TE Vwgh Erkenntnis 1991/1/15 89/14/0252

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Veröffentlicht am 15.01.1991
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

FinStrG §34 Abs1;
FinStrG §98 Abs3;

Beachte

Besprechung in: ÖStZB 1991, 436;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Pokorny und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Kärnten als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz (Berufungssenat VII) vom 21. April 1989, Zl. 264/4-6/88, betreffend fahrlässige Abgabenverkürzung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Kosten von S 9.990,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist als Betriebsberater und -organisator tätig. Im Jahre 1987 fand in seinem Unternehmen eine Betriebsprüfung statt, die den Zeitraum 1983 - 1987 erfaßte. Die Feststellungen des Betriebsprüfers führten zu im wiederaufgenommenen Abgabenverfahren ergangenen Umsatz-, Einkommen - und Gewerbesteuerbescheiden für 1983 und 1984, die in Rechtskraft erwachsen sind, und in der Folge zur Einleitung eines Finanzstrafverfahrens.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe fahrlässig unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht

1. Betriebseinnahmen des Jahres 1983 in der Höhe von

S 10.000,-- (netto S 8.475,--) nicht erklärt;

2. Betriebseinnahmen des Jahres 1984 in Höhe von S 320.000,-- (netto S 266.667,--) nicht der Umsatzsteuer unterworfen;

3. Betriebsausgaben des Jahres 1983 in Höhe von S 113.976,-- zu Unrecht geltend gemacht und

4. Guthabenszinsen aus 1983 in Höhe von S 106.354,-- nicht erklärt.

Er habe hiedurch Umsatzsteuer und Vermögensteuer des Jahres 1983 in Höhe von S 23.487,--, Einkommensteuer des Jahres 1983 in Höhe von S 105.197,--, Gewerbesteuer des Jahres 1983 in Höhe von S 42.626,-- und Umsatzsteuer und Vermögensteuer des Jahres 1984 in Höhe von S 56.666,--, somit insgesamt Abgaben in Höhe von S 227.921,-- verkürzt. Er habe hiedurch das Finanzvergehen der fahrlässigen Abgabenverkürzung gemäß § 34 Abs. 1 Finanzstrafgesetz begangen. Es wurde eine Geldstrafe von S 50.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 25 Tage) verhängt. Hingegen wurde das Strafverfahren in Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung hinsichtlich zu Unrecht geltend gemachter Betriebsausgaben des Jahres 1983 in Höhe von S 2,416.931,-- (richtig: S 2,302.955,--)

eingestellt.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinen Rechten (wie der Formulierung des Beschwerdepunktes im Zusammenhalt mit den Beschwerdegründen zu entnehmen ist) wegen Bestrafung in Bezug auf den Ansatz von Betriebsausgaben 1983 in Höhe von S 113.976,-- und die Nichterklärung von Guthabenszinsen 1983 in Höhe von S 106.354,-- verletzt. Er beantragt, den Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. NICHTERKLÄRUNG VON GUTHABENSZINSEN 1983 IN HÖHE VON

S 106.354,--.

Der Beschwerdeführer errichtete im Zusammenhang mit einem Auslandsgeschäft eigene Bankkonten. Die auf diesen Konten angefallenen Guthabenszinsen fanden keinen Niederschlag in seiner Einnahmenrechnung.

In der Beschwerde wird geltend gemacht, es handle sich um einen Irrtum des Steuerberaters. Es sei unverständlich, warum dem Beschwerdeführer die vom Steuerberater vergessenen Guthabenszinsen hätten auffallen müssen, wenn die belangte Behörde andererseits anerkenne, der Beschwerdeführer habe im Hinblick auf die Ausführungen des Steuerberaters auf die richtige steuerliche Behandlung des Auslandsgeschäftes vertrauen können.

Dem ist entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde die Verantwortung des Beschwerdeführers lediglich hinsichtlich der (unrichtigen) Verschiebung der mit dem genannten Auslandsgeschäft verbundenen Betriebsausgaben von

S 2,302.955,-- von 1984 auf 1983 im Hinblick auf Äußerungen seines Steuerberaters über die Zurechnung des Betrages akzeptiert hat. Mit dieser Frage der Gewinnverschiebung stand es in keinem Zusammenhang, daß die strittigen Guthabenszinsen der Besteuerung überhaupt nicht unterworfen wurden.

Was den Auffälligkeitswert der nicht erklärten Zinsen anlangt, ist darauf hinzuweisen, daß der Beschwerdeführer die Zahlung der Rechnung über S 2,302.955,-- bewußt hinauszögerte, um hiedurch einen Zinsengewinn zu erzielen. Der belangten Behörde ist daher beizupflichten, daß dem Beschwerdeführer die Nichterklärung dieser Zinsen, deren Lukrierung er sein besonderes Augenmerk geschenkt hatte, hätte auffallen müssen. Selbst wenn dem Steuerberater ein Mitverschulden angelastet werden könnte, vermöchte dies den Beschwerdeführer vom Vorwurf eigener Fahrlässigkeit nicht zu exkulpieren (vergleiche Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch, Kommentar zum Finanzstrafgesetz, § 34 Anmerkung 2).

Nur am Rande sei bemerkt, daß der Steuerberater schon in seinem Schreiben an den Beschwerdeführer vom 5. Februar 1987 den Erhalt von entsprechenden Bankauszügen bestritten hat, und daß die Sekretärin des Beschwerdeführers als Zeugin am 27. April 1988 und am 24. Juni 1988 aussagte, solche Bankbelege hätten dem Steuerberater nach dem Willen des Beschwerdeführers nicht übergeben werden sollen.

In der Anlastung des in Rede stehenden Faktums - wobei ohnehin nur Fahrlässigkeit angenommen wurde - ist eine Rechtswidrigkeit demnach nicht zu erblicken.

2. ANSATZ VON BETRIEBSAUSGABEN 1983 IN HÖHE VON

S 113.976,--.

Der Beschwerdeführer machte für das Jahr 1983 Rechts- und Beratungskosten von S 113.976,-- geltend, ohne daß hiefür entsprechende Zahlungsbelege vorhanden gewesen wären. Die (teilweise) Zahlung erfolgte erst 1986, nachdem es über die Rechnungslegung einen Rechtsstreit gegeben hatte. Zur Übernahme des Betrages in das Rechenwerk des Steuerberaters kam es aufgrund einer Bleistifteintragung im Journal. Rückfragen des Steuerberaters wegen des Bleistiftvermerkes gab es nicht.

In der Beschwerde wird vorgebracht, dem Steuerberater hätte auffallen müssen, daß die Bleistiftanmerkung mit den tatsächlichen Saldeneintragungen nicht übereingestimmt hätte; der Beschwerdeführer habe zumindest darauf vertrauen können, daß ein geprüfter Wirtschaftstreuhänder bei der Erstellung des Jahresabschlusses solche Diskrepanzen nicht unerörtert lasse. Das Verfahren sei mangelhaft geblieben, da die belangte Behörde seinen Antrag auf Beiziehung eines Buchsachverständigen zur Klärung der Frage, ob dem Beschwerdeführer die Einbeziehung des Betrages von S 113.976,-- bei Unterfertigung der Steuererklärungen hätte auffallen müssen, vernachlässigt habe.

Diese Frage konnte die belangte Behörde auch ohne Hilfe eines Buchsachverständigen beantworten. Der Beschwerdeführer hat in seiner Berufung aber auch ausgeführt, die textlose Bleistifteintragung des Betrages von S 113.976,-- in seinem ansonsten mit Kugelschreiber geschriebenen Spesenverteiler habe in den Zwischen- und Endsummen keine Berücksichtigung gefunden. Trotzdem habe der Steuerberater den Betrag gewinnmindernd in Ansatz gebracht.

Die nachmalige steuerliche Vertreterin des Beschwerdeführers hat bei ihren Zeugenaussagen am 25. Mai 1988 und am 20. Februar 1988 hiezu angegeben, der genannte Betrag sei ohne Text eingetragen worden und bei den Summen des Spesenverteilers nicht enthalten gewesen; der Ansatz sei von ihrem Vorgänger ohne entsprechende Belege gemacht worden.

Hiemit hat sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht auseinander gesetzt. Dieser Begründungsmangel ist wesentlich, da das Zutreffen des genannten Berufungsvorbringens zu einer anderen Beurteilung dieses Faktums führen könnte. War der eine zweifelhafte, unbezahlte Rechnung betreffende Betrag von S 113.976,-- nämlich in den gebildeten Summen nicht enthalten, so war aus dem textlosen Bleistiftvermerk des Betrages nicht ohne weiteres der Schluß zu ziehen, daß dieser in das Rechenwerk einzubeziehen sei, zumal es auch keine Zahlungsbelege gab. Der Beschwerdeführer mußte unter diesen Umständen nicht damit rechnen, daß der Betrag von seinem Steuerberater ohne Rücksprache gewinnmindernd angesetzt würde. Es kann ihm dann aber auch nicht vorgeworfen werden, bei der Unterfertigung der Steuererklärungen nicht darauf geachtet zu haben, ob dies nicht vielleicht doch geschehen wäre. Vielmehr wäre hinsichtlich dieses Faktums eine fahrlässige Abgabenverkürzung nicht anzunehmen.

Da somit nicht ausgeschlossen werden kann, daß eine Prüfung der entsprechenden Berufungsargumente Auswirkungen auf die Höhe des strafbestimmenden Wertbetrages gehabt hätte, war der angefochtene Bescheid gemäß 42 Abs. 2 Ziffer 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1989140252.X00

Im RIS seit

15.01.1991

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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