TE Vwgh Erkenntnis 1991/1/18 90/18/0185

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Veröffentlicht am 18.01.1991
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §45 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Präsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Degischer und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Wolfgang N gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 12. Juli 1990, Zl. MA 70-11/632/90/Str, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Wiener Landesregierung vom 12. Juli 1990 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, am 14. Februar 1990 um 14.30 Uhr, in Wien 11., Kaiser-Ebersdorfer-Straße - Florian-Hedorfer-Straße, einen dem Kennzeichen nach bestimmten LKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt und dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 5 Abs. 1 StVO 1960 begangen zu haben. Über den Beschwerdeführer wurde daher eine Geld- und Ersatzarreststrafe verhängt.

Entsprechend der Begründung ihres Bescheides ging die Berufungsbehörde davon aus, daß die ca. zwei Stunden nach der Tat entnommene Blutprobe zweimal gaschromatographisch und zweimal nach der Methode Widmark untersucht worden sei, wobei sich, bezogen auf den Zeitpunkt der Blutentnahme, ein Wert von 0,75 Promille ergeben habe. Daraus ergebe sich unter der Annahme einer stündlichen Elimination von 0,1 Promille und einem Fehlerkoeffizienten von 0,05 Promille ein ungefährer Blutalkoholgehalt zur Unfallszeit von 0,9 bis 1,0 Promille. Es stehe sohin unwiderlegbar fest, daß der Beschwerdeführer zur Tatzeit das KFZ in alkoholisiertem Zustand gelenkt habe.

Im Zuge jener Fahrt, deretwegen der Beschwerdeführer mit diesem Berufungsbescheid bestraft worden ist, hat er einen Verkehrsunfall verursacht, durch welchen ein Fußgänger schwer verletzt worden ist.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Der Beschwerdeführer macht geltend, in der - im Zusammenhang mit dem erwähnten Unfall durchgeführten - Hauptverhandlung vom 6. August 1990 sei der Gerichtssachverständige zu dem Ergebnis gekommen, daß eine Blutalkoholkonzentration im Unfallszeitpunkt in der Größenordnung von lediglich 0,7 Promille zu errechnen gewesen und eine Fahruntauglichkeit vom Polizeiamtsarzt deshalb zu Unrecht angenommen worden sei, weil dieser dem Medikament Tenormin nicht die alkoholpotenzierende Wirkung zugeschrieben bzw. diese Wirkung unberücksichtigt gelassen habe. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Durchführung eines gesetzmäßigen Verfahrens verletzt und ist der Auffassung, daß entsprechend dem erwähnten gerichtsärztlichen Gutachten weder eine relevante Alkoholisierung noch - wegen der alkoholpotenzierenden Wirkung des erwähnten Medikamentes - eine Fahruntüchtigkeit anzunehmen gewesen wäre, wenn im Sinne seines Antrages ein chefärztliches Gutachten eingeholt worden wäre.

Diesem Vorbringen ist zu entgegnen, daß die erwähnte Hauptverhandlung erst nach der Zustellung des angefochtenen Bescheides stattgefunden hat, weshalb es sich bei dem auf das Ergebnis dieser Verhandlung gestützten Vorbringen um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung handelt, auf welche der Gerichtshof daher nicht einzugehen hat.

Im übrigen aber ist der Beschwerdeführer daran zu erinnern, daß schon während des erstinstanzlichen Verfahrens ein "Nachtragsgutachten" des Amtsarztes eingeholt worden ist, demzufolge sich beim Beschwerdeführer nach dem Ergebnis der durchgeführten Blutuntersuchung, bezogen auf den Unfallszeitpunkt, ein Blutalkoholwert von 0,75 Promille ergeben habe. "Bezogen auf den Zeitpunkt des Ereignisses, der 2 Stunden vorher war, ergibt sich somit ein ungefährer Blutalkoholwert von 0,99 Promille. Herr N war nicht fahrfähig." Gegen diese Äußerung des Amtsarztes bestehen keine Bedenken, wenn man davon ausgeht, daß der durchschnittliche Verbrennungswert des Alkohols im Blut im Verlaufe einer Stunde ungefähr 0,10 bis 0,12 Promille beträgt (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 20. Mai 1963, Zl. 559/63, ZVR 1963/294). Selbst unter der Annahme der für den Beschwerdeführer günstigeren Abbauvariante von 0,10 Promille pro Stunde ergibt sich daher für die Tatzeit ein Blutalkoholwert von 0,95 Promille, also auch unter Bedachtnahme auf eine geringfügige Fehlerquote eine Alkoholbeeinträchtigung in einem Ausmaß, welches über der im § 5 Abs. 1 zweiter Satz StVO 1960 festgelegten Grenze liegt. Für die belangte Behörde bestand daher keine Veranlassung, im Sinne des erwähnten Antrages des Beschwerdeführers ein "chefärztliches Gutachten" einzuholen, zumal der Beschwerdeführer in seinem diesbezüglichen Schriftsatz gar nicht geltend gemacht hatte, daß das Nachtragsgutachten des Amtsarztes im Hinblick auf die unberücksichtigt gelassene "alkoholpotenzierende Wirkung" des schon erwähnten Medikamentes unrichtig sein könnte. Abgesehen davon ist darauf hinzuweisen, daß der Tatbestand des § 5 Abs. 1 StVO 1960 auch dann gegeben ist, wenn die Fahruntüchtigkeit nicht allein durch die Alkoholmenge, sondern auch oder sogar überwiegend durch die Einnahme eines Medikamentes verursacht war (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 16. Februar 1979, Zl. 1622/77).

Der belangten Behörde kann daher keine im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wesentliche, also zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Verletzung von Verfahrensvorschriften angelastet werden, weshalb sich die Beschwerde als unbegründet erweist und gemäß § 42 Abs. 1 leg.cit. abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Beweismittel Sachverständigenbeweis Medizinischer SachverständigerAlkoholbeeinträchtigung Resorption AbbaugeschwindigkeitAlkoholbeeinträchtigung zusätzliche Komponenten Medikamente MüdigkeitAlkoholbeeinträchtigung FahrtüchtigkeitFeststellung der Alkoholbeeinträchtigung BlutalkoholbestimmungAlkoholbeeinträchtigung Alkoholintoleranz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990180185.X00

Im RIS seit

12.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

19.07.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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