Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
VStG §44a lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 4. September 1989, Zl. U-11756/2, betreffend Übertretung des Tiroler Naturschutzgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte die belangte Behörde das Straferkenntnis der Bezirkshaupmannschaft A vom 17. Juli 1989, mit dem der Beschwerdeführer schuldig erkannt worden war, in der Zeit zwischen Ende April 1989 und Anfang Juni 1989 ca. 400 m östlich von X auf öffentlichem Wassergut im Gewässerschutzbereich zwischen der X-Landesstraße und der X-Ache ca. 200 m3 Bauschutt abgelagert und dadurch gegen § 6 Abs. 2 lit. b des Tiroler Naturschutzgesetzes verstoßen zu haben, weshalb über ihn gemäß § 38 Abs. 1 lit. c leg. cit. eine Geldstraße in der Höhe von S 4.000,-- (Ersatzarreststrafe von 8 Tagen) verhängt wurde.
Nach der Begründung habe der Beschwerdeführer in der am 7. Juli 1989 auf der Bezirkshauptmannschaft A aufgenommenen Vernehmungsniederschrift zu Protokoll gegeben, er leugne nicht, in der Zeit zwischen Ende April und Anfang Juni 1989 am orographisch linken Ufer ca. 400 m östlich von X ca. 200 m3 Bauschutt, der durch den Umbau seines Hotels verursacht worden sei, abgelagert zu haben. Ihm sei bewußt, daß er dadurch eine Verwaltungsübertretung nach dem Tiroler Naturschutzgesetz begangen habe. Er sei jedoch der Meinung gewesen, Eigentümer des Grundstückes und daher zur Vornahme der Ablagerung berechtigt gewesen zu sein. Er habe auch bereits ca. 2/3 der Bauschuttablagerungen entfernt, wodurch ihm Kosten in Höhe von ca. S 16.000,-- erwachsen seien. Er ersuche daher, von einer Bestrafung abzusehen.
Auf Grund dieses Sachverhaltes sei das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft A ergangen. In der dagegen erhobenen Berufung habe der Vertreter des Beschwerdeführers zunächst kritisiert, daß zur Frage, ob es sich beim Grundstück um öffentliches Wassergut handle, keinerlei Feststellungen getroffen worden seien. Dies gelte auch bezüglich der Frage, ob die Ablagerungen im Bereich der Uferböschung oder innerhalb des 5 m breiten, vom Ufer landeinwärts zu rechnenden Geländestreifens erfolgt seien. Sollte sich aus dem Akteninhalt ergeben, daß tatsächlich Ablagerungen im Bereich der Uferböschung bzw. innerhalb des 5 m breiten Geländestreifens erfolgt seien, so könne keineswegs schlüssig und mit einer für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, daß dafür der Beschwerdeführer verantwortlich sei. Allfällige Ablagerungen hätten auch von anderen Personen vorgenommen worden sein können. Schließlich habe der Beschwerdeführer auch bestritten, jemals auf eigenen Grund oder auf einem allfälligen öffentlichen Wassergut ca. 400 m östlich von X Bauschutt abgelagert zu haben.
Zu diesem Vorbringen bemerkte die belangte Behörde zunächst, die Qualifikation des Grundstückes als "öffentliches Wassergut" hätte nicht notwendiger Bestandteil des Spruches der Behörde erster Instanz sein müssen. Die rechtsirrige zusätzliche Aufnahme von Begründungselementen in den Spruch eines Bescheides verletze jedoch kein Recht des Beschwerdeführers (VwSlg. 9733/A). Was den Vorwurf anlange, im gesamten Straferkenntnis würden sich keinerlei Feststellungen für eine Ablagerung im Bereich der Uferböschung oder innerhalb des 5 m breiten, vom Ufer landeinwärts zu rechnenden Geländestreifens finden, gehe ins Leere, da in der Begründung ausdrücklich darauf hingewiesen worden sei, daß der Beschwerdeführer bei seiner Vernehmung am 7. Juli 1989 nicht bestritten habe, die beschriebenen Bauschuttablagerungen im GEWÄSSERSCHUTZBEREICH der X-Ache verursacht zu haben. Wenn der Beschwerdeführer seine Verantwortlichkeit für die gegenständliche Verwaltungsübertretung bestreite, so sei auf die zitierte Beschuldigtenvernehmung vom 7. Juli 1989 zu verweisen, in der der Beschwerdeführer ein volles Geständnis abgelegt habe. Gemäß § 10 Abs. 6 AVG 1950 schließe die Bestellung eines Bevollmächtigten nicht aus, daß der Vollmachtgeber im eigenen Namen Erklärungen abgeben könne. Bei einem Widerspruch der Erklärungen der Partei und ihres (gewillkürten) Vertreters, gingen die Erklärungen der Partei vor. Da die von der Behörde erster Instanz auferlegte Geldstrafe, die vom Beschwerdeführer gar nicht bekämpft werde, von der belangten Behörde als angemessen erachtet werde, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.
1.3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsstrafakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 11 Abs. 1 VwGG gebildeten Strafsenat erwogen:
2.1. Im Verfahren vor dem Gerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht verletzt, nicht der Verwaltungsübertretung gemäß § 6 Abs. 2 lit. b des Tiroler Naturschutzgesetzes schuldig erkannt und nach § 38 Abs. 1 lit. c leg. cit. bestraft zu werden. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes rügt der Beschwerdeführer lediglich die mangelhafte Umschreibung des Tatortes. Dem Beschwerdeführer sei nämlich vorgeworfen worden, zwischen Ende April 1989 und Anfang Juni 1989 ca. 400 m ÖSTLICH von X auf öffentlichem Wassergut im Gewässerschutzbereich zwischen der X-Landesstraße und der X-Ache ca. 200 m3 Bauschutt abgelagert zu haben. Sowohl die Behörde erster Instanz als auch die belangte Behörde würde übersehen, daß der Beschwerdeführer etwas eingestanden habe, was "schlichtweg unmöglich sei". Sowohl die X-Landesstraße als auch die X-Ache verliefen in Richtung Nord-Süd, sodaß eine Ablagerung des Bauschutts allenfalls ca. 400 m NÖRDLICH von X, niemals jedoch ca. 400 m östlich von X hätte erfolgen können. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei der Tatort so genau als möglich anzugeben. Wenn aber eine eingestandene Tat auch objektiv feststellbar unmöglich sei, so dürfe die Strafbehörde nicht von diesem Geständnis ausgehen. Die Behörde wäre vielmehr verpflichtet gewesen, den allfälligen Tatort zu ermitteln und zu konkretisieren.
2.2. Gemäß § 44 a lit. a VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, unter anderem die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.
Der Vorschrift des § 44 a lit. a VStG 1950 ist dann entsprochen, wenn a) im Spruch eines Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Nach diesen, aber auch nur nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene Indentifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem § 44 a lit. a VStG 1950 genügt oder nicht genügt, mithin, ob die erfolgte Tatort- und Tatzeitangabe im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder als rechtswidrig erscheinen läßt (vgl. etwa das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. Juni 1984, Zl. 82/03/0265, VwSlg. 11466/A). Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den oben wiedergegebenen Rechtsschutzüberlegungen zu messendes Erfordernis sein (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/10/0053, VwSlg. 11894/A).
2.3. Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage kann der Spruch des angefochtenen Bescheides nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Wenn auch - wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift einräumt - eine völlig exakte Umschreibung des Tatortes "NORDÖSTLICH von X" hätte lauten müssen (und nicht "nördlich", wie der Beschwerdevertreter behauptet), so ist im Hinblick darauf, daß zusätzlich auf den Verlauf der X-Landesstraße unter der X-Ache Bezug genommen worden ist, dem Erfordernis der eindeutigen Angabe des Tatortes in ausreichendem Maße entsprochen worden. Inwiefern der Beschwerdeführer dadurch in seinen Verteidigungsrechten beschränkt oder der Gefahr ausgesetzt worden ist, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden, ist nicht ersichtlich. Auch ein entsprechend konkretisiertes Vorbringen ist dazu nicht erstattet worden.
2.4. Auf Grund dieser Erwägungen ergibt sich, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten wegen der geltend gemachten Rechtswidrigkeit nicht verletzt worden ist.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. 1989/206.
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatort"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff TatzeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989100212.X00Im RIS seit
20.12.1990Zuletzt aktualisiert am
12.05.2009