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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Umschreibung der bei Beurteilung des Genehmigungsantrages zu berücksichtigenden öffentlichen Interessen mit noch hinreichender Deutlichkeit (Art18 B-VG); angemessene Berücksichtigung privater Interessen als selbstverständlich vorausgesetzt; Zwangsversteigerungen erfaßt; Regelung exekutionsrechtlicher Natur, Zivilrecht (Art10 Abs1 Z6 B-VG) - erforderlich iS des Art15 Abs9 B-VG; keine denkunmögliche, keine willkürliche AnwendungSpruch
Die Bf. sind durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.a) Bei der am 20. September 1984 beim Bezirksgericht Bregenz zu 3 b E25/84 stattgefundenen Zwangsversteigerung gaben die Bf. für den Erwerb der Gp 951/1, 951/2, 952, 953 und 950, alle EZ 1176 KG Hörbranz mit einem Gesamtausmaß von etwa 27.000 m2, das Meistbot in der Höhe von S 3,600.000,-- ab.
Das Bezirksgericht Bregenz schlug sodann die versteigerte Liegenschaft um dieses Meistbot den beiden Bf. je zur Hälfte vorbehaltlich der Beibringung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung zu.
Mit Eingabe vom 22. Oktober 1984 beantragten die Bf. die Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung des Meistbotes (§3 Abs3 des Vorarlberger Grundverkehrsgesetzes, LGBl. 18/1977 - Vlbg. GVG).
Die (Vorarlberger) Grundverkehrs-Landeskommission versagte mit Bescheid vom 29. Jänner 1985 die beantragte Genehmigung. Die dagegen von den Bf. erhobene Berufung wurde mit Bescheid des (Vorarlberger) Grundverkehrssenates vom 9. Juli 1985 gemäß §66 Abs4 AVG iVm §5 Abs1 Vlbg. GVG abgewiesen.
Der Berufungsbescheid wurde von den Bf. beim VfGH nach Art144 B-VG bekämpft. Dieser hob mit Erkenntnis vom 1. Dezember 1986, B616/85 = VfSlg. 11131/1986 den Berufungsbescheid vom 9. Juli 1985 auf; dies mit der Begründung, daß die volle Unabhängigkeit und Unparteilichkeit eines Mitgliedes des Grundverkehrssenates anzuzweifeln gewesen sei.
b) Nachdem dieses Mitglied ausgewechselt worden war, beschloß der Grundverkehrssenat am 22. Mai 1987 neuerlich über die von den Bf. gegen den Bescheid der Grundverkehrs-Landeskommission vom 29. Jänner 1985 erhobene Berufung und wies dieses Rechtsmittel wiederum gemäß §66 Abs4 AVG iVm §5 Abs1 der Vlbg. GVG ab.
2. Gegen diesen Ersatzbescheid vom 22. Mai 1987 wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte und die Verletzung in Rechten wegen Anwendung verfassungswidriger Gesetzesbestimmungen behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
3. Der Grundverkehrssenat als bel. Beh. erstattete eine Gegenschrift, in der begehrt wird, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Die Bf. replizierten.
II. Die hier maßgebende Rechtslage stellt sich wie folgt dar:
Dem §1 Abs1 lita Vlbg. GVG zufolge unterliegt den Bestimmungen dieses Gesetzes der Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken, sofern an diesen Inländer Rechte erwerben.
Nach §3 Abs1 lita leg.cit. kann nur mit Genehmigung der Behörde das Eigentum an Grundstücken erworben werden.
§3 Abs3 lautet:
"Wird ein Grundstück oder ein Bauwerk im Sinne des §435 ABGB im Wege der Versteigerung veräußert, so bedarf das Meistbot der Genehmigung. Eine Person, deren Meistbot nicht genehmigt wurde, darf im Falle einer neuen Versteigerung desselben Grundstückes oder Bauwerkes im Sinne des §435 ABGB nur mit Genehmigung der zuständigen Behörde zum Bieten zugelassen werden. Dies gilt sinngemäß für die Annahme eines Überbotes (§195 Exekutionsordnung) und die Genehmigung eines Antrages auf Übernahme (§200 Z1 Exekutionsordnung)."
§5 Abs1 bestimmt:
"Ein Rechtserwerb gemäß §1 Abs1 lita ist nur zu genehmigen, wenn er dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung eines leistungsfähigen Bauernstandes und, soweit ein solches nicht in Frage kommt, der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden, mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes nicht widerspricht, der Rechtserwerb an ausschließlich forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken überdies nur dann, wenn er dem allgemeinen volkswirtschaftlichen Interesse oder dem Interesse der Forstwirtschaft im besonderen nicht widerspricht."
III. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Gegen den die Organisation des (Vorarlberger) Grundverkehrssenates regelnden §15 GVG obwalten - wie der VfGH bereits in dem im ersten Rechtsgang erflossenen Erkenntnis VfSlg. 11131/1986 dargetan hat - keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Die tatsächliche Zusammensetzung des Grundverkehrssenates bei Beschlußfassung über den nunmehr angefochtenen Ersatzbescheid erweckt keine Zweifel an der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit auch nur eines seiner Mitglieder; solche Zweifel hatten im ersten Rechtsgang - wie dargetan - (s.o. I.1.a) zur Aufhebung des damals bekämpften Berufungsbescheides vom 9. Juli 1985 geführt. Die weitwendigen Beschwerdeausführungen zu diesem Thema polemisieren nur gegen die Zweckmäßigkeit der nach Art133 Z4 B-VG eingerichteten Kollegialorgane im allgemeinen, ohne konkrete Umstände anzugeben, weshalb hier der Grundverkehrssenat dem Art6 MRK zuwider zusammengesetzt gewesen sein sollte.
Der nun angefochtene Ersatzbescheid trägt der vom VfGH im ersten Rechtsgang vertretenen Auffassung Rechnung.
2.a) Die Bf. bringen - in außergewöhnlicher Breite mit teils wissenschaftlichem Anschein - neben rechtspolitischen Überlegungen (auf die mangels verfassungsrechtlicher Relevanz nicht einzugehen war) zunächst vor, §5 Abs1 Vlbg. GVG (auf den der angefochtene Bescheid vornehmlich gegründet ist), sei iVm §1 Abs1 lita Vlbg. GVG aus mehreren Gründen verfassungswidrig. Diese Vorschriften widersprächen den Art5 und 6 StGG und dem Art1 Abs1 des
(1.) ZP zur MRK sowie dem Art7 B-VG:
§5 Abs1 Vlbg. GVG enthalte keine - nach Meinung der Bf. verfassungsrechtlich gebotene - Verpflichtung der Grundverkehrsbehörden zur Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und zur Berücksichtigung der persönlichen Interessen; vielmehr sei dem Gesetzeswortlaut zufolge dies geradezu ausgeschlossen.
§5 Abs1 Vlbg. GVG erlaube massive Eingriffe in das Eigentumsrecht. Die Bestimmung müßte daher dem strengen Determinierungsgebot entsprechen, das der VfGH in dem zu §3 Fremdenpolizeigesetz ergangenen Erkenntnis VfSlg. 10737/1985 entwickelt habe (Hinweis auf die vom selben Rechtsanwalt zu B 408/87 eingebrachte Beschwerde).
Schließlich schaffe §5 Abs1 Vlbg. GVG - entgegen dem Art6 StGG (Hinweis auf VfSlg. 9580/1982, S 400) - eine bevorrechtete Klasse des Bauernstandes.
b) Zur Widerlegung des Vorwurfes, §5 Abs1 Vlbg. GVG widerspreche dem Art1 des (1.) ZP zur MRK genügt es, auf das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, B408/87 zu verweisen; danach findet diese Konventionsbestimmung nur auf Eigentumsentziehungen, nicht aber auf Eigentumsbeschränkungen (wie sie §5 Abs1 Vlbg. GVG vorsieht) Anwendung.
Den Bf. ist jedoch im Ergebnis insofern zuzustimmen, als die privaten Interessen am Rechtserwerb nicht unberücksichtigt bleiben dürfen. Auch Eigentumsbeschränkungen dürfen nämlich nur verfügt werden, wenn sie sachlich gerechtfertigt sind, also dem Gleichheitsgrundsatz entsprechen.
§5 Abs1 GVG umschreibt mit noch hinreichender Deutlichkeit (Art18 B-VG) die bei Beurteilung des Genehmigungsantrages zu berücksichtigenden öffentlichen Interessen. Zwar gebietet weder diese noch eine andere Bestimmung des GVG ausdrücklich, auf die privaten Interessen an der Genehmigung des Rechtserwerbes Bedacht zu nehmen. Aus dem Schweigen des Gesetzgebers ist nicht abzuleiten, daß er eine solche Bedachtnahme ausschließen wollte. Jedem an die Grundverkehrsbehörde gerichteten Genehmigungsantrag liegen nämlich meist sehr wesentliche private Interessen zugrunde; daher konnte es der Gesetzgeber als geradezu selbstverständlich ansehen, daß diese Interessen bei der Beurteilung des Ansuchens ebenso wie die im Gesetz näher umschriebenen öffentlichen Interessen angemessen zu berücksichtigen sind.
Bei diesem Inhalt bestehen unter dem Gesichtspunkt dieses Beschwerdefalles ob der Verfassungsmäßigkeit des §5 Abs1 GVG keine Bedenken (vgl. zB VfSlg. 8398/1978, 9652/1983, 9913/1984, 10447/1985 und 10527/1985; diese Erkenntnisse gehen gleichfalls vor der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit des §5 Abs1 Vlbg. GVG aus bzw. attestieren diese ausdrücklich).
§5 Abs1 Vlbg. GVG schafft auch - entgegen der Meinung der Bf. - keine bevorrechtete Klasse des "Bauernstandes". Der VfGH verweist vielmehr auf seine ständige Rechtsprechung (zB VfSlg. 10566/1985) nach der durch Art6 StGG allgemeine Einschränkungen des Liegenschaftserwerbes, wie sie in den Grundverkehrsgesetzen der Länder enthalten sind, nicht ausgeschlossen werden. Das von den Bf. in diesem Zusammenhang zitierte Erkenntnis VfSlg. 9580/1982, S 400 betrifft ein völlig anderes Problem.
Gegen §5 Abs1 iVm §1 Abs1 lita Vlbg. GVG
bestehen also unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
3.a) Die Bf. behaupten auch, §3 Abs3 Vlbg. GVG (Text s.o. II) über die Genehmigungspflicht des Meistbotes sei verfassungswidrig:
"Bereits im Verfahren B616/85 wurde nachgewiesen, daß es weder im Grundverkehrsgesetz noch in der Exekutionsordnung präzise gesetzliche Vorschriften gibt, wie vorzugehen ist, wenn ein Meistbot durch die Grundverkehrsbehörden nicht genehmigt wird. Gerade das Gutachten des derzeitigen Rektors Dr. Rainer Sprung beweist, daß diebezüglich auf Hilfskonstruktionen zurückgegriffen werden müßte. Daraus leiten die Bf. ab, daß das Grundverkehrsgesetz - in Ermangelung gesetzlicher Regelungen den Fall der zwangsweisen Versteigerung gar nicht erfassen wollte. Dafür sprechen auch die Änderungen in der Textierung des Genehmigungstatbestandes, war doch im Grundverkehrsgesetz 1954 im §3 Abs3 ausdrücklich von der Zwangsversteigerung die Rede, während die derzeitige Fassung desselben §3 Abs3 GVG den Fall erfassen will, daß ein Grundstück 'im Wege der Versteigerung veräußert' wird. Veräußern bedeutet selbstverständlich Freiwilligkeit, Handhabung der Privatautonomie. Diese liegt vor bei der freiwilligen Feilbietung, nicht aber bei der Zwangsversteigerung.
Die Bf. sind daher nach wie vor der Auffassung, daß überhaupt keine Genehmigungspflicht nach §3 Abs3 GVG vorliegt, weil der Gesetzgeber die frühere Erfassung der Zwangsversteigerung fallen gelassen und statt dessen die freiwillige Feilbietung in die Genehmigungspflicht aufgenommen hat (die freiwillige Feilbietung bot seinerzeit eine günstige Möglichkeit, die grundverkehrsbehördliche Genehmigungspflicht auszuschalten).
Zusammenfassend, der derzeitige §3 Abs3 GVG sieht keine Genehmigungspflicht für Meistbote im Zwangsversteigerungsverfahren vor.
Die bel. Beh. hat sohin einen nicht vorhandenen Genehmigungstatbestand behauptet und damit gesetzlos in das Eigentumsrecht der Bf. eingegriffen. Aus diesem Grund wir der angefochtene Bescheid ebenfalls aufzuheben sein.
Der VfGH hat mehrfach ausgesprochen, daß der Landesgesetzgeber grundsätzlich die Genehmigungspflicht des Zuschlags oder des Meistbots im Zwangsversteigrungsverfahren vorsehen dürfe. Dabei meinte der VfGH, diese Möglichkeit müsse deshalb bestehen, weil sonst Umgehungsmöglichkeiten eröffnet würden. Gegen diese bisherige Rechtsprechung des VfGH gibt es allerdings aus der Sicht des Einschreiters einige Gegenargumente. Bei näherer Betrachtung eignet sich das Zwangsversteigerungsverfahren nämlich wohl nur in seltensten Sonderfällen für einen Umgehungsvorgang.
Vorerst müßte, um eine Zwangsversteigerung betreiben zu können, ein Exekutionstitel geschaffen werden. Anschließend käme es zu einem Zwangsversteigerungsverfahren, einem langwierigen Verfahren mit hohen Kosten. In diesem Verfahren müßte ein Schätzer die Liegenschaft schätzen, und zum halben Preis (bzw. allenfalls bei unbebauten Grundstücken zu 2/3 des Preises) würde das Grundstück dann im Versteigerungsverfahren ausgerufen.
Die Möglichkeit, hier ein Umgehungsgeschäft zu inszenieren, besteht bei all diesen komplexen Vorgängen wohl nur in seltenen Ausnahmefällen.
Auf seiten des 'Verkäufers' (als der verpflichteten Partei) bestünde das große Risiko, daß die Liegenschaft in Ermangelung mehrer Mitbieter bereits zum Ausrufungspreis, also zu einem Preis von höchstens 2/3 des Schätzpreises, wegginge. Dann würde der Verkäufer sozusagen um das letzte Drittel des Schätzwertes kommen, zusätzlich müßte er die Exekutionskosten bezahlen.
Einen dem Versteigerungstermin vorangehenden Umgehungsvertrag, wonach der Erwerbswillige von sich aus die Differenz auf den Schätzpreis und die Exekutionskosten bezahlt, kann sich der Einschreiter beim besten Willen nicht vorstellen, ein solcher Vertrag wäre zudem jedenfalls sittenwidrig und wohl mit Sicherheit ungültig und nicht klagbar.
Der Erwerbswillige (allenfalls die betreibende Partei) wiederum könnte nicht verhindern, daß bei der Versteigerungstagsatzung mehrere Parteien mitbieten und schließlich für ihn nichts anfällt.
Bei näherer Betrachtung scheidet daher eine fingierte Zwangsversteigerung als Umgehungsmöglichkeit praktisch aus. Dies für sich allein genommen, würde immer noch nicht bedeuten, daß der Gesetzgeber nicht doch die Genehmigungspflicht des Meistbots im Zwangsversteigrungsverfahren vorsehen dürfte. In diesem Zusammenhang ist allerdings noch ein weiteres zu berücksichtigen.
Beim Zwangsversteigerungsverfahren handelt es sich zweifelsfrei um eine Enteignung im Sinne eines Entzugs des Eigentums der verpflichteten Partei (daß der Eigentumsentzug zugunsten einer dritten Person, des Meistbietenden, erfolgt, und nicht des Staates, ändert an diesem Umstand nichts).
Die Enteignung erfolgt über die Exekutionsordnung, also ein BG, und durch Gerichte, also durch Organe des Bundes.
Im Ergebnis bedeutet die Genehmigungspflicht des Meistbots ein faktisches Hindernis bei der Erzielung eines bestmöglichen Versteigerungserlöses, die Genehmigungspflicht des Meistbots führt also bei typischer Betrachtungsweise (auf Einzelfälle kommt es ja bei solchen Überlegungen nicht an) dazu, daß manche Personen von vornherein nicht mitbieten werden oder bei der Versteigerung früher 'aussteigen', weil sie sonst Schwierigkeiten bei der Grundverkehrsbehörde nach §6 litd GVG befürchten müßten.
Die grundverkehrsbehördliche Genehmigungspflicht des Meistbots hat also typischerweise zur Folge, daß weniger Personen bei der Zwangsversteigerung mitbieten und zudem früher mit der Erhöhung des Angebotes aufhören.
Dadurch wird der Grundeigentümer gehindert, den bestmöglichen Entschädigungsbetrag für sein Grundstück zu erlösen, das ihm ohnehin bereits zwangsweise weggenommen wird, was für ihn regelmäßig einen schweren Eingriff wirtschaftlicher und persönlicher Art (durch die vielfältigen Veröffentlichungen im Zuge des Versteigerungsverfahrens) darstellt.
Berücksichtigt man den schweren Eingriff, den ein Zwangsversteigerungsverfahren regelmäßig in die Rechte der verpflichteten Partei darstellt, dann scheint es völlig unangemessen, der ohnehin schon schwer belasteten verpflichteten Partei noch zuzumuten, wegen der grundverkehrsbehördlichen Genehmigungspflicht des Meistbots noch Einbussen bei der Entschädigung für die Enteignung (beim Meistbot) hinnehmen zu müssen.
Bei fairer Betrachtung der Interessen der verpflichteten Parteien, bei Berücksichtigung des Umstandes, daß das Versteigerungsverfahren eine Enteignung darstellt, angesichts der praktischen Schwierigkeiten, das Zwangsversteigerungsverfahren zu Umgehungszwecken zu verwenden, sollte die Genehmigungspflicht von Zuschlägen oder Meistboten im Zwangsversteigerungsverfahren als verfassungswidrig aufgehoben werden.
Sollte §3 Abs3 GVG entgegen der Rechtsauffassung des Einschreiters eine Genehmigungspflicht für das Meistbot im Zwangsversteigerungsverfahren beinhalten, sollte diese Bestimmung aufgehoben werden, weil sie unangemessen in die Rechte aller am Exekutionsverfahren Beteiligten eingreift, insbesondere aber in die Rechte der Grundeigentümer."
b) Der VfGH teilt diese Bedenken nicht:
aa) Zwar sehen die anderen Grundverkehrsgesetze nicht die Genehmigung des Meistbotes, sondern jene des Zuschlages vor. Daraus ergibt sich aber nicht die Unsachlichkeit der Vorarlberger Regelung, weil es gerade im Wesen der föderalistischen Struktur liegt, daß Landesgesetze voneinander abweichen (vgl. zB VfSlg. 7038/1973, 8247/1978, 9116/1981).
Der Wortlaut des §3 Abs3 Vlbg. GVG (wo von einer Veräußerung im Wege der Versteigerung gesprochen wird), könnte allenfalls Zweifel aufkommen lassen, ob damit auch eine Zwangsversteigerung gemeint ist. Der Zweck des Gesetzes ist aber offenkundig der, Versteigerungeren aller Art zu erfassen. Dies wird durch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes erhärtet: Die GVG-Nov. 1968, LGBl. 37, ersetzte im §3 Abs3 das Wort "Zwangsversteigerung" durch das Wort "Versteigerung". Wie sich aus dem Motivenbericht zu dieser Nov. (10. Beilage im Jahre 1968, des XX. Vorarlberger Landtages) ergibt, war der Zweck der Novellierung, die bisher auf Zwangsversteigerungen beschränkte Genehmigungspflicht auf das bei einer freiwilligen Versteigerung abgegebene Meistbot auszudehnen.
Das Vlbg. GVG enthält zwar keine weiteren Regelungen, wie das Exekutionsgericht vorzugehen hat, wenn dem Meistbot die grundverkehrsbehördliche Genehmigung versagt wird. Es ist daher auf die allgemeinen exekutionsrechtlichen Vorschriften zurückzugreifen. Das Exekutionsgericht hat - wie auch im Beschwerdefall geschehen - den Zuschlag aufschiebend bedingt zu erteilen. Wird die grundverkehrsbehördliche Genehmigung des Meistbotes nicht beigebracht, tritt also die Bedingung nicht ein, so hat das Exekutionsgericht eine neuerliche Versteigerungstagsatzung anzuberaumen. Ein solcher Vorgang ist im Exekutionsverfahren auch sonst nicht unüblich; so sei etwa auf die Zwangsverpachtung eines konzessionierten Gewerbes oder die Erteilung des Zuschlages an einen nichthandlungsfähigen Bieter hingewiesen. §3 Abs3 Vlbg. GVG ist also einer Vollziehung zugänglich. Der VfGH hegt unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles nicht das Bedenken, daß diese Vorschrift dem Determinierungsgebot des Art18 B-VG widerspricht.
bb) Die Bf. meinen der Sache nach weiters, die Einbeziehung der exekutiven Eigentumsbeschränkung in die Ordnung des Grundverkehrsrechtes sei nicht nötig; die Regelung greife unangemessen in die Rechte aller am Exekutionsverfahren Beteiligten ein.
Diese Meinung ist verfehlt:
Der VfGH sieht sich nicht veranlaßt, von seiner im Erkenntnis VfSlg. 2820/1955 dargelegten Meinung abzugehen, wonach §3 Abs3 Vlbg. GVG notwendig sei, um Umgehungen des Gesetzes hintanzuhalten. Auch im Erkenntnis VfSlg. 10447/1985 ist der VfGH nach wie vor von der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit des §3 Abs3 Vlbg. GVG ausgegangen. In zahlreichen Erkenntnissen des VfGH zu vergleichbaren landesgesetzlichen Bestimmungen, mit denen aus grundverkehrsrechtlichen Erwägungen der Versteigerungsvorgang gestaltet wird, hat der VfGH dargetan, daß derartige Regelungen exekutionsrechtlicher Natur und somit dem Zivilrechtswesen (Art10 Abs1 Z6 B-VG) zuzurechnen seien, daß solche Vorschriften aber iS des Art15 Abs9 B-VG erforderlich (unerläßlich) seien (vgl. zB VfSlg. 6343/1970, 7186/1973, 7563/1975, 7819/1976, 8216/1977). Die Ausführungen der Bf. sind nicht geeignet, den VfGH davon zu überzeugen, daß es unnötig sei, das Zwangsversteigerungsverfahren in die grundverkehrsbehördlichen Regelungen einzubeziehen. Sind derartige Vorschriften aber notwendig, dann können sie im wesentlichen nicht weniger streng sein als die sonstigen, den Rechtserwerb an land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken reglementierenden Normen.
cc) Auch §3 Abs3 Vlbg. GVG begegnet sohin beim VfGH keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
4.a) Schließlich behaupten die Bf. noch, in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden zu sein. Sie begründen dies damit, daß der Grundverkehrssenat bei umfassender Würdigung aller Gesichtspunkte nicht zum Ergebnis hätte kommen dürfen, daß der Grunderwerb dem Vlbg. GVG widerspricht. Die bel. Beh. hätte bei ihrer Begründung und bei ihrer Sachverhaltsfestellung Unterlassungen und Irrtümer begangen, die sich bei der Gesamtwürdigung als Willkür darstellten bzw. eine denkunmögliche Gesetzesanwendung bedeuteten.
b) Die bel. Beh. hat ein Ermittlungsverfahren durchgeführt und ausführlich begründet, weshalb sie der Meinung sei, daß die Bf. das Grundstück nicht selbst im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes bewirtschaften, sondern lediglich als Freizeitbeschäftigung einen Hobbybetrieb führen würden; dies sei aber mit den Zielsetzungen des Vlbg. GVG nicht zu vereinbaren.
Der VfGH findet keine Anhaltspunkte dafür, daß die Behörde leichtfertig vorgegangen wäre oder eine den logischen Denkgesetzen widersprechende Entscheidung getroffen hätte.
Wenn die Bf. auf andere Verfahren vor dem Grundverkehrssenat verweisen, in denen die Behörde anders als in ihrem Fall entschieden habe, so ist ihnen - nach Einsichtnahme in die entsprechenden Akten - entgegenzuhalten, daß einerseits die Sachverhalte zum Teil nicht vergleichbar sind und daß andererseits nach der ständigen Judikatur des VfGH (zB VfSlg. 5372/1966, 8790/1980, 10527/1985) ein allfälliges Fehlverhalten der Behörde anderen Personen kein Recht auf ein gleichartiges Fehlverhalten gibt.
Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften sind die Bf. also auch weder im Gleichheitsrecht noch im Eigentumsrecht verletzt worden.
5. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Bf. in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen (s.o. III.1.,2. und 3.) ist es auch ausgeschlossen, daß er in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen genrellen Norm verletzt wurde.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
6. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z1 und 2 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
Grundverkehrsrecht Kompetenz, ZivilrechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1988:B707.1987Dokumentnummer
JFT_10119390_87B00707_00