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60/04 Arbeitsrecht allgemein;Norm
AuslBG §3 Abs1 idF 1990/450;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte
Dr. Fürnsinn und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, über die Beschwerde der Z-GmbH gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Vorarlberg vom 10. Oktober 1990, Zl. III/6702, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin, die in K den Handel mit Lebensmitteln und mit Waren aller Art betreibt, stellte am 20. August 1990 beim Arbeitsamt Bludenz den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz für den türkischen Staatsangehörigen A für die Tätigkeit als Arbeiter. Dieser Antrag wurde vom genannten Arbeitsamt mit Bescheid vom 27. August 1990 im wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, daß in Anbetracht des hohen Gastarbeiteranteils in Vorarlberg einem weiteren Zustrom an ausländischen Arbeitskräften nicht mehr zugestimmt werden könne.
In ihrer binnen offener Frist eingebrachten Berufung brachte die Beschwerdeführerin im wesentlichen vor, A habe sich bereits vor Inkrafttreten der Visapflicht in Österreich befunden und sei außerdem mit den Inhabern der beschwerdeführenden Firma verwandt und genieße deren ausschließliches Vertrauen.
Mit Schreiben vom 25. September 1990 teilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mit, beim Arbeitsamt Bludenz seien sechs männliche Türken vorgemerkt, die noch keine Einstellzusage hätten und Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezögen. Diese Personen wären geeignete Ersatzkräfte für den beantragten Ausländer. Da die Beschwerdeführerin jedoch dem Arbeitsamt keinen entsprechenden Vermittlungsauftrag erteilt habe, könnten ihr die genannten "Vorzugspersonen" nicht vermittelt werden. Der Arbeitsmarkt lasse somit die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für A nicht zu. Zu diesem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens könne sich die Beschwerdeführerin binnen einer Frist von zehn Tagen äußern. Die Entscheidung durch die belangte Behörde würde auf Grund des Ermittlungsverfahrens getroffen werden, falls eine Stellungnahme der Beschwerdeführerin nicht anderes erfordere. Die Beschwerdeführerin gab zu dieser Aufforderung in der Folge keine Erklärung ab.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 10. Oktober 1990 gab die belangte Behörde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 iVm § 4 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Begründend führte die belangte Behörde nach kurzen Hinweisen auf das vorangegangene Verfahren und auf die Rechtslage im wesentlichen aus, die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für A wäre nur dann in Betracht gekommen, wenn für den zu besetzenden Arbeitsplatz keine Inländer oder integrierte Ausländer vermittelt hätten werden können. Es stünden aber solche Vorzugspersonen zur Vermittlung zur Verfügung. Derzeit seien beim Arbeitsamt Bludenz sieben männliche Türken arbeitslos vorgemerkt, welche Leistungen nach dem Arbeitslosengesetz bezögen. Die Beschwerdeführerin habe jedoch trotz Aufforderung weder dem Arbeitsamt einen Vermittlungsauftrag erteilt, noch sei sie auf die Aufforderung der belangten Behörde zur Stellungnahme eingegangen. Es müsse daher davon ausgegangen werden, daß die Beschwerdeführerin eine Vermittlung von Vorzugspersonen nicht wünsche, obwohl geeignete Ersatzkräfte zur Vermittlung zur Verfügung stünden. Es könne daher aus Gründen des Arbeitsmarktes für A keine Beschäftigungsbewilligung erteilt werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behauptet wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihren Rechten auf ordnungsgemäße Sachverhaltsfeststellung, auf ordnungsgemäßes Parteiengehör und auf Erteilung der Beschäftigungsbewilligung verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 4 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung gemäß BGBl. Nr. 450/1990 (AuslBG), ist die Beschäftigungsbewilligung, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.
Gemäß § 4b AuslBG läßt die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes im Sinne des § 4 Abs. 1 die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nur zu, wenn für den zu besetzenden Arbeitsplatz keine Arbeitskräfte in folgender Reihenfolge vermittelt werden können:
1. a)
Inländer
b)
Flüchtlinge gemäß § 1 Abs. 2 lit. a und Befreiungsscheininhaber (gleichgestellte Ausländer),
2.
Ausländer, die
a)
einen Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung ausschließlich durch Beschäftigungsverhältnisse im Inland erworben und im Falle eines Fortbezuges den Leistungsbezug nicht länger als drei Jahre unterbrochen haben oder
b)
nach mehrjähriger Beschäftigung im Inland einen derartigen Leistungsanspruch erschöpft haben (begünstigte Ausländer),
3. a)
Ausländer, bei denen berücksichtigungswürdige Gründe vorliegen, wie längerer rechtmäßiger Aufenthalt naher Familienangehöriger (Ehegatten und minderjähriger Kinder) von Inländern, von gleichgestellten oder von begünstigten Ausländern,
b)
Asylwerber, die im Besitz einer Bescheinigung über die vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 5 Abs. 4 des Bundesgesetzes über die Aufenthaltsberechtigung von Flüchtlingen im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 126/1968, sind,
c)
Ausländer, die einen nicht von Z. 2 erfaßten Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung haben.
Fehlt auch nur eine der beiden Tatbestandsvoraussetzungen des § 4 Abs. 1 AuslBG, dann ist den Arbeitsämtern die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung verwehrt.
Die Beurteilung des Einzelfalles in der Richtung, ob die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung zuläßt, ist auf Grund der Einführung des § 4b AuslBG im wesentlichen gleichartig zu lösen wie bisher auf Grund der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, nach welcher die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes immer dann die beantragte konkrete Beschäftigung zuließ, wenn nicht feststand, daß für die Beschäftigung wenigstens ein bestimmter Inländer oder im gegebenen Zusammenhang ein einem Inländer gleichgestellter oder begünstigt zu behandelnder Ausländer zu Verfügung stand, der bereit und fähig war, diese Beschäftigung zu den gestellten (gesetzlich zulässigen) Bedingungen auszuüben (vgl. dazu zuletzt Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Juli 1990, Zl. 90/09/0047, und die dort angeführte Vorjudikatur). Es hat sich durch die neue Gesetzeslage aber auch daran nichts geändert, daß sich diese Beweisführung dann erübrigt, wenn seitens des Arbeitgebers die Stellung jeder Ersatzkraft von vornherein und unbegründet abgelehnt wird (vgl. auch dazu das oben genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes und die dort angeführte Vorjudikatur).
Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde der Beschwerdeführerin vorgehalten, daß mehrere im Sinne des § 4b bevorzugte Arbeitskräfte vermittelt werden könnten, welche für die von der Beschwerdeführerin zu besetzende Arbeitsstelle in Betracht kämen. Die Beschwerdeführerin hat diesen Vorhalt im Verwaltungsverfahren unbeantwortet gelassen und damit einerseits sachverhaltsmäßig gegen das Vorhandensein geeigneter Ersatzkräfte nichts vorgebracht und anderseits deren Vermittlung auf den zu besetzenden Arbeitsplatz ohne Angabe von Gründen abgelehnt. Schon ihr Berufungsvorbringen im Verwaltungsverfahren hat im übrigen erkennen lassen, daß die Beschwerdeführerin keine andere Kraft anstelle des beantragten Ausländers A wünschte.
Die erstmals in der Beschwerde aufgestellte Behauptung, in Wahrheit seien gar keine arbeitswilligen Ersatzkräfte vorhanden gewesen, stellt eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung dar. Der ebenfalls erstmals in der Beschwerde behauptete Umstand, allenfalls einstellbare Arbeitskräfte würden die Arbeitsstelle wegen der schlechten Bezahlung ohnehin kurze Zeit später wieder verlassen und daher für die Beschwerdeführerin ohne Nutzen sein, ist abgesehen von seinem ebenfalls gegebenen Neuerungscharakter aus rechtlichen Gründen irrelevant; es stünde der Beschwerdeführerin ja frei, ihre Dienstnehmer durch bessere Bezahlung für längere Zeit an sich zu binden. Wieso die Beschwerdeführerin im oben geschilderten Ablauf des Verwaltungsverfahrens in ihrem Recht auf "mangelfreies Parteiengehör" verletzt worden sein sollte, macht die Beschwerde nicht verständlich.
Es trifft auch nicht zu, daß der angefochtene Bescheid mit der "jüngeren Rechtsprechung" des Verwaltungsgerichtshofes nicht im Einklang stünde. Auch "vielfältige Bescheidaufhebungen durch den Verwaltungsgerichtshof im Sommer d.J." vermögen nicht eine dem vorliegenden angefochtenen Bescheid anhaftende Rechtswidrigkeit zu bewirken.
Damit erweist sich die Beschwerde als zur Gänze unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206/1989.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990090177.X00Im RIS seit
17.01.1991