TE Vwgh Erkenntnis 1990/12/19 90/02/0083

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Veröffentlicht am 19.12.1990
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Index

L67008 Ausländergrunderwerb Grundverkehr Vorarlberg;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

ABGB §863;
AVG §66 Abs4;
GVG Vlbg 1977 §17 Abs1 litd;
GVG Vlbg 1977 §8;
VStG §2 Abs2;
VStG §27 Abs1;
VStG §27 Abs2;
VStG §29a;
VStG §31 Abs2;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1;
VStG §5 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernard als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 16. März 1990, Zl. Va-162-1/1989, betreffend Übertretung des Vorarlberger Grundverkehrsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Vorarlberg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 24. Oktober 1989 wurde der Beschwerdeführer einer Übertretung nach § 17 Abs. 1 lit. d in Verbindung mit § 8 (Vorarlberger) Grundverkehrsgesetz, LGBl. Nr. 18/1977 in der Fassung LGBl. Nr. 63/1987 (GVG), "und dem Bescheid des Grundverkehrssenates vom 26.02.1988, Zl. GVS-310-710" schuldig erkannt und hiefür bestraft. Der Spruchteil gemäß § 44a lit. a VStG 1950 lautet wie folgt:

"N hat die Liegenschaften Zl. ......... KG M, mit einem

Gesamtausmaß von ....... erworben und am 01.03.1988 in Besitz

genommen. Ab dem 01. Juni 1988 hat er die Hälfte der Gesamtliegenschaft auf zwei Jahre an H aus M verpachtet (vorzeitige Auflösung des Vertrages per 30.06.1989), obwohl der Erwerb der erwähnten Liegenschaft mit Bescheid des Grundverkehrssenates vom 26.02.1988, Zl. GVS-310-710, nur unter der Auflage, daß er die Kaufliegenschaften im Rahmen eines bäuerlichen Betriebes hauptberuflich selbst bewirtschaftet, grundverkehrsbehördlich genehmigt wurde. (Durch die teilweise Verpachtung hat er die erteilte Auflage nicht erfüllt)."

Mit dem Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 16. März 1990 wurde der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis vom 24. Oktober 1989 bestätigt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 17 Abs. 1 lit. d GVG ist zu bestrafen, wer eine nach § 8 erteilte Auflage nicht erfüllt.

Der im Spruch des angefochtenen Bescheides (infolge unveränderter Übernahme des oben wiedergegebenen Spruches des erstinstanzlichen Straferkenntnisses) enthaltene wesentliche Tatvorwurf gemäß § 44a lit. a VStG 1950 geht dahin, daß der Beschwerdeführer die erwähnte, ihm bescheidmäßig erteilte Auflage nicht erfüllt habe. Dabei handelt es sich um ein Unterlassungsdelikt (vgl. die jeweils die Nichterfüllung von in einem Bescheid über die Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage enthaltenen Auflagen betreffenden Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Dezember 1957, Zl. 177/55, dessen Rechtssatz in Slg. Nr. 4490/A veröffentlicht wurde, und vom 14. November 1973, Zl. 773/73). Daran vermag im vorliegenden Beschwerdefall der Umstand nichts zu ändern, daß dem Beschwerdeführer zur Last gelegt wurde, durch die teilweise Verpachtung der Liegenschaften, die erteilte Auflage nicht erfüllt zu haben, kommt doch darin nur zum Ausdruck, daß der Beschwerdeführer eine der erteilten Auflage widersprechende Handlung gesetzt und es dadurch unterlassen hat, im Einklang mit dieser Auflage tätig zu werden (vgl. das erwähnte Erkenntnis vom 14. November 1973, Zl. 773/73, wobei die Nichterfüllung der erteilten Auflage, eine bestimmte Grünfläche ringsum mit einer schnellwachsenden dichten Hecke zu bepflanzen und dauernd in diesem Zustand, ebenso wie den Baumbestand, ähnlich dem zur Zeit bestehenden, zu erhalten, in dem "ersatzlosen Entfernen von Hecken und Bäumen" gelegen war). Ein Unterlassungsdelikt hat die Wirkung eines Dauerdeliktes, bei dem nicht nur die Herbeiführung eines rechtswidrigen Zustandes, sondern auch die Aufrechterhaltung desselben pönalisiert ist (vgl. dazu u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. April 1987, Zl. 87/01/0007). Ob dem im vorliegenden Beschwerdefall mit dem genannten Spruch auch in Ansehung der Aufrechterhaltung des vom Beschwerdeführer (durch den Abschluß des Pachtvertrages) herbeigeführten rechtswidrigen Zustandes und bejahendenfalls für welchen Zeitraum Rechnung getragen wurde, was inbesondere für die Beurteilung der vom Beschwerdeführer angeschnittenen Frage der Verfolgungsverjährung gemäß § 31 Abs. 2 VStG 1950 von Bedeutung wäre, kann in diesem Zusammenhang auf sich beruhen. Auch wenn sich nämlich der Tatvorwurf nur auf die Herbeiführung des rechtswidrigen Zustandes beschränkte, bliebe die sich alleine schon daraus ergebende Rechtsnatur dieses strafbaren Verhaltens als Unterlassungsdelikt gleich.

Gemäß § 27 Abs. 1 VStG 1950 ist die Behörde örtlich zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die Erkenntnisse vom 9. November 1981, Zl. 81/10/0111, und vom 26. Februar 1987, Zl. 86/08/0231) ist ein Unterlassungsdelikt regelmäßig als dort begangen anzusehen, wo der Täter hätte handeln sollen. Das erstinstanzliche Straferkenntnis wurde von der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn erlassen, in deren Sprengel der Aktenlage nach der Beschwerdeführer wohnhaft ist; hingegen befinden sich die vom Beschwerdeführer erworbenen Liegenschaften in M und demnach unbestrittenermaßen im Sprengel der Bezirkshauptmannschaft Bregenz. Die Frage, ob daher die örtliche Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn gegeben war, wurde an die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens herangetragen. Der Beschwerdeführer schloß sich daraufhin der in dieser Anfrage vertretenen vorläufigen Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes, daß eine solche Zuständigkeit nicht bestanden habe, an, während die belangte Behörde in ihrer dazu erstatteten schriftlichen Äußerung vom 14. November 1990 den gegenteiligen Standpunkt eingenommen hat.

Die belangte Behörde räumt ein, daß eine "schriftliche Übertragung des Strafverfahrens" durch die Bezirkshauptmannschaft Bregenz gemäß § 29a VStG 1950 nicht erfolgt sei. Sie meint aber zunächst weiters, daß die Bezirkshauptmannschaft Bregenz, "wie aus dem vorgelegten Akt der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn ersichtlich ist, Kenntnis von der Durchführung des Strafverfahrens durch die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn hatte und mit Erhebungen zu diesem Strafverfahren befaßt war", wobei sie auf eine am 14. August 1989 auf Grund eines Ersuchens der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn durchgeführte Zeugeneinvernahme durch die Bezirkshauptmannschaft Bregenz hinweist. Dieser Argumentation, aus der die belangte Behörde offenbar primär die Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn ableitet, kann nicht gefolgt werden, ist doch in einer Übertragung des Strafverfahrens gemäß § 29a VStG 1950 eine verfahrensrechtliche Anordnung der an sich zuständigen Behörde zu erblicken (vgl. u. a. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Mai 1983, Zl. 82/03/0216, und vom 31. Mai 1985, Zl. 85/18/0211), die ausdrücklich zu ergehen hat und nicht stillschweigend oder durch ein konkludentes Verhalten begründet werden kann. An einer derartigen Anordnung fehlt es aber im vorliegenden Beschwerdefall.

Die belangte Behörde führt zusätzlich ins Treffen, daß der Beschwerdeführer "seine Tätigkeit von seinem Wohnsitz, nämlich Dornbirn, aus entfaltete" und er "seine Landwirtschaft aufgrund der Auflage im grundverkehrsbehördlichen Genehmigungsbescheid in M, Bezirk Bregenz, betreiben sollte". "Bei Einleitung des Strafverfahrens" sei "somit die Zuständigkeit mehrerer Strafbehörden begründet bzw. es ungewiß" gewesen, "in welchem Sprengel die Übertretung begangen worden ist, sodaß gemäß § 27 Abs. 2 VStG 1950 die Behörde zuständig ist, die zuerst eine Verfolgungshandlung vorgenommen hat"; dies sei die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn gewesen. Die belangte Behörde verkennt hiebei die bereits dargestellte Rechtsnatur des dem Beschwerdeführer angelasteten Deliktes. Auch wenn der Beschwerdeführer in Dornbirn wohnhaft ist, hätte er in Entsprechung der ihm erteilten Auflage nicht dort tätig werden müssen, sondern ausschließlich in M, wo er die Kaufliegenschaften im Rahmen eines bäuerlichen Betriebes hauptberuflich selbst zu bewirtschaften gehabt hätte. Die dem Beschwerdeführer erteilte Auflage konnte naturgemäß nur auf diesen Liegenschaften erfüllt werden. Es war daher weder die Zuständigkeit mehrerer Behörden, also auch die der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn, begründet noch ungewiß, in welchem Sprengel die Übertretung begangen worden ist, zumal ein Zweifel über die Auslegung der Zuständigkeitsnorm des § 27 Abs. 1 VStG 1950 keine Ungewißheit im Sinne des Abs. 2 bedeutet (vgl. das schon zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Februar 1987, Zl. 86/08/0231). Es war vielmehr von vornherein die alleinige Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Bregenz, an der sich in der Folge nichts geändert hat, gegeben.

Die belangte Behörde wäre bei ihrer Entscheidung über die Berufung des Beschwerdeführers gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn verpflichtet gewesen, die Unzuständigkeit dieser Behörde wahrzunehmen und, anstatt darüber meritorisch abzusprechen, das Straferkenntnis zu beheben. Daß sie dies nicht getan hat, belastet den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes (vgl. außer den bereits genannten Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. November 1981, Zl. 81/10/0111, und vom 26. Februar 1987, Zl. 86/08/0231, beispielsweise noch jenes vom 17. Oktober 1984, Zl. 83/11/0245).

Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Beschwerde lediglich zweifach einzubringen und an Beilagen nur der angefochtene Bescheid (nicht aber auch der Genehmigungsbescheid vom 26. Februar 1988) anzuschließen war.

Schlagworte

Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatzeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990020083.X00

Im RIS seit

19.12.1990

Zuletzt aktualisiert am

05.12.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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