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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §66 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 27. Juli 1990, Zl. I/7-St-St-89122, betreffend vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 27. Juli 1990 wurde (in Bestätigung des mündlich verkündeten Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt vom 22. August 1989) dem Beschwerdeführer die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A, B, C, D, E, F und G gemäß § 74 Abs. 1 KFG 1967 vorübergehend entzogen und gemäß § 73 Abs. 2 dieses Gesetzes ausgesprochen, daß ihm auf die Dauer von sechs Monaten, gerechnet ab der vorläufigen Abnahme seines Führerscheines am 27. Juni 1989, keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden darf.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides ging die belangte Behörde in Bindung an den Schuldspruch des Bescheides der NÖ Landesregierung vom 17. Juli 1990 davon aus, daß der Beschwerdeführer am 27. Juni 1989 als Lenker eines Kraftfahrzeuges die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt gemäß § 5 Abs. 2a lit. b StVO 1960 verweigert und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 leg. cit. begangen habe. Damit liege eine bestimmte Tatsache gemäß § 66 Abs. 2 lit. e KFG 1967 vor, die aufgrund ihrer Verwerflichkeit den Schluß auf die Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers zulasse. Die belangte Behörde berücksichtigte weiters, daß es sich bei dieser Tat bereits um die zweite vom Beschwerdeführer begangene Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 StVO 1960 gehandelt habe und er auch wegen anderer Verstöße gegen dieses Gesetz und das KFG 1967 bestraft worden sei. Im Hinblick darauf habe die Erstbehörde zu Recht angenommen, der Beschwerdeführer werde die Verkehrszuverlässigkeit erst mit Ablauf des 27. Dezember 1989 wiedererlangen.
Der Beschwerdeführer meint demgegenüber, er habe der Aufforderung zur Prüfung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt entsprochen; es seien nur die Testversuche unzureichend gewesen. Nach den Verfahrensergebnissen sei jedoch der vierte Blasversuch korrekt verlaufen und habe der Beschwerdeführer sich auch zu einem fünften Blasversuch bereit erklärt. Ferner sei der Strafbescheid der NÖ Landesregierung vom 17. Juli 1990 deshalb rechtlich verfehlt, weil darin ein bewußtes und gewolltes Fehlverhalten des Beschwerdeführers bei den insgesamt vier Testversuchen nicht festgestellt worden sei. Er habe gegen diesen Bescheid auch bereits Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben. Schließlich habe er die Blutabnahme zur Entkräftung des Verdachtes der Alkoholbeeinträchtigung verlangt und somit im Interesse der eindeutigen Klärung des entstandenen Verdachtes gehandelt. Daß diesem, seinem auf § 5 Abs. 7 StVO 1960 gestützten Begehren aus Gründen, die er nicht zu vertreten habe, nicht entsprochen worden sei, dürfe ihm bei der Beurteilung seiner Verkehrszuverlässigkeit nicht zum Nachteil gereichen.
Dieses Vorbringen ist nicht berechtigt. Der Beschwerdeführer läßt außer acht, daß aufgrund des Strafbescheides der NÖ Landesregierung vom 17. Juli 1990, der seinem Rechtsvertreter gleichzeitig mit dem angefochtenen Bescheid zugestellt wurde und damit in Rechtskraft erwachsen ist, im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides für die belangte Behörde bindend feststand, daß der Beschwerdeführer am 27. Juni 1989 ein Alkoholdelikt im Sinne des § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen hat. Die belangte Behörde, die im Zeitpunkt ihrer Entscheidung nicht mehr die Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers angenommen hat, hatte auch ihre Kontrollfunktion auszuüben, d.h. den erstinstanzlichen Bescheid aufgrund der Sach- und der Rechtslage im Zeitpunkt seiner Erlassung zu überprüfen (vgl. dazu das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 28. November 1983, Slg. Nr. 11237/A). Sie mußte im Hinblick auf die erwähnte rechtskräftige Bestrafung des Beschwerdeführers wegen Verweigerung der Untersuchung der Atemluft vom Vorliegen einer bestimmten Tatsache gemäß § 66 Abs. 2 lit. e KFG 1967 ausgehen. Aus dem Vorliegen dieser Tatsache, bei der es sich bereits um das zweite derartige Delikt des Beschwerdeführers handelte, hat die belangte Behörde mit Recht unmittelbar deren besondere Verwerflichkeit abgeleitet, die auf eine dem § 66 Abs. 1 lit. a KFG 1967 entsprechende Sinnesart schließen ließ (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. April 1988, Zl. 87/11/0270, mit weiteren Judikaturhinweisen). Hiebei ist insbesondere auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach alle in § 66 Abs. 2 lit. e KFG 1967 erwähnten Übertretungen nach § 99 Abs. 1 StVO 1960 hinsichtlich ihrer Verwerflichkeit als gleichwertig anzusehen sind (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 8. November 1988, Zl. 88/11/0233, und vom 25. April 1989, Zl. 88/11/0086). Die Ausführungen des Beschwerdeführers, er habe die Überprüfung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt de facto nicht verweigert und er sei daher zu Unrecht bestraft worden, können somit im vorliegenden Beschwerdeverfahren keine Berücksichtigung finden. Sollte sich nachträglich (als Folge einer Aufhebung des Strafbescheides durch den Verwaltungsgerichtshof) herausstellen, daß der Beschwerdeführer diese strafbare Handlung nicht begangen hat, könnte dies nur in einem Wiederaufnahmeverfahren Beachtung finden (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Dezember 1988, Zl. 88/11/0242).
Die Festsetzung der Zeit im Sinne des § 73 Abs. 2 KFG 1967 wird in der Beschwerde nicht bekämpft. Durch ihre Bemessung mit sechs Monaten wurde der Beschwerdeführer unter Bedachtnahme darauf, daß es sich im vorliegenden Fall bereits um das zweite von ihm begangene Alkoholdelikt handelte, in seinen Rechten nicht verletzt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Schlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und BeweiseRechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeBeschwerdepunkt Beschwerdebegehren Rechtslage Rechtsgrundlage RechtsquellenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990110170.X00Im RIS seit
19.03.2001Zuletzt aktualisiert am
18.06.2009