt sein -, daß der Beschwerdeführer bei vollem Bewußtsein und ansprechbar war. Daß diese Ärzte auf Grund der vorgenommenen Untersuchungen am besten über den Zustand des Beschwerdeführers Wahrnehmungen machen konnten und hiezu auf Grund ihrer fachlichen Ausbildung auch befähigt waren, bedarf keiner weiteren Erörterung. Schließlich zeigt auch das gesamte Verhalten des Beschwerdeführers, der zunächst der erstmals durch den Arzt Dr. K. an ihn ergangenen Aufforderung zur Blutabnahme mit dem Bemerken nicht Folge leistete, er müsse sich zunächst mit seinem Bruder besprechen, sodann nach dieser Besprechung dem anderen Arzt gegenüber zum Ausdruck brachte, er lasse sich kein Blut abnehmen und diese Blutabnahme auch über neuerliche Aufforderung durch den Gendarmeriebeamten R. ausdrücklich verweigerte, daß er das an ihn gestellte Begehren verstanden hat. Bei dieser Sachlage unterlief der belangten Behörde kein Verfahrensmangel, wenn sie die Beiziehung eines ärztlichen Amtssachverständigen nicht für erforderlich erachtete.
Die Rechtsmeinung des Beschwerdeführers, es sei die Blutabnahme einer Person, die selbst erheblich verletzt sei, unzulässig, widerspricht dem Gesetz. Der Verwaltungsgerichtshof vermag nicht zu finden, daß die Feststellung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei den Vorschriften entsprechend zur Durchführung der Blutabnahme aufgefordert worden, durch die Aktenlage nicht gedeckt ist. Da der Beschwerdeführer jedenfalls zuletzt vom Gendarmeriebeamten R. persönlich zur Blutabnahme aufgefordert wurde und diese endgültig verweigerte, wäre es im übrigen ohne Bedeutung, wenn der Arzt Dr. K., der den Beschwerdeführer zunächst zur Blutabnahme aufgefordert hatte, dem Beschwerdeführer nicht mitgeteilt haben sollte, er handle über behördlichen Auftrag, sodaß der Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1983, Zl. 82/03/0268, ins Leere geht. Des weiteren ist darauf zu verweisen, daß einem geprüften Kfz-Lenker, wie es der Beschwerdeführer ist, die Kenntnis der einschlägigen Vorschriften zuzumuten ist.
Letztlich vermag auch das gegen die Strafbemessung gerichtete Beschwerdevorbringen nicht durchzuschlagen. Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, es hätte der Verhängung einer Strafe im untersten Bereich, nämlich nahe (der Höhe der Mindeststrafe) von S 5.000,-- bedurft, übersieht er, daß der gesetzliche Strafrahmen des § 99 Abs. 1 StVO seit der Novelle BGBl. Nr. 105/1986 S 8.000,-- bis S 50.000,-- (früher S 5.000,-- bis S 30.000,--) beträgt. So gesehen wurde mit dem Ausspruch einer Geldstrafe von S 10.000,-- über den Beschwerdeführer ohnehin eine im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens liegende Strafe verhängt. Der Verwaltungsgerichtshof kann nicht finden, daß der belangten Behörde bei der Strafbemessung auch bei Berücksichtigung der Einkommens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers, wie sie schon von der Erstinstanz festgestellt wurden, eine Rechtswidrigkeit unterlaufen ist.
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Schlagworte
Beweismittel Amtspersonen Meldungsleger Anzeigen Berichte Zeugenaussagen Beweismittel Zeugenbeweis Parteiengehör Unmittelbarkeit Teilnahme an BeweisaufnahmenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990030120.X00Im RIS seit
12.06.2001