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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §10 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, in der Beschwerdesache der N gegen den mit 16. April 1986 datierten Bescheid des geschäftsführenden Ausschusses des Milchwirtschaftsfonds, Zl. Ia/Dr.K./r., betreffend Zuerkennung der Milchlieferverzichtsprämie, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Der geschäftsführende Ausschuß des Milchwirtschaftsfonds wies mit der - mit 16. April 1986 datierten - Erledigungsausfertigung den Antrag u.a. der Beschwerdeführerin auf Zuerkennung der Milchlieferverzichtsprämie gemäß Art. III Abs. 1 Marktordnungsgesetz-Novelle 1985, BGBl. Nr. 291, wegen Unvollständigkeit ab.
Die Erledigungsausfertigung in Verbindung mit dem bezüglichen Rückschein zeigt, daß diese für die Beschwerdeführerin "z.H. Hr. RA Dr. X" als Empfänger bestimmt war.
Nach den Angaben im Rückschein wurde diese Erledigungsausfertigung von der Beschwerdeführerin persönlich übernommen.
Eine nahezu wörtlich idente Erledigungsausfertigung - eine Abweichung besteht nur hinsichtlich der Postleitzahl bei der Adressenbezeichnung der Beschwerdeführerin - wurde sodann dem Vertreter der Beschwerdeführerin zugestellt. Diese Erledigungsausfertigung ist mit 7. Mai 1986 datiert. Laut Rückschein erfolgte die Zustellung am 22. Mai 1986.
Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen den Bescheid "vom 16.4.1986 (zugestellt am 30.4.1986) und vom 7.5.1986 (zugestellt am 20.5.1986)".
Mit Schriftsatz vom 21. Juli 1987 wurde vom Vertreter der Beschwerdeführerin mitgeteilt:
"Zu obiger Beschwerdesache erlaube ich mir mitzuteilen, daß der Bescheid vom 16.4.1986 zunächst meiner Mandantin N nach P zugestellt wurde.
Nun lautet die Postleitzahl für richtig nnnn. Es dürfte also in der Schreibabteilung ein Ziffernsturz unterlaufen sein. Daraus ist auch erklärlich, daß das Schriftstück zunächst, wie aus dem Poststempel ersichtlich ist, am 30.4.1986 dem Postamt in T zugestellt wurde. Dieses Datum wurde von mir als Zustelldatum angenommen, wobei ich bei Beachtung des Datums den Ort T offenbar außer acht ließ. Bei der Post T wurde sodann ermittelt, daß die falsche Postleitzahl angegeben war und wurde Frau N der Bescheid am 2.5.1986 zugestellt, welche ihn ihrerseits an mich übermittelte. In meiner Kanzlei langte das Schriftstück am 23.5.1986 ein. Dies ist sowohl aus dem Einlaufstempel '23. Mai 1986' ersichtlich, der von meiner Kanzlei stammt, ebenso auch aus dem Posteingangsbuch, welches von meiner Kanzlei geführt wird und in dem unter dem Datum 23.5.1986 vermerkt ist mit laufender Nummer:
'nn N: Bescheid i.S. Milchwirtschaftsfonds'
Eine Kopie des Briefkuverts, mit dem der Bescheid vom 16.4.1986 zugestellt wurde, schließe ich bei."
Von der belangten Behörde wurde mit Schreiben vom 22. September 1987 mitgeteilt:
"a) Der auf Grund des Antrages auf Teilnahme an der Milchlieferverzichtsprämienaktion der Frau N und anderer Miteigentümer des landwirtschaftlichen Betriebes XY ergangene Bescheid wurde in der Sitzung des geschäftsführenden Ausschusses vom 16. April 1986 beschlossen.
Aufgabe des Fondsbüros ist es, die beschlossenen Bescheide auszufertigen, zur Unterschrift vorzulegen und für eine ordnungsgemäße Zustellung zu sorgen.
Im Fall N lag eine rechtsgültige Vollmacht des Herrn Rechtsanwaltes Dr. X vor.
Der an Frau N ergangene Bescheid enthielt als Adresse Frau N, mit der Wohnadresse P, z.H. Herrn Rechtsanwalt Dr. X.
In derselben Weise war der zugehörige Rückschein adressiert. Die Post stellte jedoch nicht an den Rechtsanwalt Dr. X, sondern an die erste Adresse an Frau N direkt in P zu.
Nach Retournierung des Rückscheines wurde das Fondsbüro auf die fehlerhafte Zustellung aufmerksam.
In der Folge wurde eben derselbe vom geschäftsführenden Ausschuß schon beschlossene Bescheid mit dem Datum der neuen Ausfertigung, dem 7. Mai 1986, noch einmal am Textautomat ausgedruckt und dem Rechtsanwalt Dr. X rechtsgültig zugestellt.
b) Die abermalige Zustellung wurde nicht durch den geschäftsführenden Ausschuß beschlossen; sie erfolgte durch das Fondsbüro, um den vorhandenen Zustellmangel hinsichtlich des Bescheides vom 16. April 1986 zu sanieren und somit für eine ordnungsgemäße Zustellung des vom geschäfftsführenden Ausschuß beschlossenen und unterschriebenen Bescheides zu sorgen."
Zufolge der Anordnung des § 9 Abs. 1 erster Satz Zustellgesetz hat die Behörde, wenn eine im Inland wohnende Person gegenüber der Behörde zum Empfang von Schriftstücken bevollmächtigt ist, sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, diese Person als Empfänger zu bezeichnen.
Unterlaufen bei der Zustellung Mängel, so gilt sie nach § 7 Zustellgesetz als in dem Zeitpunkt vollzogen, in dem das Schriftstück der Person, für die es bestimmt ist (Empfänger), tatsächlich zugekommen ist.
Eine allgemeine Bevollmächtigung zur Vertretung beinhaltet auch die Ermächtigung zur Empfangnahme von Schriftstücken im Sinne des § 9 Zustellgesetz (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Juni 1990, Zl. 90/10/0035 und die dort zitierte Vorjudikatur). Die Schriftstücke sind bei sonstiger Unwirksamkeit der Zustellung an den bevollmächtigten Vertreter zuzustellen (vgl. nochmals das vorzitierte Erkenntnis vom 18. Juni 1990, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, daß es sich bei der mit 7. Mai 1986 datierten Ausfertigung um keinen anderen Bescheid handelt als jenen, der mit 16. April 1986 ausgefertigt wurde. Dafür spricht sowohl der - mit Ausnahme der Postleitzahl bei der Adressenbezeichnung der Beschwerdeführerin - idente Wortlaut als auch der Umstand, daß sich beide Ausfertigungen auf den Beschluß des geschäftsführenden Ausschusses des Milchwirtschaftsfonds vom 16. April 1986 gründen.
Der Verwaltungsgerichtshof geht weiters davon aus, daß die mit 16. April 1986 datierte Erledigungsausfertigung erst am 23. Mai 1986 dem Vertreter der Beschwerdeführerin tatsächlich zugekommen ist. Die Sanierungsregelung des § 7 Zustellgesetz konnte daher erst an diesem Tag zum Tragen kommen. Die mit 7. Mai 1986 datierte Erledigungsausfertigung ist jedoch schon am 22. Mai 1986 rechtswirksam an den Vertreter der Beschwerdeführerin zugestellt worden. Mängel der Rechtswirksamkeit dieser Zustellung wurden nicht behauptet und es finden sich hiefür auch keinerlei Anhaltspunkte im Verwaltungsakt. Der mit 7. Mai 1986 datierte Bescheid ist damit als am 22. Mai 1986 rite zugestellt und erlassen anzusehen.
Ein Beschwerdeführer kann denselben Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof nur mit einer Beschwerde anfechten. Bei Vorliegen zweier Beschwerden ist die zweite Beschwerde wegen Konsumierung des Beschwerderechtes als unzulässig zurückzuweisen (vgl. u.a. den hg. Beschluß vom 29. Juni 1984, Zl. 84/17/0087, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Soweit sich die vorliegende Beschwerde gegen die Erledigungsausfertigung vom 16. April 1986 richtet, war sie somit gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Berechtigung zur Erhebung mit Beschluß zurückzuweisen.
Es wird darauf hingewiesen, daß eine Entscheidung über die Beschwerde, soweit sie sich gegen die Erledigungsausfertigung vom 7. Mai 1986 richtet, gesondert ergehen wird.
Schlagworte
Vertretungsbefugnis Inhalt Umfang ZustellungMangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Mehrfache Beschwerdeführung Abtretung vom VfGHMangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Mangel der Rechtsfähigkeit und Handlungsfähigkeit sowie der Ermächtigung des EinschreitersEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1987170156.X00Im RIS seit
21.12.1990Zuletzt aktualisiert am
26.11.2009