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L34001 Abgabenordnung Burgenland;Norm
AbgVG Vlbg 1984 §6 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Schubert und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde des N, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 23. März 1990, Zl. 294/9-10/Zö-1990, betreffend Haftung gemäß § 9 und § 80 BAO, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach den Feststellungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid war der Beschwerdeführer seit 10. Juni 1986 Geschäftsführer der E-GmbH. Seiner Mitteilung an das Finanzamt vom 24. Juli 1987 zufolge endete diese Geschäftsführung am 5. März 1987. Die E-GmbH wurde im Handelsregister, wie die belangte Behörde unwidersprochen feststellte, am 19. Dezember 1988 von Amts wegen infolge Vermögenslosigkeit gelöscht.
Mit Bescheid vom 22. Februar 1989 zog das Finanzamt den Beschwerdeführer gemäß § 9 und § 80 BAO zur Haftung für Abgabenschuldigkeiten der E-GmbH in Höhe von S 32.669,-- heran. Dieser Betrag setzt sich aus zu leistenden Umsatzsteuervorauszahlungen (S 31.830,--) und Nebengebühren (S 839,--) zusammen, die unstreitig während der Geschäftsführung durch den Beschwerdeführer fällig geworden waren.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in der er im wesentlichen geltend machte, die Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben wäre einem gemäß § 80 Abs. 2 BAO besonders Beauftragten oblegen. Überdies hätte die E-GmbH die entsprechende Umsatzsteuer zeitgerecht entrichten können, wenn das Finanzamt schon früher eingeschritten wäre.
Das Finanzamt erließ eine abweisende Berufungsvorentscheidung, in der es auf die persönliche Verpflichtung des Geschäftsführers zur Abgabenentrichtung (§ 80 Abs. 1 BAO) hinwies und aufzeigte, daß eine schuldhafte Pflichtverletzung des Geschäftsführers anzunehmen sei (§ 9 Abs. 1 BAO), wenn von diesem die Gründe nicht dargelegt würden, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert hätten, die ihm obliegenden Verpflichtungen zu erfüllen. Bei der Umsatzsteuer sei zudem davon auszugehen, daß mit den Erlösen, die für die Lieferung oder sonstige Leistung erzielt worden seien, auch die Umsatzsteuer eingenommen worden sei.
Der Beschwerdeführer beantragte die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und stellte eine Stellungnahme zur Berufungsvorentscheidung in Aussicht, legte diese aber trotz Aufforderung durch die belangte Behörde nicht vor. Die Note der belangten Behörde, in der diese den Beschwerdeführer zur Vorlage der von ihm angekündigten Stellungnahme aufgefordert hatte, wies ausdrücklich darauf hin, daß die Berufungsvorentscheidung als Vorhalt zu werten sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab auch die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge. Gleich dem Finanzamt hielt sie die Verpflichtung des Beschwerdeführers fest, die Gründe darzulegen, aus denen er an der Erfüllung der ihm obliegenden abgabenrechtlichen Pflichten gehindert war. Den Hinweis in der Berufung, ein besonders Beauftragter wäre für die Abfuhr der Abgaben verantwortlich gewesen, habe der Beschwerdeführer nicht näher ausgeführt und nicht einmal den Namen des Beauftragten bekanntgegeben. Abgesehen davon hätte gegenüber einem allfälligen Beauftragten eine Kontrollpflicht des Beschwerdeführers bestanden; der Beschwerdeführer habe nicht behauptet, daß er dieser Kontrollpflicht nachgekommen wäre. Bei der haftungsbegründenden Umsatzsteuer sei davon auszugehen, daß mit den Erlösen, die die GmbH für die Lieferungen oder sonstigen Leistungen erzielt habe, auch Umsatzsteuer eingenommen worden sei. Der Einwand, bei zeitgerechter Vorgangsweise wäre es seinerzeit möglich gewesen, daß die E-GmbH die Steuern pünktlich entrichtete, sei wegen der Schreiben des Finanzamtes vom 13. Juli 1987 und 7. Juli 1988, in welchen über den bestehenden Rückstand informiert und auf die gegebene Haftungsverpflichtung des Beschwerdeführers hingewiesen worden sei, unbegründet. Dazu komme noch, daß am 23. Februar 1987 gegen die E-GmbH Vollstreckungsmaßnahmen gesetzt worden seien.
Vorliegende Beschwerde macht sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides als auch dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen, zu denen auch die Geschäftsführer von Gesellschaften mit beschränkter Haftung zählen, alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Geschäftsführers, darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, daß die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO angenommen werden darf (siehe z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. März 1985, Zl. 83/13/0110, vom 13. September 1988, Zl. 87/14/0148, und vom 30. Mai 1989, Zl. 89/14/0043).
Das Fehlen ausreichender Mittel zur vollen oder teilweisen Abgabenentrichtung hätte den Vorwurf schuldhafter Pflichtverletzung im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO zur Gänze oder zum Teil entkräften können. Es wäre aber am Beschwerdeführer gelegen gewesen, schon im Verwaltungsverfahren konkret aufzuzeigen, daß ihm nur Mittel zur Verfügung standen, die lediglich eine anteilige (und keine volle) Befriedigung der strittigen Abgabenschuldigkeiten zuließen. Da es im Beschwerdefall fast ausschließlich um die Haftung für Umsatzsteuer geht, wäre dem Beschwerdeführer im besonderen auch der Nachweis oblegen, daß diese Abgabe mit den Entgelten für die Lieferungen oder Leistungen nicht vereinnahmt wurde und daher zur Abgabenzahlung nicht zur Verfügung stand (siehe das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Oktober 1990, Zl. 90/15/0145, und die dort erwähnte Vorjudikatur), wie dies schon dem vom Finanzamt in der Berufungsvorentscheidung vertretenen Standpunkt entsprach. Es trifft sohin nicht die belangte Behörde der Vorwurf eines Verfahrensmangels (Feststellungsmangels), sondern den Beschwerdeführer der Vorwurf, den ihm oblegenen Nachweis mangelnder Pflichtverletzung nicht geführt zu haben. Dabei wäre es, wie auch noch die weiteren Ausführungen zeigen werden, für den Beschwerdeführer vor allem darauf angekommen, darzulegen, daß bei der E-GmbH BEI FÄLLIGKEIT der Abgaben die zur vollen Entrichtung notwendigen Mittel nicht vorhanden waren.
Das Vorbringen in der Beschwerde, die Bezahlung der im angefochtenen Bescheid geforderten Summe würde die Quote aus den vorhandenen Mitteln bei weitem übersteigen und eine Ungleichbehandlung der anderen Gläubiger der Gesellschaft bewirken, verstößt überdies gegen das aus § 41 Abs. 1 VwGG abzuleitende Neuerungsverbot.
Die Rüge, die belangte Behörde hätte beantragte Beweise nicht erhoben, ist verfehlt, weil der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren keine Beweisanträge stellte. Wegen des ihm obliegenden Nachweises, die gemäß § 80 Abs. 1 BAO wahrzunehmenden Pflichten nicht verletzt zu haben, bestand auch für die Abgabenbehörden kein Anlaß, von sich aus Beweise zu erheben. Mangels Beweisaufnahme geht auch der Vorwurf fehlerhafter Beweiswürdigung ins Leere.
Daß die E-GmbH am 19. Dezember 1988 infolge Vermögenslosigkeit im Handelsregister gelöscht wurde, besagt nichts darüber, welche Mittel der GmbH 1976 und Anfang 1977 zur RECHTZEITIGEN Abgabenentrichtung zur Verfügung standen. Die Berufung läßt durchaus den Schluß zu, daß Mittel hiefür damals noch vorhanden waren.
Den Vorwurf inhaltlicher Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides begründet der Beschwerdeführer im wesentlichen damit, die belangte Behörde gehe in rechtsunrichtiger Gesetzesanwendung davon aus, daß der allenfalls Haftungspflichtige für den Fall der nicht rechtzeitigen Entrichtung der Abgabe durch die Gesellschaft für die gesamte Abgabe und nicht nur für die Quote hafte. Dieser Vorwurf beruht jedoch auf einem unrichtigen Ansatz. Die Frage der quotenmäßigen Entrichtung einer NICHT rechtzeitig entrichteten Abgabe mag allenfalls von Bedeutung sein, wenn der Haftungspflichtige dartun konnte, daß für die rechtzeitige Entrichtung (zunächst) keine Mittel vorhanden waren. Davon ist aber im Beschwerdefall im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen nicht auszugehen und das Berufungsvorbringen spricht sogar gegen eine solche Annahme.
Der Beschwerde kommt somit keine Berechtigung zu. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990150066.X00Im RIS seit
14.01.1991