TE Vwgh Erkenntnis 1990/12/21 86/17/0106

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Veröffentlicht am 21.12.1990
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
37/01 Geldrecht Währungsrecht;
37/03 Nationalbank;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
AVG §66 Abs4;
DevG §14 Abs1;
DevG §7 Abs2;
DevG §7;
NBG 1984 §2 Abs2;
NBG 1984 §2 Abs3;
NBG 1984 Präambel;
VwRallg;

Beachte

Besprechung in:ÖStZB 1991, 507;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde

1) der NM S.p.A. in Italien und 2) der NC S.p.A. in Italien gegen den Bescheid der Oesterreichischen Nationalbank vom 14. April 1986, Zl. 200/154a/1986 Pr., Dr. JK/Zt, betreffend Abweisung von Anträgen auf devisenbehördliche Genehmigung einer Bürgschaft und eines Aktienerwerbes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Bund (Bundesminister für Finanzen) Aufwendungen in der Höhe von S 2.880,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren an Stempelgebührenersatz wird abgewiesen.

Begründung

1.1. Mit Schriftsatz vom 15. April 1985 stellten die beschwerdeführenden Parteien bei der Oesterreichischen Nationalbank den Antrag auf nachträgliche Genehmigung

a) der Bürgschaft vom 25. November 1981 des R und des S gegenüber der erstbeschwerdeführenden Partei für deren Forderungen gegenüber der Firma X-AG (im folgenden: AG), Schweiz, über sfrs 1,800.000,-- sowie

b) zum Erwerb von 500 Inhaberaktien a sfrs 1.000,-- am Aktienkapital der AG, Schweiz, durch die Firma S und R GesmbH & Co. KG, Wien (im folgenden: KG), und zwar für die 250 Aktien der zweitbeschwerdeführenden Partei.

Mangels Antragslegitimation werde nicht die Genehmigung des Erwerbes der 250 Aktien durch die KG von der T-AG, Lugano, beantragt.

Mit Eingabe vom 22. November 1984 hätten (auch) die Herren R und S sowie die KG formell den Antrag auf Genehmigung der eingangs genannten Rechtsgeschäfte gestellt. In Wahrheit ziele deren Eingabe aber nur darauf ab, die Bürgschaftserklärung von S und R durch die erhoffte Nichtgenehmigung des Rechtsgeschäftes nicht zum Tragen kommen zu lassen.

In dieser Eingabe sei daher der Sachverhalt einseitig dargestellt worden, insbesondere was die Überschuldung der AG, Schweiz am 31. Oktober 1981 anlange, woraus der Schluß gezogen worden sei, daß der gegenüber der Erstbeschwerdeführerin eingegangenen Bürgschaftsverpflichtung der Herren R und S kein wirtschaftlicher Gegenwert in Form von Aktiva der AG, deren Aktien sie erworben haben, gegenübergestanden sei.

Richtig sei, daß die KG seit 1976 in ständiger Geschäftsbeziehung mit der Erstbeschwerdeführerin, die ihrerseits den europaweit bekannten Markenartikel X-Textilien vertreibe, gestanden sei. Richtig sei auch, daß die Schweizer AG im Jahre 1981 überschuldet gewesen sei, wobei die Aktiva rund sfrs 2,000.000,--, die Passiva rund

sfrs 2,600.000,-- betragen hätten. Die Firma T-AG sei nicht in einem Naheverhältnis zur Erstbeschwerdeführerin gestanden; sie sei ebenso wie die Zweitbeschwerdeführerin Aktionärin der AG. Die Passiva der AG hätten im Jahre 1981 nahezu ausschließlich in der Lieferantenverbindlichkeit gegenüber der Erstbeschwerdeführerin bestanden. Auf Grund der guten Geschäftsbeziehungen zwischen der KG einerseits und der Erstbeschwerdeführerin andererseits sei ins Gespräch gebracht worden, daß S und R über die Schweizer AG auch die Generalvertretung der X-Produkte in der Schweiz für die Erstbeschwerdeführerin übernehmen könnten. Das Interesse daran sei ein beiderseitiges gewesen.

Um die Bilanz der im Jahre 1981 überschuldeten AG auszugleichen, habe sich die Erstbeschwerdeführerin bereit erklärt, ihre in der Bilanz zum 31. Oktober 1981 ausgewiesene Forderung von sfrs 2,698.613,40 zunächst auf sfrs 2,000.000,-- und in weiterer Folge auf sfrs 1,800.000,-- zu reduzieren. Dadurch sei die Überschuldung der Schweizer AG beseitigt worden. S und R sollten Alleinaktionäre der AG werden und das gesamte Aktienpaket um den Erinnerungswert von sfrs 100,-- (also von der Zweitbeschwerdeführerin um sfrs 50,--) erwerben. Die Zweitbeschwerdeführerin - und mit ihr die T-AG - hätten somit das Aktienpaket der AG an S und R praktisch verschenkt. Einzig und allein aus diesem Grunde sei praktisch als Gegenleistung vereinbart worden, daß die beiden Herren, die durch diese Transaktion Eigentümer eines sanierten Unternehmens geworden seien, für die Verbindlichkeiten gegenüber der Erstbeschwerdeführerin die Bürgschaft übernähmen.

Die Oesterreichische Nationalbank werde der Genehmigung der Anträge die Wirtschaftslage Ende 1981 zugrunde zu legen haben; die nachfolgenden Ereignisse seien in bezug auf die Genehmigung von keinerlei Bedeutung. Ende 1981 seien sämtliche Beteiligte der Meinung gewesen, daß eine gedeihliche wirtschaftliche Zusammenarbeit in Zukunft möglich sein werde. Tatsächlich sei auch zunächst die Forderung der Erstbeschwerdeführerin gegenüber der AG durch Zahlungen der AG von sfrs 1,800.000,-- auf sfrs 1,400.000,-- abgebaut worden, welcher Betrag noch offen sei. Aus der Bilanz zum 31. Dezember 1983 sei jedoch ersichtlich, daß bereits im Jahre 1982 beträchtliche neuerliche Verluste erwirtschaftet worden seien und daß auch im Jahre 1983 mit Verlust gearbeitet worden sei. Die AG sei derzeit nicht einmal in der Lage, den neu aufgelaufenen Lieferantenverbindlichkeiten gegenüber der Erstbeschwerdeführerin nachzukommen, geschweige denn alte Verbindlichkeiten abzudecken.

Es werde darauf hingewiesen, daß sämtliche Rechtsgeschäfte zwischen den Vertragsteilen de facto bereits im Jahre 1981 vollzogen worden seien. Es liege im offensichtlichen Interesse von S und R, daß deren Bürgschaft aus dem Jahre 1981 devisenbehördlich nicht genehmigt werde.

1.2. Mit Bescheid vom 14. April 1986 wies die Oesterreichische Nationalbank die Anträge

a) vom 22. November 1984 der KG, Wien, sowie des R, und des S, auf nachträgliche Erteilung von Bewilligungen zum Erwerb von 500 Inhaberaktien a sfrs 1.000,-- der AG, Schweiz, durch die KG, Wien, und zwar je 250 Aktien von der Zweitbeschwerdeführerin, Italien, und der T-AG, Schweiz, zum Kaufpreis von sfrs 100,-- sowie zur Abgabe einer Bürgschaft durch R und S gegenüber der Erstbeschwerdeführerin, Italien, für deren Forderung gegen die AG, Schweiz, über

sfrs 1,800.000,-- sowie

b) der Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführerin vom 15. April 1985 auf Erteilung einer nachträglichen Bewilligung desselben Inhaltes, ausgenommen des Erwerbes von 250 Aktien der AG, Schweiz, durch die KG, Wien, von der Firma T-AG, Schweiz,

gemäß §§ 7 Abs. 2 und 14 Abs. 1 des Devisengesetzes, BGBl. Nr. 162/1946 (im folgenden DevG), ab.

In der Begründung dieses Bescheides heißt es, der Erwerb von Aktien an einer ausländischen Gesellschaft durch Inländer sei gemäß § 7 Abs. 2 DevG bewilligungspflichtig. Um der Öffentlichkeit einen Überblick zu geben, in welchen Fällen mit der Erteilung von Bewilligungen zum Erwerb von Anteilsrechten an ausländischen Unternehmungen von Ausländern zu rechnen sei, habe die Oesterreichische Nationalbank eine Reihe von Zusagen erteilt, welche unter anderem darauf abgestellt seien, daß diese Rechtsgeschäfte zur Schaffung oder Aufrechterhaltung dauerhafter Wirtschaftsbeziehungen zwischen den inländischen Vertragspartnern und den ausländischen Unternehmungen dienten. Diese Zusagen seien derzeit in der Kundmachung der OeNB DE 12/82, Abschnitt I, vom 18. Juni 1982 (verlautbart im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr. 147 vom 29. Juni 1982) enthalten. Darüber hinaus habe die OeNB auf Grund der ihr auferlegten Verpflichtung zu prüfen, ob der mit dieser Beteiligung verbundene Devisenaufwand, der auch in einem potentiellen Devisenaufwand, z. B. Übernahme einer Bürgschaft, welche gemäß § 14 Abs. 14 Abs. 1 DevG bewilligungspflichtig sei, oder dergleichen bestehen könne, als angemessen zu bezeichnen sei, d. h. ob aus einer Auslandsbeteiligung Devisenzuflüsse zu erwarten seien.

Beweis sei erhoben worden durch Einvernahme von SC und CL, Präsident und Finanzdirektor der Erstbeschwerdeführerin, Dr. M, Steuerberater der antragstellenden KG, R und S, sowie Einsichtnahme in verschiedene Bilanz- und Korrespondenzunterlagen. Der jeweils anderen antragstellenden Partei sei immer Gelegenheit zu einer Äußerung gegeben worden. Lediglich zur Aussage von R, S und Dr. M habe wegen des bevorstehenden Ablaufes der Entscheidungsfrist keine Stellungnahme erreicht werden können, obwohl eine diesbezügliche Einladung an die beschwerdeführenden Parteien am 3. April 1986 ergangen sei.

Folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt sei festgestellt worden: Die Verkaufsverhandlungen seien auf der Verkäuferseite von SC geführt worden, der sowohl Präsident der Erstbeschwerdeführerin als auch der Zweitbeschwerdeführerin gewesen sei (wobei die Zweitbeschwerdeführerin 65 Prozent des Aktienkapitals der Erstbeschwerdeführerin halte) und wobei der Genannte auch für die T-AG, Schweiz, verhandelt habe. Im Zuge der Verhandlungen sei der Kaufpreis wiederholt reduziert bzw. ständig ein Ausgleich im Konnex mit der Höhe der durch R und S für die Verbindlichkeiten der AG, Schweiz, gegenüber der Erstbeschwerdeführerin abzugebenden Bürgschaft hergestellt worden. Diese Ansicht werde auch durch den Inhalt einer Vereinbarung vom 16. Oktober 1981 bestätigt, welche zwischen der Zweitbeschwerdeführerin, der T-AG, Schweiz, und der KG, Wien, abgeschlossen worden sei, wonach laut Punkt 6 sich der Restbetrag, der an die Erstbeschwerdeführerin bezahlt werden müsse, "erhöht oder erniedrigt, je nachdem im Moment der Bilanzverrechnung unerwartete Daten auftauchen, die zusätzlich mit Handschrift in die hier beiliegende Vermögenslage vom 31. Dezember 1981 eingetragen wurden". Darüber hinaus sei SC von 1977 bis Mitte 1982 als Präsident des Verwaltungsrates der AG, Schweiz, tätig gewesen. Ab diesem Zeitpunkt bis 1985 habe MC, Direktor der Erstbeschwerdeführerin, als Verwaltungsrat der AG, Schweiz, fungiert.

Der Entschluß der inländischen Käufer, die Aktien zu erwerben und eine Bürgschaft für die Verbindlichkeit der übernommenen Gesellschaft abzugeben, bzw. die Berechnung des Übernahmspreises (d. h. Kaufpreis und Bürgschaft) habe auf der vorläufigen Bilanz zum 31. Oktober 1981 basiert, welche von L, Schweiz, Steuerberater der AG, Schweiz, erstellt worden sei und welche mit einem Überschuß von rund sfrs 320.000,-- abschließe.

Nach dem 31. Oktober 1981 habe sich jedoch herausgestellt, daß Forderungen gegen die T-AG, Schweiz, per rund

sfrs 90.000,--, gegen D per rund sfrs 50.000,-- und gegen N per sfrs 50.000,-- als uneinbringlich ausgebucht werden mußten. Ferner seien in dieser vorläufigen Bilanz Warenforderungen der Erstbeschwerdeführerin in Höhe von rund sfrs 600.000,--, welche zu diesem Zeitpunkt bereits bestanden hätten, noch nicht verbucht gewesen. Gemäß dem Bericht über die wirtschaftliche Lage der AG, Schweiz, per 31. Oktober 1981 des Wirtschaftstreuhänders M, Wien, vom 24. Oktober 1984, sei die AG, Schweiz, zum Zeitpunkt der Übernahme der Aktien durch die KG, Wien, bereits mit über sfrs 1,000.000,-- überschuldet gewesen.

Unbestritten sei, daß dauerhafte Wirtschaftsbeziehungen zwischen der KG, Wien, und der AG, Schweiz, bestanden hätten. Dennoch sei bei allen Transaktionen zu beachten, daß das jeweilige Entgelt angemessen sein müsse.

Was die Angemessenheit des Kaufpreises betreffe, werde festgestellt, daß zwischen dem Erwerb der Aktien der AG im Nominale von sfrs 500.000,-- durch die KG, Wien, um den Kaufpreis von sfrs 100,-- von der Zweitbeschwerdeführerin, Italien, und der T-AG, Schweiz (einer Treuhandgesellschaft mit Sitz in Lugano, deren Gesellschafter unbekannt seien), und der Abgabe der Bürgschaftserklärung durch R und S gegenüber der Erstbeschwerdeführerin, Italien, für die Forderungen der letztgenannten Gesellschaft gegenüber der AG, Schweiz, wirtschaftlich gesehen ein unmittelbarer Konnex bestanden habe, d. h. die übernommene Bürgschaft stelle einen Teil des Übernahmspreises dar.

In der Folge wird im angefochtenen Bescheid auf die Präambel des DevG und die Abs. 2 und 3 des § 2 des Nationalbankgesetzes Bezug genommen. Die OeNB habe sich demnach bei der Erledigung von devisenrechtlichen Anträgen lediglich von devisen- und währungspolitischen Überlegungen leiten zu lassen. Im konkreten Fall hätte die Erteilung einer Bewilligung zur Folge, daß ein Betrag von sfrs 1,800.000,-- in das Ausland überwiesen würde und diesem Devisenabfluß keine entsprechende Gegenleistung gegenüberstünde.

1.3. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die Erstbeschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Genehmigung der Bürgschaftserklärung, die Zweitbeschwerdeführerin auf Genehmigung des Verkaufes der genannten Aktien als verletzt.

1.4. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. § 7 DevG lautet:

"(1) Über ausländische Wertpapiere und österreichische Auslandstitel darf nur mit Bewilligung verfügt werden, es sei denn, daß sie an die Oesterreichische Nationalbank oder an einen Devisenhändler veräußert werden.

(2) Die im Absatz (1) genannten Wertpapiere dürfen entgeltlich nur mit Bewilligung erworben werden."

§ 14 Abs. 1 leg. cit. bestimmt:

"Die Einräumung von Krediten an Ausländer, die Aufnahme von Krediten bei Ausländern, die Übernahme von sonstigen Geldverpflichtungen gegenüber Ausländern und die Bestellung von Sicherheiten für ausländische Gläubiger bedarf der Bewilligung. ..."

Nach den Bestimmungen der Präambel zum DevG sollen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes ermöglichen, die vorhandenen und anfallenden Devisen zu erfassen und der heimischen Wirtschaft nach Maßgabe der Dringlichkeit des Bedarfes zur Verfügung zu stellen. Zur Durchführung wird die Oesterreichische Nationalbank, die satzungsgemäß für die Aufrechterhaltung und Sicherung der Währung zu sorgen hat, als Beauftragte des Bundes herangezogen.

Gemäß § 2 Abs. 2 des Nationalbankgesetzes 1984, BGBl. Nr. 50, hat die Oesterreichische Nationalbank die Aufgabe, den Geldumlauf in Österreich zu regeln und für den Zahlungsausgleich mit dem Ausland Sorge zu tragen. Nach § 2 Abs. 3 leg. cit. hat sie mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln dahin zu wirken, daß der Wert des österreichischen Geldes in seiner Kaufkraft im Inland sowie in seinem Verhältnis zu den wertbeständigen Währungen des Auslandes erhalten bleibt.

Nach Abschnitt I lit. A Z. 1 der Kundmachung DE 12/82 der Oesterreichischen Nationalbank, verlautbart im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr. 147 vom 29. Juni 1982, wird die Oesterreichische Nationalbank die Bewilligung für den Erwerb von Anteilsrechten an ausländischen Unternehmungen von Ausländern erteilen, wenn u.a. die Voraussetzung erfüllt ist, daß das Rechtsgeschäft zur Schaffung oder Aufrechterhaltung dauerhafter Wirtschaftsbeziehungen zwischen den inländischen Vertragspartnern und den ausländischen Unternehmungen dient. Nach Z. 7 dieser Kundmachungsstelle wird die Oesterreichische Nationalbank die erforderliche Bewilligung für die Übernahme von Bürgschaften für Forderungen von Ausländern gegen andere Ausländer sowie Zahlungen aus der Inanspruchnahme aus solchen Bürgschaften erteilen, wobei diese Zusage nur für solche Rechtsgeschäfte oder Zahlungsverpflichtungen gilt, bei denen ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen dem Hauptschuldner und dem inländischen Bürgen oder einem anderen Inländer besteht (Zahlungsverpflichtungen ausländischer Tochtergesellschaften, Lieferanten, Abnehmer oder dgl.).

2.2.1. In der Beschwerde heißt es zunächst, die bewilligungspflichtigen Rechtsgeschäfte datierten aus dem Jahr 1981. Diese würden in rechtlicher Hinsicht zu Unrecht dem Nationalbankgesetz 1984 sowie der Kundmachung der Oesterreichischen Nationalbank DE 12/82 unterstellt. Tatsächlich hätte das Nationalbankgesetz 1955 und die Kundmachung DE 10/71 angewendet werden müssen. Darauf, ob die Anwendung der richtigen Vorschriften ein anderes Ergebnis gebracht hätte, komme es nicht an.

2.2.2. Diese Rechtsauffassung ist verfehlt. Im Erkenntnis eines vestärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Mai 1977, Slg. N.F. Nr. 9315/A = ZfVB 1978/6/2019, hat der Verwaltungsgerichtshof zur Frage des von einer Rechtsmittelbehörde anzuwendenden Rechtes ausgeführt, daß diese im allgemeinen das im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides geltende Recht anzuwenden habe. Eine andere Betrachtungsweise werde dann geboten sein, wenn etwa der Gesetzgeber in einer Übergangsbestimmung zum Ausdruck bringe, daß auf anhängige Verfahren noch das bisher geltende Gesetz anzuwenden sei. Weiters werde eine andere Betrachtungsweise auch dann Platz zu greifen haben, wenn darüber abzusprechen sei, was an einem bestimmten Stichtag oder in einem konkreten Zeitraum rechtens gewesen sei. Diese grundsätzlichen Erwägungen gelten auch für die Frage nach der maßgebenden Rechtslage für jede bescheiderlassende Behörde. Sofern das Gesetz nicht ausdrücklich oder implizit auf einen in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt oder Zeitraum abstellt, ist für die Entscheidung die im Bescheiderlassungszeitpunkt geltende Rechtslage maßgebend. Im vorliegenden Zusammenhang läßt das Devisengesetz weder ausdrücklich noch voraussetzungsweise erkennen, daß auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses oder der Vornahme einer devisenrechtlichen Transaktion oder der Antragstellung auf Genehmigung abzustellen wäre. Es geht ja nicht um die Beurteilung der zivilrechtlichen Gültigkeit des bewilligungspflichtigen Rechtsgeschäftes, sondern um die eine Bedingung dieser Gültigkeit darstellende verwaltungsbehördliche Genehmigung des Vertrages anhand der gesetzlichen Bewilligungsvoraussetzungen. Nicht anders als bei einer bau-, gewerbe- oder wasserrechtlichen Bewilligung eines Projektes handelt es sich nicht um einen Bescheid, mit dem die Bewilligungstauglichkeit in einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt festgestellt, sondern die Genehmigung wegen der Vereinbarkeit mit der gegenwärtigen Rechtslage erteilt (verfügt) werden soll (vgl. in diesem Zusammenhang das hg. Erkenntnis vom 18. März 1980, Zl. 2829/79

= ZfVB 1981/2/491, wonach ein Genehmigungsbescheid nach dem Grundverkehrsrecht ein rechtsgestaltender Verwaltungsakt und die Rechtslage im Zeitpunkt der Bescheiderlassung zu berücksichtigen ist; siehe auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Dezember 1974, Slg. Nr. 7449). Bemerkt sei, daß dementsprechend durch die Genehmigung auch die Unerlaubtheit allfälliger devisenrechtlich relevanter Verfügungen im Zeitraum bis zur Bewilligungserteilung nicht berührt wird.

Es ist daher nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde den Sachverhalt der Kundmachung der Oesterreichischen Nationalbank DE 12/82 unterstellt hat, wobei in der Gegenschrift zutreffend bemerkt wird, daß auch die Beurteilung nach der Kundmachung DE 10/71 zu keinem anderen Ergebnis geführt hätte.

2.3.1. In der Beschwerde wird weiters die Verletzung des Parteiengehörs geltend gemacht, da den beschwerdeführenden Parteien keine ausreichende Gelegenheit gegeben worden sei, sich zu den Aussagen von S, R und Dr. M zu äußern. Die belangte Behörde habe die von den Beschwerdeführerinnen avisierte Stellungnahme nicht abgewartet. Die Verletzung des Parteiengehörs sei ein absoluter Verfahrensmangel. Andernfalls hätten die beschwerdeführenden Parteien eingewendet, daß SC nie für die T-AG verhandelt habe, daß er nicht bis Mitte 1982, sondern nur bis 1981 als Präsident des Verwaltungsrates der AG, Schweiz, tätig gewesen sei, und daß die rückblickende Betrachtung der Finanzlage der AG durch den Wirtschaftstreuhänder M, Wien, vom 24. Oktober 1984 unzutreffend sei. Die Begründungsmängel seien wesentlich, weil die belangte Behörde auf Grund des festgestellten Sachverhaltes folgere, zum Zeitpunkt der bewilligungspflichtigen Rechtsgeschäfte sei die AG bereits überschuldet gewesen. Die Genehmigung hätte richtigerweise vor Abschluß des Rechtsgeschäftes, also vor dem 14. November 1981, beantragt werden müssen. Wäre dies geschehen, so hätte die belangte Behörde die Genehmigung jedenfalls erteilen müssen. Hiebei wäre ihr die Stichtagsbilanz zum 31. Oktober 1981 vorgelegen; dieser sei zu entnehmen, daß durch den teilweisen Forderungsverzicht der Erstbeschwerdeführerin die Überschuldung beseitigt gewesen sei. Der einseitige Bericht des Steuerberaters Dr. M wäre zu diesem Zeitpunkt naturgemäß nicht vorgelegen, dieser sei erst drei Jahre später im Lichte allfälliger nachkommender Ereignisse erstellt worden. Die belangte Behörde wäre somit verpflichtet gewesen, ihre jetzige Entscheidung nicht anders zu treffen, als sie diese Ende 1981 getroffen hätte. Aspekte, die nach diesem Zeitpunkt aufgetreten seien und die heute gegen die Erteilung der Bewilligungen sprächen, hätte die belangte Behörde nicht als Kriterium heranziehen dürfen. Sie habe dadurch ihren gesetzlichen Ermessensspielraum zweifellos überschritten. Eine Entscheidung hätte nur im Lichte der Ende 1981 bekannten Tatsachen erfolgen dürfen. In rechtlicher Hinsicht sei die ex post-Betrachtung der belangten Behörde verfehlt.

2.3.2. Zunächst ist die Auffassung der beschwerdeführenden Parteien unrichtig, daß eine Verletzung des Parteiengehörs "einen absoluten Verfahrensmangel" darstelle. Vielmehr führt auch eine Verfahrensrechtsverletzung dieser Art nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, wenn die belangte Behörde bei Vermeidung dieses Mangels zu einem anderen Bescheid hätte kommen können (§ 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG). An dieser Relevanz fehlt es aber im Beschwerdefall - wie im folgenden dargetan wird -, sodaß sich die Prüfung der Frage erübrigt, ob der belangten Behörde überhaupt die von den beschwerdeführenden Parteien geltend gemachte Verletzung des Parteiengehörs angelastet werden kann.

2.3.3. Sämtliche Verfahrensrügen der beschwerdeführenden Parteien, sowohl jene der unterbliebenen Berücksichtigung ihrer Stellungnahme vom 14. April 1986 als auch die Rüge von Feststellungs- und Begründungsmängeln, bauen auf der zentralen und im Beschwerdeschriftsatz wiederholt zum Ausdruck gebrachten Rechtsauffassung der beschwerdeführenden Parteien auf, es komme nicht auf die Sachlage bei Erlassung des angefochtenen Bescheides vom 14. April 1986, sondern auf jene im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses im Oktober/November 1981 an.

Was der Verwaltungsgerichtshof oben zur Frage der anzuwendenden Rechtslage ausgeführt hat, gilt sinngemäß auch für die zu berücksichtigende Sachlage. So hat der Verwaltungsgerichtshof in einem in dieser Beziehung vergleichbaren Fall aus dem Grundverkehrsrecht ausgesprochen, es sei unrichtig, daß bei der Frage der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung vom Sachstand zur Zeit des Vertragsabschlusses auszugehen sei; richtigerweise sei der Zeitpunkt der Genehmigung oder Versagung durch die berufenen Grundverkehrsbehörden maßgebend (hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 1986, Zl. 86/02/0008). Dem angefochtenen Bescheid zugrundezulegen war daher die Sachlage (einschließlich der währungspolitischen Situation) im Zeitpunkt seiner Erlassung.

2.3.4. Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage erweisen sich daher die Bedachtnahme auf Ereignisse nach dem 31. Oktober 1981 durch den angefochtenen Bescheid und die diesbezüglichen Feststellungen über die im unmittelbaren Gefolge eingetretene gravierende Überschuldung der AG, Schweiz, nicht als rechtsirrig.

Noch viel weniger trifft die Auffassung der beschwerdeführenden Parteien zu, die Entscheidung der belangten Behörde hätte nicht nur auf den Sachverhalt im Oktober 1981 abzustellen gehabt, sondern hätte darüber hinaus "nur im Lichte der Ende 1981 bekannten Tatsachen erfolgen dürfen", in rechtlicher Hinsicht sei die "ex post-Betrachtung" der belangten Behörde verfehlt. Die beschwerdeführenden Parteien übersehen dabei nämlich, daß das hier anzuwendende AVG kein Verbot kennt, Beweismittel, die nach einem bestimmten Zeitpunkt entstanden sind, zu verwerten. Im übrigen sei daran erinnert, daß selbst für das Rechtsmittelverfahren - was hier nicht in Betracht kommt - nach dem AVG kein Neuerungsverbot besteht.

Soweit daher die beschwerdeführenden Parteien Verfahrensmängel in bezug auf die Feststellung des Sachverhaltes zum 31. Oktober 1981 geltend machen, ist ihnen entgegenzuhalten, daß es auf diesen Zeitpunkt nicht ankommt. Daß sich hingegen schon im Zeitpunkt ihrer Antragstellung vom 15. April 1985 und noch vielmehr im relevanten Zeitpunkt der Bescheiderlassung durch die belangte Behörde die zu beurteilende Sachlage unzweifelhaft so darstellt, daß durch die - nachträglich - zu genehmigende Vertragsgestaltung und die bewilligungslos erfolgte Durchführung der Transaktion ein einseitiger Devisenabfluß in das Ausland bewirkt wurde, ist unbestritten. Die beschwerdeführenden Parteien selbst gehen in ihrem oben unter Punkt 1.1. auszugsweise wiedergegebenen Genehmigungsantrag vom 15. April 1985 davon aus, daß das Entgelt von insgesamt sfrs 100,-- für den Aktienerwerb ein bloß symbolisches war und im Hinblick auf die gravierende Überschuldung der AG, Schweiz, schon in den auf den Vertragsabschluß unmittelbar folgenden Jahren und jedenfalls im Zeitpunkt der Antragstellung der übernommenen Bürgschaft gegenüber der Erstbeschwerdeführerin kein wirtschaftlicher Gegenwert in Form dieser AG mehr gegenüber stand.

2.4.1. In der Beschwerde wird ferner geltend gemacht, mangels Identität der Rechtspersönlichkeit der Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin könne die der Erstbeschwerdeführerin gegenüber eingegangene Bürgschaft nicht als ein Teil des Kaufpreises bzw. des Übernahmspreises qualifiziert werden. Daraus folge, daß die Angemessenheit des Kaufpreises jedenfalls zu bejahen sei. Die Abgabe der Bürgschaftserklärung hätte ausschließlich im Lichte des § 14 Abs. 1 DevG und nicht unter dem Gesichtspunkt der Angemessenheit des Kaufpreises nach § 7 Abs. 2 leg. cit. beurteilt werden dürfen.

2.4.2. Auch mit diesem Einwand vermögen die beschwerdeführenden Parteien eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun. Tatsache ist doch, daß der Aktienerwerb durch die KG Wien von der Zweitbeschwerdeführerin und von der Firma T-AG, Lugano, in der vertraglichen Vereinbarung von der Bürgschaftserklärung der Herren S und R gegenüber der Erstbeschwerdeführerin abhängig gemacht wurde. Auf die Personenidentität und die Kenntnis der sonstigen Rechtsverhältnisse zwischen diesen Rechtspersonen kommt es dabei nicht an. Zutreffend hat die belangte Behörde diesen Vorgang als eine Einheit betrachtet, den §§ 7 Abs. 2 und 14 Abs. 1 DevG unterstellt und davon ausgehend an der Präambel und dem § 2 Abs. 2 und 3 des Nationalbankgesetzes 1984 geprüft, ob es zu einem einseitigen Devisenabfluß aus Österreich kommen würde.

2.5. Die beschwerdeführenden Parteien rügen auch den Umstand, daß die Verringerung des Schuldensaldos der AG, Schweiz, gegenüber der Erstbeschwerdeführerin von

sfrs 1,800.000,-- auf sfrs 1,400.000,-- nicht festgestellt worden sei.

Hierauf ist zu erwidern, daß die damit gerügte Ergänzungsbedürftigkeit der Sachverhaltsfeststellungen - im übrigen fände die Feststellung des erwähnten Umstandes im Akteninhalt durchaus ihre Deckung - nicht entscheidungsrelevant ist. Auch ein Devisenabfluß von sfrs 1,400.000,--, dem Devisenzuflüsse nicht gegenüberstehen, muß zu einer Abweisung der gestellten Genehmigungsanträge führen.

2.6. Die beschwerdeführenden Parteien machen schließlich geltend, es fehle an einer Begründung, warum mögliche Devisenabflüsse, bezogen auf den Zeitpunkt November 1981 und "auch zum heutigen Zeitpunkt", für die Erhaltung der Kaufkraft des österreichischen Geldes im Inland und im Verhältnis zu ausländischen Währungen schädlich seien. Bei Devisenüberschüssen im Inland wäre es durchaus denkbar, daß Devisenabflüsse mit den Zielen der Präambel des Devisengesetzes und mit § 2 des Nationalbankgesetzes harmonierten.

Die dieser Rechtsauffassung zugrundeliegende Prämisse ist unzutreffend, da im maßgebenden Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides vom 14. April 1986 keine Devisenüberschüsse bestanden. Vielmehr wiesen die Leistungsbilanzsalden für Österreich im Jahr 1984 Minusbeträge von 3,9 Milliarden Schilling, im Jahr 1985 von 2,5 Milliarden Schilling und im ersten Quartal 1986 von 4,1 Milliarden Schilling auf (vgl. die Mitteilungen des Direktoriums der Oesterreichischen Nationalbank, Heft 12/1986, Tabelle 8.002). Dem ins Treffen geführten Begründungsmangel fehlt daher im Hinblick auf diese gerichtsbekannte Tatsache die Relevanz.

2.7. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, daß die beschwerdeführenden Parteien durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden sind.

2.8. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 4 und 5 sowie Art. III Abs. 2 der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Stempelgebührenersatz war nur für S 120,-- zuzusprechen, da die Bevollmächtigung nur eines Rechtsanwaltes zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung der belangten Oesterreichischen Nationalbank ausgereicht hätte.

2.9. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltAnzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und Beweise

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1986170106.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

06.10.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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