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L37039 Lustbarkeitsabgabe Vergnügungssteuer Wien;Norm
VergnügungssteuerG Wr 1963 §26 Abs3 idF 1986/035;Beachte
Besprechung in:ÖStZB 1992, 47;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 23. März 1988, Zl. MDR - R 5/88, betreffend Vergnügungssteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.380,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Anläßlich einer am 18. Februar 1987 im Cafehaus des Beschwerdeführers durchgeführten Nachschau wurde von einem Revisionsbeamten des Magistrates der Stadt Wien festgestellt, daß vom Beschwerdeführer unter anderem auch ein Schachspielapparat "Blitzschach" mit Geldeinwurf gehalten werde. Die bei der Revision anwesende Kellnerin gab niederschriftlich vernommen an, ihr sei lediglich bekannt, daß jeweils ein Spieler gegen den Computer spielen könne. Daraufhin wurde vom Revisionsbeamten ein Probespiel durchgeführt und unter anderem festgestellt, daß das Spielende bei "Schachmatt" oder "Zeitüberschreitung" erreicht sei; bei "Schachmatt" erlöschten sämtliche Lichter. Ein Endspielergebnis im Sinne des § 26 Abs. 5 (erg.: des Vergnügungssteuergesetzes für Wien 1963, LGBl. Nr. 11 idF der Novelle LGBl. Nr. 35/1986 - VergnStG) werde nicht angezeigt.
Am 26. März 1987 wurde der Beschwerdeführer vor dem Magistrat der Stadt Wien, MA 4/7, niederschriftlich vernommen und gab an:
"Seit Anfang Februar habe ich in meinem Lokal in Wien n, X-gasse nn, einen Schachspielapparat 'Blitzschach' stehen ... 'Schachmatt' ist dann erreicht, wenn kein weiterer Zug mehr möglich ist, d.h. der Apparat nimmt die weiteren Züge nicht mehr an. Das Schachgerät wurde am Tag nach der Revision entfernt ..."
Der zuletzt genannte Umstand wurde durch eine weitere Erhebung vom 30. März 1987 bestätigt. Über weitere Anfrage der MA 4/7 teilte der Revisionsbeamte mit, daß der gegenständliche Apparat über keinen eigenen Bildschirm zur Anzeige des Endspielergebnisse verfügt habe; die Züge des Computers würden durch Aufleuchten eines kleinen roten Lämpchens auf den jeweiligen Spielfeldern angezeigt.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 4/7, vom 13. Mai 1987 wurde dem Beschwerdeführer gemäß den §§ 19 und 26 Abs. 5 des Vergnügungssteuergesetzes für Wien 1963 "in der geltenden Fassung" für das Halten eines Spielapparates der Type "Blitzschach" mit der Anzeige eines Spielergebnisses in seinem Betrieb in Wien n, X-gasse nn, für den Zeitraum Februar und März 1987 eine Vergnügungssteuer im Betrage von S 24.000,-- zuzüglich eines Säumniszuschlages von S 480,-- vorgeschrieben.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung und brachte darin im wesentlichen vor, die im Gerät integrierte Leuchtanzeige, welche dem Spieler den Hinweis "Schach" bzw. "Schachmatt" gebe, stelle keine Anzeige eines Spielergebnisses dar. Überdies sei der festgestellte Abgabenzeitraum unrichtig, weil der Beschwerdeführer das Schachgerät sofort nach der ersten Beanstandung entfernt habe.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien die Berufung als unbegründet ab. Nach der eigenen Darstellung des Beschwerdeführers zeige eine im Apparat integrierte Leuchtanzeige "Schachmatt" an. Damit liege eine Spielergebnisanzeige vor, da allgemein bekannt sei, daß nach den anerkannten Regeln des Schachspieles dieses ende, wenn ein Spieler schachmatt gesetzt werde, und dieser Spieler als Verlierer gelte. Dem Gesetzeswortlaut sei eine Einschränkung auf eine ziffernmäßige Anzeige nicht zu entnehmen. Der Beschwerdeführer habe erst am 26. März 1987 bekanntgegeben, daß der angeführte Apparat nicht mehr gehalten werde. Daß die Abgabenbehörde früher von diesem Umstand Kenntnis erlangt hätte, sei der Aktenlage nicht zu entnehmen und werde auch vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Somit entspreche die Abgabenvorschreibung für Februar und März 1987 dem Gesetz. Weiters stehe unbestritten fest, daß die Vergnügungssteuer für Februar und März 1987 für den genannten Apparat nicht zum Zeitpunkt der Fälligkeit entrichtet worden sei, sodaß die Voraussetzungen für die Festsetzung eines Säumniszuschlages von 2 Prozent gegeben seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Nach dem gesamten Inhalt seines Vorbringens erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht verletzt, daß ihm gegenüber für das Halten des Schachspielapparates Vergnügungssteuer samt Säumniszuschlag nicht vorgeschrieben werde. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Beschwerdeführer erstattete unaufgefordert eine weitere Äußerung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 26 Abs. 3 VergnStG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 35/1986 beträgt die Vergnügungssteuer für das Halten von Apparaten mit Bildschirmen, mit welchen Sport-, Geschicklichkeits-, Abenteuer-, Weltraum- und Brettspiele oder für Kinder und Jugendliche geeignete, üblichen Gesellschaftsspielen (zB Quiz-, Strategie- und Spekulationsspiele) vergleichbare Spiele bereitgehalten werden, sowie von Flippern je Apparat und angefangenem Kalendermonat 6.000 S, wenn ein Spielergebnis angezeigt wird, sofern nicht die Voraussetzungen nach Abs. 4 oder die Voraussetzungen nach Abs 5, ausgenommen die Anzeige eines Spielergebnisses, zutreffen.
Nach Abs. 5 dieser Gesetzesstelle beträgt die Vergnügungssteuer unter anderem für das Halten von Apparaten, durch deren Betätigung ein Gewinn in Geld oder Geldeswert (so zB Jeton- oder Warengewinn) erzielt werden kann oder bei denen ein Spielergebnis angezeigt wird oder bei denen das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängig ist, je Apparat und begonnenem Kalendermonat 12.000 S.
In seiner Verfahrensrüge behauptet der Beschwerdeführer, die Behörden des Verwaltungsverfahrens hätten "ohne Durchführung eines sorgfältigen Ermittlungsverfahrens" festgestellt, daß das gegenständliche Schachspiel eine Spielergebnisanzeige besitze. Dem ist zu erwidern, daß die belangte Behörde von der eigenen Behauptung des Beschwerdeführers in seiner Berufung ausgegangen ist, eine im Gerät integrierte Leuchtanzeige gebe dem Spieler den Hinweis "Schachmatt". An der rechtlichen Beurteilung des Sachverhalts würde sich freilich auch nichts ändern, zöge man lediglich den Inhalt der Niederschriften vom 1n Februar und vom 26. März 1987 heran, wonach bei "Schachmatt" sämtliche Lichter erlöschen und der Apparat die weiteren Züge nicht mehr annimmt, weil auch auf diese Weise eindeutig das Spielergebnis "Schachmatt" angezeigt wird (siehe hiezu auch weiter unten). Ohne Bedeutung ist daher auch der Hinweis in der Niederschrift vom 1n Februar 1987, ein Endspielergebniss im Sinn des § 26 Abs. 5 VergnStG werde nicht angezeigt, weil es sich hiebei lediglich um eine rechtliche Qualifikation durch den Revisionsbeamten handelte.
Die vom Beschwerdeführer vermißte Überprüfung der Funktionsweise des beanstandeten Gerätes mittels Probespiels hat stattgefunden.
Nur der Vollständigkeit halber sei noch bemerkt, daß die der Behörde gemäß § 128 Abs. 2 WAO aufgetragenen freie Beweiswürdigung entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers mit dem Begriff des Ermessens (§ 18 leg. cit) nichts zu tun hat (vgl. Reeger-Stoll, Kommentar zur BAO, S 564).
Geht man aber vom festgestellten Sachverhalt aus, so ist zunächst das Vorliegen der Anzeige des Spielergebnisses im Sinne des Gesetzes zu bejahen. Zutreffend verweist die belangte Behörde auf das hg. Erkenntnis vom 10. Mai 1985, Zl. 84/17/0149, wonach dem Gesetzeswortlaut eine Einschränkung auf eine ziffernmäßige Anzeige des Spielergebnisses nicht zu entnehmen ist. Es kann aber keinem Zweifel unterliegen, daß Schachmatt eines der denkbaren Ergebnisse eines Schachspieles darstellt. Wird dieses Ergebnis - sei es durch eine Leuchtschrift mit dem Wortlaut "Schachmatt", sei es auf andere Weise - angezeigt, so liegt die Anzeige eines Spielergebnisses im Sinne des Gesetzes vor.
Was der Beschwerdeführer dagegen einwendet, schlägt nicht durch. Daß der vorliegende Apparat auch zum Spiel zweier Personen gegeneinander geeignet sei, stellt eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung dar. Es kann daher keine Rede davon sein, daß mit dem vorliegenden Apparat lediglich "hilfsweise" gegen den Computer gespielt werden könne.
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist es auch durchaus denkbar, bei einem Schachspiel Gewinne in Geld oder Geldeswert auszuschütten (vgl. hiezu auch das Erkenntnis vom 10. Mai 1985, Zl. 85/17/0025).
Nicht zielführend ist auch der Vergleich mit den in § 26 Abs. 1 leg. cit. genannten Fußballspielautomaten oder mit den Fußballspielapparaten nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle, weil es sich hiebei eben um ein völlig anders geartetes Spiel als Schach handelt.
Der dritte Fall des § 26 Abs. 5 leg. cit. (Apparate, bei denen das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängig ist) wurde von der belangten Behörde zur Begründung der Abgabenfestsetzung nicht herangezogen.
Daß der Gesetzgeber selbst erkennbar von der Annahme ausgegangen ist, auch bei einem Schachspiel sei die Anzeige des Spielergebnisses denkbar, geht im übrigen auch aus der oben wiedergegebenen Vorschrift des § 26 Abs. 3 leg. cit. hervor, welche Bestimmung unter anderem beim Halten von Brettspielen anwendbar ist, wenn ein Spielergebnis angezeigt wird. Es kann jedoch keinem Zweifel unterliegen, daß das Schachspiel unter den Begriff "Brettspiele" zu subsumieren ist.
In diesem Zusammenhang ist der belangten Behörde freilich eine vom Beschwerdeführer nicht geltend gemachte unrichtige rechtliche Beurteilung unterlaufen. Wie bereits erwähnt, fällt das Halten von Apparaten MIT BILDSCHIRMEN, mit welchen unter anderem Brettspiele (darunter also auch Schach) bereitgehalten werden, wenn ein Spielergebnis angezeigt wird, unter § 26 Abs. 3 (und nicht Abs. 5) VergnStG. Nun zwingt aber nichts dazu, den Begriff "Bildschirm" eng, das heißt so auszulegen, daß darunter lediglich ein Leuchtschirm in der Art, wie er etwa bei Fernsehgeräten verwendet wird, zu verstehen ist. Vielmehr kann auch ein Gerät wie das vorliegende, bei dem die Züge des Computers durch Aufleuchten eines roten Lämpchens auf den jeweiligen Spielfeldern angezeigt werden, als ein "Apparat mit Bildschirm" im weiteren Sinn qualifiziert werden.
Dieses Ergebnis entspricht auch dem System der genannten Novelle, mit der in Gestalt des neuen Abs. 3 im § 26 VergnStG eine neue Steuerkategorie zwischen den einfachen Apparaten der Abs. 1 und 2 und den hochbesteuerten Apparaten nach Abs. 5 eingeschoben werden sollte (vgl. hiezu auch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage der genannten Novelle, allgemeiner Teil Punkt A.). Ein Schachspiel ist schon vom Erscheinungsbild her nicht mit den Apparaten des Abs. 5 (insbesondere Geldspielautomaten, Apparaten, bei denen das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängig ist und Apparaten, durch deren Betätigung eine aggressive Handlung dargestellt wird) zu vergleichen. Dazu kommt, daß nach der aaO niedergelegten Absicht des Gesetzgebers durch die taxative Aufzählung der Spielapparate mit Bildschirmen und Flipper einerseits und durch die zusätzliche Aufnahme des Kriteriums der zumindest vorwiegenden Abhängigkeit des Spielergebnisses vom Zufall für die Geräte der höchsten Steuerkategorie andererseits Versuchen vorgebeugt werden sollte, die neue Regelung zur Umgehung des hohen Steuersatzes für Geldspielgeräte zu mißbrauchen. Eine solche Umgehung ist jedoch bei einem Schachspiel umso weniger zu befürchten, als dessen Ergebnis bekanntlich nicht vom Zufall abhängig ist.
Schließlich wäre es unter dem Blickwinkel einer verfassungskonformen Interpretation nicht sachgerecht, einen Schachspielapparat mit einem "echten", TV-ähnlichen Bildschirm dem niedrigeren Steuersatz des § 26 Abs. 3 VergnStG, einen solchen mit einer offenkundig einfacheren Ausstattung wie im Beschwerdefall jedoch dem höchsten Steuersatz nach Abs. 5 der genannten Gesetzesstelle zuzuordnen.
Da die belangte Behörde die Rechtslage in diesem Sinne verkannte, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Hiebei konnte von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Der Vollständigkeit halber sei noch bemerkt, daß in der Beschwerde der von der belangten Behörde angenommene Abgabenzeitraum Februar und März 1987 zu Recht nicht mehr bekämpft wird; denn nach der Aktenlage hat der Beschwerdeführer - wie auch in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend ausgeführt wird - erst am 26. März 1987 bekanntgegeben, daß der angeführte Apparat nicht mehr gehalten werde. Daß die Abgabenbehörde früher von diesem Umstand Kenntnis erlangt hat, ist der Aktenlage nicht zu entnehmen und wurde auch vom Beschwerdeführer auf Verwaltungsebene nicht behauptet. Das gegenteilige Vorbringen in der Äußerung des Beschwerdeführers zur im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erstatteten Gegenschrift ist aktenwidrig.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989, insbesondere auch auf deren Art. III Abs. 2. Das Mehrbegehren (Aufwandersatz für die Äußerung vom 5. September 1988) war abzuweisen, weil der Wortlaut des § 48 Abs. 1 Z. 2 VwGG den Zuspruch von Schriftsatzaufwand für andere Schriftsätze als die Beschwerde verwehrt (vgl. hiezu die Erkenntnisse vom 27. April 1981, Zlen. 17/1977/79, 17/1978/89, vom 3. November 1981, Zlen. 07/1211, 1725, 3523/80, und vom 4. Juli 1985, Zl. 83/09/0195). Für die genannte Äußerung gebührte aber auch kein Stempelgebührenersatz, da dieser von der beschwerdeführenden Partei gemäß § 36 Abs. 8 zweiter Satz VwGG unaufgefordert eingebrachte Schriftsatz (soweit sein Inhalt nicht überhaupt mit dem Neuerungsverbot in Widerstreit stand) zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderlich war (vgl. das Erkenntnis vom 21. September 1983, Zlen. 83/17/0048, 0049, und den Beschluß vom 28. Mai 1985, Zl. 83/07/0033).
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1988170102.X00Im RIS seit
21.12.1990Zuletzt aktualisiert am
20.06.2014